[30] Sayn, das alte in männlicher Linie durch den Tod des letzten Grafen Heinrich II. 1246 erloschene Geschlecht S. war ein Zweig des Hauses Nassau (s.d.) u. besaß die ehemals reichsunmittelbare Grafschaft S. im Westerwalde, die zum Westfälischen Kreise gehörte, 25 QM. betrug u. aus den Theilen Hachenburg u. Altenkirchen bestand, von welchen der erstere jetzt zu Nassau, der zweite seit 1815 zur preußischen Rheinprovinz gehört. Die Stammburg S., liegt bei dem Flecken S. (s.d. 2) im Regierungsbezirk Coblenz. Die beiden Enkel der mit dem Grafen von Sponheim vermählten Schwester des Grafen Heinrich II. folgten diesem 1246 gemeinschaftlich, theilten aber 1264 die Besitzungen, so daß Heinrich die Grafschaft Sponheim, Gottfried die Grafschaft S. erhielt. Letzter erheirathete die Allodialherrschaft Homburg (s.d. 4). Von seinen beiden Söhnen erhielt der ältere, Johannes, S.u. die Hälfte von Homburg, der jüngere, Engelbert, die zweite Hälfte von Homburg u. das Schloß Vallendar. Ein Enkel von diesem, Valentin, erheirathete die Grafschaft Wittgenstein. Als nun die ältere, Johanneische Linie, 1606 mit Heinrich IV. erlosch, wurde die jüngere, Engelbertsche Linie, Besitzerin von S.u. Wittgenstein. Bei dem Tode des 1) Grafen Ludwig des Älteren 1607 begründete die Nachfolge seiner 3 Söhne die zum Theil noch jetzt bestehenden u. der Evangelischen Confession folgenden 3 Hauptlinien: A) S.-Wittgenstein-Berleburg, Stifter: 2) Georg, ältester Sohn von S. 1), welcher von der Grafschaft Wittgenstein, das Amt Berleburg, die Herrschaft Homburg, das Haus Bruch u. die Herrschaft Neumagen an der Mosel erhielt. Durch die 3 Söhne des Grafen Ludwig Franz entstanden hierin 1694 wieder 3 Speciallinien: a) S.-Wittgenstein-Berleburg, gestiftet vom Grafen Kasimir, welcher 1741 starb; begreift das Amt Berleburg, die Herrschaft Homburg, das Haus Bruch u. die Herrschaft Neumagen, welche letztere 1803 gegen eine, jetzt von Preußen zu zahlende Jahresrente von 15,000 Gulden abgetreten wurde. Wegen Berleburg hatte die Linie Theil an der reichsgräflich-wetterauschen Curiatstimme, erhielt auch 1792 die Reichsfürstenwürde; seit 1815 gehörte sie zu den preußischen Standesherrn; Preußen zahlte aber 1821 100,000 Thlr. für die Abtretung der standesherrlichen Gerechtsame. Jetzt regierender Fürst dieser in Berleburg residirenden Linie ist: 3) Fürst Albrecht, ältester Sohn des am 11. Nov. 1851 auf Berleburg verstorbenen Generalmajors Fürsten Albrecht u. der Fürstin Charlotte, geb. Gräfin von Ortenburg, geb. 16. März 1834, ist preußischer Offizier à la suite der Armee; er ist zur Zeit unvermählt, sein älterer Bruder, Prinz Gustav, ist geb. 1837; 4) Prinz August, Oheim des Vor., geb. 6. März 1788, nassauischer Generallieutenant u. Generaladjutant, war vom 21. Mai bis 20. Dec. 1849 letzter Reichskriegsminister u. ist seit 7. Febr. 1852 nassauischer Staatsminister ohne Portefeuille u. Ministerpräsident. 5) Prinz Emil, Sohn des Vorigen, geb. 21. April 1824, wurde indem Gymnasium zu Darmstadt vorgebildet, trat dann in russische Militärdienste u. ist russischer Oberst u. Flügeladjutant des Kaisers Alexander; er schrieb Gedichte, 1844, als Kasimir Röspe Deutsche Lieder, 1848; Aßlan-Aga (Epos), 1856; u. ist seit 1856 mit Prinzessin Pulcheria, Tochter des Fürsten Nicolas Cantacuzenos, vermählt. b) S-Wittgenstein-Karlsburg, nach ihrem Stifter Karl, welcher 1794 starb, so genannt. Durch Familienverträge ist nach dem Tode des letzten Sprossen, des Grafen Ludwig (geb. 1786, st. 1859) die Eigenschaft eines Chefs dieser Speciallinie u. die Besitzung Karlsburg bei Berleburg auf den Fürsten Ludwig (s.u. 6) übergegangen. c) S.-Wittgenstein-Ludwigsburg, gegründet vom Grafen Ludwig Franz, st. 1750. Diese früher gräfliche Linie wurde 1834 vom König von Preußen in den Fürstenstand erhoben. Der gegenwärtige zu Schloß Sayn in Rheinpreußen residirende Fürst ist: 6) Fürst Ludwig, Sohn des 1843 verstorbenen russischen Feldmarschall Fürsten Ludwig, ist geb. 18. Juni 1799, war vormals russischer Flügeladjutant u. ist seit 1834 in zweiter Ehe mit Fürstin Leonille, Tochter des russischen Geheimen Raths Fürsten Iwan Bariatinsky, vermählt; sein ältester Sohn aus erster Ehe (mit der 1832 verstorbenen Fürstin Stephanie geb. Fürstin Radziwill) ist Prinz Peter, geb. 1831. B) S.-Wittgenstein-Sayn gestiftet 1607 vom 7) Grafen Wilhelm III., Bruder von S. 2), welcher die Grafschaft Sayn erhielt. Als dessen ältester Sohn Ernst 1641 ohne männliche Erben starb, aber zwei Töchter hinterließ, wußten sich diese in den Besitz von S. zu behaupten, wodurch 2 Speciallinien entstanden: a) Ernestine begründete S.-Wittgenstein-Hachenburg, welches 1637 durch ihre Tochter an das burggräfliche kirchbergische u. dann 1799 an das fürstlich nassau-weilburgische Haus überging; b) Johanna stiftete S.-Wittenstein-Altenkirchen, welches vermittelst des Vertrags mit ihrem Gemahl, dem Herzog Johann Georg von Sachsen-Weimar-Eisenach, nach Aussterben dieses Stammes 1741 an Brandenburg-Ansbach kam, 1791 an Preußen u. 1803 an Nassau-Usingen überging. Die Linie ist 1846 mit Graf Gustav, Sohn des 1812 bei Mosaisk gebliebenen Grafen Karl, geb. 1811, im Mannesstamm erloschen. C) S.-Wittgenstein-Hohenstein, gestiftet vom 8) Grafen Ludwig dem Jüngern, Bruder von S. 7), st. 1634. Den Beinamen Hohenstein führt diese Linie von der, den 1593 ausgestorbenen Grafen von Hohenstein zugehörenden Herrschaften Lohra u. Klettenberg, mit welchen des Stifters Sohn Johann 1647 von Kur-Brandenburg belehnt u. 1653 bestätigt wurde; sie verkaufte dieses Lehn wieder an Brandenburg, hatte ebenfalls Theil an der wetterauschen Curiatstimme u. wurde theilweise 1804 in den Reichsfürstenstand u. 1813 vom Großherzog von Hessen in den Fürstenstand erhoben u. erhielt wegen der Grafschaft Wittgenstein 1824 eine Virilstimme im ersten Stande der Provinzialstände des preußischen Westfalen, verkaufte aber 1829 seine standesherrlichen Rechte gegen eine Jahresrente von 5400 Thlrn. Residenz: Wittgenstein. 9) Fürst Wilhelm, geb. 9. Oct. 1770, war preußischer Oberkammerherr u. Minister des Hauses, Freund des Königs Friedrich Wilhelm III. u.st. 11. April 1851. Jetzt regierender Fürst ist: 10) Fürst [30] Alexander, geb. 16. Aug. 1801, succedirte seinem Vater Karl 1837 als jüngerer Sohn wegen der Kränklichkeit seines Bruders Friedrich; ist seit 11. Nov. 1851 Senior des fürstlichen u. gräflichen Gesammthauses S.-Wittgenstein u. seit 1828 mit Fürstin Amalie geb. Gräfin von Bentheim-Tecklenburg vermählt; der Erbprinz Ludwig ist 1831 geboren. Vgl. Antiquitates Saynenses a Joh. Phil. de Reiffenberg anno 1644 collectae, Aachen 1830; Winkel, Aus dem Leben des Grafen Kasimir zu S.-Wittgenstein, Frankf. 1842.