Altar

1. Die des Altars pflegen, geniessen des Altars.1 Kor. 9, 13; Schulze, 263.

Holl.: Die het altaar bedient, leeft ervan. (Harrebomée, I, 13.)

Lat.: Qui altari deserviunt, cum altari participant.


2. Ein Altar ist ohne Gecken wie ein Blinder ohne Stecken.Fischart.

Gecken, spöttisch für Götzen.


3. Ein Altar ohne Heilig ist wie eine Kuh ohne Schwanz, wie Marzipan ohne Zucker, wie ein Blinder ohne Stecken, wie ein Kirchthurm ohne Glocke und wie eine Glocke ohne Bimmel.


4. Kein Altar wird umsonst gedeckt.

Holl.: Om profijt gaat de paap ten altaar. (Harrebomée, I, 14.)

Lat.: Ipse decor recti facto si praemia desint, non movit, et gratias poenit et esse probum. (Ovid.)


5. Man muss nicht einen Altar entblössen, um einen andern zu bedecken.Eisenhart, VI, 27.


6. Man muss Sanct-Peter's Altar nicht berauben, um Sanct-Paulus zu bedecken.


7. Von einem Altar nehmen und den andern schmücken, ist unnütz Ding.

Holl.: Hij dekt het eene altaar, en ontdekt het andere.


8. Wer dem Altar dient, soll vom Altar leben. Simrock, 175.


9. Wer den Altar nicht sieht, verneigt sich vor'm Ofen.

Slow.: Kdož oltaru nije vidie i peci se klanja.


10. Wer vom Altar lebt, soll auch dem Altar dienen.Körte, 101; Simrock, 176.

Frz.: Qui sert à l'autel doit vivre de l'autel.

Lat.: Qui servit altari de altari viat.


*11. An den Altar fliehen.


Die letzte Zuflucht nehmen. Ehemals floh man in der äussersten Noth an die Altäre der Götter, weil es für Frevel galt, von da jemand wegzureissen.

Holl.: Het altaar kan den booswicht niet van straf bevrijden. (Harrebomée, I, 13.)

Lat.: Tanquam ad aram. (Erasm., 291.)


*12. Er nähme es vom Altare, wenn's was für seinen Schnabel gäbe.

Holl.: Hij zou het van Gods altaar nemen. (Harrebomée, I, 14.)

Lat.: Persaepe sacra haud sacrificata devorat. (Athen.)


[53] *13. Es ist ein Altar über eine Mördergrube.

Schlechte Seele in schönem Körper.


*14. Etwas vom Altar wegnehmen.


*15. Sich etwas beim Altar überlegen.

Bei der Sache selbst.

Lat.: Ad aras. (Plutarch.) (Erasm., 904.)


[Zusätze und Ergänzungen]

zu5.

Simrock, 177; Hertius, 91, 5; Eiselein, 17; Eisenhart, 562; Hillebrand, 230.

Frz.: Qui sert à l'autel, doit vivre de l'autel.

Span.: El abad donde canta ganta. (Don Quixote.)


zu14.

Eigentlich von einem rücksichtslosen Diebe, scherzweise aber auch von einem Geistlichen, der sein Opfer vom Altar nimmt.

Böhm.: I s oltáře by vzal. (Čelakovský, 540.)


16. Der Altar ist der Ehren wohl werth, er ist das Herz des Gotteshauses.Graf, 497, 93.

Altfries.: Thetet alter is there erana wel werth, his is thi herte the godis huses. (Wired Asega, §. 5.)


17. Man soll einen Altar nit entdecken vnd einen andern verderben.Henisch, 668, 40.

Lat.: Nudato Petrum Paulo tegen nefas. ( Binder II, 2271; Eiselein, 17.)


18. Von einem Altar nemen vnd das ander schmücken, ist vnnütz ding.Lehmann, 546, 2.


19. Was am Altar sich verbunden, trennt nur der Tod.


20. Wenn das Altar zerbrochen ist, so steckt niemandt Kertzen mehr drauf.Winckler, VI, 11.


21. Wer auf zwei Altären zugleich opfert, der opfert auf keinem.

Die Osmanen sagen: Wer gleichzeitig in der Richtung vor zwei Altären betet, der hat keinen Glauben. (Schlechta, 117.)

*22. An den Altar (oder in das Asyl) flüchten.

Sich retten, sich in Sicherheit bringen.

Lat.: Ad aram seu ad asylum confugere. (Cicero.) (Faselius, 118.)


*23. Dä ass om Altar bedroge wurde. (Bedburg.)

Ist schlecht, unglücklich verheirathet.


*24. Für Altar und Herd kämpfen.

Bis aufs Aeusserste.

Lat.: Pro aris et foris pugnare. (Faselius, 210.)


*25. Se sind mit enander um de Altar rum ganga, aih der Pfarrer 's Kyrie eleison g'sunga hôt.Michel, 276.

Sie hat die Hochzeit gefeiert, bevor sie das Aufgebot bestellt hat; sie hat mit dem ersten Wochenbett zu sehr geeilt.

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 5. Leipzig 1880, Sp. 737.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:

Buchempfehlung

Tschechow, Anton Pawlowitsch

Drei Schwestern. (Tri Sestry)

Drei Schwestern. (Tri Sestry)

Das 1900 entstandene Schauspiel zeichnet das Leben der drei Schwestern Olga, Mascha und Irina nach, die nach dem Tode des Vaters gemeinsam mit ihrem Bruder Andrej in der russischen Provinz leben. Natascha, die Frau Andrejs, drängt die Schwestern nach und nach aus dem eigenen Hause.

64 Seiten, 4.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Geschichten aus dem Biedermeier III. Neun weitere Erzählungen

Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Für den dritten Band hat Michael Holzinger neun weitere Meistererzählungen aus dem Biedermeier zusammengefasst.

444 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon