Schlecht

Schlecht (s. Schlicht).


1. Der ist schlecht vnd recht, der in Hosen vnd Hembden bad.Lehmann, 169, 21.


2. Der ist schlecht vnd recht, der meint, ein vergülde Nussschall sey lauter Gold.Lehmann, 164, 21.


3. Es ist keiner so schlecht, er weiss, was zu einem Aermel an den Rock gehört.


4. Es ist nichts schlechter als ein schlechter Mönch.Klosterspiegel, 6, 3.


5. Es ist nichts so schlecht, es findet seinen Herrn.

Holl.: Geen ding zoo slecht of het vindt zijn' meester. (Bohn I, 318.)

Lat.: Jovis tergus. (Seybold, 259.)


[228] 6. Es ist nichts so schlecht, es gibt eine schöne Fürbitte dafür.

Dän.: Intet giøres saa ilde det faaer jo undskyldning. (Prov. dan., 326.)

Lat.: Sceleri nunquam defuit ratio.


7. Es ist nichts so schlecht, es ist zu etwas gut. Gaal, 1372; Simrock, 9072.

Lat.: Nihil usque adeo vile, quin utile etiam id sit. (Bovill, I, 111.) – Nil est tam pravum, quod ad ullum non valet usum. (Binder II, 2089; Neander, 293.) – Tam male nil cusum, quod nullum prosit in usum. (Gaal, 1372; Binder II, 3275; Gartner, 271.)

Ung.: Nincsen olly hitván eszköz, mellynek hasznat nem lehetni venni. (Gaal, 1372.)


8. Es war dort alles schlecht, ausgenommen die Schläge, sagte Zundelheimer, da er aus dem Zuchthaus entlaufen war.Frankfurter Zeitung, 1872, Nr. 122.


9. Es wird keiner auf einmal schlecht.

Lat.: Nemo repente fuit turpissimus. (Juvenal.) (Philippi, II, 16.)


10. Ich bin schlecht vnd recht, drumb bin ich ein armer Knecht.Petri, II, 397.


11. Mach's schlecht, aber mach's wie ich will.

Holl.: Doe mijn' zin, en doe kwalijk. (Harrebomée, II, 503.)


12. Mancher macht das schlecht, was er gern haben will.

Dän.: Mangen laster det som man gjerne havde. (Prov. dan., 377.)


13. Mer muss sich nit schlechter mache als mer ist.Tendlau, 932.


14. Nichts ist so schlecht als ein schlechter Verlass (Zuverlass).Simrock, 10865; Körte, 6244.

Bei Tunnicius (796). Nicht so quât als ein quât tô verlât.


15. Schlecht genäht und wohl gekleit, ist aller Pfuscher Arbeit.


16. Schlecht ist bald geschlieffen.Franck, II, 101b; Gruter, I, 64; Egenolff, 98a; Petri, II, 529; Lehmann, 257, 26; Guttenstein, I, 49, 52; Schottel, 1124a; Winckler, III, 80; Simrock, 9070; Körte, 5340; Braun, I, 3895.

»Die Wahrheit bedarf nicht viel Ränke, sie ist schlecht und gerecht, aber die Lüge reimt sich nirgends; man muss ihr helfen wunderlich, und bedarf sie wol zehn Gedicht, bis sie einer Wahrheit ähnlich sicht.«

Lat.: Veritatis simplex oratio. (Binder II, 3515; Sutor, 476.)

Schwed.: Slätt är snart slijpat. (Grubb, 733.)


17. Schlecht ist besser als gar nicht.

Besser etwas Geringes als gar nichts.


18. Schlecht ist eben recht.Petri, II, 539.


19. Schlecht und recht, besser Herr, denn Knecht.Simrock, 9073a.


20. Schlecht und recht gefällt Gott.

Lat.: Justitia in sese virtutem complectitur omnem. (Aristoteles.) – Justitia virtus omnium est domina et regina virtutum. (Philippi, I, 217.)


21. Schlecht und recht kommt selten vor Gericht (oder: vor den Richter).Körte, 5338; Simrock, 9073.

Schlecht = einfach, schlôht, ohne Verwickelung und Verdrehung, recht = dass alles passe.

Lat.: Simplicitas amica legibus. (Binder I, 1644; II, 3157; Seybold, 563; Sutor, 326.)

Schwed.: Stilla och from kommer sällan før dom. (Grubb, 761.)


22. Schlecht und süss machen oft ein Compromiss.

Lat.: Mobilis et varia est ferme natura malorum. (Juvenal.) (Philippi, I, 253.)


23. Schlecht vnd gerecht.Lehmann, II, 566, 33; Teller, 38.


24. Schlecht vnd gerecht, das wehaget gott am besten.Hofmann, 34, 98.

Schwed.: Slätt och rätt är bästa treffnad. (Grubb, 734.)


25. Schlecht vnd gerecht ist der sicherste Weg. Petri, II, 529.


26. Schlechter wird's immer, besser wird's nimmer.


27. Wem es nicht schlecht geht, dem geht's gut genug.

Lat.: Nimium boni est, cui nil est mali. (Ennius.) (Binder II, 2099.)


28. Wenn's schlecht geht, lernt man die Freunde kennen.


29. Wer schlecht1, macht alle Dinge recht. Körte, 5339.

1) Einfach, gerade, ohne Falsch, schlicht.


[229] 30. Wia schlechta d' Leut', wia grossa's Glück. (Wien.)


31. Wo es schlecht und eben ist, da hats nicht viel krummes.Lehmann, 275, 26.


*32. Aerger vün schlecht künn nit sein. (Jüd.-deutsch. Warschau.)

Wer mit einem Zustande oder einer Sache äusserst unzufrieden ist.


*33. Der ist schlechter als Kasemattendreck.

In Hirschberg nach einer Gerichtsverhandlung, von jemand, der angeblich einen falschen Eid geleistet hatte.


*34. Du bist schlechda ols nain Dôch Reg'nweda. (Niederösterreich.) – Frommann, III, 390, 29.

Du bist schlechter als neun Tage Regenwetter.


*35. Du bist zu schlecht, als dass man dich in den Arsch steckte.Weinhold, 6.


*36. Er ist noch schlechter als Gassendreck. (Hermsdorf u.K.)


*37. Er ist schlecht dabei weggekommen.

Engl.: To come bluely off. (Bohn II, 150.)


*38. Er ist schlecht vnd gerecht.Hauer, Kiij4; Eiselein, 551.

Lat.: Rudius ac planius. (Seybold, 532.) – Veritatis simplex oratio. (Hauer, Kiij4.)


*39. Es ist schlechter als Ried- oder Seegras. Philippi, I, 77.

Von etwas ganz Schlechtem und Verworfenem, weil dies meist nur zu Dünger benutzt wird.


*40. Er ist so schlecht als ein freier Nigger.

Die Sklaven in den Sklavenstaaten Nordamerikas waren zur Zeit, als noch Skaverei bestand, stolz, einen Herrn zu haben, »Nigger ohne Herr« ist eins ihrer ärgsten Schimpfwörter. Aus dieser Anschauung ist die obige sprichwörtliche Redensart entsprungen, die nicht sowol einen Beweis für die Schlechtigkeit der Freien, als für den Knechtssinn der Unfreien bietet. – Wenn die Kutscher und Kärrner in Quebeck, die sich alle der französischen Sprache bedienen, bei den durch das schwierige Ausweichen in den Strassen hervorgerufenen Streitigkeiten den ganzen Vorrath der kräftigsten Schimpfwörter, die das Wörterbuch bietet, erschöpft haben, so fassen sie ihren ganzen Groll in die Redensart zusammen: Vous êtes pire qu'un Anglais, woraus man auf die Gesinnungen der französischen Canadier gegen die Engländer schliessen kann. (Vgl. J.W. von Müller, Reisen in den Vereinigten Staaten, Canada und Mexico, Leipzig 1864, I, 153.)


*41. Es ist ihm nichts zu schlecht.

Es steht ihm alles an, er streckt die Hand nach allem aus.


*42. Et is te slecht, dat me't den Rüen vör den Aes gütt. (Westf.)

Vom schlechten Getränk.


*43. Etwas schlecht vnd recht machen.Tappius, 142a; Franck, II, 96a.

Lat.: In quadrum redigere. (Erasm., 226; Tappius, 142a.) – Rudius ac planius. (Binder II, 2981; Buchler, 116.)


*44. Schlecht und recht leben.Braun, I, 3894.


*45. Schlecht und recht wie meiner Muhme Unterrock, der ohne Falten ist.

Holl.: Slecht en regt, als Sint Pieters voorbroek, die maar eéne plooi had. (Harrebomée, II, 269a.)


*46. Schlecht (schlicht, einfach, glatt) wie ein Schäffer stecken.Gruter, III, 78; Lehmann, II, 574, 30.


*47. Schlecht wie in Rumänien.

So antwortet man in Berlin auf die Frage, wie es gehe. Nach der Berliner Montagzeitung hat 1868, dem Jahre der Judenverfolgungen in Rumänien, ein hochgeborner, junger Krieger auf die obige Frage die Antwort gegeben, weil er auch an Judenverfolgung leide. Da dies Schicksal sehr viele mit ihm theilten, so wurde die Antwort häufig wiederholt und sprichwörtlich. (Vgl. Niederschles. Zeitung, 1868, Nr. 132.)


*48. So schlecht wie der Weg.

Holl.: Hij is zoo mal als de weg von Loenen. (Harrebomée, II, 34.)


*49. So slacht üsh't thiiaat.Johansen, 31.

So schlecht, wie's dient, d.h. wie es nur irgend sein kann.


*50. Wir werden bald so schlecht, wie die Christen.

Dies Sprichwort kam gleich in der ersten Periode der europäischen Entdeckungen in Westindien auf. Die Weissen stehen, wenn man die herzerschütternden Berichte von der Art und Weise des Sklavenraubes, der Sklavenbehandlung während der Ueberfahrt und nach dem Verkaufe sieht, gefürchtet und gehasst da; und man muss sich fast schämen ein Europäer und ein Christ zu sein. Dazu kommt noch, dass die Missionare auch selten genug dem Christenthum viel Ehre machen.


[230]

51. Dat har schlecht war'n köän'n, söä' de Bû'r, ass de Bull em 'n Bûk upschlitzt har, un hä starwen wull.Schlingmann, 202.


52. Schlacht und racht is grode racht.Larisch, 17.

Schlicht und recht ist gerade recht.


53. Schlecht ohn Finantz, verderbt kein Schanz.Dietrich, II, 118.


54. Wer schlecht ist, kommt ins Magazin des Teufels.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 4. Leipzig 1876.
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