[1648] 1. Kölnischer Krummstab schliesst die Spindel (Weiber) aus. – Eiselein, 398; Graf, 560, 80.
Gegen unbedingte Weiberlehen. Gegen das folgende Sprichwort gerichtet und zu der Zeit entstanden, als nach dem Ableben des Besitzers des Gutes Reinsheim der Schwestersohn des kölnischen Erzbischofs sich des Besitzes anmasste, indem er die weibliche Erbfolge bestritt. (Vgl. Cöllnischer Krumm-Staab schleusst die Weiber aus oder Vorstellung, dass die Erz-Stift Cöllnische Lehen regulariter auf den Mann-Stamm allein gerichtet, Hildesheim 1725; Noptisch, 58.)
2. Krummstab schleusst niemand aus. – Hertius, II, 20; Eisenhart, 686; Pistor., VI, 38; Eiselein, 398; Hillebrand, 80, 108; Graf, 560, 79; Körte, 3577; Simrock, 5995; Braun, I, 2040; Hesekiel, 12; Thummermuth in Nopitsch, 42, 56, 58 u. 59; D. Jo. Paul. Kressii diss. de proverbio: Unterm Krummstab u.s.w. (Jena 1712).
Der Krummstab (krumme Stab) ist das Zeichen der bischöflichen Gewalt. Lehne, die jemand von einem Erzbischof (Bischof, Abt) empfangen, wurden krummstäbische genannt. Es entstand die Frage, ob nach Abgang der männlichen Nachkommen des Vasallen auch weibliche Nachkommen desselben ohne Ausnahme sie erben könnten. Diese Frage wird durch das vorstehende Sprichwort bejaht. Es entstand jedoch im 17. Jahrhundert heftiger Streit darüber, indem sich ein tüchtiger Advocat Namens Thummermuth dagegen erklärte. (Vgl. Wernh. Thummermut, Krummstab schleusst u.s.w. hoc est votiva relatio compromissi feudalis inter Dominum Ferdinandum Archiepisc. Colon. et statum patriae etc. diss. praeliminari J.P. Kressii 1718. Desselben Tractat. Colon., Agrippina 1738.) Auch hat man in der Folge angenommen, dass krummstäbische Lehen nur dann Weiberlehen sind, wenn es in der Belehnung ausdrücklich ausgesprochen worden ist.
3. Krummstabs Regiment, der Faulheit Element. – Simrock, 5996; Körte, 3578; Braun, I, 2039.
4. Unterm Krummstab ist gut leben (wohnen). – Pistor., VIII, 2; Eiselein, 399; Mayer, I, 146; Sailer, 234; Klosterspiegel, 23, 13; Simrock, 5994; Körte, 3579; Braun, I, 2038.
D.h. Unterthanen der Bischöfe geniessen viele Vortheile vor den Unterthanen der weltlichen Fürsten. Ausser der gelinden Regierung, welche einerseits das Sprichwort rechtfertigt, findet es auch darin seine Bestätigung, dass in den unruhigen Zeiten Deutschlands die Schwächern, um nicht durch Räubereien und Befehdungen ein Raub des Stärkern zu werden, sich unter den Schutz der Bischöfe begaben, indem sie diesen ihre eigenen Güter zu Lehen auftrugen, wodurch sie Schutz und ruhige Tage erhielten, weil man aus Furcht vorm Kirchenbann bei den grössten Gewaltthätigkeiten doch die Kirchen und die Güter der Geistlichen unangetastet liess. Die Lateiner urtheilen über das Regiment der Geistlichen weniger gut, wovon ihr selbst in Palästina gangbares Sprichwort Zeuge ist: A judiciis ecclesiasticis liberae nos Domine, d.h. von dem kirchlichen Gericht befrei uns lieber Herre Gott. (Vgl. über das obige Sprichwort auch J.P., Disquisitio juridica peroemiae: Unter dem Krummstabe u.s.w., Köln 1738. Dessen Diss. de paroemia: Unter dem krummen Stabe u.s.w., Jena 1747. Ferner: Das Papstthum in seiner tiefsten Erniedrigung, Leipzig 1832, zweiter Nachtrag, S. 24. (S. ⇒ Stab.))
It.: Si vive bene all' ombra del campanile. (Bohn I, 126.)