Lat.: Signa prices vera non sunt mendacia vera. (Sutor, 908.)
2. An losen (falschen) Zeugen gebrach es niemand. (S. 19.) – Körte, 7126.
Bei Tunnicius (677): Loses tuges en brak nummanne. (Inveniet facile testem qui quaerit inanem.) – Prov. Comm. (459): Loser getughen en braken nieman.
Holl.: Looze getuigen ontbreken niemand. (Harrebomée, II, 233a.)
3. Die Zeugen, denen man Recht in die Hand legt, reden am besten. – Eiselein, 658; Simrock, 12097.
4. Durch der Zeugen Mund geht oft ein Mensch zu Grund.
Böhm.: Dvá bez duše, třetí bez hlavý. (Čelakovsky, 352.)
5. Durch zweier Zeugen Mund wird (allerwärts) die Wahrheit kund. – Goethe (illustr. Ausg.), V, Faust, 1, 518; Simrock, 12095; Graf, 455, 489.
6. Ein armer Zeuge hat auch zwei Augen und Ohren.
Frz.: Droit veut que pauvre témoin ne soit cru n'en plus, n'en moins. (Cahier, 1292.)
7. Ein zeug, der ein Ding gesehen hat, gilt mehr, denn zehen, die es vom hörensagen haben. – Petri, II, 238.
Böhm.: Jistĕjší oko než ucho. – Očím před ušima víra. (Čelakovsky, 351.)
Lat.: Qui audiunt, audita dicunt, qui vident, plane sciunt. (Seybold, 446.)
Poln.: Oczy stoją za uszy. (Čelakovsky, 351.)
Schwed.: Bättre ett åsyna wittne, än tio, som »hört berättas«. (Wensell, 351.)
8. Ein zeug, keyn zeug. – Franck, I, 104a; Gruter, I, 28; Eisenhart, 535; Pistor., VIII, 70; Simrock, 12094; Hassl., 33; Hertius, I, 60; Hillebrand, 233.
Handelt vom Beweise durch Zeugen. Bei einigen Völkern wurde Ein Zeuge gar nicht geachtet. Nach Beschaffenheit der Umstände musste der Beweis in einigen Fällen durch zwei, in andern durch drei Zeugen geführt werden. Dass durch einen einzigen Zeugen nichts erwiesen werde, ist der Sinn des vorstehenden Sprichworts, das aber auch seine vielen Ausnahmen hat.
Dän.: En mands vidsze er intet vidne, og to maends vidne er saa godt som ti mæns vidne. – Et vidne intet vidne. (Prov. dan., 562.)
Frz.: Voix d'un, voix de nun. (Loysel, 779.)
Holl.: Een getuige is geen getuige. (4 Mos. 35, 30; Laurillard, 78; Harrebomée, I, 233a.)
Lat.: Unus testis, nullus testis. (Binder II, 3424.)
[568] 9. Ein todter Zeuge1 hilft soviel als ein lebendiger. – Graf, 458, 544.
1) S. ⇒ Brief 4 und ⇒ Urkunde.
Mhd.: Ein toder zeug hilft als wol als ein lebendiger. (Mauer, I, 30.)
10. Ein Zeuge, der gegen den andern spricht, hat wenig Gewicht.
Böhm.: Svĕdek na svĕdka se nevede. (Čelakovsky, 351.)
11. Ein Zeuge ist einäuge. – Simrock, 12093; Graf, 455, 480.
D.h. ungenügend, weil er die Sache nur von einer Seite ansieht.
12. Ein Zeuge ist genug mit einem bösen Gerücht. (S. ⇒ Laut 1.) – Graf, 454, 453.
Altfries.: Een orkena is anoegh myt een quaede hluud. (Hettema, XV, 51, 114.)
13. Ein Zeuge ist überall.
Lat.: Nullum putaveris locum sine teste. (Sailer, Sprüche, 204, 24.)
14. Ein Zeuge macht einigen Beweis. – Graf, 455, 488.
Er ergänzt z.B. den Beweis, wenn er zu einem gemeinen Gerücht hinzutritt. (S. Laut 1; Graf, 454, 453.)
Isl.: Eitt vitni gjorir nokkra styrking. (Jonssyni, 88.)
15. Ein Zeuge wie keiner, zwei wie zehn. (S. ⇒ Zeugniss 6, ⇒ Mann 1004-5.) – Graf, 455, 483.
Isl.: Eitt vitni sem ekkert, tvö sem tiu. (Jonssyni, 88.)
16. En Tüge, kên Tüge. (Ostfr.) – Frommann, IV, 287, 431; Eichwald, 1951; Bueren, 410; Hauskalender, I; Kern, 421; Petri, II, 238; hochdeutsch bei Graf, 455, 481.
17. Es ist kein besserer Zeuge als das eigene Herz.
Holl.: Geen beter tuige dan 's menschenhart. (Harrebomée, II, 347a.)
18. Falsche zeugen, die sein wolfeil, wers sucht, werden jhm wol zu teil. (S. 1.)
Aber verachtet. Selbst jener, sagt ein talmudisches Sprichwort, liebt den falschen Zeugen nicht, der ihn gedungen, für den er spricht. Man liebt den Verrath, doch nicht den Verräther. (Ehrmann, 62.)
Böhm.: Kdo svĕdčí, pes (lhář) vĕtší. (Čelakovsky, 351.)
Holl.: Loser ghetughen en ghebrac nieman. (Tunn., 17, 18.)
Lat.: Falsi testes nunquam deficient. (Bebel, 525.) – Inueniet falsos testes, qui quaeritat illos. (Loci comm., 197; Fallersleben, 459.)
19. Falsche Zeugen, falsch Bericht, falsche Schwür' und falsch Gewicht, falsche Liebe und falsch Geld findet man in der ganzen Welt. – Parömiakon, 1269.
20. Falsche Zeugen gelten nicht. – Graf, 456, 500.
Holl.: Valsche getuigen gelden niet. (Harrebomée, II, 233a.)
21. In zweier oder dreier Zeugen Mund bestehet alle Wahrheit. – Pistor., VIII, 71.
22. Nach Zeugen und Urkunden wird jeder Streit gerichtet. – Graf, 452, 425.
Dän.: Eptir gaugnom or vituom scal hvert mal daema. (Gulath, 475.)
23. Sieben Zeugen sind sicherer als zwei. (S. Pfund ⇒ 1 u. ⇒ 3, Schilling ⇒ 4 u. ⇒ 7.) – Graf, 468, 586.
»Daz siben ziug gewaerrer sint dann zween.« (Mauer, II, 17.)
24. Sieben Zeugen soll man besser glauben als gesiegeltem Brief. – Graf, 459, 556.
Wer die Unechtheit einer Urkunde im altdeutschen Rechtsverfahren bestreiten wollte, musste gegen ein unrichtiges Urtheil die Gottesentscheidung anrufen. Er durchstiess die Schrift mit dem Degen und schwur selbsiebenter seiner Genossen, dass sie Meinwerk enthalte. Der Eid von sieben Männern wirkte wie eine Urkunde (s. ⇒ Sieben 17). Später – und darauf bezieht sich das vorstehende Sprichwort – forderte man, um den Rechtsbeweis einer Urkunde zu führen, sieben Zeugen, weil man die Behauptung aufstellte, dass man diesen mehr glauben müsse als »gesiegelten Briefen«.
Altfr.: Dat ma sawn orkenen beth schel lyowe, dan sigelde breff. (Hettema, XIII, 26, 86.)
25. Wenn der Zeuge ausfährt, ist es echte Noth. – Graf, 453, 433.
Die Beweisführung war an bestimmte Fristen gebunden, binnen welcher bei Meidung des Verlustes die Beweismittel anzugeben waren. Unverschuldete Störungen in der Beweiserhebung hatten aber keinen Rechtsnachtheil zur Folge; so lange der Zeuge ausblieb, blieb das Recht offen: diese Verzögerung galt für die betreffende Partei als echte ⇒ Noth (s.d.). Im Plattdeutschen: Wan de lugh uthfaret, so ys yd echte noth. (Lappenberg, 220.)
[569] 26. Wenn die Zeugen sterben, sind Briefe immer stät. (S. ⇒ Brief 4 u. ⇒ Urkunde.) – Graf, 458, 536.
Mhd.: Wann di gezeug sterbent, so sint die Brif immer stet. (Freyberg, IV, 539, 38.)
Frz.: Témoins passent lettres. (Cahier, 1684.)
27. Wer der Zeugen bedarf, muss ihnen die Kost bezahlen. – Graf, 426, 236; Klingen, 59a.
Die Zeugen erscheinen auf Kosten des Antragstellers.
28. Wer mehr Zeugen hat, behält. – Graf, 453, 431.
Wer den besten Beweis für seine Sache führen kann, siegt.
Mhd.: Wer der gezügen mer hat, der behapt. (Homeyer, Sachsenspiegel, Lehnrecht, 29, 3.)
29. Wer mit Zeugen lügt, lügt doppelt. – Frischbier, II, 2999.
30. Wer Zeugen hat, der hat schon halb gewonnen.
Schwed.: Vitne gjör saken vichtig. (Grubb, 862.)
31. Wie die Zeugen sagen, so spricht der Richter.
Lat.: A vi fautorum dependet lex populorum. (Reuterdahl, 3.)
Schwed.: Swa gaa lagh som man hawer tygh. (Reuterdahl, 3.)
32. Zeuge von Hörensagen gilt im Rechte nicht. – Graf, 457, 522.
33. Zeugen können vergessen, aber ⇒ Handfeste (s.d.) nicht. (S. ⇒ Brief 4 u. ⇒ Urkunde.) – Graf, 458, 535.
Mhd.: Di geczugen mugen verjezsen, dez di hantvest nicht en tuen. (Rössler, II, 400, 221.)
34. Zeugen reissen Bast und Band. – Graf, 453, 428.
Von der Erbringung eines vollkommenen oder ungenügenden Beweises hängt Gewinn und Verlust ab.
Dän.: Witnae rindaer bast oc band. (Thorsen, Zeit, I, 111, 182.)
35. Zeugen sind verschieden. – Graf, 457, 519.
Mhd.: Geczeugen sein vnderschaiden. (Rauch, III, 212.)
36. Zeugen und Beistand lösen Bast und Band. – Graf, 453, 429.
Niederd.: Tügen effte thostand, de lösen Bast vnde Band. (Westphalen, III, 2178.)
*37. St. Fridolin's Zeuge. (S. ⇒ Fridolin.)
38. Ein falscher Zeuge.
Die Polen haben dafür die Bezeichnung: Podkański. (Kijew, 56.)
Brockhaus-1911: Zeuge · Gewässerte Zeuge
DamenConvLex-1834: Indiennes (Zeuge) · Halbseidene Zeuge · Façonnierte Zeuge
Herder-1854: Zeuge · Schottische Zeuge
Meyers-1905: Schottische Zeuge · Zeuge · Klassischer Zeuge · Chinierte Zeuge · Gewässerte Zeuge
Pierer-1857: Schottische Zeuge · Quadrillirte Zeuge · Melirte Zeuge · Seidene Zeuge · Carrirte Zeuge · Zeuge · Tuchartige Zeuge · Geflammte Zeuge · Dunkle Zeuge · Chinirte Zeuge · Geköperte Zeuge · Halbseidene Zeuge · Gewässerte Zeuge · Gekräuselte Zeuge
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