1. Auff ein guten rausch gehört ein gute ruhe. – Lehmann, 758, 35.
Die Ansichten über den Begriff »Rausch« stehen nicht fest. Einigen genügen drei Gläser dazu, andere meinen, er entstehe beim vierten Glase, während bessere Zecher auch mit dieser Zahl noch nicht zufrieden sind. – Als einmal der Superintendent Chr. Hohnbaum in einer Gesellschaft die Frage aufwarf, was eigentlich ein Rausch sei, schrieb der mit anwesende Dichter Fr. Rückert folgende Beantwortung nieder: »Es ist der Kopf ein Lustgezelt, darin drei Stühle sind gestellt. Das erste Glas tritt ein als Gast, nimmt auf dem ersten Stuhle Rast. Ein zweites Glas kommt hinterdrein und nimmt den zweiten Stuhl sich ein. Wenn nun das dritte kommt zuletzt, so sind die Stühle rings besetzt. Dann kommt ein viert's noch, wie der Blitz, sieht um sich rund, sieht keinen Sitz; und weil es doch nicht stehen kann, so fängt es einen Lärmen an, zerrt an den andern hier und dort und keins will räumen seinen Ort. Da balgen sie sich ritterlich und werfen von den Stühlen sich; und noch ein Glück ist's wenn das Zelt nicht selbst mit übern Haufen fällt.« (L. Kühner, Dichter, Patriarch und Ritter, Wahrheit zu Rückert's Dichtung, Frankfurt 1869.)
Dän.: Den drukne tiener sengen best. – Paa en god ruus en god ro. (Prov. dan., 126.)
Lat.: Vino medicina somnus. (Lehmann, 758, 35.)
2. Besser e Rusch als e Fieber. (Luzern.) – Eiselein, 520; Simrock, 8164; Körte, 4937.
In Wien: A Rausch is bessa als a Faaba.
3. Der Rausch macht offenbar, was verborgen war.
Schwed.: Rus wijsar sinnet ut. (Grubb, 694.)
4. Ein Rausch gibt keinen Freibrief zu Vergehen.
Lat.: Quod potu peccas, ignoscere tu tibi noli, nam nullum crimen vini est, sed culpa bibentis. (Cato.) (Seybold, 510; Binder I, 1517; II, 2896.)
5. Ein Rausch hat drei gute Eigenschaften: er macht reich ohne Geld, stark ohne Kraft, gescheit ohne Verstand. (Oberösterreich.)
6. Ein Rausch im Monat ist gesund.
Sagen bescheidene Zecher. »Wer säuft sich alle Tage voll? Du musst auf deiner Hut sein. Ein Rausch nur jeden Monat soll für die Gesundheit gut sein. Der Tag ist nicht benannt, wie toll! sonst würd' ich ihn gern wählen. Ich trinke mich nun täglich voll aus Furcht, ihn zu verfehlen.« (Witzfunken, IIIa, 9.)
7. Ein Rausch ist besser als ein Fieber, er vergeht ja wieder. – Birlinger, 423.
In der Schweiz: Rusch isch besser als e Fieber. (Sutermeister, 171.)
8. Ein Rausch ohne Wein ist der schlimmste. – Eiselein, 520.
Lat.: Citra vinum temulentia. – Fortuna dulci ebrius. (Eiselein, 520.)
9. Einen guten Rausch verschläft man nicht in Einer Nacht.
It.: L' imbricatura nove dii dura.
10. Es ist besser en Rûsch as e Burdi Strau. – Sutermeister, 131.
[1508] 11. Lieber Rausch als Fieber, sagte Soff; eingeschenkt!
12. Nach dem Rausche folgt der Katzenjammer.
13. Rausch vom Wasser endigt nie.
14. Rausch wider Rausch. (S. ⇒ Hundehaar.)
»Ich hab auch dass Krauts, Rausch wider Rausch.« (Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 164.)
Schwed.: Rus med rus fördrijfva. (Grubb, 317.)
15. Seindher die Reusch auffkommen sind, ist keiner voll. – Gruter, III, 81; Lehmann, II, 577, 37; Simrock, 8165; Körte, 4938.
Man nennt's immer nur ein »Räuschchen«.
Dän.: Siden rus kom op, er ingen fuld. (Prov. dan., 482.)
Holl.: Sedert het opgekomen is, eenen roes te drinken, vindt men zoo veel zatte beesten niet meer. (Harrebomée, I, 42b.)
16. Seiter die Räusch und das Aequivociern entstanden ist, findet man kein Süffer und Lügner mehr. – Opel, 383.
17. Wenn der Rausch vergangen, kommt die Besinnung.
18. Wer im Rausch besonnen bleibt, der hat Verstand.
19. Wer niemals einen Rausch gehabt, der ist kein braver Mann. – Eiselein, 520.
*20. Der will sich noch einen Rausch trinken. (Oderbruch.) – Engelien, 223, 162.
Sagt man, wenn der Rock beim Ueberziehen sich umschlägt.
*21. Ein polnischer Rausch. – B. Auerbach, Dorfgeschichten, III, 289.
Nach dem Urtheil von Sachkennern ein richtiger.
*22. Ein Rausch wie ein Haus (oder: wie zwei Häuser). – B. Auerbach, Dorfgeschichten, IV, 272.
*23. Er hat einen Rausch wie ein Butt. (Rottenburg.)
*24. Er hat einen steifen Rausch. – Stricerius, 14a.
Holl.: Hij heeft een' roes in (weg). (Harrebomée, II, 225a.)
*25. Er hot e Rausch wie'e Kerchedhore. – Nadler, Fröhlich Palz, 171.
*26. Es ist ein Bruder Rausch.
»Der Teufel ist Abt in der Welt, und seine Brüder sind allzumal Brüder Rausch.« (Luther's Werke, VI, 375.)
*27. 'N Rausch habe wiera Himmelbett1. (Oberösterreich.)
1) Ein mit einem Himmel, d.i. einer Decke versehenes Bett. – Einen sehr starken Rausch haben.
*28. Seinen Rausch ausschlafen.
Holl.: Hij slaapt zijn' roes uit. (Harrebomée, II, 225a.)
*29. Sik en Rusk tüg'n. – Eichwald, 1613.
30. Beter e Rûsch als e Brûsch (Beule am Kopf). – Frischbier, I, 337.
31. Ein Rausch vertreibt den andern.
»Kein besser Mittel wider die Trunkenheit halten einige Gelehrte als wenn ein Rausch den andern vertreibt, weil einer dadurch ein habitum erlangt, damit jnen ins künftige der Trunck desto weniger schade. Dannenher der Knittelverss entstand: Si noceat hesterna sibi potatio vini, cras iterum bibito et sic fuerit medicina.« (Dietrich, I, 176.)
32. Hüte dich vor einem zweifachen Rausch: vor dem nassen Weinrausch und dem trockenen der Leidenschaften.
Lat.: Ebrietas, nec madida, nec sicca. (Sailer, Sprüche, 106, 50.)
Buchempfehlung
Im Alter von 13 Jahren begann Annette von Droste-Hülshoff die Arbeit an dieser zarten, sinnlichen Novelle. Mit 28 legt sie sie zur Seite und lässt die Geschichte um Krankheit, Versehrung und Sterblichkeit unvollendet.
48 Seiten, 4.80 Euro
Buchempfehlung
Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Für den zweiten Band hat Michael Holzinger sechs weitere bewegende Erzählungen des Sturm und Drang ausgewählt.
424 Seiten, 19.80 Euro