1. Als Niet kommt tot iet, dann kennt iet hem selver niet. – Simrock, 7534.
Wenn ganz arme Leute plötzlich zu grossem Vermögen gelangen, kennen sie sich selbst nicht mehr.
2. Auss nichts wird nichts vnd bleibt nichts. – Lehmann, II, 32, 68; Petri, II, 30; Blum, 327; Eiselein, 493; Simrock, 7523; Körte, 4549; Mayer, II, 52; für die Schweiz: Tobler, 338.
»Dass auss nichts auch nichts werden kan, das ist offenbar yederman.« (Loci comm., 62.) »Erdengötter sind die Fürsten, mancher Dichter spricht's; und wie viele Creaturen schafft ihr Wort aus – nichts.« (Witzfunken, IVa, 170.)
Böhm.: Z ničeho nebude nic. (Čelakovský, 176.)
Engl.: An old naught will never be ought. (Gaal, 926.)
Frz.: On ne fait rien de rien. (Lendroy, 1317; Cahier, 1547.)
Lat.: De nihilo nihilum. (Persius.) (Binder II, 711.) – Fit nihil ex nihilo, summus philosophus inquit. (Binder II, 1153; Gartner, 152; Sutor, 912; Loci comm., 62.)
Poln.: Z niczego nic niebędzie. (Čelakovský, 176.)
3. Besser (recht) nichts als Unrecht etwas. – Simrock, 7537.
4. Besser nichts geben, als geraubt Almosen geben. – Petri, II, 37.
5. Dä nicks es un maint sik nicks, dai es gar nicks. – Woeste, 74, 217.
6. Dat is Nix, mîn Dochter, de Kêrl nimmt di nich. – Eichwald, 320; Frommann, II, 538, 166; Kern, 217.
7. De van nêt (nichts) kummt to êt (etwas), dat is allemanns (jedermanns) Verdrêt (Verdruss). (Ostfries.) – Bueren, 394; Eichwald, 29; Frommann, IV, 143, 377; Kern, 1570.
Dies ostfriesische Sprichwort kommt im Herzogthum Oldenburg nicht vor, wo man nur allein den Bauer und nicht den Edelmann kennt, wo nur allein der Besitz adelt, wo alle Standesunterschiede nur durch Geld und Geldeswerth geschaffen werden. Der oldenburger Arbeiter, der durch Intelligenz und Fleiss oder durch eine Heirath, der Heuermann oder Krämer, der durch Benutzung glücklicher Conjuncturen – »dem 't man so tofûlt is« – reich geworden und in den Besitz einer Landstelle gelangt ist, steht ganz dem Manne gleich, dessen Vorfahren schon Jahrhunderte Hausleute waren. Er gehört von dem Augenblick an nicht mehr »to de lütjen Lüe,« sondern »to de Groten.« Er tritt vollständig in die Reihe der Magnaten des Dorfs und theilt mit ihnen alle Vortheile der bevorzugten höhern Stellung in der Gesellschaft. (Weserzeitung, 4036.) (S. ⇒ Dübbeltje 1.)
8. Den Herrn von Nichts kann niemand bestehlen.
Engl.: Naught is never in danger. (Bohn II, 118.)
9. Der hat nichts, der nicht genug hat.
Frz.: Rien n'a, qui assez n'a. (Kritzinger, 616a.)
Lat.: Nihil habet cui nihil sat est. (Bovill, III, 92.)
10. Der nichts thut, thut Böses, wie ein Diener, der nichts thut.
Lat.: Facito aliquid operis ut diabolus semper te inveniat occupatum. (Sutor, 575.)
11. Diar nant as an uk nicks mêsch wal, di as tweisis nant. (Nordfries.) – Johansen, 68; Firmenich, III, 2, 18; für Amrum: Haupt, VIII, 365, 239.
Wer nichts ist und auch nichts sein will, der ist zweimal nichts.
[1015] 12. Es ist nicht gar nichts, was der Pöfel spricht. – Sutor, 206.
13. Es ist nichts über ein gut Gewissen.
14. Es ist nichts über guten Muth (über einen bösen Nachbar, über ein böses Maul, über ein böses Weib).
15. Es ist nichts über Schweigen.
16. Für nichts gibt man nichts.
Bei Tunnicius (753): Umme nich is quât wat to doen. (Quis gratis sudasse potest? sunt munera cordi.)
Böhm.: Za nic zas nic koupíš. (Čelakovský, 162.)
Dän.: For intet faaer man intet. – Noget for noget; intet for intet. (Prov. dan., 326 u. 429.)
Frz.: On ne donne rien pour rien. (Cahier, 1548; Bohn I, 42.)
17. Hier ist nichts und da ist nichts, und aus nichts hat Gott die Welt gemacht. – Simrock, 7522; Frischbier2, 2779.
Dies Sprichwort soll von einem Geistlichen herrühren, der eine Probepredigt halten wollte, zu der er den Text auf dem Pulte der Kanzel finden werde. Er fand dort aber nur ein leeres Blatt Papier. Der Prediger ergriff es, besah es von beiden Seiten, und seine Geistesgegenwart verhalf ihn zum obigen Texte und zur – Pfarre. Nach A. Hagen (Poesie vor hundert Jahren, Neue Preuss. Provinzialbl., V, 144) soll mit Johann Friedr. Laurson diese Probe gemacht sein. Derselbe trat in öffentlichen Versammlungen wie in Privatcirkeln als Stegreifdichter auf. Als er einst die Rednerbühne betrat, fand er statt des Themas ein weisses Blatt. Laurson las von demselben die ganze Weltschöpfung ab, indem er also anhub: Seht, hier ist nichts, und da ist nichts, und aus nichts hat Gott die Welt gemacht. Laurson (geboren den 15. Oct. 1727) lebte als Lehrer, Gelegenheitsdichter u.s.w. in Königsberg und starb den 4. Oct. 1788.
18. Ick doe der nicks mehr to, säh Jüffer Duins. – Hauskalender, II.
19. Keiner kann nichts, und keiner kann alles. – Simrock, 7532; Körte2, 4543.
20. Kêr di an nix, un kêr di an nix, is ôk en Trost. (Holst.) – Schütze, III, 149.
21. Lieber nichts als nichts Rechts. – Demokritos, III, 64.
22. Lieber nütz as schlecht nebes. – Tobler, 337.
Besser nichts als etwas Schlechtes.
23. Mir nex, dir nex und de beise (böse) Buaba (Mädle) nex. (Ulm.)
Zu Kindern.
24. Mit nicht fahet (fangt, gewinnt) man nicht. – Franck, I, 74b, 84a u. 117b; Gruter, I, 59; Lehmann, 289, 15; Schottel, 1127a; Blum, 730.
Ein Köder muss an der Angel sein, wenn man fangen soll. Ohne alle Mittel lässt sich nichts ausrichten.
Frz.: Rien n'arrive pour rien. (Cahier, 1549.)
Holl.: Met niemendal begint men niet. (Harrebomée, II, 126a.)
Schwed.: Med intet får man intet. (Grubb, 522.)
25. Mit nichts bereitet man sich gut auf die Fasten. – Eiselein, 493; Simrock, 7520; Körte2, 5713; Braun, I, 3035.
26. Mit nichts kann man kein Haus bauen. – Simrock, 7528; Körte2, 5707; Braun, I, 3031; Mayer, II, 53; Masson, 262.
Frz.: On ne saurait faire rien de rien. (Masson, 263.)
27. Näst äs gât än de Ûgen, awer net än de Muogen. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 278.
28. Nex haben ist a rüebigi Sach, nur zu Zeiten langweilig. (Weingarten.) – Birlinger, 402.
Frz.: Rien n'arrive pour rien. (Bohn I, 55.)
29. Nicht1 ist inn die Augen gut. – Luther's Ms., S. 4.
1) Ich vermuthe nur, dass das Wort »Nichts« heissen soll, es sieht eher aus wie: Nacht; ein Sprichwort dieser Art ist mir aber nicht begegnet.
30. Nichts braucht keine Schlupfwinkel. – Eiselein, 493; Simrock, 7519.
31. Nichts hab' ich gehabt, um alles bin ich gekommen. – Blass, 16.
32. Nichts haben ist ein ruhig Leben, aber etwas haben ist auch gut. – Simrock, 7524b.
33. Nichts haben, Ruhe haben. – Simrock, 7524a.
34. Nichts haben sind zwei Teufel, ichts haben ist ein Teufel. – Simrock, 7541; Körte, 4553.
[1016] 35. Nichts hat man ohne Mühe, auch fliegt keine Taube dem Müssiggänger ins Maul.
36. Nichts ist bald gegessen. – Mayer, I, 43.
37. Nichts ist gut für die Augen, nur nicht für den Magen (oder: aber bös für Beutel, Maul und Magen). – Petri, II, 498; Lehmann, II, 429, 126 u. 433, 54; Blum, 592; Bücking, 46; Pistor., VIII, 43; Gaal, 1216; Eiselein, 493; Simrock, 7521; Körte, 4541; Blass, 16; Parömiakon, 2337; Birlinger, 40; für Holstein: Eichwald, 1427; für Oldenburg: Goldschmidt, II, 72; für Aachen: Firmenich, I, 493, 108; für Waldeck: Curtze, 328, 172; für die Schweiz: Schweiz, I, 144, 80; für Schaffhausen: Schweiz, II, 168, 54; schlesisch bei Frommann, III, 414, 522.
In Pommern: Dröge Nicht. (Dähnert, 328b.) Nichts ist gut für die Augen, dem Mund will's aber nit taugen. (Chaos, 646.) Der Sinn des Sprichworts beruht auf einem Wortspiel. Das kleinste Stäubchen verursacht den Augen schon Unbequemlichkeit; sie ertragen nichts Fremdes. Der Magen dagegen fordert Speise und Trank; er will aufnehmen, die Augen nicht. – In dem ersten Theil des Sprichworts wird durch Nichts ein Arzneimittel gemeint, nihilum album, deutsch: Weisses Augennichts. Es ist ein Zinkkalk und wird als austrocknendes Mittel angewandt. Da es nun Fälle geben kann, wo solche Mittel erforderlich sind, so kann man von diesem Nichts sagen, dass es gut für die Augen ist. In seiner andern Bedeutung ist's aber desto übler für den Magen. Der Appenzeller: Nünt ist guet för d' Auga. Tobler (30) bemerkt dabei: eigentlich – das Abhalten des Lichtes ist schwachen oder kranken Augen zuträglich; figürlich: man sieht oft nur ärgerliche Dinge, sodass es besser wäre, wenn kein Gegenstand vor den Augen läge.
Altfries.: Fuar dit liif man: Nönt es bääst ön de Ogen. (Hansen, 8.)
Jüdisch-deutsch: Nix is gut für die Aage', aber nit für den Mage'. (Tendlau, 787.)
It.: Niente è buon per gli occhj. (Gaal, 1216.)
Lat.: Nil bene luminibus servit, male convenit ori. (Sutor, 89; Gaal, 1216.)
Schwed.: Intet är godt i ögat, men ondt i magen. (Wensell, 44.)
38. Nichts ist gut zun (in) Augen, vnd böss für den Bauch (in Maul). – Gruter, III, 72; Lehmann, 46, 58; Lohrengel, I, 544.
Einem Augenarzte, der seine Augensalbe ruhmrednerisch herausstrich, erwiderte jemand: »Aus Erfahrung weiss ich, Ihre Augensalbe ist von der Art, dass mann mit nichts heilsamer bestreicht.« (Witzfunken, Ib, 44.)
39. Nichts ist nichts und kann nichts werden. – Eiselein, 493.
Lat.: De nihilo nihil in nihilum nil posse reverti. (Eiselein, 493.)
40. Nichts ist so gut, es habe denn sein Aber. – Körte2, 5712.
41. Nichts ist so schlecht, es ist zu etwas gut. – Körte, 4548.
42. Nichts macht arm und nichts macht reich. – Simrock, 7531; Körte, 4547.
43. Nichts ohne Ursache.
44. Nichts tragen, ist sehr leicht tragen. – Petri, II, 498.
45. Nichts umsonst. – Parömiakon, 2938.
Lat.: Nudus nec a centum viris spoliari potest. (Chrysos.) (Eiselein, 493.)
46. Nichts und nichts macht Zahnweh.
47. Nichts ward so gross vnd hochgeboren, dass nit etwan dess Glückes Zoren vnterdruckt vnd schlug zu Thal: je höher Baum, je schwerer Fall. – Gruter, III, 72.
48. Nichts zu sehr! (Altgriech.)
Empfiehlt in allem das rechte Mass.
Frz.: Rien de trop. (Körte, 4554.)
49. Nicks as best (bast) uun a uugen. (Amrum.) – Haupt, VIII, 356, 89.
Auf Sylt: Nöndt es best ör uugen. (Haupt, VIII, 356, 89.)
50. Nuscht on nei öss tweierlei. (Wehlau.)
51. Nütz hâ, ist e rüebigs1 Ding. – Tobler, 372.
1) Rueb = Ruhe, rueba = ruhen, rüebig = ruhig. – Nichts haben ist ein ruhiges Ding. Wer besitzt, hat Sorge.
52. Van nix kümmet nix (har). (Waldeck.) – Curtze, 330, 198 u. 365, 622; für Hannover: Schambach, II, 254; Bueren, 1200; Hauskalender, I.
Bei Tunnicius (1082): Van nicht kumt nicht. (Fit nihil ex nihilo turba referente sophorum.)
[1017] Altfries.: Fan Nönt kumt Nönt. (Hansen, 14.)
Dän.: Intet bliver at intet. (Prov. dan., 326.)
Engl.: Of nothing, nothing comes. (Masson, 263.)
Frz.: Où il n'y a que prendre, rien ne sert amende. (Cahier, 2.)
Holl.: Van niet en comt niet. (Tunn., 26, 13.)
It.: Col niente si fa niente. (Marin, 4.)
Schwed.: Af intet blir intet. (Marin, 4.)
53. Von nichts redet sich nichts.
I.B. Schuppius (Lehrreiche Schriften, S. 402-413) hat aber sehr viel »von dem Lobe und Würde des Wörtlein Nichts« gesagt. Es fehlt auch nicht an Dichtern, die das Nichts zum Gegenstande ihrer Ergüsse genommen haben; als: Poëma Johannis Passeratii In Nihil; ferner: Lambert Ludolf Philopöm. Auch der englische Dichter Cowley, Graf von Rochester, hat diesen Stoff behandelt; und Johnson bemerkt: »Das Nichts müsse nicht allein so angesehen werden, als ob es blos eine verneinende, sondern als ob es eine Art positiver Bedeutung habe; z.B. ich darf keine Diebe fürchten, ich habe Nichts, und Nichts ist ein mächtiger Beschützer. Im ersten Theile dieses Satzes ist es verneinend, im andern positiv als handelndes Wesen genommen.« (Vgl. Witzfunken, IIb, 76, wo sich einige lateinische Gedichte auf »Nichts« als Proben finden.)
54. Von nichts zu etwas ist ein grosser Schritt. – Klix, 51.
55. Von nix kömmt nix, säd' de Schêper, dôr lêt he ênen strîken. – Hoefer, 897; Schlingmann, 1221.
56. Von nuscht öss nuscht.
Von nichts ist nichts.
57. Wä necks us sich mât, (dä) es necks. (Düren.) – Firmenich, I, 485, 125.
58. Wär et zo nicks bränge sall, dä künnt der Rhing (Rhein) ûsdrinke, un dann hätt' hä doch noch Dôsch. (Köln.) – Firmenich, I, 476, 218.
59. Was von nichts kommt, wird auch für nichts gehalten.
Frz. Schweiz: Schin que vin dé rin on le prin po rin. (Schweiz, 242, 40.)
60. Wei niks is un ment sik niks1, dei is dubbelt niks. (Westf.)
1) Sick wat menen = eine Meinung von sich haben, auch: eingebildet sein.
61. Wen (wer) van necks tu wat kömmt, den (der) kennt sech selwer nît. (Meurs.) – Firmenich, I, 401, 8.
62. Wenn der anners nix ist, denn ist de Krabbe ôk'n Fisk. – Hauskalender, IV.
63. Wenn nichts kommt zu etwas, dann kennt etwas sich selber nicht mehr. – Pistor., V, 39; Simrock, 7533; Körte, 4546.
Holl.: Al niet komt tot iet, kent het zich zelven niet. (Bohn I, 299.)
64. Wer mit nichts heirathet, spürt die Folgen bis zum Tode.
65. Wer nichts aus sich macht, ist nichts. – Simrock, 7530; Braun, I, 5101.
66. Wer nichts hat, dem entfelt auch nichts. – Franck, II, 97a; Tappius, 145a.
67. Wer nichts hat, dem gibt man nichts. – Petri, II, 743.
68. Wer nichts hat, dem kann Lips Tullian nichts stehlen.
Frz.: Qui n'a rien ne craint rien. – Sûrement va qui n'a rien. (Masson, 264.)
69. Wer nichts hat, der gibt auch nichts. – Petri, II, 743.
70. Wer nichts hat, der verliert nichts. – Braun, I, 5104.
Böhm.: Kdo nic nemá, nic neztratí. (Čelakovský, 171.)
Poln.: Kto niema, niestraci. (Čelakovský, 171.)
71. Wer nichts hat, geht sicher. – Körte, 4542.
72. Wer nichts hat, gilt nichts. – Petri, II, 742; Simrock, 7524; Körte, 4542.
73. Wer nichts hat, ist am besten dran.
74. Wer nichts hat, ist vor Räubern sicher.
Lat.: Cantabit vacuus coram latrone viator. (Juvenal.) (Masson, 564.)
75. Wer nichts hat, kann nichts geben.
Böhm.: Kdo nic nemá, nic nemůže dáti. (Čelakovský, 176.)
Kroat.: Koi nikaj nema, nikaj nemre dati. (Čelakovský, 176.)
76. Wer nichts im Mörser hat, macht den grössten Spektakel. – Klix, 51.
[1018] 77. Wer nichts sagt, lügt nimmermehr.
Auch das Schweigen kann zur Lüge werden.
78. Wer nichts thut, sündigt genug.
Frz.: Qui ne fait rien, fait mal. (Bohn I, 50.)
79. Wer nichts zu thun hat, der thut, was sich nicht gebührt.
80. Wer nix hatt, brûkt ôk nix to wahre (zu verwahren, zu behüten). (Rendsburg.)
81. Wer sick to nix makt, de is ock nix. (Rendsburg.)
82. Wer sonst nichts hat, gibt Aepfel und Birnen.
83. Wo näst äs, dô wiecht näst. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 845.
84. Wô näst äs, huot ug der Kîser det Rêcht verlîren. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 845.
85. Wo nicht ist, da nemen auch tausent gewapneter1 mann nicht. – Franck, II, 97a; Lehmann, II, 884, 333; Eiselein, 493.
1) Gruter (III, 117): hundert geharnischter.
Dän.: Hvor intet er, kunde ei hundred bevæbnede tage noget. – Man skal aldrig guld opgrave, hvor intet er kommet ned. (Prov. dan., 326.)
Frz.: Homme ne peut rien prendre là où n'a rien. (Leroux, I, 164.)
Lat.: Melius est humi cubantem et bono animo esse, quam perturbatum in aureo lecto. (Sutor, 525.)
86. Wo nicht ist, da reert auch nicht. – Franck, II, 97a; Tappius, 145a; Simrock, 7525.
87. Wo nichts in ist, da kompt nichts auss. – Petri, II, 844.
88. Wo nichts innen, da geht nichts aus. – Simrock, 7527.
89. Wo nichts ist, da bringt man (kommt) nichts hin. – Lehmann, 378, 77.
90. Wo nichts ist, da entfällt einem nichts.
91. Wo nichts ist, da feiert man keine (magere) Feste.
Engl.: Where nothing is, a little doth ease. (Bohn II, 119.)
92. Wo nichts ist, da hat der Kaiser sein Recht verloren. – Eisenhart, I, 32; Pistor., I, 68; Sailer, 252; Eiselein, 356; Simrock, 7529; Mayer, I, 170; Körte, 4551; Körte2, 5716; Petri, II, 815; Lohrengel, I, 900; Braun, I, 3033; Zinck, Disputation: Wo nichts ist, da u.s.w. (Rostock 1692) in Nopitsch, 49; für Altmark: Danneil, 276; Firmenich, III, 132, 8; für Hannover: Schambach, II, 298; für Eifel: Schmitz, 195, 170; für Schwaben: Michel, 282; für Düren: Firmenich, I, 482, 12; für Düsseldorf: Firmenich, I, 438, 8; für Euskirchen: Firmenich, I, 509, 1; für Mecklenburg: Firmenich, I, 70, 11; für Recklinghausen: Firmenich, I, 373, 4; für Steiermark: Firmenich, II, 766, 44; für Franken: Frommann, VI, 321, 298; für Würtemberg: Nefflen, 469; ostfriesisch bei Bueren, 1215; Kern, 323; Hauskalender, I.
Man hat das Sprichwort auch scherzhaft parodirt: Wo nichts ist, da hat's der Kaiser recht verloren. Die sogenannte exceptio caesarea. Die Russen: Der Nichtshaber ist niemand etwas schuldig. (Altmann VI, 448.)
Dän.: Hvor intet er, haver keyseren forloret sin ret. (Prov. dan., 326.)
Engl.: Where nothing is, the King has lost his right. (Bohn II, 119; Gaal, 1217.)
Frz.: Le roi perd sa rente où il n'y a que prendre. (Bohn II, 119.) – Où il n'y a pas de quoi, le roi perd son droit. (Cahier, 3.)
Holl.: Daar niets is, verliest de keizer zijn regt. (Harrebomée, I, 391a.)
Lat.: Ad impossibile nemo obligatur. (Binder II, 55.) – Nudo detrahere vestimenta quis potes? (Plautus.) (Binder I, 1224; II, 2273.) – Nudus nec a decem palaestritis dispoliari potest. (Apol.) (Binder II, 2275.)
93. Wo nichts ist, da hat man's weit zu holen.
94. Wo nichts ist, da kann man nichts nemen. – Petri, II, 815.
Bei Tunnicius (1177): Dâr nicht en is, dâr kan men nicht nemen. (A corylo malum, crines quis tollet ab avo?)
Böhm.: Tĕžko bráti kde nic není. (Čelakovský, 176.)
Dän.: Hvor intet er kand intet tages. (Prov. dan., 543.)
Kroat.: Gde ga ni, ni ga nit vzeti. (Čelakovský, 176.)
Poln.: Brać tam trudno, gdzie niemasz nic. (Čelakovský, 176.)
Schwed.: Ondt taga penningar, der inga äre. (Grubb, 637.)
95. Wo nichts ist, da können die Soldaten nichts nehmen.
Von solchen Schuldnern zu verstehen, denen man [1019] nichts mehr nehmen kann, und gegen welche man die Gerichte erfolglos in Anspruch nehmen würde. Das Recht ist wol nicht verloren, aber seine Vollstreckung kann da nichts erlangen, wo nichts ist. (Vgl. darüber auch: Jo. Fasting, De Germanorum proverbis: Wo nichts ist etc., Jena 1745, 4.) Auf Censoren hatte das Sprichwort übrigens keine Anwendung, diese strichen auch da, wo nichts ist, die sogenannten – Censurlücken.
Böhm.: Kde není, smrt' nebéře. – Kde nic není tu ani smrt' nebéře. (Čelakovský, 176.)
Frz.: Il ne saurait sortir d'un sac que ce qui y est. – On ne fait pas du bouillon avec des cailloux. – On ne saurait écorcher une pierre. – On ne saurait manger une oie grasse, si on ne l'a. – Où il n'y a que prendre, rien ne sert amende. – Où il n'y a rien (de quoi), le roi perd ses droits. (Bohn II, 44; Gaal, 1217; Lendroy, 632.) – Personne ne peut donner ce qu'il n'a pas. (Masson, 263.)
It.: Dove non è niente, perde il giudice la condanna. (Pazzaglia, 151, 3.) – La botte non può dar se non del vino che ha. – Niuno da quello che non ha. (Bohn II, 119.) – Nunca buena olla con agua sola. (Marin, 263.) – Quando non c'è perde la chiesa. (Marin, 10.)
Kroat.: Česa ni, nit ga car ne trĕbuje. (Čelakovský, 176.)
Lat.: De statuis farinas poscis. (Marin, 10.) – Ubi nihil est, Caesar jure suo exiit.
Poln.: I sam Bóg niebierze, gdzie niemasz. (Masson, 263; Čelakovský, 176.) – Nic wezmiesz gdzie nic niemasz.
Schwed.: Der intet är at taga, behöfwer man ej räda för plundring. (Wensell, 22.) – Der intet är har kejsaren förlorat sin rätt. (Grubb, 152; Marin, 10.) – Der intet är, kan icke döden ta. (Rhodin, 29.) – Der intet funnes, har kejsaren förlorat sin rätt. (Marin, 10.)
Span.: El que no tiene, el rey lo hace libre. (Masson, 263.)
Tschud.: Mis taud tühjast toast wöttab. (Čelakovský, 176.)
Ung.: Puszta malmon száraz gáton, vámot nem vesznek. (Gaal, 1217.)
96. Wo nichts ist, da nimpt der Tod auch nichts. – Eyering, III, 583.
97. Wo nichts ist, da reisst (bricht) nichts. – Simrock, 7526; Körte, 6909.
98. Wo nichts ist, da rieselt's nicht. – Körte, 4550; Masson, 262.
99. Wo nichts ist, da wird auch nichts. (Böhmen.)
100. Wo nichts ist, do findt man nichts. – Werdea, Bi; Franck, II, 97a.
101. Won nits is, dâ is de Düwel, un wo wat is, da is he tweimal. – Schambach, II, 606.
Armuth und Noth verleiten den Menschen leicht zum Bösen, der Reichthum aber thut dies noch viel mehr.
102. Wo nix is, kann wat wäeren. (Driburg.) – Firmenich, I, 362, 66.
103. Wo nix is, spillt ôk nix. (Holst.) – Richey, 282; Schütze, IV, 170.
Wer nichts hat, kann auch nichts verspillen (vergeuden, verschütten, verschwenden, unnütz verthun).
104. Wo nix ist, do nix rist1. (Driburg.) – Firmenich, I, 362, 23.
1) Risten, rissen = voranrücken, fortrücken, sich entfernen, fallen.
105. Wo nix ist, wohnt der Mausche. (Jüd.-deutsch.) (Hechingen.)
106. Wu neisd öss, doa brennd de Spöss. (Trier.) – Laven, 198, 145.
107. Wu nicks is, do rehrt nicks, sagte die Frau, als sie eine Garbe Korn heimschleifte. (Nassau.) – Kehrein, VI, 26.
108. Wun näst mi äs, huot de uorem Sîl Rât. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 2800.
*109. An grussen Haufen Nischte. (Schles.) – Frommann, III, 249, 264.
*110. Daraus wird nichts.
*111. Den es van nît tu jet (etwas) gekommen. (Meurs.) – Firmenich, I, 405, 327.
*112. Ein nichts und wohl verwahrt. – Eiselein, 493.
*113. Ên Herr van Nicks. – Dähnert, 329b.
Ein leerer Grossprahler.
*114. Er hat nichts zum besten.
Seine Lage ist bedenklich.
*115. Er hat seine Sache auf nichts gestellt.
*116. Es is nix mit'm der mehr. – Tendlau, 150.
Ist nicht viel an ihm.
*117. Es ist, als käme einer und brächte nichts. – Eiselein, 493.
[1020] *118. Mir nichts, dir nichts (schenkt er euch).
Ohne alle Umstände, geradezu, plötzlich. »Do is am e mol a Patrull kumma und hot mir nichs dir nichs 'n Beckerschg'sell Schwärzlain arretirt.« (Sartorius, 175.) »Als Pius VI. in München seinen Einzug hielt und der versammelten Menge seinen Segen ertheilte, fragte ein Bauer den andern, was dies bedeute. ›Je nun‹, antwortete der Gefragte, ›das heisst so viel als mir nichts, dir nichts.‹« (Witzfunken, IVa, 90.)
*119. Nichts davon und nichts dazu.
*120. Nütz ist er, en Herr ist er. – Sutermeister, 130.
*121. 'S guldigs Nüüteli u n's längs Warteli dra. (Bern.) – Zyro, 9.
Ein Kindertrost – goldenes Nichts, auf das man noch lange warten soll, glänzende Verheissungen, die nie in Erfüllung gehen.
*122. Von nichts zu ichts gekommen sein. – Hollenberg, III, 23.
123. Auss nichts offt ein gross gschrey entsteht, das lange zeit nicht mehr zergeht.
Lat.: Ex minimo crescit, sed non cito fama quiescit. (Loci comm., 63.)
124. Aus nichts wird nichts, das merke wohl, wenn etwas aus dir werden soll.
Diese Lehre bekam so manches brave Kind mit auf den Weg des Lebens. Unsinn, sagt unsere heutige Jugend, das Sprichwort ist veraltet; Beispiel die Börse, da wird aus nichts oft viel, aus viel oft nichts!
125. Der nichts thut, nichts weiss, nichts kann, muss allezeit bleiben hinten an. – Weisheit auf der Gasse, 29.
126. Lieber gar nex, als halb.
127. Mit nichts spielt man, mit nichts gewinnt man.
128. Wo nichts ist, da verleurt man nicht, verdirbet nichts vnd nichts zerbricht. – Loci comm., 156.
Lat.: Est ubi res nulla, scio que non res cadit ulla. (Loci comm., 156.)
Buchempfehlung
»Ein ganz vergebliches Mühen würd' es sein, wenn du, o lieber Leser, es unternehmen solltest, zu den Bildern, die einer längst vergangenen Zeit entnommen, die Originale in der neuesten nächsten Umgebung ausspähen zu wollen. Alle Harmlosigkeit, auf die vorzüglich gerechnet, würde über diesem Mühen zugrunde gehen müssen.« E. T. A. Hoffmann im Oktober 1818
88 Seiten, 5.80 Euro
Buchempfehlung
Biedermeier - das klingt in heutigen Ohren nach langweiligem Spießertum, nach geschmacklosen rosa Teetässchen in Wohnzimmern, die aussehen wie Puppenstuben und in denen es irgendwie nach »Omma« riecht. Zu Recht. Aber nicht nur. Biedermeier ist auch die Zeit einer zarten Literatur der Flucht ins Idyll, des Rückzuges ins private Glück und der Tugenden. Die Menschen im Europa nach Napoleon hatten die Nase voll von großen neuen Ideen, das aufstrebende Bürgertum forderte und entwickelte eine eigene Kunst und Kultur für sich, die unabhängig von feudaler Großmannssucht bestehen sollte. Michael Holzinger hat für den zweiten Band sieben weitere Meistererzählungen ausgewählt.
432 Seiten, 19.80 Euro