Schreiber

1. Bei Schreibers Wort, des Richters Spruch und der Leute Recht.Graf, 419.

Das Recht forderte, dass bei einem Gericht ein Schreiber anwesend war, der dem Gedächtniss zu Hülfe kam. (S. Richter 4.)

Altfries.: Bi scriueres worde and bi asega dome, bi liuda riuchte. (Hettema, Wetten, I, 207, 17.)


2. Böse Schreiber verderben und beklecken viel gutes Papier.Petri, II, 832.


3. De rîk Schîwer up de Wyk, Guldammer und Schliek, Salingre successores, dat sind die drei Matadores in Stettin.

Dieser erst in diesem Jahrhundert entstandene stettiner Vers wird einem wohlhabenden, später verarmten Brenner Schreiber auf der Wyk zugeschrieben. Goldammer und Schleich war hier ein angesehenes Handlungshaus, das erloschen ist. An dasselbe erinnert noch die Firma Goldammer und Schleich Nachfolger. Salingre successores war ehemals eine Handelsfirma, die in ihrer Speculation zuletzt nicht glücklich war. (Jubelschrift, 30.)

4. Die Schreiber setzen ihre Seele ins Tintenfass.Eiselein, 555; Simrock, 9190; Braun, I, 3971.


5. Die Schreiber und die Lumpen wachsen auf Einem Stumpen. (Buchau.) – Birlinger, 459.


6. Ein guter Schreiber braucht keinen Treiber.


7. Ein guter Schreiber ist aller Ehren werth.Pistor., X, 79; Simrock, 9194.


8. Ein schlechter Schreiber verdirbt viel gutes Papier.


9. Ein Schreiber1, der lieber tanzt und springt, denn dass er in der Kirche singt, und lieber vor den Metzen hofirt, denn dass er einem Priester ministrirt, und lieber in einem Hurenwinkel schlüf, denn dass er zu der Predigt lief, und lieber drei Tage Buhlbrief' schrieb, denn dass er bei einer Vesper blieb, und lieber auf der Gass schwenzirt, denn dass er in den Büchern studirt; wenn aus einem solchen ein frommer Priester wird, so hat ihn Gott mit grosser Gnad berührt.

1) Ein junger Mann, der sich der Wissenschaft, dem Staats- oder Kirchendienst widmet.


10. Ein Schreiber ohne Feder, ein Schuster ohne Leder, ein Kaufmann ohne Geld sind die grössten Hundsfötter in der Welt.


11. Ein schreiber ohne feder, ein schuster ohne leder, ein Landsknecht ohne Schwert, seynd alle drey kein Heller werth.Gruter, III, 29; Lehmann, II, 150, 65; Zinkgref, IV; Simrock, 9192.

Dän.: Skriver uden feder, skuster uden leder, landsknekt uden sverd er ei en blaffer værd. (Prov. dan., 177.)


12. Einem Schreiber es wohl ansteht, ist er still, vorsichtig und wohlberedt.

Lat.: Arcani custos, prudens, linguaque peritus, et calomo facilis, scriba erit eximius. (Philippi, I, 39.)


[337] 13. Es ist nicht jeder ein Schreiber, der an einer Feder kaut.


14. Jeder Schreiber lobt seine Feder.Altmann VI, 389.


15. Schreiber und Studenten sind der Welt Regenten.Eiselein, 555; Simrock, 9191; Braun, I, 3972.

»Aus den Schreibern und Studenten, sie sind edel oder nicht, werden in der Welt Regenten zugericht.« (Gerlach, 95.)


16. Wenn der Schreiber gut ist, so mag leicht die feder sein, dass er eine gute Schrifft mache.Petri, II, 638; Henisch, 1036, 40.


17. Wenn der Schreiber nichts taugt, gibt er den Federn die Schuld.Bücking, 354; Ramann, II. Pred., II, 115; Siebenkees, 234; Struve, I, 31; Simrock, 9195; Körte, 5397.

Als der Kaiser Paul noch Grossfürst war, fiel einst auf einem Spazierritt sein Pferd. und er verstauchte sich die Hand. Er befahl seinem Stallmeister, es verhungern zu lassen. Am achten Tage berichtete Markow, das Pferd habe soeben seinen letzten Athem ausgehaucht. ›C'est bon‹, erwiderte der Grossfürst. (Pückler, Semilasso, I, 148.) Die Russen: Des Schreibers Sünden werden der Feder überwiesen.

Engl.: An ill workman quarrels with his tools. (Gaal, 423.)

Frz.: Méchant ouvrier ne saurait trouver de bons outils. (Gaal, 423.)

It.: Cattivo lavoratore a ogni ferro pon cagione. (Gaal, 423.) – Cattivo scrittore ogni pelo l'impedisce. (Pazzaglia, 275, 1.)

Poln.: Tego co robic niechce, mąką w ręce kole. (Masson, 79.)

18. Wie der Schreiber, so das Buch.Parömiakon, 44.


*19. Dat is'n goden Schriefer, de is to dumm, um 't na to vertellen.Kern, 385.


[Zusätze und Ergänzungen]

20 Wan der schriber sitzt, vnd die fedder ist gespitzt, zu schriben ist bereidt, so kan er so wol schriben lugen als warheit.Weinsberg, 53.

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 5. Leipzig 1880, Sp. 1716.
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