Spitze

1. Auf der Spitze des Schwertes gedeiht des Landes Wohlfahrt nicht.

Dän.: Det er farligt at sætte et lands velværd paa sverdits spidse. (Prov. dan., 376.)


2. Die auf der Spitze stehen, können nicht weiter.

»Denn die auff der höchsten Spitzen stehen, die stehen nit satt, es wird ihnen nichts meh.« (Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 401.)


3. Die Spitze des Dorns ist klein, aber der, den sie sticht, fühlt sie wohl.

Span.: Chica es la punta de la espina, mas a quien duele, no la olvida. (Cahier, 3415.)


4. Je schärfer die Spitze, je tiefer die Wunde.


5. Man muss nicht alles mit der spitz aussmessen.Lehmann, 522, 14.

Nicht alles zu genau nehmen.

Schwed.: Alt för noga, mistar wänskapen. – Man får intet sweeda alt som ludit är. (Grubb, 24.)


6. Wenn die spitz zu scharpff ist, werden viel händel verderbt.Lehmann, 280, 66.


7. Wenn nur eine Spitze ist, gleichviel wie.

Engl.: 'T is all one to the common people, who is uppermost.


8. Wer bei der Spitze langt ein Messer, der ist ein Kalb oder nicht viel besser.

Frz.: Qui par la pointe rend le couteau, Montre bien qu'il est un grand veau. (Kritzinger, 186a.)


9. Wo die Spitze des Nagels hingeht, dahin geht der Kopf nach.Altmann VI, 413.


10. Zu viel Spitze taugt nicht.

Lat.: Duobus litigantibus tertius gaudet.


[726] *11. Auf Spitze und Knopf treiben.Eiselein, 574; Braun, I, 162.


*12. Bei dem ist's auf Spitz' und Knopf. (Ulm.)

Es ist auf einem Entscheidungspunkte.


*13. Dat weren Spitzen.Dähnert, 449a.

Das waren Stichelreden.


*14. Dei Spötze kannst di an e Underrock nege. Frischbier2, 3578.


*15. Die spitz brechen.Franck, II, 90b.


*16. Doa it Spitz' und Knoupff beinanner g'wa (gewesen). (Franken.) – Frommann VI, 330, 366.

Das Unglück stand unmittelbar vor der Thür.


*17. Einem die Spitze bieten.Eiselein, 574; Lohrengel, II, 197; Braun, I, 4221.

Frz.: Tenir bon contre quelqu'un. (Kritzinger, 77b.)


*18. Einen an die Spitze stellen.

Frz.: Mettre quelqu'un à la tête. (Kritzinger, 678a.)


*19. Er hat Spitz gekriegt.Klix, 80.


*20. Er stellt alles auf die Spitze.


*21. Es steht auf Spitz und Knopf.Sutor, 668.

Die Redensart ist von dem Spiel der Gleichgewichtskünstler entlehnt, da sie einen Degen auf der Nase oder Kinn balanciren und noch oben darauf ein Glas voll Weins tragen.

Lat.: In acumine res est. (Eiselein, 574.) – Sita est res in cuspide ferri. (Sutor, 663.)


*22. Es stehet auff der spitz.Lehmann, 244, 9.

Um eine Gefahr zu bezeichnen. (S. Faden 33 und Hund 1691.)


*23. Etwas auf die Spitze des Schwertes stellen.

Frz.: Il veut avoir les choses à la pointe de l'épée. (Leroux, II, 62.)


*24. Hä muss Spitze (Speichel) schleng. (Henneberg.)

D.h. hungern.


*25. He dêlt Spitzen ut. (Holst.) – Schütze, IV, 171.

Wortspiel mit Spitzen und Stichelreden, wie auch die Frage: Wat kostet de Êl vun de Spitzen?


*26. Jemand vor die Spitze fordern.

Zum Zweikampf auf den Stich einladen.


*27. Mit Spitzen handeln.Dähnert, 449b.

Verhüllend für: sticheln.


*28. Seine Spitzen stechen allenthalben herauss, wie ein Haspel im Sack.Lehmann, 903, 5; Sailer, 297.

Von dem Alleswisser und Ueberwitzigen.

Lat.: Plus sibi videtur posse quam potest. (Lehmann, 903, 3.)


*29. Sich an die Spitze stellen.Eiselein, 574; Braun, I, 4222.

Holl.: Hij heeft zich aan de spits gesteld. (Harrebomée, II, 291a.)

*30. Spitz oder Knopff.Franck, II, 89a.


*31. Spitze oder Knopf anbieten.Seybold, 20.

Krieg oder Frieden, da es heisst: Friss Vogel, oder stirb.


*32. Spitze und Knopf steht beieinander.Seybold, 384.


*33. Uf Spitz' und Knopf akomma lau.Michel, 279; Nefflen, 467.

Es auf das Aeusserste ankommen lassen, etwas aufs Spiel setzen, mit etwas zurückhalten, so lange es thunlich ist, so lange säumen und zaudern als es irgend angeht.


[Zusätze und Ergänzungen]

*34. Einen über Spitze und Knopf loben.

»Wenn man dem Pfarrherrn etliche goldene Pfennige in seinen ledernen Opferstock (des Pfarrherrn Geldbeutel) gelegt hat, so muss der Verstorbene gelobt werden über Spitz und Knopf.« (Prag im Munde der Prediger in Bohemia, 1875, Nr. 280.)

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 5. Leipzig 1880, Sp. 1742.
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