1. Alle Tage ein Faden macht des Jahrs ein Hemde. – Winckler, VI, 90.
2. Aus Fäden werden Stricke.
3. Der Faden der Güte zieht stärker, als das Tau der Gewalt.
4. Der Faden folgt der Nadel. – Henisch, 969.
Dasselbe Sprichwort findet sich unter den Negern Westafrikas: »Der Faden ist gewöhnt, der Nadel zu folgen.«
5. Der Faden ist fein gesponnen.
6. Der stärkste Faden reisst, wenn man zu heftig zerrt (reisst).
7. Dünne Fäden brechen nicht so leicht als dicke und schlecht gesponnene.
8. Es hängt alles an einem Faden.
9. Es ist kein Faden so klein gesponnen, er kommt zur Sonnen. – Müller, 14, 3; Bücking, 75; Siebenkees, 130; Kirchhofer, 176.
10. Et wird ken Fähmeken sau fien e'spunnen, et kümmet dach an de Sunnen. (Waldeck.) – Curtze, 353, 477; hochdeutsch bei Lehmann, 579, 8; Siebenkees, 129.
Mhd.: Nie wart sô klein gespunnen, oz kann ets wenne ze sunnen. (S. ⇒ Spinnen.) (Boner.) (Zingerle, 140.)
11. Hast du den Faden angefangen, so spinn' ihn auch zu Ende. – Scheidemünze, II, 176.
Vorausgesetzt, dass er etwas taugt.
12. Immer dem Faden nach, so findet man den Knäuel (Ariadne).
13. Ist der faden bloss, so ist er dennoch roth, so lobt man das rothe Garn. – Henisch, 969.
14. Subtile Feden brechen gern. – Pistor., X, 49; Lehmann, 736, 5.
15. Wenn der Faden bricht, macht man einen Weberknopf.
Abraham a Sancta Clara versteht darunter das Eingehen einer Nothehe, wenn aus dem leichtsinnigen Umgange der Jugend Folgen entstehen.
16. Wenn der Faden lang genug ist, wird er abgeschnitten. – Scheidemünze, II, 164.
Auch der Labensfaden.
17. Wenn man den Faden nicht knotet, macht man manchen Stich umsonst.
18. Wer den Faden gesponnen, der darf ihn auch zerschneiden. – Scheidemünze, II, 165.
19. Wer die Fäden zu fein spinnt, dem reissen sie leicht. – Sailer, 326; Simrock, 2240; Eiselein, 164.
Von der überfeinen Begriffspalterei.
20. Wo der Faden am schwächsten ist, da bricht er. – Lehmann, 263, 47.
*21. Aus seidenen Fäden gesponnen sein. – Murner, Schelm., 47.
»Frau Venus ..... ist auss seiden faden gspunnen, vil verthan vnd wenig gwunnen.« (Kloster, I, 885.)
[913] *22. Das hat einen Faden. (Meiningen.)
Soviel wie: Die Sache hat einen Haken. – Empfiehlt Vorsicht.
*23. Das ist der rothe Faden.
*24. Das ist nur zu Faden geschlagen. (Rottenburg.)
Nur vorgearbeitet. Eigentlich vom Schneider, der zu nähen, vom Weber, der zu weben anhebt, dann aber von jedem begonnenen andern Thun. »Ich kriegte eine Bratwurst beim Zipfel und schlug selbige auf Abschlag zu Faden«, d.h. ich begann sie zu bearbeiten, zu verzehren. »Sein Text ihm (dem Pfarrer) schon die Adern reget, darauf er sein Werk zu Faden schläget« d.i. drauflos predigt. (Grimm, III, 1233, 6b.)
*25. Den Faden verlieren. – Grimm, III, 1233, 5.
Nach Kant (X, 180) hat ein englischer Advocat die Gewohnheit gehabt, beim Plaidiren einen Bindfaden aus der Tasche zu nehmen, den er unaufhörlich um den Finger auf- und abwickelte. Als sein Gegenadvocat ihm denselben einmal heimlich aus der Tasche prakticirt habe, sei er in Verlegenheit gekommen', und man habe gesagt, er habe den Faden seiner Rede verloren. Doch scheint mir dies eher eine Anwendung der Redensart als eine zufriedenstellende Erklärung ihres Ursprungs zu sein.
*26. Den Faden wieder aufnehmen.
*27. Der Faden seiner Geduld riss.
*28. Er darf nur an einem Faden ziehen.
So geht die Sache, so kommt wieder etwas Neues.
*29. Er hat den Faden und sucht den Knäuel.
*30. Er hat keinen trockenen Faden am Leibe!
Ist durch und durch nass von Regen oder Schweiss.
*31. Er kann wol Fäden zwirnen und Frauen machen aus Dirnen. – Eiselein, 157.
*32. Es geht ein rother Faden hindurch. – Wurzbach II, 304. Quelle und Erklärung: Goethe's Wahlverwandschaft II, Kap. 2, Büchmann, 8. Aufl., 39.
Um zu sagen, dass sich eine Sache durch ein gewisses Merkmal charakterisire, sodass sie dadurch einheitliche Gestaltung und Färbung erhält und ein streng festgehaltener Grundgedanke überall hindurchschimmert.
*33. Es hängt an eim seidin faden. – Franck, II, 59b; Mathesy, 159a; Pauli, Postilla, I, 331a; Eiselein, 157; Grimm, III, 1233, 6a.
Schwebt in Gefahr des Abreissens.
*34. Etwas zu Faden schlagen. – Eiselein, 157.
Bei Tobler (S. 173): »Nebes z' Fada schlô«, d.i. den ersten Entwurf zu einer Sache machen.
*35. Feine Fäden spinnen.
*36. Ich brauche blos an einem Faden zu ziehen. (Nürtingen.)
So habe ich die Sache am Schnürlein.
*37. Mit doppeltem Fade büeze1. (Luzern.)
1) Bützen, meist büetzen gesprochen = ausbessern, flicken, aber ohne eingesetzte Stücke, holländisch boetsen, im berner Oberlande büessen. (Stalder, I, 252.)
*38. 'S gett 'n d'r Fôd'n aus. (Franken.) – Frommann, VI, 167, 81.
Sein Vorrath, z.B. der des Redners an Gedanken, ist erschöpft, er stockt.
*39. Sie seynd gleiches fadens. – Lehmann, 328, 42; Franck, II, 92b.
Von solchen, die sich äusserlich oder ihrem Charakter nach gleichen.
*40. Wirre Fäden spinnen.
*41. Ein doppelter Faden hält besser als ein einfacher.
*42. Et is beter en 'n Fam lang, as den Hindersten blank. – Schambach, II, 175.
Ergänze: zu kurz, überhaupt mangelhafte und ungenügende Kleidung ist besser als gar keine.
43. Wenn man den Faden hat, kann man leicht den Knäuel finden.
*44. A îs vo a Fâden of's Schtrê kumma. (Oesterr.-Schles.) – Peter, I, 446.
*45. Då håt's an (einem) Fåden. (Steiermark.)
Um (meist höhnisch) die Vergeblichkeit eines Ansinnens oder Unternehmens anzudeuten.
*46. Dem ist der Faden ausgegangen.
Er kann in seiner Rede, seinem Vortrage, seiner Erzählung nicht weiter.
*47. Es bricht der (letzte) Foaden. – Schöpf, 113.
Die Geduld geht aus.
*48. Mittels des Fadens den Knäuel finden.
*49. Wir sind alle eines fadens. – Franck, Paradoxa, 54a.
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