Strom

1. An grossen Strömen ist schlimm fischen.

It.: A fiume famoso non andar a pesca. (Bohn I, 68.)


2. Auch Ströme versiegen.Hiob 14, 11; Ps. 74, 15; Es. 19, 5; Fabricius, 38.


3. Besser durch den Strom schwimmen, als über die Brücke des Feindes gehen.Cahier, 2720.


4. Dem einen kommt's in Strömen, dem andern will's nicht tropfen.

Poln.: Jednemu się samo leje, a drugiemu kapać niechce. (Lompa, 14.)


5. Der Strom ist nicht eher als die Quelle.

Die Russen: Der Strom kommt von der Quelle. (Altmann, VI, 493.)


6. Der Strom muss frei sein zu allen Zeiten. Graf, 130, 373.

Wasser ist nach der deutschrechtlichen Anschauung Gemeingut, und das vorstehende Sprichwort drückt namentlich aus, dass die Ströme der allgemeinen Benutzung nicht entzogen werden dürfen.

Frz.: Les grands chemins et revières navigables appertient au roi. (Loysel, 232.)


7. Der Strom verrinnt, der Sand bleibt.Schlechta, 268.


8. Der Strom, welcher vorbei ist, kehrt nicht ins alte Bett zurück.


9. Ein breiter Strom kann eine schmale Mündung haben.Altmann VI, 486.


10. Ein fallender Strom macht stürzende Wellen.


11. Ein friedlicher Strom hat blühende Ufer.

Auch chinesisch Cibot, 160.


12. Ein grosser Strom richtet sich nicht nach dem Bette.


[921] 13. Ein Strom, der nicht in seinen Ufern bleibt, ist ein übler Nachbar.

Frz.: Eau quoye jour et nuit noye, submerge et nuit. (Leroux, I, 42.)


14. Es ist kein Strom, in den nicht trübe Bächlein münden.Chaos, 282.


15. Gegen den Strom ist bös schwimmen, sagte Lips, aber er konnte gar nicht schwimmen.

Holl.: Tegen stroom is kwaad roeijen, zei de man; maar hij had geene riemen. (Harrebomée, II, 317a.)


16. Gegen den Strom ist quad (übel) schwimmen.Schottel, 1136b; Gaal, 1480; Körte, 5777.

Es ist vieles übel, es muss aber doch geschehen, »Wenn ich nicht wider den Strom schwimmen soll«, sagt Jean Paul, »so wird dieser Strom nicht selten meine Tugend scheitern machen; denn das Reich des Lasters ist ebenso gross und ausgebreitet als das Reich der Mode.« Bei Tunnicius (888): Tegen den strôm is quat swemmen. (In cursum Rheni moliri corpore durum).

Böhm.: Darmo proti vodĕ plevati. (Čelakovsky, 282.)

Engl.: No striving against the stream. (Gaal, 1480.) – Piss not against the wind.

Frz.: Naiger contre leaue.

Holl.: Tis quaet swemmen teghen strom. (Tunn., 22, 1.)

It.: Chi piscia contro il vento, si bagna la camicia. – Chi sputa contro il vento, si sputa contro il viso.

Lat.: Aduersis natare aquis. (Bovill, I, 187.) – Contra torrentem niti. (Bohn II, 135.) – Est durum clare contra fluscum natitare. (Fallersleben, 662.) – Obsequio tranantur aquae: nec vincere possis flumina, si contra, quam rapit unda, nates. (Philippi, II, 29.) – Quis contra torrentem! – Stultus, ab obliquo qui cum discedere possit, pugnat in adversas ire natator aquas. (Gaal, 1480.)

Poln.: Kemice kotku na niedżwiedzia. (Masson, 320.) – Próznó dmuchać przećin wiatru. – Trudno płynąw przeciw wodzie. – Trudno przeciwko wodzie pływać. (Čelakovsky, 282.)

Schwed.: Ondt simma mot strömmen. (Grubb, 632.)


17. Je schneller der Strom, je stärker die Wellen. Aehnlich russisch Altmann V, 92.


18. Lieber durch einen reissenden Strom als durch ein stilles (falsches) Wasser.Cahier, 2762.


19. Man kann dem Strome eher trauen als dem Bach.


20. Man klagt des Stromes Mündung an, dass sie die Quelle trübe.Oesterr. Volksfreund, 1872, Nr. 296.


21. Mit dem Strome schwimmen, ist gut, geschickt untertauchen, besser.Fabricius, 11.

22. Mitten im Strom kann man die Pferde nicht umspannen.

Gegen einen Wechsel der ausführenden Kräfte (Diener, Beamte) zur Unzeit.


23. Starker Strom kommt durch jede Schleuse.


24. Strebe nicht wider den Strom.Pred. Sal. 4, 32; Petri, II, 542; Schulze, 142; Wahl, I, 673; Zehner, 353.

Engl.: It's hard to swim against the current. – No striving against the stream.

Frz.: Contre la force point de résistance. – On ne peut aller contre le fil de l'eau.

It.: Non bisogna navigar con vento contrario. – Non bisogna peccare contro le regole. – Si non può andar contro la corrente.

Lat.: Ne nata contra torrentem.


25. Tiefe Ströme fliessen schnell.

Schwed.: Djupa strömmar löpa tyst. (Grubb, 760; Törning, 89.)


26. Wenn der Strom anschwillt, ist das Wasser trübe.

It.: Il fiume non s' ingrossa d' acqua chiara. (Bohn I, 102.)


27. Wenn der Strom schwillt, so geht er über die Ufer.

Lat.: Quod turget urget. (Gaal, 133.)


28. Wenn es über einen Strom geht, lass niemand hinter dir sein.

It.: A gran ruscello passate l' ultimo. (Bohn I, 68.)


29. Wer dem Strome folgt, kommt ans Meer.

Engl.: Follow the river, and you'll get to the sea. (Bohn I, 94.)

Frz.: Suivez la rivère et vous gagnerez la mer. (Bohn II, 57.)


30. Wer einen Strom durchschwommen hat, der weiss, wie tief er ist.

It.: Chi hà passato il fiume sà quant' acua tiene. (Pazzaglia, 333, 19.)


31. Wer wider den Strom schwimmt, der muss ersaufen.Herberger, Hertzpostille, II, 48.


[922] 32. Wer wider den Strom sucht zu schwimmen, ist närrisch und von Sinnen.

Frz.: Qui veut nager contre le flot est enragé et plus que vot. (Kritzinger, 474a.)


33. Wider a Schtrom is nich gut ze schwimmen. (Schles.) – Frommann, III, 414, 533; Simrock, 9985.

»Für dem starcken soltu dich krümmen, böss ists, gegen das Wasser schwimmen.« (Waldis, II, 89.)


34. Wo ein Strom fliesst, da eilt das Bächlein hin.


35. Zu einem Strome gehören viel Bächlein.

Aehnlich russisch Altmann V, 101.


*36. Er folgt dem Strom.

Wer sich ohne eigene Ueberzeugung der Meinung und Handlungsweise anderer anschliesst, wie ein Schiff, das mit der Strömung treibt.


*37. Es geht ihm alles wider den Strom.Kritzinger, 375b.


*38. Mit dem Strome schwimmen.Dove, 942.

Holl.: Hij vaart met den stroom mede. – Hij volgt dem stroom. (Harrebomée, II, 316b.)


*39. Strom und Wind gegen sich haben.

Lat.: Mala avi vehi. (Binder II, 1755.)


*40. Wider den Strom schwimmen (streben). (S. Stachel 15.) – Eiselein, 583; Kloster, VIII, 533; Schulze, 4; Lohrengel, II, 297; Braun, I, 4336; Dove, 442, 468, 519, 800, 810 u. 1161; Herberger, Hertzpostille, I, 820; Mathesy, 20a.

»Gegen den Strom der Zeit kann zwar der einzelne nicht schwimmen, aber wer Kraft hat, hält fest, und lässt sich von demselben nicht fortreissen.« »Wer gegen den Geist der Zeit arbeitet, schwimmt gegen den Strom und muss nothwendig zuletzt untergehen.« »Diejenigen, welche den Strom der öffentlichen Meinung aufhalten wollen, sind so lächerlich als die Frösche, welche über den Sturm im Meere Klage führten.« »Es werden viel gesellen innen, dass schwär ist, wider den strom schwimmen.«

Frz.: Nager contre le fil de l'eau. (Kritzinger, 474a.) – Naviger contre le courant d'une rivière. – Naviger contre le cours de l'eau. (Kritzinger, 182b u. 184a.)

Holl.: Hij vaart tegen den stroom op. – Tegen den stroom is het kwaad zwemmen. (Harrebomée, II, 316b.)

Lat.: Contra aquam remigare. (Seneca.) (Binder II, 572.)


[923]

41. Der Strom geht, sein Sand bleibt; das Geld geht, sein Beutel bleibt; der Mensch geht, sein Name bleibt.Merx, 344.


42. Der Strom wartet nicht auf den, der am Ufer übernachtet.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 4. Leipzig 1876.
Lizenz:
Kategorien:

Buchempfehlung

Stifter, Adalbert

Der Condor / Das Haidedorf

Der Condor / Das Haidedorf

Die ersten beiden literarischen Veröffentlichungen Stifters sind noch voll romantischen Nachklanges. Im »Condor« will die Wienerin Cornelia zwei englischen Wissenschaftlern beweisen wozu Frauen fähig sind, indem sie sie auf einer Fahrt mit dem Ballon »Condor« begleitet - bedauerlicherweise wird sie dabei ohnmächtig. Über das »Haidedorf« schreibt Stifter in einem Brief an seinen Bruder: »Es war meine Mutter und mein Vater, die mir bei der Dichtung dieses Werkes vorschwebten, und alle Liebe, welche nur so treuherzig auf dem Lande, und unter armen Menschen zu finden ist..., alle diese Liebe liegt in der kleinen Erzählung.«

48 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon