Tölpel

1. Der ist ein Tölpel, der nicht acht't den Tempel.


2. Der Tölpel stolpert selbst im Grase, fällt auf den Rücken und bricht die Nase.


3. Ein grober Tölpel in schönen Kleidern ist eine hässliche Mauer mit goldener Schrift.


4. Ein Tölpel fällt über einen Strohhalm, ertrinkt in einem Glase Wasser und erhungert in der Brotkammer.

It.: Un balordo si rompe il collo in un filo di paglia; s'affoga in un bicchiere d'acqua; muore di fume in un forno di schiacciatine.


5. Je dümmer der Tölpel, je älter die Metze; je älter die Metze, je frecher ihr Blick.


*6. A lässt sich nich balde über a Tölpel warffen.Robinson, 740; Gomolcke, 164.


*7. Der passauer Tölpel.

Veranlassung zu der Redensart hat ein unförmlich grosser Mannskopf aus Stein gegeben, der in der Nähe der Domkirche eingemauert ist. Der Ueberrest einer kolossalen Statue des heiligen Stephan, welcher auf der alten Domkirche stand und infolge der Feuersbrunst im Jahre 1662 herabstürzte und zertrümmert ward. (Vgl. Erhard's Geschichte der Stadt Passau.)


*8. Der Tölpel von Passau.Eiselein, 600.

»Ich bin der Tölpel hübsch und fein zu Passau, bin doch nicht allein; werd' ausgeschickt in alle Land' zu suchen, die mir sind verwandt.« (Auerbach, II, 36.)


[1263] *9. D'r Tölp'l grösst'n (grüsst ihn) überall. (Franken.) – Frommann, VI, 325, 388.

Von Hans Ungeschick.


*10. Einen über den Tölpel werffen (führen). Mathesy, 112b; Henisch, 725, 47; Keller, 130a; Herberger, Hertzpostille, Ib, 195; Mayer, I, 68.

»Oder vbervorteilen.« (Fischer, Psalter, 95, 1.)

Frz.: Jouer un tour de souplesse à quelqu'un. (Kritzinger, 658b.)

Lat.: Tragulam injicere.


*11. Er ist ein gutmüthiger Tölpel.Kathol. Bewegung, 1871.

Die Franzosen sagen von einem solchen: Il est lâche comme un Allemand.


*12. Er ist ein wahrer Tölpel.

Die alten Römer gebrauchten in einzelnen Fällen das Wort »Bauer« (Nesticus) in dem Sinne unsers Tölpels. So lässt z.B. Virgil seinen verliebten Corydon zu sich sprechen: »Du bist ein Bauer, denn Alexis kümmert sich nicht um Geschenke.« (Vgl. Römische Schimpfwörter in Ausland, 1871, S. 169 fg.) Um einen Tölpel zu bezeichnen, sagt man jüdisch-deutsch in Warschau: Dus is a Wajsusse. Wajsussu war der zehnte Sohn Haman's (Esther, 9, 9), der für einen Dummkopf gilt. Man sagt auch: »Dus is a Boć« (= Tölpel). Wahrscheinlich vom polnischen bocian = Storch, da dieser, auf einem Beine stehend, eine sehr dumme Figur abgibt. In demselben Sinne sagt man in Podolien auch Dus is a Bok. Wahrscheinlich vom polnischen: Božek = Götze, unbeholfener Mensch.

Holl.: Hij is een regte kloet. (M. Kramer, Holl. Wb., 1759.)


*13. Er lässt sich nicht leicht über den Tölpel werfen.

Täuschen, betrügen. Wie wir von jemand sagen, der uns betrügt: er führt uns hinters Licht, macht uns einen blauen Dunst vor die Augen, setzt uns faule Fische vor, verkauft uns böse Waaren mit guten Worten u.s.w., so sagen die Aschanti, die schlimmen Nachbarn der Engländer an der afrikanischen Goldküste, in ihrer bilderreichen Sprache von einem Betrüger: Er steckt uns unsere Hinterköpfe in den Mund. (Illustr. Zeitung, 1873, Nr. 1583, S. 318.)

Frz.: Prendre (mordre à) l'hameçon. (Kritzinger, 368b.)


*14. Merks, Tölpel.Robinson, 726; Gomolcke, 785.

Frz.: A bon entendeur salut. (Kritzinger, 275b.)

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 4. Leipzig 1876, Sp. 1263-1264.
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