[903] Essex, alter englischer Adelstitel, welchen nach einander die Familien Mandeville, Fitzpiers, Bohum u. Bourchers führten. Von Heinrich VIII. wurde derselbe 1539 auf den Minister Thomas Cromwell übertragen; nach dessen Tode erhielt den Titel William Parr, Bruder der letzten Gattin Heinrichs VIII., welcher ohne Nachkommen starb. Darauf kam der Titel an die Familie Devereux (d'Evereux); 1) Walter Devereux, Vicomte von Hereford, Graf von E., aus einer alten englischen Familie; unter Elisabeth Anführer der gegen die Grafen von Northumberland u. Westmoreland gebrauchten Armee, unterdrückte den Aufruhr u. wurde deshalb von der Königin zum Grafen von Essex u. Ritter des Hosenbandordens ernannt; Leicester aber, der ihm feindlich gesinnt war, brachte es dahin, daß er zu einer Expedition nach Irland geschickt wurde, wo man ihm alle Mittel zum Gelingen seines Plans entzog u. er 1576 vor Kummer starb. 2) Robert Devereux, Graf von E., Sohn des Vorigen u. Lettice Knolles, einer Verwandten der Königin Elisabeth, geb. 1567 zu Nethewood in Herefordshire; kam 17 Jahre alt an den Hof, begleitete Leicester 1585 nach den Niederlanden, wurde dort General der Cavallerie, zeichnete sich 1586 bei Zütphen aus, wurde Banneret u. bei der Rückkehr nach England Großstallmeister; 1588 erhielt er ein Commando gegen die spanische Armada; von da an u. bes. nach Leicesters Tode galt er für den erklärten Günstling der Königin. Doch erwiderte er die Zärtlichkeiten der alternden Königin oft mit Kälte, ließ sich nicht an den Hof fesseln, sondern nahm ohne deren Erlaubniß an kriegerischen Expeditionen Theil, so bes. an dem Zuge des Franz Drake nach Portugal, u. als ihm Elisabeth nach seiner Rückkehr zärtliche Vorwürfe machte, heirathete er wider ihren Willen. Dessenungeachtet erhielt er 1591 den Oberbefehl über die Heinrich IV. zur Hülfe gesendete Armee, wurde 1593 Staatsrath, führte die gegen Cadix gesendeten Truppen u. erhielt 1597 den Titel Großmarschall von England. Die Gunstbezeugungen der Königin machten inzwischen den Grafen immer übermüthiger, so daß seine wiederholte Vernachlässigung des schuldigen Respects endlich zu einer heftigen Scene führte, bei welcher die Königin ihm einen Schlag ins Gesicht versetzte. Trotzdem kam es äußerlich zu einer Aussöhnung, denn Elisabeth sandte E. als Vicekönig nach Irland. Statt dort die aufrührerischen Fürsten mit Waffengewalt zum Gehorsam zu nöthigen, schloß er mit ihnen Frieden u. begann eine zweideutige Stellung anzunehmen. Seine Feinde beschuldigten ihn insgeheim verrätherischer Absichten, u. die Königin befahl ihm, Irland nicht ohne ihre Erlaubniß zu verlassen. Trotz ihres Befehls kehrte er zurück, um sich zu rechtfertigen. Da vermochte Elisabeth nicht länger die königliche Würde ihrer Neigung hinten an zu setzen, ließ den Ungehorsamen verhaften u. vor ein Gericht stellen, welches ihn seiner Stellen als Vicekönig entsetzte. Von seinen Secretär Cuff aufgehetzt, schmähte er die Königin u. machte sich öffentlich über die ihm von ihr geschenkte Gunst lustig, trat mit Jakob, König von Schottland, in Unterhandlungen, um demselben früher auf den Thron zu helfen, wollte sich des königlichen Palastes bemächtigen, um die Königin zur Berufung eines Parlamentes u. zur Anstellung neuer Minister zu zwingen, u. erregte, als dies verrathen wurde, durch falsche Einflüsterungen über die Größe der in London herrschenden Unzufriedenheit mit der Regierung der Königin verblendet, einen Aufstand, der aber von vorn herein völlig mißglückte. Er wurde verhaftet, zum Tode verurtheilt u., als die Königin nach langem Zögern das Urtheil bestätigt hatte, 25. Febr. 1601 im Tower enthauptet. Eine unbegründete Sage erzählt, Elisabeth habe ihm früher in vertrauter Stunde einen Ring geschenkt, mit der Weisung, ihr, wenn sie ihm einst zürnen sollte, denselben zur Wiedergewinnung der Gnade zu senden. E. aber habe, zum Tode verurtheilt, den Ring der Gräfin Nottingham gegeben, die nach Einigen selbst einst von E. verschmäht, nach Anderen von ihrem Gemahl, dem unversöhnlichen Feinde E-s, dazu bestimmt, den Ring nicht abgegeben habe. Jedenfalls berührte aber der Tod des Grafen die Königin bis ins Innerste, so daß sie sich aus der Schwermuth, in welche sie seitdem verfiel, nicht wieder loszureißen vermochte. 3) Robert Devereux, Graf von E., Sohn des Vorigen, geb. 1592; erhielt von Jakob I. alle Würden u. Güter seines Vaters wieder, diente 1620 in der Pfalz, später unter Prinz Moritz in Holland, trat dann zur Oppositionspartei, wurde unter Karl I. Viceadmiral, befehligte als solcher 1625 eine Expedition gegen die Spanier u. später mehrere andere, bat 1640 den König um Berufung des Parlaments u. trat ins Ministerium. Als er aber 1642 dem König auf seinen Befehl, ihm aus London zu folgen, nicht gehorchte, wurde er aller seiner Stellen entsetzt, erklärte sich nun ganz für das Parlament u. schlug als Befehlshaber der Parlamentsarmee den König bei Edgehill, eroberte Reading u. entsetzte Gloucester. 1644 wurde er jedoch in Cornwallis geschlagen, verlor 1645 den Oberbefehl u. starb 1646. Mit ihm erlosch der Titel eines Grafen von E., der Titel Viscount Hereford wurde durch seinen Vetter Walter fortgeführt (s. Hereford). Von Neuem wurde 4) Arthur, Sohn des Lord Arthur Capel von Hadham, 1661 zum Grafen von E. erhoben;[903] er war 167277 Lordlieutenant von Irland, dann erster Lord der Schatzkammer, aber beschuldigt, an der Verschwörung von Rye-House Theil zu haben, wurde er in den Tower gesetzt, wo er sich 13. Juli 1683 ermordete. Jetziger Graf von E. ist 5) Arthur Algernon Capel, geb. 27. Jan. 1803, folgte 1839 einem Oheim Georg in der Würde u. gehört im Oberhause zur Protectionistenpartei.