Geständniß

[302] Geständniß (Confessio), im Civilproceß die Äußerung einer Partei, wodurch dieselbe eine Thatsache als wahr anerkennt, welche von ihrem Gegner gegen sie zu ihrem Nachtheile geltend gemacht werden kann; im Criminalproceß die Aussage des Angeschuldigten, wodurch er eine gegen ihn als Beschuldigung zu benutzende Thatsache einräumt. Das G. ist, je nachdem es vor Gericht od. außerhalb der Schranken desselben, in dem gerade obschwebenden Processe, abgelegt wurde, ein gerichtliches od. außergerichtliches G. (Conf. judicialis od. C. extrajudicialis), je nachdem es ausdrücklich, ausdrückliches G. (Conf. expressa s. verbalis) u. zwar mündlich, mündliches G. (Conf. oralis), od. schriftlich, schriftliches G. (Conf. scripta), geschehen ist, od. nur aus gewissen Handlungen geschlossen wird, stillschweigendes G. (Conf. tacita); je nachdem es ohne Zusatz erfolgt, reines, unumwundenes, uneingeschränktes, unbedingtes G. (Conf. pura s. simplex), od. unter gewissen Modificationen, umwundenes, eingeschränktes, bedingtes G. (Conf. qualificata); je nachdem es die fragliche Sache erschöpft od. nicht, vollständiges od. unvollständiges G. (Conf. plena od. C. partialis); je nachdem es ohne alle Erläuterung u. Nachweisung od. mit diesen näheren Angaben geschah, unbestimmtes, vages, nacktes G. (Conf. nuda), od. mit in das Einzelne gehender Angabe der Umstände der Handlung, umständliches G. (Conf. vestita, Conf. circumstantialis); je nach der Wirkung u. dem Werthe des G-s, vollgültiges G. (Conf. legitima), od. nicht vollgültiges, mangelhaftes G. (Conf. vitiosa). In gewissen Fällen wird auch ein G. als erfolgt angenommen, wo in der That ein solches nicht stattgefunden hat, z.B. zur Strafe bei unterlassener Einlassung etc.; hierauf gründet sich die Eintheilung des G-s in wirkliches (Conf. vera) u. fingirtes (Conf. ficta). Die juristische Bedeutung u. Wirkung des G-s ist verschieden im Civil- u. im Criminalprocesse.

A) Im Civilprocesse hat das gehörig abgelegte G. die Wirkung, daß die zugestandene Behauptung außer Streit gestellt wird, so daß weder der Richter über die Wahrheit derselben eine weitere Nachforschung anzustellen hat, noch der Gestehende selbst dann mit einem Beweise der objectiven Unwahrheit dessen, was er einmal gestanden, gehört wird. Hat der Beklagte daher den vollen Anspruch des Klägers unbedingt u. ohne Einrede od. Vorbehalt zugestanden, so bedarf es nicht einmal mehr eines weiteren Erkenntnisses, um sofort die Execution beantragen zu können. Als gehörig abgelegt gilt jedoch nur das gerichtliche G., welches bei freier Dispositionsbefugniß des Gestehenden durch ausdrückliche Erklärung vor dem competenten Richter abgelegt worden ist; einer besonderen Acceptation desselben von Seiten des Gegentheils bedarf es dagegen zur Wirksamkeit des gerichtlichen G-s nicht weiter, wenn[302] auch frühere Processualisten dies ziemlich allgemein erfordert haben. Das außergerichtliche G. kann immer nur als Beweismittel benutzt werden u. daher die Fällung eines Erkenntnisses nie überflüssig machen. Die Existenz desselben muß besonders erwiesen u. dabei auch der Beweis darauf gerichtet werden, daß das G. unter Umständen abgelegt sei, welche den Willen des Gestehenden, ein vollwirksames G. abzulegen (Animus confitendi), nicht zweifelhaft lassen, während bei dem gerichtlichen dies Alles vorausgesetzt wird. Das außergerichtliche G. kann daher unter Umständen auch gar keinen Beweis liefern, während das gerichtliche G. ihn unbedingt liefert. Ein einfacher Widerruf kann deshalb auch das gerichtliche G. nicht unwirksam machen, sondern es müssen die Voraussetzungen einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vorhanden sein, um diesem Widerruf Anerkennung verschaffen zu können. Bei dem qualificirten G. ist in der Weise zu scheiden, daß demjenigen Theile der Antwort, welcher wirklich das Zugeständniß irgend einer Thatsache enthält, die Wirkung eines unumwundenen G-s einzuräumen, hinsichtlich des beigefügten Zusatzes od. der Beschränkung zu prüfen ist, ob darin eine Einrede od. directe od. indirecte, theilweise od. gänzliche Verneinung liege, worauf dann die gewöhnlichen Grundsätze über Beweislast Platz greifen.

B) Im Criminalprocesse ergibt sich die von dem Vorigen verschiedene Bedeutung u. Wirkung des G-s durch das Streben nach objectiver Wahrheit (s.u. Beweis), welches das gesammte Untersuchungsverfahren charakterisirt. Das G. kann daher hier nur insoweit Beweis liefern, als es geeignet ist, die richterliche Überzeugung von der Wahrheit des unbekannten Factums zu begründen. Für die gesetzliche Beweistheorie des Gemeinen Rechts ist überall davon auszugehen, daß das G. nur genügen soll, wenn es durch andere Umstände unterstützt wird u. als völlig glaubwürdig erscheint. Zur Beweiskraft des G-s gehört daher vornehmlich innere Wahrscheinlichkeit, genügende Bestimmtheit durch Angabe aller Nebenumstände u. Beweggründe, welche dabei vorgewaltet haben, u. Ablegung desselben in einer Form, welche annehmen läßt, daß der Gestehende mit Ernst die Folgen seiner Aussage überdacht habe. Die völlige Gewißheit über den letzten Punkt kann auch hier nur bei einem vor besetzten Criminalgerichte frei, ohne Zwang u. Täuschung abgelegten G-e angenommen werden, wogegen das außergerichtliche G. zunächst nur eine Anzeige (s.u. Indicien) begründet, weil dabei eine Gewißheit darüber, ob der Gestehende auch ernstlich u. nicht aus Nebenabsichten das G. abgelegt habe, nicht sofort vorhanden ist. Bei dem qualificirten G-e ist im Ganzen auf nämliche Art zu verfahren, wie wenn ein solches im Civilprocesse vorkommt; nur können dabei lediglich diejenigen Thatumstände als gewiß angesehen werden, bezüglich welcher das G. mit den sonstigen Erhebungen übereinstimmt. Der Widerruf eines in gesetzlicher Weise abgelegten G-s benimmt demselben nicht ohne Weiteres seine Kraft; der Widerrufende muß eine glaubwürdige Ursache angeben, weshalb er früher ein falsches G. abgelegt habe. Liegt aber einmal ein glaubwürdiges G. vor, so kann damit nicht blos die Thäterschaft des Gestehenden, sondern eben so gut auch der objective Thatbestand des Verbrechens hergestellt werden. Wo Geschworengerichte bestehen, pflegt der Angeschuldigte vor dem Beginne der Verhandlung ausdrücklich gefragt zu werden, ob er sich des ihm angeschuldigten Verbrechens für schuldig bekenne od. nicht. Beantwortet er die Frage bejahend u. waltet gegen die Richtigkeit des Bekenntnisses kein Zweifel ob, so faßt dann das Gericht nach Bestimmung der meisten neueren Strafproceßordnungen das Urtel sofort ohne Zuziehung von Geschworenen ab.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 7. Altenburg 1859, S. 302-303.
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