1. Besser ein schlecht Vöglein im Wald, als ein grosser Vogel in einem schönen Käfig.
Frz.: Mieux vaut oiselet de bocage, que grand oiseau de belle cage. (Kritzinger, 488b.)
2. Chlîni Vögeli chönna d' Schnäbeli o wît ûftûe. (Bern.) – Zyro, 93.
3. Das Vöglein will hin, wo es ausgebrütet ist.
In Nordfriesland: Dit Függelke well hen, hurt ütbröddet es. (Hansen, 12.)
4. De Vüggele, de te freuh pîpet, langet de Katte (oder: krieget de Hâwek). (Waldeck.) – Curtze, 318, 50.
5. Die föglin, die gern zu hand fliegen, seind gut fahen. – Geiler, Alsatia, 1567-68, 446; Eiselein, 621.
6. Die kleinen Vögel singen schöner als die grosse Gans.
Holl.: Kleine geven het grootste geluid en zijn geschapen, om des menschen zwaren geest te verligten. (Harrebomée, II, 401b.)
7. Die Vöglein im Käfig, die Mägdlein im Haus.
Böhm.: V klecech ptačátka, a v domech dĕvčátka. (Čelakovsky, 411.)
8. Die Vöglein sind entflogen, ehe man das Garn zugezogen hat. – Eiselein, 622.
9. Die Vöglein singen vnd haben weder Korn noch Geldt. – Lehmann, 719, 29.
10. Ein kleines Vogelin hat eben so genug an seinem kleinen Nestlein, als der Storck am grossen. – Petri, II, 838.
Lebt vielleicht noch ruhiger, wie die Holländer meinen.
Holl.: Een klein vogeltje in een klein nestje rustig leeft, daar menige grootere vogel in zijn groot nest van onrust beeft. (Harrebomée, II, 400a.)
11. Ein Vöglein singt gar lustig in dem Feld, auch wenn es weder Korn noch Geld.
Dän.: Fuglene sjunge og have hverken korn eller penge. (Prov. dan., 208.)
12. Es ist kein junges Vögelein, es hat ein weiches Schnäbelein. – Petri, II, 268.
[1673] 13. Es ist kein Vöglein, es sei noch so klein, es muss brauchen sein Schnäblein.
Es muss sich sein Futter suchen.
Böhm.: Każdý ptaček svým se nosem živí. (Čelakovsky, 125.)
Poln.: Każdy ptaszek swojim się noskiem żywi. (Čelakovsky, 125.)
14. Es ist kein Vöglein so klein, sein Nest wills haben rein vnd fein. – Petri, II, 271.
Dän.: Aldrig er fuglen saa liden, han søger jo eget boe. (Prov. dan., 208.)
Lat.: Nidificat nidum sibi quaevis avicula parum. (Sutor, 441.)
15. Es ist kein Vöglein so vergessen, es ruhet ein stund auff das essen. – Gruter, III, 34; Lehmann, II, 155, 146.
16. Et geht ein Vöglein opp'n Dören, wo ich van Dage nit kummen. (Sauerland.)
17. Gät dem Vögeli au es Würmli. – Sutermeister, 32.
Scherzweise zu einem, der pfeift. Gebt dem Vöglein doch auch ein Würmlein.
18. Jedes Vöglein ist am liebsten in seinem Nestlein.
»Der kleinste Vogel, das grösste Schwein will lieber sein, denn eins andern sein.« (Froschm., XVIIb.)
19. Junge Vöglein, weiche Schnäblein. – Sailer, 189; Simrock, 5311; Eiselein, 622.
Holl.: Jonghe voghelen hebben weke becken. (Tunn., 15, 23.)
Kroat.: Gde je velik kríč, navadno je mal ptič. (Čelakovsky, 81.)
Lat.: Beccos exiles retinent volucres juveniles. (Fallersleben, 435.)
20. Junges Vöglein, junges Schnäblein. – Lehmann, II, 280, 70.
»Es ist kein junges vögelein, es hat ein weiches Schnäbelein.«
Lat.: Mollia sunt iuuenum cunctorum rostra volucrum. (Loci comm., 101; Sutor, 594.)
21. Kein Vögelein war nie so vnweiss, es ruhet ein Stündlein auff seine Speyss. – Latendorf II, 20; Petri, II, 271; Mathesy, 203b.
22. Kein Vöglein flog so hoch, es kam wieder auf Erden.
23. Kein Vöglein ist so klein, es will sein eigen Nestlein.
Lat.: Nidificat nidum, sibi quaevis avicula parvus.
24. Kleine Vöglein leben ruhiger in ihrem Nestlein als die Störche in ihrem grossen Nest.
25. Kleine Vöglein müssen auch grosse Fahr aussstehen. – Petri, II, 424.
26. Kleine Vöglein (vnd Fischlein) sind auch gut. – Petri, II, 424.
27. Kleine vöglin, kleine nestlin. – Franck, II, 150a; Gruter, I, 53; Petri, II, 424; Egenolff, 207b; Sutor, 559; Sailer, 150; Simrock, 11006; Körte, 6327.
Holl.: Clein voghelkens hebben clein nestkens. (Tunn., 2, 4; Harrebomée, II, 401b.)
Lat.: Efficimus pro apibus nostris moenia. (Plautus.) – Non efficio pro meis apibus moenia. (Chaos, 736.)
28. Kleine vöglin machen kleine nestlin. – Franck, II, 85a; Latendorf II, 20; Eyering, III, 145; Lehmann, II, 314, 55; Petri, II, 424.
»Ein yedes kleines vögelein sein nestlein jhm auch machet klein.«
29. Krankes Vöglein lässt die Flügel hängen.
Dän.: Den fugl der siuger er hænger gierne med vingerne. (Prov. dan., 206.)
30. Lass die Vöglein singen.
Böhm.: Zpívá kohoutek, tĕší ho živůtek. (Čelakovsky, 289.)
31. Lass die vöglin sorgen, dann die haben schmale bein. – Franck, II, 86a; Gruter, I, 55; Blum, 482; Petri, II, 433; Henisch, 261, 65; Egenolff, 91a; Murner, Nb., 64; Schottel, 1145a; Eiselein, 622; Simrock, 11014; Törning, 139.
Mach's wie die Vögel, die nicht sorgen und doch ernährt werden. »Drumb lass ich Vöglein sorgen.« »Liess dass Vögelein sorgen.« (Kloster, VIII, 172 u. 237.)
Holl.: Laat de vogeltjes zorgen, die hebben dunne beentjes. (Harrebomée, II, 401b.)
Lat.: Cor ne edito. (Seybold, 90.) – Per sua negotia stabiliat aliorum otia. (Sutor, 164.)
32. Man kan den Vögelein nicht wehren, dass sie vber einen fliegen, aber man kan jhnen wol wehren, dass sie einem auff den Kopf nisten. – Petri, II, 847.
[1674] 33. 'S flüügt keis Vôgeli so hoch, 's chunt wid'r oba. (Bern.) – Zyro, 63.
Der Stolz wird gedemüthigt.
34. Wenn man Vöglein fangen soll, muss das Pfeiflein lauten wohl.
Frz.: L'oiseleur pour tromper l'oiseau, chante doux avec son pipeau. (Kritzinger, 488b.)
35. Wie du wilt, Vögelein, wiltu nicht essen, so stirb. – Petri, II, 789.
36. Wie klein die Vöglein seind, sie haben jhre Feind'.
»So klein und zart kein Vöglein war, es muss ausswarten gross Gefahr.« (Froschm., AaVb.)
37. Zarti Vögeli hend zarti Schnäbeli. – Sutermeister, 137.
*38. Das vöglin lassen sorgen. – Franck, II, 74a; Gruter, I, 68; Eyering, I, 346; III, 141.
*39. Ein Vöglein hat mir's gesagt.
Wenn man nicht angeben will, woher man etwas wisse. (Pred. 10, 20.)
*40. Einem ein Vögelein von etwas singen lassen. (Ulm.)
*41. Er hät's wie's heirinäfe Vögeli, säb ist z'mitz in der Ernt' verfrore. – Sutermeister, 42.
*42. Er lässt gut Vöglein schalten und walten. – Parömiakon, 2277.
Wer sich um nichts bekümmert, sondern blos seinen Vergnügungen nachgeht.
*43. Er lôd d' Vögeli sorge. (Luzern.)
Lebt leichtsinnig in den Tag hinein.
*44. Er meint, er hei e Vögili g'fange. (Schaffhausen.) – Schweiz, 168, 36.
Einen Gewinn gemacht oder, wie man in der Schweiz sagt, einen Schick gethan. (Stalder, II, 315.)
*45. So du ernerst ein vögelein, sein koot wird dein belohnung sein. – Sutor, 35.
Lat.: Qui volucrem nutrit, pro munere stercus habebit. (Loci comm., 11.)
46. Dem Vöglein, das dem Ei entschlüpft ist, macht Gott das Nest. – Merx, 248.
*47. Da wird noch manches Vöglein pfeifen, das jetzt noch kein Ei ist.
Zu ergänzen: ehe das geschieht.
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