Beauharnais

[205] Beauharnais, eine alte franz. Familie, von der mehre Mitglieder während und nach der franz. Revolution Aufmerksamkeit erregten. François Marquis de B., geb. 1756 zu Rochelle, vertheidigte in der franz. Nationalversammlung die Privilegien des Adels und die Rechte des Königs mit so viel Eifer, daß er den Beinamen des Getreuen erhielt, im Gegensatze zu seinem Bruder, Alexander Vicomte de B., der gegen den Hof auftrat. François stand 1792 an der Spitze eines Planes zu einer zweiten Flucht Ludwig XVI., den aber die Verhaftung eines Theilnehmers vereitelte, wanderte dann aus und war Generalmaior in der Armee des Prinzen Condé bis zu deren Auflösung. Seine Tochter wurde später durch die Kaiserin Josephine mit Napoleon's Adjutanten, Lavalette, vermählt, er selbst aber unterwarf sich der Kaiserregierung, wurde Gesandter am Hofe der Königin von Etrurien, dann zu Madrid, wo er aber Napoleon's Unzufriedenheit erregte und deshalb aus Paris verwiesen wurde. – Sein schon erwähnter Bruder, Alexander Vicomte de B., geb. 1760 auf der Insel Martinique, zeichnete sich während des amerik. Unabhängigkeitskrieges aus und erwarb sich später durch seine Fähigkeiten und seine einnehmende Persönlichkeit in Paris die angesehensten Verbindungen. Beim Ausbruche der Revolution war er Major, gehörte zu den ersten adeligen Mitgliedern der Nationalversammlung, welche zum dritten Stande übertraten und war zur Zeit der Flucht des Königs, im Jun. 1791, Präsident derselben. Bald nachher ging er als Generaladjutant zur Nordarmee, lehnte 1792 die Berufung zum Kriegsministerium ab, übernahm aber das Jahr darauf den Oberbefehl der ersten Rheinarmee, den er jedoch niederlegte, als ein Regierungsdecret die Entfernung der Adeligen vom Heere verfügte. In Folge einer falschen Anklage, 1794, vor das Revolutionstribunal nach Paris gebracht, ward er am 23. Jul. daselbst guillotinirt. Tags vorher empfahl er schriftlich seiner Gattin Josephine, geb. Tascher de la Pagerie, die sich später mit Bonaparte vermählte ( s. Bonaparte, Josephine), die Sorge für seine Tochter Hortensia, welche durch ihre Vermählung mit Ludwig Bonaparte (s.d.) Königin von Holland wurde, und für seinen Sohn, Eugen, geb. 3. Sept. 1781 zu Paris. – Eugen de B. betrat unter seinem Stiefvater die militairische Laufbahn mit Auszeichnung, begleitete ihn 1796 als Adjutant nach Italien, 1798 nach Ägypten und errang bei der Eroberung von Malta die ersten Lorbern. Nach Europa zurückgekehrt, verrichtete er wiederholt glänzende Waffenthaten, namentlich in der Schlacht bei Marengo und zeichnete sich durch umsichtige Klugheit aus, war 1804 Brigadegeneral, wurde nach Gründung des franz. Kaiserreichs, 1805, zum Fürsten erhoben und zum Staatskanzler von Frankreich und Vicekönig des nördl. Italiens ernannt. Im J. 1806 von Napoleon adoptirt und mit der Prinzessin Amalia Auguste von Baiern vermählt, 1807 zum Erben des Königreichs Italien und zum Prinzen von Venedig erklärt, erwarb er sich im franz.-östr. Kriege von 1809 neuen Ruhm durch das Treffen bei Raab in Ungarn und seine Theilnahme an der Schlacht von Wagram und wurde hierauf 1810 zum Nachfolger des Fürst Primas und zum Großherzog von Frankfurt ernannt. Im J. 1812 an die Spitze des vierten Armeecorps berufen, nahm er mit demselben Theil am Feldzuge in Rußland und führte beim Rückzuge, nach Napoleon's und des Königs Murat Abreise von der Armee, den Oberbefehl. Zur Entscheidung der Schlacht bei Lützen und Großgörschen trug er 1813 wesentlich bei, erhielt dann den Oberbefehl über die ital. Armee, deren Zustand ihn aber nöthigte, sich vertheidigungsweise zu verhalten. Als ihm damals die Krone von Italien mit der Bedingung, von Napoleon zu lassen, und mit besonderer Hinweisung auf seinen Sohn angetragen wurde, lehnte er sie mit den Worten ab: »Mein Sohn wird wol eine Krone, aber nie seines Vaters makellosen Ruf entbehren können.« Nach Napoleon's Sturz ging er mit dem östr. General Bellegarde einen Vertrag über die Räumung Italiens ein, nahm dann seinen Wohnsitz in Baiern und blieb bei Napoleon's Rückkehr unthätig. Für seine über 20 Mill. Francs an Werth geschätzten Besitzungen in Italien wurde er auf dem wiener Congresse entschädigt, erhielt 1817 vom Könige von Baiern das Fürstenthum Eichstädt, 101/4 ! M. mit 24,000 Einw., den Titel eines Herzogs von Leuchtenberg und Fürsten von Eichstädt und für den Fall des Erlöschens des bair. Königshauses das Recht der Erbfolge für seine Nachkommen. Er starb am 21. Febr. 1824 zu München im Besitze allgemeiner Achtung und Liebe und mit dem Ruhme, seinen Charakter im politischen Leben rein erhalten zu haben. Von seinen sechs Kindern erbte Karl Eugen August, geb. 1810, seines Vaters Titel und Güter; Josephine, geb. 1807, wurde Gemahlin des Kronprinzen Oskar von Schweden; Eugenie, geb. 1808, Gemahlin des Erbprinzen von Hohenzollern-Hechingen, und Amalie, geb. 1812, ist jetzt Witwe. Don Pedro's, Kaisers von Brasilien. – Stephanie (Luise Adrienne Napoleone), Tochter des als Pair von Frankreich 1819 in Paris gestorbenen Grafen Claude de B, eines Vetters des Marquis und Vicomte, wurde 1806 von Napoleon ebenfalls adoptirt und mit dem nachherigen Großherzog Karl Ludwig Friedrich von Baden vermählt, der 1818 ohne männliche Nachkommenschaft starb.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 205.
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