Fahrewohl Den Linden ist zu Füßen tief Das dürre Laub geblieben; Am Himmel steht ein Scheidebrief Ins Abendrot geschrieben. Die Wasser glänzen still und kühl, Ein Jahr ist drin ertrunken; Mir ist ein schauernd Grabgefühl Ins warme Herz gesunken. Du ...
Fahrt nach Mantua Beschlossen war die Fahrt und doch verzögert. Wundersame Mähren, Wie aus dem Dunkel früher Jahrhunderte, Leben wieder auf und wandeln uns nah. Es schüttelt bedenklich Der Vetturin das Haupt, Der Wirth und die Gäste Schauen sich ernsten ...
Fahrt über die Kölner Rheinbrücke bei Nacht Der Schnellzug tastet sich und stößt die Dunkelheit entlang. Kein Stern will vor. Die ganze Welt ist nur ein enger, nachtumschienter Minengang, Darein zuweilen Förderstellen blauen Lichtes jähe Horizonte reißen: Feuerkreis Von Kugellampen ...
FAHRT-ENDE An Richard Perls Wir schritten redend auf den tempeldielen Du klagend über siecher welten fäule Ich sah ein kämpferfeld mit weiten zielen Und stand ein jüngling herrisch an der säule. Du hörtest staunend mich nach langem wandern Noch ...
Fährte Durch allen Tag muß ich Dich suchend gehn Und ist so viel, was rings Dich mir verheißt, Mich mit Gewißheit Deiner schimmernd speist: Ein Vogelrufen, Glanz des Golds, Kakteen, Schnee, ach, und Geige, die gesehn Dich haben, Fahnen der ...
Falken-Beize Kaiser sein heißt unverwandelt vieles überstehen bei geheimer Tat: wenn der Kanzler nachts den Turm betrat, fand er ihn, des hohen Federspieles kühnen fürstlichen Traktat in den eingeneigten Schreiber sagen; denn er hatte im entlegnen Saale selber nächtelang ...
Falkonier Frühe Morgens in die Schenke Trat ein junger Wandrer ein, Grüßte sittig und verlangte Einen klaren Becher Wein. Doch es sprach vom Haus die Tochter, Werther Gast, kein Wein ist oben, Gestern Abend bei dem Feste Ist er ...
Fallacia causae non causae Trotz einer Elster schwatzt Ursin, Und keine Grabschrift lügt, wie er: Dem jüdisch schreienden Gingrin Fällt, auch im Schlaf, das Schweigen schwer. Sie, deren Mund nichts sprachlos macht, Sie reden heut, als mit Bedacht, Verbindlich ...
Fallschirmabsprung meiner Begleiterin Wie sie den Fallschirm mir zeigt und erklärt, Kann ich nur halb zuhörn und zusehen. Ich muß daran denken, wie ganz verkehrt Oft Frauen mit ihren Schirmen umgehen. Ich bin doch sonst kein solch Angstpeter. Aber nun ...
Falsche Phrase Deutsche : Scheinwort hat nichts Treues! Seid getreu dem Echten drum! Ewig altes, ewig neues, Wahres Evangelium.
Falsche Popularität O der Menschenkenner! er stellt sich kindisch mit Kindern; Aber der Baum und das Kind suchet, was über ihm ist.
Falscher Studiertrieb O wie viel neue Feinde der Wahrheit! Mir blutet die Seele, Seh ich das Eulengeschlecht, das zu dem Lichte sich drängt.
Familie Ramler Herr Ramler war in München Rentner. Er wog die zwei bekannten Zentner Und wohnte in der Lindwurmstraß', Wo er dazu ein Haus besaß. Sein Barvermögen, wie sie sagen, Hat vierzigtausend Mark betragen, Das ist verzinst mit vier Prozent ...
Familienbande Die Lederer und Trattner eint ewig gleiche Schmach: Der eine drückt die Dichter, der andre druckt sie nach.
Familienfest (Litauisch) Der Vater ging auf die Jagd in den Wald; Ein gutes Wild ersah er sich bald. Er legte wohl an, er drückte los, Der Sperling fiel auf das weiche Moos. Die Brüder luden zu Schlitten den Fang ...
Familiengemälde Friderici Ehren-Liedlein. Rostock 1624. XXIV. An allem Ort und Ende, Soll der gesegnet sein, Den Arbeit seiner Hände, Ernähret still und fein, Gott will ihm dazu geben, Ein Ehfrau tugendreich, Die einr fruchtbaren Weinreben Sich soll verhalten gleich ...
Familiengemälde Großvater und Großmutter, Die saßen im Gartenhag, Es lächelte still ihr Antlitz Wie sonniger Wintertag. Die Arme verschlungen, ruhten Ich und die Geliebte dabei, Uns blühten und klangen die Herzen Wie Blumenhaine im Mai. Ein Bächlein rauschte vorüber Mit ...
Fanal Ihr treibt das Rad; ihr wirkt die Zeit; das Feuer flammt: Jetzt! und Hier! Euch mahnt das Feuer; macht euch bereit! Erkennt eure Kraft! Seid Ihr! Euch flammt das Feuer! Euch blüht das Land! Erkennt! Seht! Hört! und Wißt ...
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Jean Pauls - in der ihm eigenen Metaphorik verfasste - Poetologie widmet sich unter anderem seinen zwei Kernthemen, dem literarischen Humor und der Romantheorie. Der Autor betont den propädeutischen Charakter seines Textes, in dem er schreibt: »Wollte ich denn in der Vorschule etwas anderes sein als ein ästhetischer Vorschulmeister, welcher die Kunstjünger leidlich einübt und schulet für die eigentlichen Geschmacklehrer selber?«
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