Schiffshebewerke

[663] Schiffshebewerke, im allgemeinen Vorrichtungen zum Heben oder Senken eines Schiffes von der Haltung eines Schiffahrtskanales (s.d.) zur nächsten. Im speziellen unterscheidet man Kammerschleusen (s.d.) und mechanische Schiffshebewerke. Letztere haben den Zweck, größere Höhendifferenzen, als dies mit einer gewöhnlichen Kammerschleuse möglich ist, zu überwinden, ersetzen demnach Schleusentreppen. Dadurch wird die Zahl der in einer Wasserstraße zu durchfahrenden Gefällstufen und damit die Gesamtfahrtzeit verringert, was eine Reduktion der Bootskosten bewirkt. Zweitens haben die mechanischen Schiffshebewerke den Vorteil, gar kein oder nur sehr wenig Schleusungswasser zu erfordern, wodurch aber in den meisten Fällen für die Schiffshebung bezw. Senkung mechanische Kräfte (maschinelle Anlagen) notwendig werden.

Man unterscheidet Hebewerke mit Naßförderung, bei der die Schiffe in schwimmendem Zustand gehoben oder gesenkt werden, mit Trockenförderung, bei welcher die Boote durch entsprechende Stützeinrichtungen in dem Troge oder Wagen gelagert und trocken transportiert werden, endlich solche mit Halbnaßförderung, d.h. die Schiffe tauchen nur zum geringen Teile in das Wasser und sitzen infolge ihres Uebergewichtes am Trogboden auf. Die Trockenförderung hat den Nachteil, daß beladene Schiffe durch die Lagerung außer Wasser sehr ungünstig beansprucht werden, weshalb alte oder Holzschiffe von dieser Transportart von vornherein auszuschließen sind.

Nach der Art des Transportes sind zu trennen: 1. Vertikale (senkrechte) Schiffshebewerke, 2. geneigte Ebenen (schiefe Ebenen, Seilbahnen) und 3. Drehhebewerke. Außerdem unterscheidet man noch einfache (einfährige) und gekuppelte (zweifährige) Hebewerke.

Die praktische Anwendung der mechanischen Schiffshebewerke ist dermalen nur eine geringe. Für Boote großer Tragfähigkeit (600 t und mehr) stehen im Betrieb: das Schwimmerhebewerk von Henrichenburg im Dortmund-Emskanal [4] und das Preßstempelhebewerk in Peterborough am Trentkanal, Nordamerika [3]. Hingegen bestehen mehrere Hebewerke für kleinere Schiffsabmessungen und eine große Reihe sehr eingehend bearbeiteter Detailprojekte, welche ihre Entstehung den verschiedenen Preisausschreibungen, insbesondere dem im Jahre 1904 in Wien stattgefundenen »internationalen Wettbewerb für ein Kanalschiffshebewerk« verdanken.

1. Vertikale Hebewerke. Das zu befördernde Schiff wird vertikal gehoben oder gesenkt. Abgesehen von den Schachtschleusen (s.d.) befindet sich hierbei das Boot in einem an seinen Enden durch Tore abgeschlossenen Troge (Caisson). Ein Hauptaugenmerk ist auf eine zuverlässige Vertikalführung zu legen, die durch Gleitrollen oder besser durch Schraubenspindeln erreicht wird. Je nach dem System der Gewichtsausgleichung dieser Tröge unterscheidet man:

A. Vertikale Hebewerke mit Gegengewichtsausgleich (Seil- oder Kettenaufzug). Der Schiffstrog hängt an Seilen oder Ketten, welche oben über auf Eisengerüsten montierten Rollen laufen und am andern Ende die Gegengewichte tragen. Statt der Gegengewichte kann bei zweifähriger Anordnung auch der zweite Trog durch die Seile mit dem ersten verbunden sein. Letztere Anordnung wurde für kleine Schiffe und bei rund 14 m Gefälle 1838 am Great-Western-Kanal in England ausgeführt. Die Auf- und Abbewegung wird entweder durch Wasserüberlast oder durch mechanischen Antrieb der Seilrollen bewirkt Nach dem Vorschlage von Oelhafen und Löhle [2] soll der durch Gegengewichte ausbalancierte Schiffstrog auf einem als Spindel dienenden Drehwagen aufruhen, der sich in einem zweiteilig als Schraubenmutter ausgebildeten Gerüste auf und ab schraubt.

B. Preßstempelhebewerke (Ascenseurs, hydraulische Aufzüge). Das Gleichgewicht wird dadurch hergestellt, daß der Schiffstrog auf einem Kolben aufruht, welcher in einen abgedichteten, als Zylinder ausgebildeten Brunnen eintaucht. Die beiden Tröge a und b (Fig. 1 und 2) werden bei diesen Bauwerken von je einem sie in ihrer Bodenmitte unterstützenden Kolben oder Preßzylinder c bezw. d getragen, welche in entsprechend tiefe, wassergefüllte Schächte, oben[663] wasserdicht abgestopft, hinabreichen. Beide Schächte stehen durch eine Rohrleitung e miteinander in Verbindung. Der eine Kolben mit seinem Troge wird schon ganz oder zum Teil durch jenes Druckwasser in die Höhe getrieben, welches der andre mit dem herabfahrenden Schiffe erzeugt. Der etwaige Mangel an Hebekraft kann auch durch ein Druckpumpwerk ersetzt werden. Solche Ausführungen bestehen: a) Zu Les Fontinettes (Frankreich), eröffnet 20. April 1888, trägt 300 t, Gefälle 13,13 m; b) zu La Louvière (Belgien), 28. Juli 1888, trägt 400 t, Gefälle 15,4 m; c) zu Peterborough am Trentkanal (Kanada, Nordamerika), in Betrieb gesetzt 9. Juli 1904, Hubhöhe 19,81 m, Tragfähigkeit 1000 t [3]. – Das älteste, 1874 zu Anderton (England) von Clark & Sydengham Duer erbaute, mit einer beweglichen Kammer von 22,7 m Länge, 4,72 m Breite und 1,5 m Tiefe und 100 t Tragfähigkeit versehene Preßstempelhebewerk ist 1906/08 umgebaut worden; vgl. [21]. Jeder der zwei voneinander unabhängig angeordneten Tröge wiegt jetzt einschließlich Wasserfüllung 252 t und ist durch 36 Gruppen von je 7 t schweren Gegengewichten ausbalanciert, die an Drahtseilen hängen. Jedes Seil ist unabhängig von den übrigen über je eine am oberen Ende des Gerüstes gelagerte Rolle geführt, so daß in allen Seilen dieselbe Spannung herrscht. Die Bewegung wird durch Elektromotoren bewirkt, welche durch Zahnradübersetzung die Seilrollen antreiben. Die Hubhöhe ist wie früher 15,35 m und wird jetzt eine Hebung oder Senkung in 51/2 Minuten mit einem Kraftaufwande von 8 PS. ausgeführt.

Ein Nachteil der Preßstempelhebewerke liegt darin, daß bei den modernen großen Kanalkähnen die Wasserdrücke außerordentlich groß werden.

C. Schwimmerhebewerke. Das Trog- und Schiffsgewicht wird durch einen oder mehrere in mit Wasser gefüllte Brunnen eintauchende, allseitig geschlossene Schwimmkörper aufgehoben. – Nachdem schon Rowland und Pickering (1794), Segring (1883), Jebens (1887), das Grulon-Werk in Buckau-Magdeburg, Krupp-Gruson und Prüsmann diesbezügliche Entwürfe machten, wurde schließlich ein preisgekrönter Plan von Haniel & Lueg für den Dortmund-Emskanal zu Henrichenburg 1895 ausgeführt [4]. Hierbei sitzt der 70 m lange, 8,8 m breite Schiffstrog (Fig. 3) mittels Gitterständer auf fünf Schwimmern b. Diese sind vertikale eiserne Hohlzylinder, je in einen selbständigen, mit Wasser gefüllten Brunnen untergetaucht. Die Hubhöhe beträgt 14,5 m. Angenommen, die Größe der Schwimmer sei derart bestimmt, daß für die Stellung des beladeten Troges in der Mitte der Hubhöhe der Auftrieb von den Schwimmern und den noch eingetauchten Teilen der Ständer eben gleich sei dem Totalgewichte; in dieser Lage bliebe also das Hebewerk ruhig stehen. Wird dann der Trog durch eine äußere Kraft zum Sinken gebracht, damit er an die untere Haltung anschließt, so entsteht hierbei ein Ueberschuß an Auftrieb infolge der mehr eingetauchten Konstruktionsteile. Gibt man beim darauffolgenden Heben den stets gleichschwer gedachten Trog frei, so wird er schon durch den genannten Ueberschuß in die Höhe getrieben. Die sichere Führung in stets horizontaler Lage erhält bei der Henrichenburger Schwimmerschleuse der Trog nach Jebens durch vier vertikale Schraubenspindeln c c, welche je durch eine am Troge befestigte Schraubenmutter hindurchgehen und am Fundamente drehbar festgehalten sind. Durch entsprechende Räderübersetzung von d aus werden sämtliche Spindeln gleichzeitig und gleichviel gedreht, wobei die Bewegung des Schiffstroges erfolgt. Die 245 mm Kerndurchmesser besitzenden Spindeln haben 100 mm weite Bohrungen zum Durchströmen von Dampf, um im Winter die Schraubenschmierung weich zu erhalten. Der Antrieb der Schraubenspindeln erfolgt durch einen 150 pferdigen Elektromotor, der auf der oberen Bühne mitten über dem Schleusentrog in einem Schutzhäuschen aufgestellt ist. Der Stromverbrauch schwankt stark, indem auf vier Fünftel der Bewegung nur 100–300 Ampère, am Anfang und Ende der Bewegung bis zu 800 Ampère erforderlich sind. Die ganze Bewegung erfordert etwa 21/2 Minuten [4]. Das Schwimmerhebewerk eignet sich auch für große Schiffstypen, jedoch ist die zulässige Hubhöhe durch die Tiefe der abzuteufenden Brunnen und durch die Unmöglichkeit, die Schraubenspindelln in übergroßer Länge herzustellen, auf etwa 20–25 m beschränkt.[664]

D. Tauchschleusen. Vom Engländer Robert Welden 1794 erfunden, auch ausgeführt, dann aber verlassen, wurden sie von Rowley wieder in Vorschlag gebracht. Hierbei fährt das Schiff in einen allseitig abgeschlossenen horizontalen Zylinder, die Schiffstrommel a (Fig. 4), ein. Diese schwebt untergetaucht in einer bis über die obere Haltung mit Wasser gefüllten Kammer b, so daß das Gewicht der beladenen Trommel nahezu durch den Auftrieb aufgehoben wird. Der wasserdichte Abschluß bezw. Anschluß der Trommel an die Haltungen geschieht durch entsprechendes Anpressen von außen mittels der Schrauben c. Die Bewegung wird durch Ketten d, an welchen die Trommel hängt, und durch die Vermittlung einer Räderübersetzung gleichmäßig bewirkt [5].

2. Geneigte Ebenen. Das zu hebende oder zu senkende Schiff wird entweder schwimmend in einem Trog oder trocken auf einem als vielräderigem Wagen ausgebildeten Unterbau auf Gleisen bergwärts oder talwärts bewegt. Bei steileren Bahnen wird das Gewicht des Schiffswagens entweder mit Hilfe von Seilen oder Ketten, die am oberen Ende der geneigten Ebene über eine Seilscheibe geführt werden, durch Gegengewichte oder, bei zweifährigen Anlagen, durch den zweiten Schiffswagen ausbalanciert (Seilbahnen). Bei flachgeneigten langen Bahnen entfällt ein Gewichtsausgleich (Schiffseisenbahnen).

A. Schiffsseilbahnen. Je nach der Stellung des Schiffes zur Fahrtrichtung unterscheidet man Längs- und Querbahnen.

Längsbahnen. Bei den ältesten und primitivsten Anordnungen (China, Holland) werden kleine Schiffe mittels Winden auf dem glattgestampften Boden der über einen Sattel führenden schiefen Ebene (Neigung 1 : 3 bis 1 : 5) gezogen. Bessere Ausführung zeigen die Rollbrücken, bei welchen der erforderliche Kraftbedarf dadurch vermindert wird, daß der Boden der schiefen Ebene durch in Zapfen gelagerte Walzen gebildet wird [6]. Neuere Anordnungen – allerdings noch für Schiffe kleinerer Abmessungen – benutzen schon durchwegs auf Gleisen fahrende Schiffswagen.

Ein Beispiel für Längsbahnen mit Trockenförderung sind die 1860 am Elbing-Oberländischen Kanal von Steenke ausgeführten schiefen Ebenen [7]. Es ist hier ein wasserfreier Scheitel b (Fig. 5), 30 cm über dem Oberwasserspiegel, von dem die schiefen Ebenen a b und b c mit 1 : 12 (unter Wasser 1 : 24) nach beiden Seiten abfallen; die Anlage ist eine zweifährige, so daß das Gewicht des bergfahrenden Wagens durch das des talfahrenden ausgeglichen ist. Maximale Schiffsgröße 70 t. Die erste Längsbahn mit Naßförderung kam bei Glasgow am Monklandkanal zur Ausführung [8]. Eine ähnliche Anordnung für Boote von 135 t Tragfähigkeit wurde von Dodge für das Hebewerk bei Washington am Cheasepeak-Ohiokanal getroffen. Der auf vier Schienen ruhende Wagentrog ist 34,12 m lang, 5,1 m breit und 2,4 m hoch. Die 1 : 12 geneigte Ebene ist 183 m lang und überwindet einen Höhenunterschied von 11,6 m. Der Gewichtsausgleich erfolgt durch Gegengewichte, der Bewegungsantrieb mit Hilfe einer Turbine von der Seilscheibe aus. Die obere Haltung endet in einem durch ein Tor abgesperrtes Anschlußstück, an das der seinerseits durch Tore abgeschlossene Trog angepreßt wird. Durch Hebung der beiden aneinander liegenden Tore ist die Verbindung zwischen Trog und Haltung hergestellt, so daß die Schiffe aus- oder einfahren können. Am unteren Ende der Ebene erfolgt der Anschluß durch Einfahren des Troges in die untere Haltung [9].

Geneigte Ebenen für moderne Kanalschiffe von 600–800 t Ladefähigkeit sind bis nun nicht praktisch ausgeführt, doch bestehen hierfür sehr bemerkenswerte Entwürfe. Das Hauptgewicht ist bei denselben auf eine gleichmäßige Verteilung des mit Wasser gefüllten Troggewichtes (etwa 1500–2000 t), auf die zahlreichen (bis 168) Unterstützungspunkte (Räder, Rollen oder hydraulische Gleitschlitten) zu legen Bei dem von Peslin für das Projekt eines Donau-Oderkanales im Jahre 1892 aufgeteilten Entwürfe erfolgte die Druckverteilung durch zahlreiche über Rollen geführte Tragseile [10]. Es war eine doppelfährige Bahn mit durch Seile bewirktem Gewichtsausgleich; die Neigung war 1 : 25, der Bewegungsantrieb[665] erfolgte vom oberen Ende der Bahn durch ein eignes Zugseil. Das beim Wiener internationalen Wettbewerb für ein Kanalschiffshebewerk 1904 mit dem ersten Preise ausgezeichnete Hebewerk (Kennwort »Universell«) sah zwei auf je zwei Tragschienen laufende Schiffswagen vor, bei welchen als Bewegungs- und Lastübertragsmittel Laufräder (Fig. 6) und als Alternative Wälzungsrollen (Fig. 7) angebracht waren. Der Bewegungsantrieb erfolgte mit Hilfe von Zahnstangen durch elektrische Lokomotiven L (Fig. 6), die in die Schiffswagen eingebaut waren. Statt der mechanischen Kupplung war eine elektrische Ausbalancierung gedacht, indem der talabgehende Motor als Generator funktioniert. Die Gleisneigung war wieder 1 : 25 [11]. Dem Vorteil dieses Systems, unter erhöhter Kraftanwendung auch einen einzelnen Wagen verkehren zu lassen, stehen die Schwierigkeiten der Herstellung des Gleisunterbaues, die hohen Anlage- und Betriebskosten und die relativ geringere Leistungsfähigkeit gegenüber. Ein zweites bei dem vorerwähnten Wettbewerb durch Ankaufempfehlung ausgezeichnetes Längsbahnprojekt der Firma Haniel & Lueg (Kennwort »Industria austriaca«) sah einen Gewichtsausgleich durch eine auf einzelne Unterstützungswagen gelagerte Gelenkkette vor (Fig. 8 und 9), welche von der am oberen Ende gelegenen Kettentrommel aus auch den Bewegungsantrieb vermittelte. Jeder Trog ist auf 64 Schemelwagen mittels eines Kugelgelenkes, das eine hydraulisch-pneumatische Auflagerung hat, gestützt und läuft auf vier Gleisen. Die erwähnte Auflagerungsart ermöglicht eine vollkommen gleichmäßige Druckverteilung, da die einzelnen Druckzylinder untereinander und mit einem Akkumulator verbunden sind. Eine andre Art für die Auflagerung der Tröge war eine solche auf hydraulischen Gleitschuhen, die sich auf einer mit Bronzeplatten belegten und solid fundierten Gleitbahn fortbewegen (Fig. 10), projektiert. Bei dieser Anordnung ist der Reibungsverlust am denkbar geringsten, weil – abgesehen von den auf der Unterlage unter sehr geringem Druck schleifenden Dichtungsringen – das Gesamttroggewicht auf den Wasserpolstern ruht, und nur die Reibung zwischen der Druckflüssigkeit (Wasser, eventuell bei Frostgefahr Wasser mit Glyzerin gemischt) und der Unterlage zu überwinden ist. Ein Nachteil der letzterwähnten Anordnung liegt in der Schwierigkeit, eine unnachgiebige, vollständig ebene Unterlage herzustellen, sowie in der großen Anzahl der einer genauen Aufsicht bedürftigen[666] maschinellen Teile. Auch dem Projekte »Industria austriaca« haftet der große Nachteil sehr erheblicher Baukosten sowie ein gewisses Gefahrenmoment beim Bruche der Gelenkkette an.

Bei großen Gefällsdifferenzen erhalten die Längsbahnen beträchtliche Längen, wodurch die den Gewichtsausgleich bewirkenden Seile oder Ketten sehr schwer werden. Das Gewicht dieser Verbindungsseile würde im Beginne der Bewegung derselben entgegenwirken und nach Zurücklegung des halben Weges sie beschleunigen. Um dies zu vermeiden, wurden verschiedene Vorkehrungen erdacht: Entweder ist (wie beim Peslinschen Entwurf) ein zweites Gegengewicht (Kompensator) zum Ausgleich des Uebergewichtes der Verbindungsseile angewendet [10], oder man gibt bei Ausbalancierung durch Gegengewichte den Gleisen, auf welchen die Gewichtswagen laufen, eine gekrümmte Form, wodurch man erreicht, daß die Zugwirkung der Gegengewichte eine veränderliche wird; endlich kann man den Nachteil des veränderlichen Gewichtes der Ausgleichsseile dadurch vermeiden, daß man dieselben auch am unteren Ende der Bahn über eine Rolle laufen läßt, so daß sie einen geschlossenen Ring bilden, der in allen Stellungen im Gleichgewichte bleibt (Fig, 9).

Querbahnen. Die geneigte Ebene m, n (Fig. 11) steht senkrecht zur Richtung der Kanalhaltungen k und k' und das Schiff quer [667] zur Bahn. Der Vorteil der Querbahn liegt in der Möglichkeit, steile Neigungen anzuordnen, wodurch die Bahn kurz und die Leistungsfähigkeit groß wird, insbesondere, da, nach erfolgtem Anschluß an die Haltungen, beide Trogtore geöffnet werden können und gleichzeitig ein Schiff aus- und das andre einfahren kann. Ein Nachteil liegt in der Schwierigkeit einer zuverlässigen Geradeführung, die meist durch rhomboidförmige Gestaltung des Schiffswagens erreicht wird (Fig. 12). Die Querbahnen sind meist einfährig und durch Gegengewichte ausbalanciert. Bemerkenswerte Projektsentwürfe flammen von Flamant, Neigung 1 : 2 [13], Höch [14], von den Vereinigten fünf böhmischen Maschinenfabriken, Neigung 1 : 5 [12] (Fig. 13) und von Haniel & Lueg, Neigung 1 : 8 [11].

B. Schiffseisenbahnen sind Gleisanlagen zur Verbindung zweier Kanalhaltungen, auf welchen die Schiffe mit Hilfe von Schiffswagen trocken transportiert werden. Die Neigung ist meist gering, eine Ausbalancierung entfällt, und zum Ziehen der Schiffswagen finden eigne Lokomotiven Verwendung. Nachteile sind die Schwierigkeiten der Druckverteilung und der Lagerung der Schiffe, welche rasch erfolgen soll und für die verschiedenen Bootsformen und Bootsgrößen geeignete Vorrichtungen aufweisen muß. Infolge der großen Totlasten ist der Transport mit Schiffseisenbahnen sehr unökonomisch und für größere Schiffe bisher nicht ausgeführt [18].

Eine eigenartige Anordnung einer Schiffseisenbahn wurde von Kammerer vorgeschlagen, bei welcher der Schiffswagen aus der unteren Haltung 1 (Fig. 14) auf eine Drehscheibe 3 fährt, dort in die Stellung 2–3 gedreht wird und nun in die obere Haltung 4 einfährt. Diese Anordnung hat den Vorteil, daß der Schiffswagen ohne Ueberschreitung eines trockenen Scheitels in beide Haltungen einfahren kann, wodurch in der oberen Haltung ein Torabschluß überflüssig wird und wodurch weiters die oben an dem Schiffswagen angekuppelte Lokomotive immer außer Wasser bleibt [15].

3. Drehhebewerke sind solche Einrichtungen, bei welchen ein in einem Troge schwimmendes Schiff durch Drehung um eine Achse gehoben und gesenkt wird. Die Ausbalancierung erfolgt durch einen zweiten Schiffstrog oder durch ein Gegengewicht.

Die ersten nach dem vorerwähnten Prinzipe entworfenen Projekte schlugen ein System zweiarmiger Hebel H (Fig. 15) vor, welche einerseits den Schiffstrog, anderseits ein Gegengewicht P trugen. Die Drehung der Hebel sollte mittels direkten Antriebes der Achse oder hydraulisch erfolgen, indem ein Schwimmer a (Fig. 15) in eine verschieden hoch gefüllte Wasserkammer K eintaucht [16].

Um den großen Kraftbedarf infolge der Zapfenreibung der fixen Drehungsachse zu vermeiden, wurde auch vorgeschlagen, derselben unten eine wiegenartige Gestalt zu geben, wodurch sie sich bei der Drehung auf der Unterlagsfläche abwälzt und die Zapfenreibung durch Rollenreibung ersetzt wird. Viel einfacher wird die zu leidende Reibungsarbeit und gleichzeitig auch die Schwierigkeit der Fundierung für die hochbelastete Systemachse in dem vom Preisgerichte in Wien 1904 mit dem zweiten Preise bedachten Hebewerksentwurf von Umlauf und von Stockert in Wien und Offermann in Berlin (Kennwort »Habsburg«) vermieden. Dieses Projekt nimmt einen großen schwimmenden Zylinder (Hubtrommel) in Aussicht, in welchem zwei kreisförmige Tröge (Schiffstrommeln) zur Aufnahme der Schiffe in schwimmendem Zustand eingebaut sind (Fig. 16). Durch Drehung der Hubtrommel um 180° vertauschen die diametral gelegenen Schiffstrommeln ihre Lage, so daß – nach erfolgtem Anschlusse an die obere Haltung und nach Oeffnung der Tore – die Schiffe ausfahren können. Der Antrieb erfolgt mittels der am Umfange der Hubtrommel beteiligten Zahnstange, und infolge der geringen zu überwindenden Reibungswiderstände ist nur eine sehr kleine Kraft notwendig. Gegen das Abtreiben bei Wind ist die Trommel durch die an den beiden Enden des Zylinders angebrachten Schwinghebel S (Fig. 16) und durch eine in der Abschlußmauer der oberen Haltung vorgesehene Verankerung gesichert [11]. – Der Vorteil des Hebewerksprojektes »Habsburg« liegt darin, daß für das eigentliche Hebewerk keine Fundierung notwendig ist, sowie in dem geringen Kraftbedarf und der großen Leistungsfähigkeit. Nachteile sind die beschränkte[668] Ausführungsmöglichkeit (Hubhöhe von etwa 17–40 m), die Kostspieligkeit der oberen Abschlußmauer und die Unbequemlichkeiten des Betriebes (finstere, sich drehende Schiffstrommeln).

Die hauptsächlichsten Daten über die größeren ausgeführten Hebewerke sind, in der Tabelle S. 667 zusammengestellt.


Literatur: [1] Handbuch der Ingenieurwissenschaften, 3. Teil, Wasserbau, Bd. 8, Schiffsschleusen, Leipzig 1904. – [2] Dingl. Polyt. Journ., Bd. 322, Heft 1, 1907; Deutsche Bauztg. 1907, Nr. 100. – [3] Berichte für den Mailänder Internat. Schiffahrtskongreß 1905, I. Abt., 3. Frage. – [4] Der Bau des Dortmund-Emskanals, Berlin 1902. – [5] Wochenschrift des Oesterr. Ing.- u. Arch.-Ver. 1891. – [6] Genie civil 1887. – [7] Zeitschr. für Bauwesen 1885. – [8] Hagen, Wasserbaukunst, 2. Teil, Bd. 4, Berlin 1874. – [9] Zeitschr. für Bauwesen 1879, Heft 1–3. – [10] v. Schneller, Die schiefe Ebene als Schiffshebeeinrichtung, Wien 1896. – [11] Haberkalt, Der internationale Wettbewerb für ein Kanalschiffshebewerk, Wien 1905. – [12] Riedler, Neuere Schiffshebewerke, Berlin 1897. – [13] Zeitschr. des Oesterr. Ing.- u. Arch.-Ver. 1891. – [14] Zentralbl. der Bauverw. 1891. – [15] Ebend. 1907, Nr. 90, und Zeitschr. des Oesterr. Ing.- u. Arch.-Ver. 1906, Nr. 28 und 29. – [16] Verkehrstechnische Wochenschr. 1907, Nr. 22. – [17] Zeitschr. für Bauwesen 1885. – [18] Stahl, Brennende Fragen zum Bau und Betrieb von Wasserstraßen, Wiesbaden 1886. – [19] Prüsmann, Vergleichung von Schleusen und mechanischen Hebewerken, Berlin 1905. – [20] Mitteilungen des Zentralvereins für Fluß- und Kanalschiffahrt in Oesterreich 1906, Nr. 46. – [21] The Engineer, Juli 1908.

v. Schneller.

Schiffshebewerke
Fig. 1 und 2.
Fig. 1 und 2.
Fig. 3.
Fig. 3.
Fig. 4.
Fig. 4.
Fig. 5.
Fig. 5.
Fig. 6.
Fig. 6.
Fig. 7.
Fig. 7.
Fig. 8.
Fig. 8.
Fig. 9.
Fig. 9.
Fig. 10
Fig. 10
Fig. 11.
Fig. 11.
Fig. 12.
Fig. 12.
Fig. 13., Fig. 14., Fig. 15.
Fig. 13., Fig. 14., Fig. 15.
Fig. 16.
Fig. 16.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 7 Stuttgart, Leipzig 1909., S. 663-669.
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