Altona

[393] Altona, Stadt und Stadtkreis in der preuß. Provinz Schleswig-Holstein (s. Stadtplan »Hamburg-Altona«), liegt am rechten, hochaufsteigenden Ufer der Elbe, mit der Ostseite unmittelbar an die Hamburger Vorstadt St. Pauli stoßend, 33 m ü. M. Unter den breiten, ziemlich regelmäßigen Straßen tritt besonders die mit vier Lindenreihen bepflanzte Palmaille hervor.

Wappen von Altona.
Wappen von Altona.

Neben einer Anzahl zum Teil schöner Plätze dienen der Stadt namentlich auch schöne und wohlgepflegte Anlagen zur Zierde, oft mit herrlicher Aussicht auf die Elbe und das Land jenseits derselben. Unter den zu gottesdienstlichen Zwecken bestimmten Gebäuden (9 evangelische, 2 katholische, eine Mennoniten- und eine Baptistenkirche, eine deutsche und eine portugiesische Synagoge) verdienen besonders die in den letzten Jahren entstandenen Beachtung, so die von Otzen erbaute Friedenskirche, die von Lorenzen erbaute Kreuzkirche und die von v. Donner gestiftete, von Petersen erbaute Christuskirche. Von andern öffentlichen Gebäuden sind zu nennen: das neue Rathaus am Kaiserplatz (an der Stelle des alten Hauptbahnhofs), das neue Museum, das Justizgebäude, das Stadttheater, der neue Hauptbahnhof, das Konzerthaus etc. An Denkmälern besitzt A. ein Standbild Konrad von Blüchers (gest. 1845), Oberpräsidenten von A., an der Palmaille, das Siegesdenkmal ebenda, das Kaiser Wilhelm-Reiterstandbild vor dem Rathaus, modelliert von Eberlein, ein Standbild Bismarcks, modelliert von Brütt, an der Königstraße, ein Denkmal zur Erinnerung an die 50jährige Feier der Erhebung Schleswig-Holsteins, in den Anlagen der Fritz Reuterstraße, den Stuhlmann-Brunnen, modelliert von Türpe, an der Kaiserstraße, den Bürgermeister Behn-Brunnen, an der Allee, das Kriegerdenkmal, an der Marktstraße etc. Das Stadtgebiet wurde seit 1889 durch Einverleibung der angrenzenden Orte Ottensen, Ovelgönne, Othmarschen und Bahrenfeld erweitert. Die Zahl der Einwohner belief sich 1900 mit der Garnison (ein Infanterieregiment Nr. 31 und eine Abteilung Feldartillerie Nr. 45) auf 161,501 Seelen, davon 151,728 Evangelische, 6668 Katholiken und 2006 Juden. Die Industrie ist bedeutend. A. hat große Eisengießereien und Maschinenfabriken, Fabrikation von Eisen-, Blech- und Zinnwaren, Tabak, Zigarren, Seife, Öl, Wagenfett, Parfümerien, Kaffeesurrogaten, Fischkonserven, Eiweißpräparaten, Schokolade, Glas, Margarine etc., Holz-, Stein-, Papier- und Lederbearbeitung, Schiffbau, Dampfmühlen, Bierbrauerei und Spiritusbrennerei. Der Handel, unterstützt durch die Elbe mit ihrem Weltverkehr, durch die Eisenbahnverbindungen (A. ist Knotenpunkt der Staatsbahnlinien Hamburg-A., A.-Kiel u.a.), durch die Dampferverbindungen mit Hamburg, Harburg und andern Orten an der Unterelbe, durch ein königliches Kommerz-Kollegium, eine Reichsbankstelle und zahlreiche Bankinstitute; die lebhafte Strom- und Seeschiffahrt etc. ist bedeutend und geht z. T. nach überseeischen Ländern. Die Reederei der Stadt zählte 1900: 22 Schiffe zu 1400 Reg.-Tons, darunter 11 Hochseefischereidampfer.[393] Im Hafen von A. liefen in demselben Jahr ein 1287 Seeschiffe (darunter 448 Dampfer) zu 164,889 Reg.-Tons. Es liefen aus 1296 Schiffe (darunter 446 Dampfer) zu 165,133 Reg.-Tons. Davon gingen nach andern Elbhäfen 657 Seeschiffe. Die von den Seeschiffen eingeführten Waren hatten einen Wert von 70,366,364 Mark, die zur See ausgeführten Waren einen Wert von 34,263,188 Mk. Haupthandelsartikel sind: Getreide, Mühlenfabrikate, Kaffee, Kakao, Tabak, Zucker, Wein, Spirituosen, Vieh, Heringe, Holz, Steinkohlen, Petroleum, Häute und Felle, Sesamöl, Ölkuchen, Lacke, Terpentinharze etc. Von Bedeutung ist auch der Fischhandel (in der Fischhalle Umsatz 1900: 2,1 Mill. Mk.). Dem Verkehr dienen eine elektrische Straßenbahn, die 1900: 37,8 Mill. Personen beförderte, und ein ausgedehntes Fernsprechnetz (1900: 1583 Sprechstellen). – An öffentlichen Anstalten besitzt A. ein Gymnasium (Christianeum), Realgymnasium, 2 Realschulen, Navigationsschule, Maschinenbauschule, Handwerker- u. Kunstgewerbeschule, Theater, Kunst- u. Gewerbehalle, Kunsthalle, Museum, Diakonissenanstalt, ein allgemeines Krankenhaus, 2 Kinderhospitäler, Entbindungsanstalt, Irren-Pflegeanstalt etc. A. ist Sitz des Generalkommandos des IX. Armeekorps, des Stabes der 33. Infanterie-, 18. Kavallerie- u. 18. Feldartilleriebrigade, eines Hauptzollamts, der Provinzialsteuer- u. einer königl. Eisenbahndirektion, eines Landgerichts, Amtsgerichts, des königl. Oberfischmeisteramts für die Nordsee etc. Die städtischen Behörden zählen 9 Magistratsmitglieder und 35 Stadtverordnete. Der städtische Etat für 1900/01 beläuft sich auf 11,735,670 Mk., die Schuld auf 30,7 Mill. Mk., denen 33 Mill. Mk. an Aktiven gegenüberstehen. Das Stadtwappen besteht aus einem mit drei spitzen Türmen versehenen, an einem vorbeifließenden Strome gelegenen Stadttor. – In der Umgegend sind sehenswert die schönen Parkanlagen in Blankenese, Dockenhuden, Nienstedten und Kleinflottbek, wohin die wegen ihrer landschaftlichen Schönheiten berühmte Elbchaussee führt. – Der Landgerichtsbezirk A. umfaßt die 26 Amtsgerichte zu Ahrensburg, A., Bargteheide, Blankenese, Eddelack, Elmshorn, Glückstadt, Itzehoe, Kellinghusen, Krempe, Lauenburg, Marne, Meldorf, Mölln, Oldesloe, Pinneberg, Rantzau, Ratzeburg, Reinbek, Reinfeld, Schwarzenbek, Steinhorst, Trittau, Ütersen, Wandsbek und Wilster. – A. (ursprünglich soviel wie Altwasser) war im 16. Jahrh. ein in die Kirche von Ottensen eingepfarrtes Fischerdorf, das sich durch katholische Flüchtlinge aus Hamburg, Reformierte, Juden etc. schnell bevölkerte, kam 1640 unter dänische Herrschaft und wurde 1664 von Friedrich III. zur Stadt erhoben. Im Januar 1713 ward A. von dem schwedischen General Steenbock aus Rache für das von den Dänen eingeäscherte Stade fast ganz niedergebrannt, erholte sich jedoch bald wieder und wurde 1814 durch den Oberpräsidenten v. Blücher vor der Einäscherung bewahrt. 1866 fiel A. an Preußen, wurde 1888 in das Zollvereinsgebiet aufgenommen und 1901 daselbst ein Freihafen eröffnet. Vgl. Wichmann, Geschichte Altonas (2. Ausg., Altona 1896); »A. unter Schauenburgischer Herrschaft« (von Ehrenberg u.a., das. 1891–93); Ehrenberg u. Stahl, Altonas topographische Entwickelung (das. 1894).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 393-394.
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