[333] Griechische Weine. Im Altertum wuchsen vorzügliche Weine auf Chios, Kreta, Lesbos, Kos und Rhodos, während die attischen, korinthischen, böotischen, messenischen Weine etc. schwach und geistlos waren. Berühmt war der pramnische Wein von dem Berg Pramne auf Ikaros, nach Diodor auf Kreta, nach andern bei Smyrna, und der maroneïsche von Zakynthos. Im Mittelalter lieferte Kandia jährlich 200,000 Fässer Malvasier nach Venedig; dieser und der Cyperwein galten als die feinsten Dessertweine in Europa. Das Land begünstigt den Weinbau ungemein, und die Mannigfaltigkeit des Bodens und des Klimas schafft eine sehr große Anzahl von Weinsorten. Aber unter dem türkischen Joch sank der Weinbau so tief, daß in der Neuzeit die größten Anstrengungen gemacht werden mußten, um ihn wieder zu heben. Besonders die deutsche Aktiengesellschaft »Achaia« in Paträ hat sich um den neuern Weinbau in Griechenland sehr verdient gemacht (Achaiaweine, Achäerweine). Man bebaut gegenwärtig eine 301nal größere Fläche mit Wein als vor den Befreiungskriegen und schätzt den Jahresertrag auf durchschnittlich ca. 1,5 Mill. hl, von denen 230,000 hl im Werte von 4,9 Mill. Fr. ausgeführt werden. Der Hauptwein der Achaia, und heute wohl der berühmteste griechische Wein, ist der Mavrodaphne, ein edler, süßer Dessertwein aus der gleichnamigen Traube gekeltert. Ein seiner Frühstückswein ist der trockene Achaier, aber der feinste und kostbarste Wein der Gesellschaft ist der weiße Gutland-Malvasier, der von dem auserlesenen Rebsatz ihrer eignen Weinberge gewonnen wird. Alle diese Weine kommen erst nach wenigstens fünf Jahren zum Versand (hauptsächlich nach Deutschland) und sind von fast unbegrenzter Haltbarkeit und stets gleichbleibender Qualität. Als Tischwein bringt die Achaia dem Bordeaux ähnlichen roten und dem Frankenwein ähnlichen weißen Demestika in den Handel, ebenso den burgunderartigen Kalavryta, der aus Trauben gekeltert wird, deren Einführung man den im 14. Jahrh. in Kalavryta residierenden Herzogen von Burgund zuschreibt.
Reich an seinen Muskatweinen ist die Insel Kephallinia; sie erzeugt auch prächtige herbe Weißweine, Rombola und Mont Enos sowie sehr ausgiebige Farbweine. Von Santorinweinen ist der bekannteste der Camarite, ein abnorm tanninreicher Rotwein, ferner der rote Vino di Bacco, der weiße Vino di notte und der süße, aromatische Vino santo. Auch die übrigen Kykladen geben schöne Weine, die aber wegen geringer Quantitäten und ungenügender Bereitungsart für die Ausfuhr nicht in Betracht kommen. Euböa liefert besonders in Frankreich gern gekaufte Farbweine, ebenso Santa Maura und Korfu, die auch nach Deutschland ausführen. Zante produziert gehaltvolle Weine von der Art des Marsala. Ithakas Produktion ist sehr klein, aber von vorzüglicher Qualität (Rotwein). Auf Cypern ist die beste Lage die Commanderie, und der hier gewonnene Wein ist goldgelb, wenig süß, etwas herb, ungemein feurig und mit eigentümlichem seinen, fast mandelartigen Bukett. Die gewöhnlichen Tischweine Cyperns sind ziemlich stark, ohne jede Säure, zuerst hellrot, später fast weiß. Auch Kandia erzeugt Malvasier und den unter den Juden beliebten Vino di Legge (Wein des Gesetzes), einen süßen, delikaten, haltbaren Likörwein. Rationelle Weinbereitung ist noch vertreten in Korinth (herbe Rotweine) und in Athen, von wo der berühmte Dekelia von den königlichen Domänen, der sauterneartige Clos Marathon und der rote Kephissia die hervorragendsten Produkte sind. Auf dem griechischen Festlande gibt es auch sonst wohl recht gute, aber keine eigentlichen Qualitätsweine. Der beste Rotwein wächst in Arachowa am Parnassos. Junge weiße und rote Verschnittweine werden von Paträ in bedeutenden Mengen hauptsächlich nach Frankreich verschifft. Das Hauptgetränk der Griechen bildet immer noch der Rezinatwein, der durch Zusatz von 18 Proz. Strandkieferharz vor beendeter Gärung dargestellt wird. Die Konservierung dieses alten Verfahrens liegt wohl zumeist im Herkommen, in der Geschmacksrichtung der Griechen und in der tonischen Wirkung, gewiß aber auch in der großen Haltbarkeit der geharzten Weine, die durch eine Ölschicht vor Luftzutritt geschützt werden.
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