Lenbach

[402] Lenbach, 1) Franz, Maler, geb. 13. Dez. 1836 in Schrobenhausen (Oberbayern), gest. 6. Mai 1904 in München, war von seinem Vater, einem Maurermeister, für dessen Handwerk bestimmt, weshalb er die Gewerbeschule in Landshut und dann die Polytechnische Schule in Augsburg besuchte. Durch den Tiermaler Hofner angeregt und durch Professor Geyer in Augsburg darin bestärkt, entschied er sich jedoch für die Kunst und ging nach München, wo er kurze Zeit die Akademie besuchte und hierauf bei Gräfle zwei Jahre lang die Technik des Malens lernte. Von 1855 bis zum Herbst 1857 lebte L. wieder in Schrobenhausen und malte Bildnisse, Landschaften und Tiere. Im Herbst 1857 ward er von Piloty als Schüler aufgenommen und ging mit ihm nach Rom, wo er sich dem Studium der alten Meister widmete und unter anderm eine Ansicht des Forum Romanum malte, die wegen ihrer kräftigen Färbung großen Beifall fand. Nach seiner Rückkehr malte er einige Bildnisse, die sich an die Venezianer und an Rembrandt anschlossen. 1860 erhielt er einen Ruf an die Kunstschule in Weimar, war aber nur kurze Zeit daselbst als Lehrer tätig. Nach München zurückgekehrt, lenkte er die Aufmerksamkeit des Freiherrn v. Schack auf sich, der ihn 1863 nach Italien und 1867 nach Spanien schickte, um hervorragende Bilder von Giorgione, Velazquez, Tizian, Rubens u.a. für seine Galerie zu kopieren. In Spanien malte er auch einige Landschaften nach Motiven von Granada, die sich jetzt in der Schackschen Galerie in München befinden. Lenbachs Kopien, welche die koloristischen Eigentümlichkeiten der verschiedenen Künstler meisterhaft wiedergeben, wurden für ihn die Schule für seine eigne Kunst. Er widmete sich nunmehr ganz der Bildnismalerei und bildete sich nach Tizian, Rembrandt, und Velazquez einen eignen koloristischen Stil. Wenn seine Zeichnung auch oft flüchtig und inkorrekt ist, so sind seine Bildnisse doch meist von großer plastischer Wirkung und von geistreicher Auffassung, die den Charakter der Dargestellten mit psychologischer Schärfe und genialer Intuition, wenn auch meist mit einer Steigerung über die schlichte Natur hinaus ins Heroische und Pathetische wiedergibt. Seit Anfang der 1870er Jahre hat er eine außerordentlich große Zahl von Bildnissen geschaffen, unter denen fast alle berühmten Zeitgenossen vertreten sind. Insbesondere hat er den Kaiser Wilhelm I. in seinen letzten Lebensjahren (in den Museen zu Leipzig, Frankfurt a. M. und Krefeld), den Fürsten Bismarck und den Grafen v. Moltke häufig porträtiert und namentlich von den beiden letztern wahrhaft klassische Bildnisse geschaffen. Den Fürsten Bismarck, zu dem er in ein nahes, freundschaftliches Verhältnis getreten war, hat er seit Anfang 1879 bis kurz vor seinem Tod in zahlreichen Bildern in der Parade- und Interimsuniform seines Kürassierregiments, mit und ohne Helm, und in Zivil, mit und ohne Schlapphut, in Brustbild und in halber Figur dargestellt. Solche Bilder findet man in den öffentlichen Galerien zu Berlin (Nationalgalerie), München (Neue Pinakothek), Hamburg, Leipzig, Breslau, Frankfurt a. M., Königsberg i. Pr., Köln u.a. O. Von seinen übrigen Bildnissen sind zu nennen: Graf Schack, Paul Heyse und seine Frau, Franz Lachner, Gladstone, Gräfin Lori Wittgenstein, Herr v. Liphart, Döllinger (in der Neuen Pinakothek zu München), Minghetti (in der Dresdener Galerie), Richard Wagner, Franz Liszt, der Kaiser von Österreich, Papst Leo XIII. (in der Neuen Pinakothek zu München), Kaiser Wilhelm II., König Albert von Sachsen (im städtischen Museum zu Leipzig), der Prinz-Regent Luitpold von Bayern, Prinzessin Klementine von Koburg, Landgraf von Hessen, Oberbürgermeister v. Forckenbeck (Rathaus in Berlin), R. v. Bennigsen (Kestnermuseum in Hannover), Fürst v. Hohenlohe (Berlin, Nationalgalerie), H. Lingg,[402] R. Voß, Mommsen, Virchow, Johann Strauß, H. v. Bülow, H. Allmers, Frithjof Nansen, v. Helmholtz, R. Begas, W. Busch, A. Oberländer, Gabriel Seidl, die Opernsängerinnen M. Sembrich, L. Sanderson, Lola Beeth und zahlreiche Damen der Aristokratie und der bürgerlichen Gesellschaft. Er hat auch viele Pastellbildnisse und Einzelfiguren (Sakuntala, Schlangenkönigin, Tochter des Herodias [München, Neue Pinakothek], indisches Mädchen, Voluptas u.a.) gemalt. Eine Sammlung seiner Bildnisse erschien in Heliogravüren (3 Bde., Münch. 1891, 1896 und 1903), bis dahin nicht veröffentlichte Studien, Skizzen u.a. in der »Lenbach-Mappe« (Bresl. 1899). Vgl. Rosenberg, Lenbach (4. Aufl., Bielef. 1906); »Franz v. L., Gespräche und Erinnerungen«, mitgeteilt von W. Wyl (Stuttg. 1904).

2) Ernst, Pseudonym, s. Müllenbach.

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 12. Leipzig 1908, S. 402-403.
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