Benedictiner

[558] Benedictiner, Mönchsorden, gestiftet von Benedict (s.d. 1) von Nursia 529 auf dem Monte-Cassino. Eingezogenheit, gemeinschaftliches Leben in Clausur (Stabilitas loci), Armuth, unbedingter Gehorsam gegen die Obern, sorgfältige Eintheilung der Zeit, Gebet, Lesen von Büchern u. Betrachtungen wechseln mit Handarbeiten, Urbarmachen ganzer Gegenden u. Abschreiben von Büchern. Die Äbte haben unumschränkte, durch Unteraufseher beförderte Gewalt. Kleidung: 2 Röcke mit Gudeln u. ein offenes Scapulier, von unbestimmter Farbe. Mäßigkeit u. Enthaltsamkeit von Fleisch sind bedungen, aber der Erwerb durch Arbeit nicht verboten, nur Billigkeit angerathen. Da der B-orden sich der Erziehung der Kinder mit Fleiß u. Geschicklichkeit widmete, so kamen seine Klöster bald zum Besitz von Gelehrsamkeit, literarischen Schätzen u. Ehre. Er verbreitete sich über den ganzen Occident u. stiftete durch die großen Schulen zu Pavia, Ivrea, Turin, Cremona, Florenz, Fermo, Verona, Vicenza, Paris, Tours, Rheims, Metz, Toul, Verdun, Fleury, Clugny, Görz, Mainz, Trier, Köln, Magdeburg, Würzburg, Corvey, Fulda, Reichenau, Hirschau, Hersfeld, St. Emmeran, Epternach, St. Gallen etc., so wie durch die Sorge für Landescultur u. sanftere Sitten großen Nutzen. Ihre vielen irländischen Lehrer (bekannter unter dem Namen Schotten) waren die ersten, welche schon im 8. Jahrh. die scholastische Theologie verbreiteten u. die Philosophie zur Erläuterung der christlichen Religion anwendeten. Aber durch den erworbenen Reichthum verlor der Orden seine ursprüngliche Sittenreinheit u. mußte sich verschiedenen Reformen unterwerfen, so der des St. Benedict von Aniane im 8. Jahrh., des Abtes Benno zu Clugny 910, zu Hirschau 1069, zu Vallombrosa im 11. Jahrh., zu Bursfeld 1423 etc. Hierdurch u. aus den Benedictinereremiten u. Benedictinerreformaten, mit strengerer Regel, entstanden theils neue Orden mit verschiedener Auslegung u. Anwendung der benedictinischen Grundregel u. neuer Tracht, wie die Cluniocenser, Cistercienser, Feuillanten, Barretiner, Camaldolenser, Corpus-Christi-Orden, Ebraldiner, Damianisten, Humiliaten, Orden vom Grünthal, vom Jungfernberg, vom Ölberg, Muroniten, Orden von Pulsano, Silvestriner, Trappisten, Wilhelmiten, Orden von Vallombrosa etc. etc. (s.d.a.). Theils auf Befehl der Päpste od. durch Anregung einzelner eifriger Ordensglieder, bildeten sich auch mehrere neue eigene Congregationen, welche der Grundregel u. Tracht getreu, lediglich durch Nuancen in der Interpretation u. in gottesdienstlicher Form sich unterschieden, wovon sich die Congregation von Monte-Cassino, Felola, Hirsau, Bursfeld, St. Maure, Mölk, von Aniane (s.d. a.) etc. auf verschiedene Weise sehr auszeichneten. Dagegen verwilderte der Orden in Frankreich am meisten u. widerstand am hartnäckigsten allen Reformversuchen, was bes. seinen Grund darin hatte, daß hier die Klosterpfründen häufig an Laien u. Weltgeistliche verliehen wurden; nur die Abtei Chezal-Benoit in der Bretagne machte mit wenig anderen eine rühmliche Ausnahme. Von allen aber zeichnete sich die 1618 gestiftete Congregation von St. Maure aus, deren Mönche die ersten B. in Frankreich waren, welche sich mit gelehrten Studien, bes. mit der Geschichte, beschäftigten u. die Akademie der theologisch-historischen Wissenschaften bildete (sie gab L'art de vérifier les dates des états etc. heraus). Um Landescultur u. Volksbildung machten sich auch die B. in Ungarn (hier seit dem 11. Jahrh. verbreitet u. bes. in der 1385 gestifteten Congregation auf dem St. Martinsberge bei Raab) u. in Polen (hier die 1670 gegründete Congregation des Heiligen Kreuzes) sehr verdient. In Ungarn gingen sie in Folge der Schlacht bei Mohács 1526 fast alle ein. Die in England von St. Augustin 597 gestiftete Congregation zu Canterbury, welche 900 von St. Dunstan u. 1072 von Lanfrancnen organisirt wurde, hob König Heinrich VIII. 1535 auf. Sehr litt der ganze Orden durch die Reformation, durch Rivalität der beinahe allmächtig gewordenen Jesuiten, durch seine mehr od. minder offene Widersetzlichkeit gegen die päpstlichen Bullen, durch das Unwesen, daß man die Abteien lediglich als Revenüen betrachtete u. daher sogar an Laien die Abtstellen vergab (Commendataräbte) u. Zucht u. Ordnung zerrüttete, durch den Aufschwung der Bettelorden u. durch fast ausschließliche Annahme von Adligen in die reicheren Abteien, durch den Geist der Zeit, durch Kriege, endlich durch die Französische Revolution. Das Decret des Kaisers Joseph II. hob 1786 auch die B. auf. Von den 15,107 Klöstern des 15. Jahrh. ließ ihnen die Reformation nur etwa 5000 übrig, u. jetzt werden kaum 800 gerechnet, obgleich Kaiser Franz 1802 den Orden restituirte u. Baiern (mit der Hauptbenedictineranstalt zu Augsburg) u. Frankreich deren neue errichten. 1849 wurden in Parma u. Neapel ihre Klöster aufgehoben. Nach Feßlers Berechnung zählten die B. während der 13 Jahrh. ihrer Dauer, 15,700 Schriftsteller, 4000 Bischöfe, 1600 Erzbischöfe, 200 Cardinäle, 24 Päpste, 1560 kanonisirte, Heilige. Hauptwerke über die B.: Mabillon, Annal. ord. S. Benedicti, Par. 1703–39, 6 Bde., Fol., gehen bis 1157; Ziegelbauer, Historia rei literariae ord. S. Bened, 1754, 4 Bde., Fol.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 2. Altenburg 1857, S. 558.
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