Goslar

[485] Goslar, Stadt in der hannöverischen Landrostei Hildesheim, am nördlichen Fuße des Harzes u. an der Gose; Sitz des Communionbergamtes, welches die zwischen Hannover u. Braunschweig gemeinschaftlichen Berg- u. Hüttenwerke verwaltet; 4 evangelische u. eine katholische Kirche, die bedeutendste unter jenen ist die 1844 abgebrannte, jetzt aber völlig wieder hergestellte Marktkirche, mit dem städtischen Archive; die Kirche des vormaligen exemten Reichsstifts St. Simon u. Judä (Dom) wurde 1820 abgebrochen u. der angebliche Krodoaltar (s.d.) wird in der sogenannten Kapelle des Doms aufbewahrt; das Rathhaus (mit dem Huldigungszimmer), die Kaiserworth, jetzt ein Gasthaus mit acht Kaiserbildern, die Reste der kaiserlichen Pfalz (1289 abgebrannt, jetzt ein Kornmagazin), der Zwinger, ein in einen Vergnügungsort umgeschaffener Festungsthurm. G. besitzt mehrere reich dotirte Stiftungen, unter denen das Kloster Neuwerk, eine Versorgungsanstalt für Bürgertöchter aus den höheren Ständen mit Kirche; Freimaurerloge: Hercynia zum flammenden Stern seit 1809; 7800 Ew., welche sich durch Bergbau, Kupferschmiederei, Kornhandel, Fabrikation in Tapeten, Spielkarten, Leder u. Leim, sowie durch Branntweinbrennereien ernähren. In G. wird die Gose (s.d.) gebrant u. das Goslaer Schrot gegossen; Wappen: ein schwarzer gekrönter Adler in silbernem Felde. In unmittelbarer Nähe der Stadt erhebt sich der 1900 F. hohe erzreiche Rammelsberg, welcher zum Communionharze gehört u. seit fast 900 Jahren bebaut wird, er liefert Gold, Silber, bes. Blei, Glätte, Kupfer u. Schwefel. Man gewinnt die mit sehr hartem Gestein verwachsenen Erze durch Feuersetzen; dieselben werden auf der Marien Saigerhütte zu Ocker, der Julius- u. Sophienhütte bei Langelsheim zu gute gemacht. In G. selbst befindet sich ein bedeutender Vitriolhof u. in Oker eine Schwefelsäurefabrik u. Messinghütte; östlich von der Stadt am Petersberge erhebt sich die Klus, ein 60 F. hoher Sandsteinfelsen mit hineingearbeitetem Zimmer, westlich liegt die Rathsschiefergrube, welche einen großen Theil Norddeutschlands mit Schiefer versorgt. – G. wurde ums Jahr 920 durch Kaiser Heinrich I. gegründet, unter Otto I. wurden 968 die Erzlager des Rammelsberges entdeckt u. durch eine hierher gerufene Colonie von Franken bebaut. Zur freien Reichsstadt erhoben, wuchs G. rasch an Macht u. Reichthum, bes. unter Heinrich II., der hier häufig residirte u. 1009 u. 1015 Reichstage hielt. Konrad II. verwandelte den von Heinrich I. befestigten, im N. der Stadt gelegenen Georgenberg in ein Augustinerkloster; Heinrich III. verlegte 1040 das Domstift von der Harzburg hierher. Der hier 1050 geborene Heinrich IV. erkor G. zu seinem Lieblingssitze, unter ihm fand 1063 das Goslarsche Blutbad statt,[485] indem der Bischof Hezilo von Hildesheim u. der Abt Widerad von Fulda in einen Streit um den Vorrang geriethen, der in der Kirche in blutige Fehde ausartete, in welcher die Fuldaischen unterlagen. In Heinrichs trauriges Geschick wurde auch G. mit verwickelt u. zu verschiedenen Malen wegen seiner Anhänglichkeit an den Kaiser hart bedrängt. Auch Friedrich I. weilte öfter hier u. hielt 1157 einen Reichstag daselbst. Rudolf von Habsburg beschenkte die Stadt mit der Reichsvoigtei, sowie mit dem Heerschild- u. Münzrechte. Aus der Mitte des 14. Jahrh. stammen die Goslarschen Statuten, eine der wichtigsten mittelalterlichen städtischen Rechtsaufzeichnungen, welche in mehreren Städten Geltung erlangten. Die Statuten sind in 5 Büchern, jedenfalls vor dem Jahre 1360, verfaßt; ihnen voraus gingen mehrere kaiserliche Privilegien, bes. ein Privilegium Friedrichs II. vom Jahre 1219 (vgl. O. Göschen, Die Goslarischen Statuten, herausgeg. u. systematisch bearbeitet, Berl. 1840). 1365 trat G. der Hansa bei u. erreichte, im alleinigen Besitze der Rammelsbergschen Bergwerke u. sehr umfangreichen Forsten, ums Jahr 1500 den höchsten Gipfel seines Ansehens u. Wohlstands. Bereits 1521 fand die Reformation Eingang; 1540 gerieth die Stadt wegen Zerstörung des Georgenklosters in Acht u. wurde 1652 von Heinrich dem Jüngern von Braunschweig zu einem höchst nachtheiligen Vergleiche gezwungen. 1625 wurde G. durch Christian von Braunschweig belagert, aber durch Tilly entsetzt, 1632 jedoch von den Schweden erobert. 1801 verlor es seine Reichsunmittelbarkeit u. kam zuerst an Preußen, dann 1807 an Westfalen u. 1816 an Hannover. 14. bis 15. Juli 1844 Feuersbrunst. Vgl. Mundt, Beschreibung von G., Goslar 1799 f., 2 Hefte; Heineccius, Antiquitates Goslarienses, Frkf. 1707; Trumpf, Kurzgefaßte goslarische Kirchenhistorie; Crusius, Geschichte der vormals kaiserlich freien Reichsstadt G., Gosl. u. Osterode 1842.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 7. Altenburg 1859, S. 485-486.
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