[947] Wechabiten (Wahabi), muhammedanische Secte, gestiftet von Abd-el Wahab um 1745 zu Dereijeh in der arabischen Provinz Nadsched (s.d.), welche den Islam auf die ursprüngliche Reinheit zurückführen wollte. Der Stifter erklärte den Koran zwar für Offenbarung, verwarf hingegen alle mündliche od. schriftliche Tradition. Muhammed, Christus u. die Propheten waren den W. Heilige u. gottgeliebte Weise, daher ließen sie den letzten Satz des muhammedanischen Glaubensbekenntnisses: kein anderer Gott als Gott u. Muhammed sein Prophet, weg u. eiferten gegen die fast göttliche Verehrung Muhammeds. Alle Wallfahrten, außer der nach Mekka zur Kaaba, wurden verboten, die Welis (Grabmäler der muhammedanischen Heiligen) eingerissen od. durch Profanation unbrauchbar gemacht, gegen den Prunk an Moscheen u. Grabmälern, Kleiderpracht. Böllerei, Tabaksrauchen, Glücksspiele, Wucher, Geschlechtsvergehen geeifert, dagegen tägliches Gebet, Halten des Raymadan, Mäßigkeit i Essen u. Trinken u. Almosengeben empfohlen, di Gütergemeinschaft für zweckmäßig erklärt. Wer nicht ihres speciellen Glaubens war, den betrachteten sie als ihren Feind, gegen welchen sie da Schwert führten, auch die anderen Muhammedaner, namentlich die Türken. Nadsched zählte gegen 300,000 Ew., welche 50,000 streitbare Männer stellten, außerdem fochten 50,000 benachbarte bewaffnete Beduinen für die W. Die Krieger bewaffneten u. verpflegten sich selbst, nur die Reiter erhielten einen kleinen Sold u. Fourage Die Reicheren unterstützten in der Ausrüstung die Armen wer waffenfähig den Zug nicht mitmachen wollte, konnte sich durch ein Pferd od. Dromedar loskaufen. Die Beute wurde gleichmäßig vertheilt, nur einen kleinen Theil erhielt der öffentliche Schatz. Waffen[947] waren ein Gewehr mit Luntenschloß, ein Dolch u. eine kleine Patrontasche, die der Reiter Lanze u. Säbel, nur Wenige hatten Pistolen. Die Einteilung des Heeres war nach Districten, Anführer waren die Emirs u. Ortsoberhäupter. Im Gefecht stand die Mannschaft in zwei Gliedern geordnet; die Cavallerie u. Dromedarreiter nahmen die Artillerie u. das Fußvolk in die Mitte. Auch das Fußvolk ritt, zwei Soldaten auf einem Kameel. Im Lager war das Zelt des Feldherrn in der Mitte, ihn umgab das Fußvolk, dann die Reiterei; Posten standen ringsumher, die Feldwachen wurden alle 24 Stunden abgelöst. Der Schlachtruf war Allah Akbar (d.i. Gott ist groß). Alle diese Einrichtungen wurden von el Wahab u. dessen Sohn, Scheit Muhammed, welcher Antheil an der Stiftung halte, getroffen, die weltliche Macht eigneten sich aber Beide nicht an, sondern erhoben das Oberhaupt des Districtes Dereijeh, 52 Meilen westlich von Bassora in Nadsched, Muhammed Ebn Suhud (Saûd) I., u. als dieser starb, dessen Sohn, Abd el Aziz (Asis), welche Beide ihnen bei der Verbreitung ihrer Lehren mit dem Schwerte gedient hatten, zu Emirs u. befahlen Beiden auch ferner die Lehre mit dem Schwert auszubreiten. Als der Scheit Muhammed eine Schwester Arars, des Emirs von Al Ufa (Lasa), wegen Ehebruchs hinrichten ließ, so wurde er von seinem Schwager, Ebn Manar, Scheit von Ilieh, ermordet, u. dies brachte Letzteren mit dem Stamme von Al Ufa in einen Kampf, welcher zum Religionskrieg wurde. Muhammed Ebn Suhud I. u. Abd el Aziz führten denselben als Oberfeldherren. Die benachbarten Araber ergriffen begierig Partei für die W., u. bald zahlten sie 26 Stämme zu ihren Anhängern. Dennoch erlitten sie mehre Niederlagen, u. erst 1763, als sie den Stamm Beni Khaled angriffen u. besiegten, wuchs ihr Kriegsglück u. 1770 war Abd el Aziz schon sehr gefürchtet. 1783 wurde eine Karavane, welche von Thomar nach Mekka zog. von ihnen angegriffen u. ausgeplündert. Als Abd el Aziz altersschwach wurde, übernahm sein Sohn Ebn Suhud II. die Feldherrnstelle u. schlug den Scherif von Mekka 1790 gänzlich. Die Pforte befahl dem Pascha Solyman von Bagdad die W. zu unterdrücken. Aber ein von dem Pascha gegen sie gestelltes Heer wurde 1797 von den W. geschlagen, u. wegen dieses Zuges machten die W. Einfälle in das Gebiet der Andersgläubigen u. ihre Macht wuchs ungemein, so daß sie bald 100,000 Mann zählten. 1801 schlugen sie die Truppen des Pascha von Bagdad aufs Neue u. überrumpelten Kerbelah, entweihten daß dort befindliche Grabmal des Ali, begingen große Grausamkeiten an den Einwohnern u. Pilgrimen u. kehrten mit reicher Beute heim. 1803 bemächtigten sie sich Mekkas zum ersten Male, mußten es aber bald wieder verlassen, ein Angriff auf Medina u. andere Städte wurde abgeschlagen. 1803 wurde Emir Abd el Aziz von einem persischen Fanatiker ermordet u. Ebn Suhud II. wurde nun Emir. 1806 wurde Mekka, Medina u. Dshidda von den W. erobert u. der Scherif von Mekka zur Bekehrung gezwungen. Die W. eroberten Mekka noch mehrmals, u. der Scherif dieser Stadt unterwarf sich ihnen. Auch Medina nahmen sie. 1811 rief die Pforte den Pascha Mehemed Ali von Ägypten zu einem Zug gegen sie auf; dieser zog persönlich mit seinem Sohn Jussuf Pascha gegen sie u. trieb sie bis an die Pässe von Safra, wo er zwar eine Schlappe bekam, aber doch sich so in Respect gesetzt hatte, daß die W. ihn nicht zu verfolgen wagten. Bald kehrte er verstärkt zurück u. nahm Medina u. Mekka, dessen Scherif die W. im Rücken angriff u. sich wieder für die rechtgläubigen Muhammedaner erklärte. Einer ihrer Häuptlinge, Ismael Modaisi, wurde hierbei gefangen u. in Constantinopel hingerichtet. 1814 starb Ebn Suhud II. Sein ältester Sohn, Abdallah Ben Suhud, war sein Nachfolger; unter ihm zeigte sich Zwiespalt unter den W., u. Mehemed Ali schlug sie wieder u. erzwang einen für sie nachtheiligen Frieden. Als aber der Sieger verlangte, daß die Befestigungen von Dereijeh zerstört werden u. Abdallah nach Constantinopel gehen sollte, um dort die Verzeihung des Padischah anzuflehen, entbrannte der Krieg von Neuem u. Ibrahim, Adoptivsohn Mehemed Alis, erschien Ende 1814 wieder im Felde, schlug die W. 1815 bei Bassora u. 1818 bei el Mauyeh, belagerte Dereijeh u. erhielt es endlich, nachdem das Lager der W. am 3. Sept. erobert u. 20,000 W. getödtet waren, durch Capitulation. Abdallah wurde gefangen nach Constantinopel geführt u. dort 17. Dec. 1818 enthauptet; Dereijeh zerstört. Die übrig gebliebenen W. flohen nach der Wüste, wo sie in einzelnen Stämmen noch existiren u. Raubzüge ausführen, so bedrohten sie 1822 selbst Mekka wieder. Ihr Anführer war Faisal, der Bruder des letzten Emirs Abdallah. 1828 erneuerten sie den Krieg gegen die Pforte, wurden aber wieder besiegt. Die W. bestehen noch jetzt u. bewahren ihre alten strengen sittlichen Grundsätze, namentlich gegen Heiligenverehrung, Tabaksrauchen u. Tragen seidener Kleider, wogegen Diebstahl u. Mord unter die leicht vergeblichen Sünden bei ihnen gehören. Ihre vormalige Furchtbarkeit für die Nachbarstämme hat jetzt aufgehört. Von Europäern besuchte 1863 der Engländer Palgrave ihr Land. Vgl. (Corancez) Hist. des Wahabis depuis leur origine jusqu'à la fin de l'an 1809, Par. 1810; Mém. sur trois fameux sectes du Musulmanisme etc., Marseille 1810; J. L. Burckhardt, Notes on the Bedouins and Wahabys, Lond. 1834; Chodzko, Le deisme des Wahhabis, im Journal Asiatique 1848.