Gruss

1. Der englische Gruss ist kein Schwur.

Drückt die Meinung aus: beim englischen Gruss schwören sei nicht geschworen.

Frz.: Avé-Maria ce n'est pas jurer. (Kritzinger, 406a.)


2. E leere Gruss gohd barfuss. (Luzern.) – Für Schwaben: Nefflen, 451.

Höflichkeit ohne begleitendes Geschenk bleibt gar oft ohne die gewünschte Wirkung.


3. Falschen Gruss man mit Falsch erwidern muss.


4. Gruss freut den Gast und ehrt den Wirth.Eiselein, 260; Simrock, 4078; Braun, I, 442.


5. Gruss kompt von hofe.Agricola I, 289; Egenolff, 171b; Henisch, 1772, 14; Gruter, I, 46; Petri, II, 362; Latendorf II, 15; Sailer, 245; Körte, 2433 u. 3011; Simrock, 4078a.

Das Sprichwort will andeuten, dass auch der Höhere den Niedern grüssen soll, wodurch der Gruss zu einem wahren Grusse werde. Nur als eine gewisse Höflichkeitspflicht [160] erscheint es, wenn der Niedere den Höhern grüsst. In der Egenolff'schen Sammlung von 1560 heisst es in der Erklärung dieses Sprichworts: »Es ist eine Höflichkeit, die leuth grüssen, sonderlich wenn ein grosser einen geringern grüsst. Denn gruss sol von hoff kommen, d.i. die hohen sollen sich hernieder lassen zu den geringen vnd sich demütigen. Ein vnzucht ist's vnnd baurenstuck, dass ich einen grüssen sol der mer were, denn ich.« Und Herberger (I, 2, 91 u. 413): »Grosse ehrliche Herren pflegen den Anfang zu machen, sich um uns zu bekümmern.«

Lat.: Ab aula procedit salutatio. (Seybold, 1.)


6. Gruss kompt von grossen Leuten.Henisch, 1772, 14.


7. Gruss soll man mit Gruss gelten.


8. Grus vmb grus.Petri, II, 363; Henisch, 1772, 15.


9. Gut grus gibt gut antwort.Agricola I, 157; Franck, II, 112a; Tappius, 175b u. 121b; Petri, II, 367; Henisch, 1772, 18; Lehmann, II, 293, 191; Sailer, 150; Schottel, 1133a; Eisenhart, 487; Estor, II, 986; Pistor., IX, 59; Hillebrand, 215, 310; Hertius, I, 99; Tunn., 14, 6; Seybold, 390; Siebenkees, 120; Steiger, 355; Körte, 2434; Eiselein, 260; Simrock, 4073; Graf, 313, 200; Ramann, II, Pred., IV, 8.

Der Sinn dieses Sprichworts geht dahin, dass sich niemand für beleidigt halten könne, wenn ihm ebenso begegnet wird, wie er andern zu thun pflegt. Denn derjenige, welcher sein Vergnügen daran findet, alles zu sagen, was ihm einfällt, soll auch das gelassen anhören, was ihm misfällt.

Böhm.: Jaké pozdravení, takové odtušeni. (Čelakovsky, 87.)

Frz.: Comme vous saluez, salué vous serez. (Gaal, 810.)

Holl.: Goede groete maect goe antwoort. (Tunn., 14, 6; Harrebomée, I, 260.)

It.: Come saluterai, salutato sarai. (Gaal, 310.)

Lat.: Dices talia: reddentur tibi dicta vicissim. – Qui gratum dat ave, responsum datque suave. (Fallersleben, 368.) – Saepe vel insanum placata oratio mulcet. (Seybold, 536.) – Ut salutas, ita resalutaberis. (Gaal, 810.)


10. Guter Gruss, guter Dank.Braun, I, 990.


11. Guter gruss ist halbe speiss.Franck, II, 57b; Lehmann, II, 234, 207; Körte, 2435; Simrock, 4077; Braun, I, 991.


12. Guter gruss ist viler kranckheyt buss. Franck, I, 112b; Henisch, 572, 18; Gruter, I, 46; Petri, II, 365; Latendorf II, 14; Körte, 2435; Simrock, 4076.


13. Joab's Gruss und Judas' Kuss ist der Welt Meisterstück.


14. Leerer Gruss geht barfuss.Eiselein, 260; Simrock, 4079; Körte, 2436; Braun, I, 993.


15. Schîne Gross, fräinjtlichen Doank.Schuster, 370.


16. Wer den rechten grus zu Hof nicht weisst, der kan leicht vbel anlauffen.Henisch, 1772, 20; Petri, II, 692.


17. Wer Grüsse begehrt, muss den Hut zuerst abnehmen.


18. Wie der Gruss, so der Dank.

Die Sachsen in Siebenbürgen: Wä der Gross, esi der Doank. (Schuster, 1098.) Wie das Gotthelf, sagen die Czechen, so das Gottvergelts. Die Engländer: Wie das Willkommen, so das Fahrewohl. Die Neugriechen: Wie du den Ton anstimmst, so werden sie dir singen. Die Serben. Wie du einem zutrinkst, so wird er dir auch zutrinken. Die Araber: Wer schöne Worte vorbringt, der hört schöne Worte. (Reinsberg III, 57.)

Holl.: Zoo groet, zoo antwoord. (Harrebomée, I, 260.)


*19. Einem einen Gruss schicken.Schöpf, 217.

D.i. Geschenk mit Gruss. (S. 2 u. 14.)


*20. Er versteht den Gruss nicht.

Die Handwerker haben ihre gewissen Formeln beim Grüssen, durch die sie von den Zunftgenossen erkannt werden.


[Zusätze und Ergänzungen]

21. An schönne Gruess, und wear net laufe könn', deam fehl's am Fuess. (Bietigheim.)


*22. Das ist der rechte Gruss.

Ironisch für: der rechte Ton, die rechte Art und Weise, Manier.

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 5. Leipzig 1880, Sp. 1383.
Lizenz:
Faksimiles:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika

Buchempfehlung

L'Arronge, Adolph

Hasemann's Töchter. Volksstück in 4 Akten

Hasemann's Töchter. Volksstück in 4 Akten

Als leichte Unterhaltung verhohlene Gesellschaftskritik

78 Seiten, 6.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantische Geschichten II. Zehn Erzählungen

Romantik! Das ist auch – aber eben nicht nur – eine Epoche. Wenn wir heute etwas romantisch finden oder nennen, schwingt darin die Sehnsucht und die Leidenschaft der jungen Autoren, die seit dem Ausklang des 18. Jahrhundert ihre Gefühlswelt gegen die von der Aufklärung geforderte Vernunft verteidigt haben. So sind vor 200 Jahren wundervolle Erzählungen entstanden. Sie handeln von der Suche nach einer verlorengegangenen Welt des Wunderbaren, sind melancholisch oder mythisch oder märchenhaft, jedenfalls aber romantisch - damals wie heute. Michael Holzinger hat für den zweiten Band eine weitere Sammlung von zehn romantischen Meistererzählungen zusammengestellt.

428 Seiten, 16.80 Euro

Ansehen bei Amazon