Gross

1. Besser gross erzogen als gross geboren.Petri, II, 37.


2. Bêsser gruiss woa bluiss. (Siebenbürg.-sächs.) – Schuster, 879.


3. Der ist gross, den kein Unglück erniedrigt. Winckler, X, 19.


4. Der ist gross zu achten, der im Reichthumb kann arm sein.Petri, II, 96.


5. Die schnell gross werden, fallen auch liederlich wieder vmb.Henisch, 1756, 11.


6. Es ist keiner so gross, dass er mit dem Kopfe an den Himmel stiesse.

Aehnlich russisch Altmann VI, 400.


7. Es ist keiner so gross, dem nicht ein Knabe ein Loch in den Kopf werfen könnte.


8. Es ist keiner so gross, er braucht Dienste. Simrock, 1615.


9. Es sey einer so gross er wolle, so muss er sich offt vom floh stechen oder ein muck vff die natz schmeissen lassen.Lehmann, 80, 21.

10. Es sind nicht alle gross, die auf Bergen stehen.


11. Et is grot, wat de Hund driggt, un wenn he 't dal leggt, so is 't man en Knaken.Eichwald, 844.


12. Grat an naach am wat tu dun an alta grat am nant tu dun.Johansen, 31.

Gross genug, um etwas zu thun und allzugross, um nichts zu thun.


13. Gross, faul vnd dölpisch ist gern beisammen.Henisch, 1022, 22.


14. Gross im Kragen, klein im Betragen. (Ohrdruff.)


[145] 15. Gross mit worten, wenig in der that.Gruter, III, 45.


16. Gross sein thut's nicht allein, sonst holte die Kuh den Hasen ein.Körte, 2420; Braun, I, 985.


17. Gross und faul gibt auch 'nen Gaul.Kirchhofer, 293; Eiselein, 209; Simrock, 3063; Körte, 1791; für Schwaben: Nefflen, 461.

Auch grosse und kräftig scheinende Menschen können träge und unbrauchbar sein.


18. Gross und faul taugt wol für einen Karrengaul.Parömiakon, 2310.


19. Gross und gut ist selten beisammen.

Engl.: Great and good are seldom the same. (Bohn II, 365.)


20. Gross und klein hat sein Lob.


21. Gross und klein, wie's der Hirt zum Thor hinaustreibt.


22. Gross und lang, du fauler Strang; klein und wacker baut den Acker. (Eifel.)

Von grossen und kleinen Personen, zu Gunsten der letztern.


23. Gross und ungeschickt weder sich noch andere beglückt.

Theodora ist gross, aber dumm, sagen die Russen. (Cahier, 2009.)

Frz.: En un corps grand bien rarement sagesse prend son ébergement. (Leroux, II, 220.)


24. Gross vnd faul ist zwifacher schad.Henisch, 1756, 29; Gruter, III, 46; Lehmann, 239, 89; Körte, 2424; Simrock, 4058.

Lat.: Caliga Maximini. (Binder II, 396; Lang, 37; Seybold, 62.)


25. Gross vnnd fromb.Lehmann, 939, 8.

»Magnus est bonus ist ein Sprichwort beym Homero.«


26. Gross wird oft ein kleines Ding, darum halte nichts gering.


27. Grot in de Brasch, nix in de Tasch. (Holst.) – Schütze, IV, 250.

Vom Aufschneider, Prahler.


28. Grôt un lang het wenig Dank; kort un dick is ok en Stück (auch: is min Geschick). (Lübeck.) – Deecke, 8.


29. Halt nicht so gross, du weisst nicht, was noch kommen kan.Henisch, 1756, 36.


30. Heute gross, morgen bloss.

Hinfällig ist alle menschliche Grösse.


31. Ist sie (die Frau) gross, so ist sie faul; ist sie klein, hat sie ein böses Maul.


32. Je grösser für Gott, je mehr verachtet von der Welt.Petri, I, 57.


33. Je grösser Gottes Güte, je grösser ist der Welt Bossheit.Petri, I, 57.


34. Je grösser, je leichter zu betrügen.


35. Je grösser man ist, je mehr man bedarf. Petri, II, 392.


36. Keiner ist so gross, der nicht das kleine bedürffe.Henisch, 1756, 38; Schottel, 1141a; Petri, II, 416.


37. Mancher will gross sein, eh' er klein gewesen, und leben, eh' er gestorben ist.Harms, 150.


38. Manches ist so gross, dass man's nicht in der Wagschale wiegen kann.Körte, 4064.


39. Nicht zu gross und nicht zu klein muss die rechte Ladung sein.


40. Nichts war so gross vnd hochgeborn, das nicht verruckt dess glückes zorn.Henisch, 1664, 8.


41. So gross findest du keinen, er bedarf des Kleinen.

Ung.: Nincs oly nagy gazdag, ki néha valakire ne szorulyon. (Gaal, 806.)


42. Um gross zu sein, helfen keine Posaunen, aber um gross zu scheinen.


43. Was gross ist, ist allweg ein halbtheil faul. Lehmann, 939, 9.

Frz.: Le plus grand est le premier pourry. (Leroux, II, 249.)

Holl.: Groot en datzelfde goed. (Harrebomée, I, 262.)


44. Was gross scheinen will, ist klein.


45. Was gross werden soll (will), das muss klein angehen.Henisch, 1756, 43; Schottel, 1141a; Petri, II, 597.

It.: Maxima paulatim e minimis. (Gaal, 1022.)

Ung.: A legnagyobb folyónak is kicsiny a kut feje. (Gaal, 1022.)


[146] 46. Was hilft es, gross sein und leer, wie das heidelberger Fass!Reinsberg V, 85.

Frz.: Qui tonjours grandit, fera petit mon et profit. (Leroux, II, 311.)


47. Wat gröter öss als e Lûs, hew op on drügg nau Hûs.Frischbier, 2332.


48. Wer gross ist, suche klein zu scheinen.


*49. Er ist gross, aber faul.Henisch, 1752, 60.


*50. Er ist gross und ungeschickt.Mayer, I, 205.

Lat.: Amens longus. (Seybold, 22.)


*51. Er ist so gross wie der kleine David.


*52. Er ist gross wie ein Haiducke (s.d.). Wurzbach I, 16.

Die Haiducken bildeten in Polen einen Theil des herrschaftlichen Hofstaats. Alg Johann III. seine Länder bereiste, eröffneten seinen Zug 300 Haiducken mit Standarten. Da man zu Dienstleuten keine andern als hochgewachsene wählte, so erklärt sich daraus das Sprichwort.

Poln.: Wysoki jak hajduk. (Wurzbach I, 6.)


*53. Er ist gross wie Lokietek.

Man bedient sich der Redensart, um geistige Grösse und Hochherzigkeit anzuzeigen. Es schreibt sich aus der Zeit der Regierung Wladislaus Lokietek (gestorben 1333), d.h. der Ellenhohe. Er war nämlich, wie sein Beiname sagt, körperlich sehr klein, gehörte aber zu den grössten Königen seines Volks.

Poln.: Duży jak Lokietek. (Wurzbach I, 4.)


*54. Groiss wie a Gähnetz1. (Jüd.-deutsch. Brody.)

1)Das Gähnen. – Zur Bezeichnung des kleinsten Körpers.


*55. Gross und klein, wie sie der Hirt austreibt.

Frz.: Tant grands que petits. (Kritzinger, 357a.)

*56. Grôt un lütj (klein) as de Swîen to Holt lôpt. (Holst.) – Schütze, II, 75.

Alles durcheinander, grosse und kleine Waare, wie die Schweine ins Holz laufen.


*57. Grotte noogh am wat to dünen en folle altogrot am niks to dünen. (Nordmarschen.) – Haupt, VIII, 375, 14.


*58. He deit grot un bred un is nix darachter. Eichwald, 677.


*59. Sich gross machen.

Lat.: Leonis exuvium induere. (Seybold, 276.)


*60. So gräut as en Huine (Hüne, Riese). (Grafschaft Mark.) – Frommann, V, 60, 73.


*61. So gross als er ist, also faul (auch ungeschickt) ist er auch.Tappius, 45b; Henisch, 1752, 67.


*62. So gross wie ein Elefant.

Die Dänen haben zur Grössenvergleichung, wo es sich um Flächenausdehnung handelt, die Redensart: Saa stor som Bogense-sund (Fünen) oder Darum-Sund (Jütland). (Prov. dan., 78.)


*63. Wenn der su grâuss wär', als er dumm is, nâu' könnt' er in Lâurenzerthorner1 zon Fenster 'nei' schaua. (Nürnberg.) – Frommann, VI, 415, 9.

1)Dem Thurmwächter auf der Sanct-Lorenzkirche.


[Zusätze und Ergänzungen]

64. Es wird Keiner gross im Reich ohne Ruthenstreich.

Holl.: Niemand wordt groot, zonder met de roede getuchtigd te worden. (Harrebomée, I, 262a.)


65. Gross genug ist einem jedem Bauern recht.


66. Je grösser, je schlimmer; je älter, je dümmer.Egerbote, 1875, S. 63.


67. Man soll sich nicht für zu gross halten, man weiss nicht, was noch kommen kann.

Bei Tunnicius (387): Men sal sik nicht to grôt holden, men wet nicht, wat noch komen kan. (Quid modo te tollis? nescis quid vespera fundet.)


68. Was gross ist, ist ungeschickt.


[1380] 69. Was gross vnd stark ist, erhaschet gemeiniglich am meisten, vnd lesen die nüss auff. Mathesius, Sarepta, XXXVIIIb.


70. Wer gross ist, braucht sich nicht aufzublähen.

Die Russen sagen: Der Ladoga hält sich für den Ladoga, aber die Newa meint, sie sei ein Theil des Finnischen Meeres. (Altmann VI, 386.)


71. Wer gross spricht und sich viel vermisst, machet oft Keif.

Bei Tunnicius (1059): De grôt sprikt unde vele sik vormit, maket vake kyf. (Turbida se iactans producit iurgia multum.)


72. Wer gross und mächtig werden will, der muss vor unterdrücken viel.Gerlach, 52.


73. Wer will grösser sein als Gott, der kommt wieder in seinen Pott.Berliner Wespen, 1873, Nr. 25.


*74. Gross und faul.

»Man pflegt zu sagen: gross vnd faul, ich sah mein tag kein schlimmern gaul.« (Waldis, III, 66, 11.)


*75. Gross wie die Hölle in Kursachsen.Buch der Welt, 1850, S. 114a.


*76. So gross bin ich noch nicht g'wachse, dazu bin ich zu spät aufgestanden. (Rott-Thal.)


*77. So gross, dass manns griff.Aventin, Chronik, XCIIIb.


*78. So gross und schwer, dass ihn eine Mücke auf dem Schwanz übern Rhein tragen könnte. (Baden.) – Frost, 37.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 2. Leipzig 1870.
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