Täubchen

1. Es fliegt kein Täubchen über ein Dorf, es muss ein Federchen lassen. (Eifel.) – Schmitz, I, 189, 88.


2. Wer dem Täubchen ein Körnlein wehrt, dem wird Gott den Sack versagen.Altmann V, 75.


*3. Es ist ein Täubchen ohne Galle.

Die Taube ist bekanntlich ein Bild der Sanftmuth, Einfalt und Unschuld. Also von Personen (besonders weiblichen) ohne Arg und List.


*4. Et es gein Düüvehen esu rein, mer kann e Fläckchen dran finge. (Köln.) – Firmenich, I, 475, 177.


*5. Mein (holdes) Täubchen.

Ein bekanntes Liebkosungswort. Es ist bei andern Anlässen auf römische Scheltwörter hingewiesen worden; ich will hier (nach Ausland, 1871, S. 172) Ausdrücke, welche die Römer zum Liebkosen und Schmeicheln gebrauchten, folgen lassen. Im 3. Act der Eselskomödie des Plautus soll Argryppus' Geliebte Philenium dem Leonida die zu ihrer Loskaufung nöthige Summe abschmeicheln. Sie beginnt: »Gib mir das Geld, mein Aeuglein (ocellus), meine Rose (rosa), meine Seele (anima), mein Vergnügen (voluptus), Trenne nicht uns LiebendeDarauf erwidert der Sklave: »Nenne mich also dein Sperlinglein (passerculus), deine Henne (gallina), deine Wachtel (coturnix), dein Lämmchen (agnellus), dein Böckchen (Voluptas holdillus); sage sogar, ich sei dein Kälbchen (vitellus).« Dasselbe Spiel wiederholt sich dann seinem Mitsklaven Libanus gegenüber, Philenium flötet: »Mein Libanus, goldenes Aeuglein, Geschenk und Zierde der Liebe. Ich werde thun, was du willst, schenke uns nur jenes Geld.« Und der Angeredete antwortet: »So nenne mich dein Entchen (anaticula), deine Taube (columba) oder dein Hündchen (catellus), deine Schwalbe (hirundo), deine Dohle (monedula), deinen Sperling, dein Püppchen (putillus).« – In ähnlicher Weise versucht in Pönulus der Sklave Milphio im Auftrag seines blöden Herrn dessen Geliebte durch Schmeichelworte zu besänftigen indem er spricht: »Mein Vergnügen (voluptas), meine Wonne (delicia), mein Leben (vita), meine Lust (amoenitas), mein Augapfel, meine Lippe (labellum), mein Heil (salus), mein Küsschen (suavium), mein Honig (mel), mein Herz (cor), mein Biestmilch (colostra, den Römern eine Delicatesse), mein zarter Käse (molliculus caseus).« – In der Casina des Plautus kommen im vollen Ernst die schmeichelnden Ausdrücke vor: mein Festtag (festa dies), mein Sperlingputchen [1039] (pullus passer), meine Taube, mein Hase (lepus). Die Perle (margarita) wurde ebenfalls, selbst auf Grabschriften angewandt, um den Werth geliebter Personen zu bezeichnen. Cicero nennt seine Gattin Terentia nicht blos: mein Leben, meine Sehnsucht (desiderium), sondern auch mein Licht (lux).


*6. Wann me de Düüfkes met Annisölge bestrickt, sind de Ârende (Adler, Raubvögel) 'r auk fârts (sofort) achter. (Osnabrück.) – Firmenich, III, 162, 10; Lyra, 22.

Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 4. Leipzig 1876, Sp. 1039-1040.
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