1. Auch die zertretene Rose duftet.
2. Auch Rosen werden welk.
3. Aus den wenigsten Rosen wird Oel gepresst.
Das echte orientalische Rosenöl (Attar, Uttur, fälschlich auch Otto genannt), wie es in Indien und Persien erzeugt wird, spielt unter den Wohlgerüchen und Toilettenbedürfnissen dieselbe Rolle wie der Diamant unter den Edelsteinen. Es ist der Inbegriff alles Feinen, Auserlesenen, Kostbaren und Kostspieligen. Ein billigeres Ersatzmittel bildet das erfrischende, im Orient allgemein verbreitete, dem Hindu und Perser fast zu den unentbehrlichsten Lebensbedürfnissen gehörende Rosenwasser. In der Nähe von Ghazeepore in Bengalen sieht man eine Bodenfläche von 150 Ackern in kleine Felder abgetheilt, die sämmtlich mit Rosen bepflanzt sind. Jeder dieser kleinen Gärten enthält gegen 1000 Rosensträucher und ist gegen drei Pfund Sterling jährlich verpachtet. Das Product von 1000 Rosenstöcken ergibt erst ein Tolah = 180 Gran Rosenöl. Das in Kaschmir bereitete Attar gilt für das vorzüglichste des ganzen Orients. Die Rosen von Kaschmir sollen, wie die Reisenden versichern, einen Duft haben, wie sonst auf keinem Punkte der Erde.
4. Aus einer duftenden Rose wird kein stinkend Bilsenkraut.
Holl.: De roos kan niet in stinkend bilsenkruid veranderen. (Harrebomée, II, 230a.)
5. Der Rose geht nichts ab, wenn sie auch unter Dornen steht. – Winckler, XII, 29.
6. Die letzte Rose, welche abfällt, macht den Rosenstrauch zum Strauche.
7. Die reinste Rose, die in Dornen fällt, ritzt ihr Blatt.
»Ganz unversehrt bringt kein Mädchen seine hohe Gemüthseinhaft [1723] zurück aus der Gemeinschaft mit dem Gemeinen. Je zarter der Stoff des weiblichen Wesens ist, desto eher nimmt er Flecken an bei der Berührung eines bösen.« (Saphir im Horizont.)
8. Die Rose blüht (bleibt Rose), auch wenn sie unter Dornen steht.
»Auch eine Myrte zwischen Gestrüpp wird Myrte genannt.« (Jüd. Volksblatt, Leipzig 1864, S. 132.)
Böhm.: Isou-li růže, pokvĕtou. (Čelakovský, 264.)
It.: Il mirto è sempre mirto, benchè sia tra l'ortiche. (Bohn I, 102.)
9. Die Rose ist Königin.
Die Rose, von den Alten die Zierde der Blumen und Pflanzen genannt, ist so schön und ihr Geruch so angenehm, dass sie zu einem allgemeinen Sinnbilde gewählt worden ist. Mit ihr schmückt die Frömmigkeit ihre Tempel, aus ihr flicht die Liebe und Freude ihre Kränze; mit ihr schmückt sich die Jugend; die Keuschheit empfängt sie als Preis, der Schmerz entblättert sie auf den Gräbern. Durch ihre schwellende Fülle ist sie ein Bild der blühenden Jugend, und ihr schnelles Verblühen, ihre kurze Dauer macht sie zum Symbol der Vergänglichkeit menschlichen Lebens und irdischen Glücks. Auf der einen Seite das Bild der Liebe, der Tugend, der jungfräulichen Sittsamkeit ist sie auch das Bild der schnöden Weltlust, der die Reue folgt. Umgeben von Dornen ist sie das Bild der Tugend und der Verfolgung, das Bild des Richters, der Gerechtigkeit mit Billigkeit, Strenge mit Milde paart, das Bild der Satire, die sticht und ergetzt. – Ueber die Rose in ihren mythologischen, religiösen, bürgerlichen, sinnbildlichen, abergläubischen, literarischen, geschichtlichen u.s.w. Beziehungen vgl. Genis, Botanik der Geschichte, II, 3-25. Ueber die Geschichte des Rose (vgl. Romanzeitung, 1868, 24, 943; Was man sich von der Rose erzählt in der Schles. Zeitung vom 29. Sept. 1867, Nr. 453.)
It.: La rosa è de fiori la regina. (Pazzaglia, 328, 2.)
10. Die Rose ist nie so stolz als auf die erste Knospe.
Die Russen: Die ersten Rohrbüsche, welche das Riet trägt, hält es für Palmen. (Altmann.)
11. Die rose kan nicht jederman brechen. – Gruter, III, 22; Lehmann, II, 85, 171.
12. Die Rose riecht, die Dorne sticht; wer bald bezahlt, vergisst es nicht.
Steht in einem niederlausitzer Gasthause als Einladung bald zu bezahlen, damit keine Irrungen entstehen.
13. Die Rose weiss nicht, dass sie duftet.
14. Die Rose weiss nicht, in welchen Händen sie ist. – Winckler, IV, 77.
15. Die Rosen, so man lang in Händen trägt und daran riechet, die bleibt nit. – Kühne, Faustbuch (Zerbst 1868).
16. Die Rosen verblühen, aber die Dornen bleiben.
Die Russen: Rosen halten sich kaum bis zum Herbst, Disteln dauern bis in den Winter. (Altmann, VI, 495.)
Holl.: De rozen vallen af, maar de doornen blijven over. (Harrebomée, II, 230a; Bohn I, 307.)
It.: Le rose cascano, e le spine rimangono. (Bohn, I, 108.)
17. Die schönste Rose duftet nicht für sich.
Die Chinesen: Die Blume Sae ist nicht für das Thal, wo sie wächst, so schön und wohlriechend, ebenso müsst ihr auch nicht für euch allein weise sein. (Hlawatsch, 12.)
18. Die schönste Rose verliert ihren Duft.
It.: Ogni fiore al fin perde l'odore. (Gaal, 1319.)
19. Die schönste Rose wird endlich zur Hagebutte.
Hinfälligkeit aller irdischen äussern Schönheit. Die Russen: Wenn die Rose Früchte trägt, sind's Hagebutten. (Altmann, 108.)
Frz.: Il n'y point de si belle rose qui ne devienne gratte-cul. (Gaal, 1319; Lendroy, 69; Körte, 5899.)
20. Die schönste Rose wird welk.
21. Die schönsten Rosen welken zuerst.
Engl.: The fairest rose at last is withered. (Bohn II, 129.)
22. Die welkste Rose bat die schärfsten Stacheln.
23. Drei Rosen blühn auf Einem Stiel: fahr' nicht zuerst, iss nicht zu viel.
Eine Schüsselinschrift. Unter dem Fahren ist hier das in die Schüssel Langen zu verstehen. Es ist bei den Landleuten gewöhnlich, dass sie die Suppe nicht von Tellern, sondern aus der Schüssel essen. Es ist aber Sitte, die Höherstehenden und Aeltern immer zuerst in die Schüssel langen zu lassen und ihnen mit dem Löffel bescheiden nachzufahren. (Braun, Bibliothek, Bd. 3, Hft. 1, Nr. 56.)
24. Ein Rose allhie begraben leit, von schön berümpt sehr weit vnd breit; jetzt ist es nur ein madensack, den niemand sehn noch riechen mag. – Loci comm., 127.
[1724] Wird im Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit, (1854, 271) ausdrücklich als ein »merkwürdiges Sprichwort« bezeichnet.
Lat.: Hic jacet in tumba Rosa mundi, non Rosa mundi, non redolet, sed olet, quae redolere solet. (Loci communes; Nopitsch, 205; Anzeiger a.a.O. 1854, 271.)
25. Eine einzige Rose hat viel Dornen. – Cibot, 162.
26. Eine gebrochene Rose verwelkt bald.
Holl.: Is het roosje eenmaal geplukt, dan verliest het spoedig haren geur. (Harrebomée, II, 230b.)
27. Eine Rose, die man lang in den Händen trägt und daran riecht, bleibt nicht. – Simrock, 8531.
28. Eine Rose ist leicht geziert.
29. Eine Rose macht keinen Kranz (Frühling).
30. Eine Rose verwelkt so gut wie eine Kornblume. Parömiakon, 1976.
Hinfälligkeit ist das Los alles Irdischen.
31. Eine verblühte Rose erblüht nicht wieder.
Verblühte Schönheit kehrt nie wieder (auch durch kein Kunstmittel) zurück.
32. Es blühen nicht alle Rosen roth.
Aehnlich die Russen Altmann VI, 474.
33. Es ist kein Ros, es ist ein Dorn dabei. – Petri, II, 269.
Die Chinesen versichern aber: Die Rosen hat nur für den Dornen, der sie pflücken will. (Cahier, 2079; Cibot, 160.) Die Neugriechen sagen: Von den Dornen kommen Rosen, von den Rosen wieder Dornen. (Sanders, 225, 66.)
34. Es ist kein Rose ohne dück. – Henisch, 762, 2; Petri, II, 269.
35. Es ist kein Rose, sie ist zuvor ein knopff gewesen. – Lehmann, 410, 38.
36. Es ist keine Rose so schön, sie welkt zuletzt. – Gaal, 1319; Simrock, 8526.
Frz.: Comme la rose enfin devient un gratte-cul, et tout avec le temps, par le temps est vaincu. (Leroux, I, 56.)
Holl.: Nooit zulk eene schoone roos, of zij verliest eens haren glans. (Harrebomée, II, 230b.)
Ung.: Nincs oly ssép virág, mely el ne hervadgyon. (Gaal, 1319.)
37. Es riecht nicht nach Rosen, wenn man Kloaken räumt (Mist schaufelt).
Frz.: Sentir un peu plus fort, mais non pas mieux que roses. (Leroux, I, 57.)
38. Es soll bleiben unter der Rosen, was wir hier treiben und kosen. – Körte, 5095.
39. Frische Rosen vnnd Blumen hat man lieber als welcke. – Lehmann, 143, 55.
40. Gebrochene Rose verwelkt.
41. Gemalte Rosen duften nicht.
Aehnlich die Russen Altmann VI, 400. Und: Eine gemalte Rose hat wol Blüte, aber nicht Duft. Die Rose der Wollust hat wol Farbe aber sie entbehrt des Duftes. (Altmann VI, 432 u. 457.)
42. Hätte die Rose keine Dornen, plünderte jeder Knabe den Stock (Strauch).
Dem entgegen sagen die Russen: Die Rose schützt sich selbst mehr als der Dorn sie schützt. (Altmann VI, 483.)
43. Hinter den Rosen steckt die Schlange.
44. Ist's eine Rose, so wird sie blühen, ist's ein Dorn, so wird er stechen.
Der Ausgang der Sache wird über die Natur und den Charakter derselben belehren.
It.: S'ella è rosa, ella fiorira; S'ella e spina, ella pugnera.
45. Keine Rose ohne Dorn, keine Liebe ohne Dorn.
Dies Sprichwort findet sich von R. Pruts (vgl. Schad's Musenalmanach, 1859) in einem Gedicht gegen die »Syrupigen« sehr gut angewandt.
46. Keine Rose ohne Dornen. (S. ⇒ Haus 306.) – Hollenberg, I, 89; Körte, 5099; Simrock, 8520; Gaal, 1317; Müller, 21, 7; Parömiakon, 298; Schlechta, 389; Lohrengel, I, 433; Dove, 747; Stettler, I, 194b.
»Kein Ross ist ohne Stachel.« (Lehmann, II, 321, 48.) Ungetrübte Freude ist nicht hienieden. Das Sprichwort ist wahr, allein das Leben würde sehr dadurch gewinnen, wenn man mit ebenso viel Wahrheit sagen könnte: Keine Dornen ohne Rosen. – Keine Freude ohne Leid. Keine Liebe ohne Nebenbuhler, fügen die Osmanen hinzu. (Schlechta, 388-389.) Rosen, wachsen auf Dornen, Dornen auf Rosen. (Cahier, 2605.)
Mhd.: Swâ sich diu rôse erzeiget, dâ reiget der dorn an daz zwî. (Marner.) – Wan diu rôse ist hie niht âne dorn. (Krone.) – Wâ wehset âne spriu ein korn, rôs ane dorn? (Frauenlob.) (Zingerle, 123.)
[1725] Böhm.: Není růže bez trnu. – Bůže při trní se rodí, ra dost po žalosti chodí. (Čelakovský, 186 u. 195.)
Engl.: Every bean has its black. – No rose without a thorn. (Gaal, 1317; Bohn II, 129.)
Frz.: Il n'est point de roses sans épines. (Gaal, 1317; Kritzinger, 282b; Bohn I, 46; Lendroy, 677; Leroux, I, 44 u. 56) – Les plaisirs portent ordinairement les douleurs en croupe. – Rose ne naît pas sans piquerons. (Leroux, I, 56.) – Toute joie finit en tristesse. (Masson, 292.)
Holl.: Geene rozen zonder doornen. (Harrebomée, II, 230a; Bohn I, 318.)
Ill.: Svaka ruża ima draču. (Čelakovský, 186.)
It.: Non si può aver il mele senza le mosche. (Masson, 292.) – Non v' è rosa senza spina. (Bohn, I, 115.; Kritzinger, 623a.) – Ogni rosa ha le sue spine. (Pazzaglia, 318, 1; Bohn I, 117; Gaal, 2317.)
Lat.: Gaudii moeror comes. (Philippi, I, 167.) – Miscentur tristia laetis. (Masson, 292.) – Nulla est sincera voluptas. (Gaal, 1317.)
Poln.: Nie masz róży bez ciernia. (Lompa, 23.)
Schwed.: Ingen ros utan törne. (Marin, 17.)
Ung.: Nincs oly szép, kiben gáncsot ne lellyenek. (Gaal, 1317.)
47. Keine Rose so schön, die nicht zuletzt eine Hagebutte würde.
It.: Non vi è si bella rosa, che non venga un grattacula. (Pazzaglia, 328, 3.)
48. Man bringt die Rose an die Nase, wenn man riecht.
Holl.: Die aan eene witte roos ruckt, krijgt de roos aan den neus. (Harrebomée, II, 230a.)
49. Man find keine Rosen ohn Dornen. – Lehmann, 506, 42.
»Keine Rose ohne Dornen, sagte Fräulein Else, als man sie wegen eines Ausschlags an ihrem Munde bedauerte.« (Witzfunken, IIb, 125.)
50. Man kann nicht immer Rosen pflücken (auf Rosen gehen). – Simrock, 8524.
51. Man muss die Rose auf dem Stiel nicht verwelken lassen.
Es wird damit den Aeltern empfohlen, die Verheirathung ihrer Töchter nicht ungebührlich zu verzögern.
Holl.: Men behoeft de roos op den steel niet te laten verwelken. (Harrebomée, II, 230b.)
52. Man muss die Rosen pflücken, wann sie blühn.
Böhm.: Růže trhají, když kvĕtou. (Čelakovský, 260.)
Slow.: Vtedy róže trhajú, ked' kvitnú. (Čelakovský, 260.)
53. Man muss nicht von Rosen träumen, wenn der April wettert.
Holl.: Man moet van geene rozen droomen, als de oogst is gekomen. (Harrebomée, II, 230b.)
54. Man riecht lieber frische Rosen. – Parömiakon, 2661.
55. Mancher will Rosen brechen und lässt sich von Hagebutten stechen.
Engl.: For the rose the thorn is often plucked. (Bohn II, 129.)
It.: Per la rosa, spesso il spin se coglie.
56. Mit frischen Rosen und Jungfern darf man nicht lange scherzen. – Simrock, 8529; Körte, 5098.
57. Neben den Rosen darf auch wol eine Tulpe blühen (stehen).
Holl.: Die de roos heeft, zal de tulp wel krijgen. (Harrebomée, II, 230a.)
58. Pflück' die Rose wenn sie blüht, schmiede wenn das Eisen glüht. (S. ⇒ Eisen 36, ⇒ Ferkel 21, ⇒ Gelegenheit 26-36, ⇒ Glück 741-742, ⇒ Heu 22, ⇒ Kuh 457 und ⇒ Pfeife 21.) – Simrock, 8525.
Frz.: Il faut prendre la balle an bond (entre bond et volée). – Il faut puiser, tandis que la corde est au puits. – Quand la fortune est à la porte, il faut lui ouvrir, sans la faire attendre. (Masson, 71.)
It.: Bisogna corre la rosa per tempo. (Gaal, 1318.)
Lat.: Quae fugiunt celeri carpite poma manu. (Ovid.) (Philippi, II, 117.)
Span.: Cuando el hierro está encendido, entónces ha de ser batido. (Masson, 71.)
Schwed.: Roser wăxa bland törne. (Čelakovský, 692.)
Ung.: Addig háncsd a' hársfát, még hámlik. – A' rozsát akkor kell szedni, mikor virágzik. (Gaal, 1318.)
59. Rosen auf den Lippen, den Schelm im Nacken.
60. Rosen auf den Wangen und Dornen im Gewissen (Gemüth). – Parömiakon, 1770.
61. Rosen blühen aus den Dornen.
Mhd.: Nu siht man doch bekomen rôsen von dem dorne. (Zingerle, 123.)
[1726] 62. Rosen blühen, Dornen stechen.
Holl.: Zijn 't rozen, zij zullen bloeijen, zijn 't doornen, zij zullen steken. (Harrebomée, II, 231a.)
63. Rosen blühen nicht immer.
Die Russen: Auch die Lotosblume blüht nicht immer. (Altmann V, 119.) Und die Chinesen: Es gibt keine Rose von hundert Tagen. (Cibot, 157; Cahier, 2031.)
64. Rosen kann nicht jeder brechen. – Simrock, 8528.
65. Rosen lieben die Dornen.
66. Rosen mus man brechen, weils Frühling ist. – Gruter, III, 77; Lehmann, II, 536, 32.
67. Rosen pflücke, ehe sie verblühen. – Gaal, 1318.
68. Rosen sind nicht für Saunasen.
Holl.: Strooid geene rozen voor varkens. (Bohn I, 338; Harrebomée, I, 360b.)
69. Rosen und Jungfrauen sind bald entblättert. – Eiselein, 582; Simrock, 8530; Lohrengel, I, 571.
70. Rosen und Lilien sind schöne Blumen, aber sie bringen keine Frucht. (S. ⇒ Weizen.) – Eiselein, 532.
71. Rosen und Nesseln stehen oft beisammen.
Böhm.: Ne všude kde růže roste, kopřiva také vyroste. (Čelakovský, 380.)
Lat.: Urticae proxima saepe rosa est. (Gaal, 300.)
72. Rosen wachsen unter Dornen, das gut vnter dem bösen. – Lehmann, 98, 21.
73. Späte Rosen im Garten lassen schönen Herbst erwarten.
74. Sub rosa, redete der Mönch mit der Nonne im Garten, dass sie es neun Monate lang unter ihrem Herzen bewahrte. – Klosterspiegel, 39, 21.
75. Unter den Rosen sind viel Dornen.
Mhd.: Diu rôse ist in deme touwe ein liehte aneschouwe ir stam ist dannoch dorne vol. (Georg.) (Zingerle, 123.)
Frz.: Parmi les roses il y a beaucoup d'épines. (Kritzinger, 623a.)
76. Verblühte Rosen pflückt (bricht) man nicht.
Böhm.: Dokud růže voní, každý stojí o ni. (Čelakovský, 303.)
77. Vergiss die Rosen vber dem Tisch nicht! – Herberger, Hertzpostille, Ib, 743.
D.h. schweige über das, was gesprochen und vorgekommen ist.
Lat.: Ad mensam quasi ad aram.
78. Viel Rosen, scharfes Wintertosen. – Bair. Hauskalender.
79. Vmb weniger rosen willen heget man einen grossen Dornstrauch. – Mathesy, CCXIXa; Petri, II, 556.
80. Wann de Rause stett up 'me Dorne, dann gett den Köggen de Milk te Horne. (Waldeck.) – Curtze, 315, 24.
81. Was ein Rohs will werden, das blühet, was ein Dorn will werden, das sticht. – Lehmann, 537, 11; Sailer, 149.
It.: Se sarà rosa, florirà, s'ella è spina, pugnerà. (Gaal, 358.)
82. Was kan die Rose dazu, dass jhr süsser Honig der Spinnen zu Gifft wird. – Petri, II, 601.
83. Was kann die Rose dafür, wenn ein Hund daran pisst.
In Abyssinien: Was kann die weisse Palme dafür, wenn der schwarze Tiger sie mit seinem Kothe besudelt. (Altmann II.)
84. Wegen der Rosen begiesst man die Dornen.
85. Wem die Rose nicht gefällt, der gibt für keine Nessel Geld.
Die Russen: Wer die Rose schmäht, wird der die Nessel ehren? (Altmann VI, 471.)
86. Wenn die Rose aufgeblüht ist, sieht man wol, dass sie kein blosser Dorn.
Im Frühjahr wird sich's zeigen, sagen die Czechen, sind es Rosen, so werden sie blühen. (Skola, 39.)
87. Wenn die Rose einmal vergangen, musst du nicht das zweite mal danach langen.
Jugend, Schönheit, einmal dahin, kehren nie wieder zurück.
88. Wenn die Rose Früchte trägt, sind's Hagebutten.
89. Wenn die Rose sich schmückt, so schmückt sie auch den Garten. – Voss. Zeitung vom 23. Juni 1867.
[1727] 90. Wenn die Rose verblüht, bleiben die Dornen zurück.
Die Letten: Die letzte Rose, welche abfällt, macht den Rosenstrauch zum Strauche. (Altmann V, 109.)
Lat.: Nec semper violae nec semper lilia florent et riget amissa spina relicta rosa. (Egeria, 150.)
91. Wenn die Rosen in den Korb kommen, so kommen die eyer darauss (oder: werden wenig zum Marckt gebracht). – Henisch, 963, 32; Petri, II, 645.
92. Wenn die Rosen vergangen, so wünscht man sie vergebens. – Lehmann, 947, 22.
93. Wenn die schönste Rose auf den Markt tritt, fällt der Preis der andern.
94. Wenn eine Rose verblüht, so springt eine andere Knospe auf.
Holl.: Zulke schoone rozen wassen, als er vergaan. (Harrebomée, II, 230a.)
95. Wenn man die Rose haben kann, greift man nicht nach der Distel. – Marlitt, Goldelse (Leipzig 1868).
96. Wer de Räouse breckt, mott luien (muss leiden), dat se en steckt (sticht). (Lippe.) – Firmenich, I, 267; hochdeutsch bei Simrock, 8522.
97. Wer die Rose will, muss die Dornen mitnehmen. – Schlechta, 392.
98. Wer Rosen bricht, die Finger sticht. – Petri, II, 799; Froschm., V.v.VIII; Simrock, 8523; Körte, 5096; Körte2, 6383.
Mhd.: Dern darf deheine sorge haben, daz in der hagen iht ange, so er nâch den bluomen lange, daz in der zorn iht steche sô er die rôsen breche. (Tristan.)
Dän.: Den der vil plukke roser, maae vare sig for torne. (Prov. dan., 480.)
99. Wer Rosen nicht im Sommer bricht, der bricht sie auch im Winter nicht. – Gruter, I, 109; Lehmann, II, 876, 223; Sailer, 156; Simrock, 8521; Körte, 5097.
Man soll die rechte Stunde nicht versäumen. Ein Gedicht von A. Kaufmann hat diesen Spruch zur Ueberschrift. (Düsseldorf, II.) »Die Röslin sind zu brechen zeit, derhalben brecht sie heut, und wer sie nicht im Sommer bricht, der bricht's im Winter nicht.« (Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 132.)
Frz.: A Penthecouste roses sont, a la saint Jehan s'en vont. (Leroux, I, 74.) – Si l'on n'aime pas au printemps, l'hiver viendra sans qu'on y pense. (Masson, 243.)
Holl.: Die de roos wil plukken, moet de doornen niet ontzien. (Harrebomée, II, 230a; Bohn I, 343.)
100. Wer will haben die Rosen, muss die Dornen kosen. – Parömiakon, 2361.
Lat.: Nulla est sincera voluptas.
101. Wer will Rosen brechen, der muss die Dornen nicht fürchten. – Lehmann, 534, 16 u. 559, 22.
Schwed.: Den roser wil plocka, han måste intet rädas för törnet. (Grubb, 142.) – Den som wil plocka roser måste lida törnet. (Törning, 18.)
102. Wer will Rosen brechen, muss nicht fürchten der Dornen Stechen. – Hermann, III, 14.
Mhd.: Sumelîche rôsen kunnen stechen, rehte rôsen die sint aller wandelunge vrî. (Neidhart.)
103. Wer will Rosen pflücken gehen, lasse hübsch die Dornen stehen.
Geniesse das Gute und weiche dem Schlechten aus.
It.: Cogli la rosa, e lascia star la spina. ( Cahier, 3082.)
104. Wer zu viel Rosen im Garten hat, pflanzt sich auch wol eine Distel hinein.
105. Wie die Rosen blühen, so blühen die Trauben.
106. Wo e Rösi is, is aach e Dörnche. (Kinzigthal.)
107. Wo man Rosen streut, da fleucht die Zeit. – Sprichwörtergarten, 462.
108. Wo Rosen sind, da sind auch Dornen. – Parömiakon, 1916.
109. Zerzupfte Rose lobt niemand mehr.
110. Zwischen Rosen blüht auch eine Distel schön.
Die Russen: Wer zu viel Rosen im Garten hat, pflanzt auch wol eine Distel hinein. (Altmann V, 82.)
111. Zwischet zwei Rosa gehört a G'schoss. (Weingarten.) – Birlinger, 201.
112. Zwischet zwei Rosa g'hört a Knopf. – Birlinger, 876.
In Bezug auf geschlechtlichen Verkehr.
*113. Allhie vnder der rosen gesagt. – Tappius, 103a; Lehmann, II, 25, 1.
[1728] *114. Auf lauter Rosen sitzen. – Herberger, Hertzpostille, I, 566.
*115. Auf Rosen gehen. – Schottel, 1118a; Luther's Ms., S. 5; Theatrum Diabolorum, 47b; Fischer, Psalter, 19d; Mathesy, 221a.
Zur Bezeichnung eines sehr glücklichen Zustandes. Rosen streuen, auf Rosen gehen und ähnliche Redensarten erinnern an einen Gebrauch der Rose, wie er bei den alten Römern und benachbarten Völkern stattfand. Nero liess bei seinen Schwelgermahlen durch Oeffnungen in der Decke des Saals Rosen auf die Gäste herabregnen. Heliagabolus trieb dies so weit, dass einzelne der Schnaufenden sich aus dem Blumenhaufen nicht herausarbeiten konnten und darin erstickten. Der Tyrann Dionys liess sich zu seinen Ausschweifungen Lagerstätten von Rosen bereiten. Verres reiste in einer Sänfte auf einer mit Rosen ausgestopften Matratze lagernd; dabei hatte er einen Rosenkranz auf dem Kopfe und einen um den Hals. Antiochus schlief auf Betten von Rosen. Kleopatra liess zu einem Gastmahle den Fussboden des Speisezimmers eine Eile hoch damit bedecken. Unter Domitian wurden in drei Strassen Roms täglich frische Rosengewinde aufgehangen. Auch die Sybariten pflegten auf Betten, mit Rosenblätern gefüllt, zu schlafen. (Morgenblatt, Stuttgart 1855.)
Frz.: Être couché sur des roses. (Kritzinger, 623a.)
*116. Da blüht ihm keine Rose. (Nürtingen.)
*117. Das heisst, die Rose gewiesen und den Dorn gegeben.
Frz.: C'est montrer la rose et donner l'épine. (Kritzinger, 623a.)
*118. Das sol unter der Rosen bleiben. – Eyering, I, 340.
*119. Das wird ihm keine Rosen tragen (keinen Segen bringen). – Mayer, II, 91; Parömiakon, 1608.
*120. Die Rose fiel der Meerkatze zum Lose. – Burckhardt, 294.
Wenn jemand ein Glück zu Theil wird, das er nicht verdient.
*121. Die Rose ist zu früh gepflückt.
In Bezug auf ein gefallenes Mädchen.
Holl.: Het roosje is te vroeg geplukt. (Harrebomée, II, 230a.)
*122. Die Rose küssen und nicht daran riechen. – Fischart, Ehez.
Von denen, die bei der Heirath auf Schönheit des Gesichts und nicht auf Güte des Charakters sehen.
*123. Eine Rose brechen ohne Dornen.
*124. Er sitzt in Rosen wie ein Katz im Rauchloch. – Fischart, Gesch., in Kloster, VIII, 463.
*125. Er sitzt nicht auf Rosen.
Er ist in schwierigen, widerwärtigen Verhältnissen.
Holl.: Hij zit op geene rozen. (Harrebomée, II, 230b.)
*126. Es ist die schönste Rose ihres (seines) Huts.
Ihr (sein) bestes Kleinod, grösster Schatz.
*127. Es sey unter den Rosen geredt. – Eyering, II, 581.
*128. In lauter Rosen sitzen (oder: baden). – Kirchhofer, 130.
Hoher Grad der Freude oder des Glücks.
*129. Rosen und Disteln vergleichen. – Eiselein, 533.
Frz.: Comparer la rose au pavot. (Kritzinger, 623a.)
Lat.: Rosam cum anemona confers. (Eiselein, 533.)
*130. Sich auf Rosen betten.
*131. Sie ist einmal bei einer Rose vorbeigegangen.
Bildet sich ein, jung und blühend zu sein und den Duft der Anmuth umher zu verbreiten. Aehnlich sagen die Russen: Der Frühlingswind, der durch Rosenbüsche geweht hat, meint selber Blüten zu tragen. (Altmann V, 115.)
*132. Unter der Rose gesagt (geredet). – Murner. Schelm., 40; Eyering, III, 364; Körte, 5095.
»Hie vnter der Rosen geredt.« (Mathesy, 349b.) »Etwas vnter der Rosen vertrawlich reden.« (Mathesy, 178a.) D.i. verblümt. Die Rose ist das alte Sinnbild der Verschwiegenheit, daher die Redensart sub rosa soviel als im Vertrauen bedeutet, unter dem Siegel der Verschwiegenheit. Früher kam die Rose auch mehrfach als Ornament auf Chor- und Betstühlen vor, weshalb manche die Deutung unsers »sub rosa« mit dem Briefgeheimniss in Verbindung bringen wollten. (Vgl. Illustr. Zeitung vom 14. April 1866 und Willius in Bonus Senator, S. 176.) Murner gebraucht die Redensart von denen, die ihrem Nächsten die Ehre unter gutem Scheine und im Verborgenen abschneiden. Die Rose war bei den Alten das Sinnbild der Verschwiegenheit, als der Liebe heilig, daher wurde sie nach der Fabel von Amor dem Gott des Schweigens, Harpokrates geschenkt. Wegen dieser sinnbildlichen Beziehung der Rose pflegte man vor alters bei Gastmählern eine Rose über dem Tische aufzuhängen, um daran zu erinnern, dass das über Tische und unter Freunden Gesprochene verschwiegen [1729] werden solle. Daher die obige Redensart, welche ursprünglich soviel als unter dem Siegel der Verschwiegenheit, unter uns gesagt, bedeutete. Ueber die mythologischen, sinnbildlichen, literarischen, sprichwörtlichen u.s.w. Beziehungen der Rose (vgl. Genlis, Botanik der Geschichte u.s.w., übersetzt von Stang, II, 2 fg.) Es herrscht auch die Gewohnheit in Morgenlande, während der Rosenzeit in den Gärten feste darzustellen, worauf sich das ägyptische Sprichwort bezieht: »Wenn die Rose kommt, essen und trinken wir bei ihr, wenn sie geht, betrübt es uns nicht.« (Burckhardt, 113.) Es gilt dies von Freundschaften, die schnell geschlossen, aber ebenso gleichgültig wieder getrennt und vergessen werden. In Kaschmir, wo die Rosenzucht eine hohe nationale Bedeutung hat, feiert man, so lange die Rosenblüte währt, ein allgemeines Volksfest. Unsere deutsche Rosencultur stammt aus dem Orient. Wahrscheinlich durch die Kreuzzüge kam sie ins Abendland, zuerst nach Italien und Frankreich, von da nach England und Deutschland. Ein historisch berühmter wilder Rosenstrauch wächst an der Kathedrale zu Hildesheim. Das Alter desselben wird gewöhnlich auf tausend Jahre berechnet. Nach dem von Humboldt angestellten Nachforschungen scheint der Hauptstamm etwa 800 Jahre alt zu sein. Die Sage verknüpft diese Rose mit einem Gelübde des ersten Gründers der Kathedrale, Ludwig's des Frommen, und eine Chronik aus dem 11. Jahrhundert erzählt, dass Bischof Hezilo, der die Kirche wieder aufbaute, nachdem sie durch Feuer zerstört worden war, die unverletzte Wurzel des Rosenstrauchs neu pflanzte und an einer der Hauptwände des wiedererstandenen Gebäudes emporleitete. Der alte Stamm, nur 2 Zoll dick, hat eine Höhe von 27 Fuss; seine Verzweigungen bedecken einen Flächenraum von 52 Fuss an der Ostwand des Gebäudes Unzählige Sagen und Geschichten knüpfen sich an diese Rose von Hildesheim. – Die riesigste aller Rosen blühte noch vor wenigen Jahren zu Toulon. Es war ein Rosenstock, dessen Hauptstamm an der Wurzel einen Umfang von 2 Fuss 8 Zoll hatte, der, wenn er sich gerade in seiner Hauptblüte befand, 50-60000 Rosen trug und jährlich VON Anfang Juni bis tief in den November mit Blüten bedeckt war. – Eine ausführlichere Zusammenstellung der Ansichten über die Redensart findet sich bei Wurzbach II, 301.
Holl.: Onder de roos. (Harrebomée, II, 230b.)
Lat.: Sub rosa dictum.
133. Eine Rose ohne Dornen gibt es nicht. (Türkisch.) – Ausland, 1872, S. 1206.
134. Keine Rose ohne Domen, keine Liebe ohne Nebenbuhler. – Merx, 317.
135. Man findet überall zwischen den Rosen auch wol eine Nessel.
Lat.: Urticae proxima saepe rosa est. (Ovid.) (Philippi, II, 234.)
136. Manche Rose blüht voll Pracht, der ein Wurm am Herzen nagt.
137. Was es in die Rosen regnet, wird den Feldern mehr gesegnet. – Marienkalender, 1879, S. 18.
*138. Nach Rosen riecht's hier nicht.
Um verhüllend zu bezeichnen, dass es stinkt. Die Russen sagen ähnlich: An der Stinkblume merken, dass es nicht nach Rosen riecht. (Altmann VI, 516.)
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