1. Aller Hilgen stigt de Winter up de Willgen. (S.Allerheiligen.) – Bueren, 33.
2. Arme Heilige haben arme Gefälle und können nicht viel geben.
Die Russen: Ein Helliger, der in kupfernen Särgen ruht, gibt nicht viel. (Altmann V, 104.)
3. Auch die Heiligen haben ihre schwachen Augenblicke.
Die Russen: Auch der Heilige wendet das Haupt um, wenn die schmucke Dirne nackt bei ihm vorübergeht. (Altmaan V, 85, u. VI, 434.)
Böhm.: I svatí jsou hřešili, jen že se odhreřešli. (Čelakovsky, 27.)
4. Auch von Heiligen hat man falsche Dinge gesagt.
5. Bey allen Heiligen gilts gleich, wer hinterm Offen thut vnd wer es aussfegt. – Lehmann, 570, 56; Eiselein, 294.
6. Bey den Heiligen ist gott heilig, bey den frommen from, bey den reinen rein, bey den verkherten verkhert. – Henisch, 1709, 62.
7. Deme de Hilligen holt sindt, de heft guth knêbedent1. – Stralsunder Chronika von Mohnike, 1833, I, 87.
1) Kniebeten; beten, indem man auf den Knien liegt.
8. Den Heiligen zu Ehren küsst man die Reliquien.
Frz.: Pour amour du saint baise on les reliques. (Leroux, 28.)
9. Der beste Heilige ist der, so vier Hinterbacken hat. – Klosterspiegel, 53, 13.
»Welcher-Heilige hat vier Hinterbachen«, fragte ein Kapuziner. Alles schwieg. »I nun, der heilige Ehestand«, erwiderte er.
10. Der Heilige nimmt auch mit Talgkerzen fürlieb, wenn ihm keine Wachskerzen angezündet werden. – Altmann V, 103.
11. Der Heilige thut die Wunder und der Priester nimmt die Kerzen. (S. ⇒ Hase 12.)
12. Der Heiligen Gut hat der Wehre nicht. – Simrock, 12325a.
13. Der heiligen Muth sihet nicht auff zeitlich gut. – Petri, I, 16.
Es ist nämlich zwischen Heiligen und Heiligen ein grosser Unterschied, zu denen, welche das Sanct vor sich zu haben pflegen, darf man in der Regel nicht mit leeren Händen kommen.
[462] 14. Der Heiligen sind nicht solche Haufen, als ihrer in die Kirche laufen. – Eiselein, 294.
Lat.: Non omnes sancti, qui calcant limina templi. – Non omnes sancti sunt, qui delubra deorum intrant. (Eiselein, 294.)
15. Der kann der Heiligen entrathen, der selbst den Weg zum Himmel weiss.
Böhm.: Skrze svaté k bohu, skrz dobré lidi k pánu. (Čelakovsky, 244.)
16. Die allen Heiligen dienen, haben kalte Küche.
»Der Dienst kann zwar sehr vereinfacht werden. Jener französische Marquis gab einfach seine Visitenkarte auf dem Altar des Heiligen ab, der eben einer Procession beiwohnta.« (Mystagogos, 313.) – Die Spanier: Wer die Heiligen viel besucht, hat keine Leinwand auf dem Leibe. (Reinsberg I, 81.)
17. Die allen Heiligen dienen, werden mehr beräuchert als bereicht (bereichert).
Holl.: Wiens heiland zoude hij zijn, die zich zelven heilloos is. (Harrebomée, I, 397.)
18. Die alten Heiligen sind die besten.
Frz.: Il n'est miracle que de vieux saints. (Cahier, 1815.)
19. Die alten Heiligen thun keine Wunder mehr.
Nämlich, wenn neue kommen; sowie wenn ein neuer Arzt an einen Ort kommt, der ältere scheinbar zurücktritt.
20. Die Heiligen erscheinen den klugen Leuten nicht.
Port.: Aos parvos apparecem os santos. (Bohn I, 266.)
21. Die Heiligen fallen auch. – Petri, I, 25.
22. Die Heiligen haben auch ihr Pech.
Holl.: Geen heilige zonder misdag. (Harrebomée, I, 297.)
23. Die Heiligen holen (gemeiniglich) das Wachss wider. – Petri, II, 130; Pistor., V, 75; Schottel, 1121b; Simrock, 4493.
Das Sprichwort will die Güter der Heiligen vor Verwendung für weltliche Zwecke schützen. Jetzt kann es nur auf Kirchengüter und Vermächtnisse für wohlthätige Anstalten angewandt werden. Die Heiligen brauchen kein Geld, wie schon Christian Von Braunschweig dachte, der silberne Heilige einschmelzen, in Münzen ausprägen liess und sie so wieder in Thätigkeit setzte. Man wollte durch dasselbe sagen, dass dasjenige, was einem Heiligen genommen werde, keinen Segen bringe, sondern über lang oder kurz seinem himmlischen Besitzer wieder zugewandt werde.
24. Die Heiligen lassen nicht mit sich spassen. – Graf, 543, 50; Eiselein, 395; Simrock, 4490; Braun, I, 1237.
Eine Drohung, mit der man vor Angriffen auf geistliche Güter zurückschrecken will, die aber in unsern Tagen ihre Wirkung verloren hat. (S. ⇒ Kirchengut.) Ittner hat nach Eiselein eine Erzählung von Pachomius über dies Sprichwort.
25. Die Heiligen lügen nicht.
Frz.: Saint ne peut mentir. (Leroux, I, 28.)
26. Die Heiligen müssen zuuor aussleiden, ehe sie sich frewen oder zu ehren kommen. – Petri, I, 25; Henisch, 794, 52.
27. Die heiligen reden nicht, sie rechen aber sich nit dester weniger. (S. Pancratius.) – Franck, I, 79a; Egenolff, 337b; Petri, II, 130; Gruter, I, 20; Eiselein, 295; Körte, 2711; Graf, 543, 51; Simrock, 4492; Braun, I, 1236.
Wäre dem so, dann könnte man auch sagen: sie bellen zwar nicht, aber sie beissen. Man kann indess mit den Heiligen sehr wohl fertig werden; aber webe dem, der ihren Advocaten auf die Hühneraugen tritt, die bei ihnen die Stelle der eigentlichen zu vertreten scheinen.
Lat.: Sancti non loquuntur, sed vindicant. (Eiselein, 294.)
28. Die Heiligen sind so demüthig, dass sie niemand weichen. – Eiselein, 294.
29. Die lebenden Heiligen müssen selig sein. – Eiselein, 295.
30. Die nahen Heiligen thun kein Wunder.
Daher Wallfahrten in die Ferne. » ... So sagt er (der Pfarrherr) grosse Wunderzeichen, die an der stat geschehen sind, das einer hatt wag kummen blind, vnd gesehen wider dannen. Man laufft yezunder zu sanct Annen weit vnd breit in aller Land .... Die nahen heylgen thund kein wunder, des sucht man nur die weiten besunder, vnd machen nichts dann müde bein, mit narren auss mit gäcken hein.« (Murner, Nb., in Kloster, IV, 736.)
31. Die todten Heiligen werden tractirt, die lebenden Frommen müssen verhungern.
32. Ehe alle Heiligen ihr Wachs haben, gehört viel dazu.
Auf dem Hellwege in Westfalen, um zu sagen, dass gar viel zur Befriedigung aller Bedürfnisse erforderlich ist.
[463] 33. Ein armer Hailig kan einem nicht zum furtz helffen. – Lehmann, 377, 60.
34. Ein armer Hailig kan so viel helffen, als der Han zum Ey. – Lehmann, 377, 60.
35. Ein Heiliger ohne Macht wird verlacht.
Die Russen: Ein gekrönter Heiliger gilt am meisten. (Altmann VI, 487.)
36. Ein Heiliger schläft nicht auf weichen Betten.
37. Einem Heiligen muss man dienen, womit man ihn mag versühnen. – Körte, 2716.
38. Einem Heiligen soll man aufs Wort glauben.
39. Einen Heiligen, dem ich nicht gefastet, feiere ich nicht. – Körte, 2719.
Die Vorbereitung zur Feier geschieht durch Beschränkung der Essfreiheit.
40. Einen Heiligen, dem man nicht opfert, wirft der Pfaff ins Gerümpel.
Die Russen: Das Heiligenbild gilt dem Popen so viel, als es ihm einbringt. (Altmann VI, 500.)
41. Es ist ein Heiliger, wie der Pater Thomas, der junge Hühner stahl und sie den Armen zum Almosen gab. – Klosterspiegel, 55, 9.
42. Es ist kein Heiliger, er ist geschmäht worden.
Vielleicht mit Ausnahme des spanischen Heiligen S. Viar, der aus dem Titel eines römischen Beamten entstanden ist. Man fand nämlich auf einem Stein die Inschrift SVIAR, wovon Anfang und Ende abgebrochen war, und die vollständig heissen sollte: Praefectus viarum (Wegeaufseher). (Breslauer Erzähler, 1802, S. 381.) Und nach Prof. Lobeck hat die heilige Veronika ebenso wenig wirklich gelebt; sie ist aus »vera ikon«, d.h. das wahre Gesicht, nämlich des Heilandes, im Schweisstuche abgeprägt, entstanden, ebenso der »Gypsjakob« aus einer Corrumption von »unguentum aegyptiacum«. (Leipziger Allgemeine Modenzeitung, 1858, Nr. 31.)
Holl.: Daar zijn geene heiligen in den hemel, die op aarde niet gelasterd geweest zijn. (Harrebomée, I, 297.)
43. Es ist kein Heiliger, er will gefeiert sein.
It.: Ad ogni santo viene la sua festa. ( Pazzaglia, 129, 2; Bohn I, 68.)
44. Es ist kein Heiliger so klein, er will seine eigene Kerze haben. – Winckler, II, 64; Simrock, 4503; Körte, 2715; Braun, I, 1240.
Die Russen: Es ist kein Heiliger so gering, man baut ihm eine Kapelle. Auch ein kleiner Heiliger hat seinen Fasttag. (Altmann VI, 404.)
Dän.: Ingen heigen er saa ringe, han vil jo have sit vaxlys. (Bohn I, 381.)
Frz.: Il n'y a si petit saint qui ne veuille sa chandelle son offrende. (Leroux, I, 28; Cahier, 1597.)
45. Es ist noch nit aller heilgen abent. – Franck, II, 84b; Eyering, II, 560; Gruter, I, 36; Lange, 1020.
Holl.: Het is nog niet aller heiligen avond. (Harrebomée, I, 298.)
Lat.: Nescit, quid serus vesper vehat. – Nondum omnium sanctorum sol occidit.
46. Es könnte mancher ein Heiliger sein, wenn er so oft in die Bibel als ins Glas guckte.
Aehnlich sagte Thomas Morus, die Männer würden grosso Heilige sein, wenn sie Gott so sehr liebten, als sie die Weiber lieben. (Breslauer Erzähler, 1803, 678.)
47. Es sind auch Heilige, die nicht zeichnen.
D.i. keine Wunder thun.
It.: Tutti i santi non fanno miracoli. (Bohn I, 129.)
48. Es sind keine Heiligen im Himmel, die nicht auf der Erde gelästert worden sind.
49. Es sind nicht alle Heilige, die eine zerrissene (beschissene) Kutte tragen.
»Manche Mönche glaubten steif und fest, dass die Heiligkeit in einem bestimmten Verhältniss zu der Unreinigkeit eines Heiligen stände. Der heilige Ignatius, sagen sie, fand ein Vergnügen daran, überall in schmuzigen Schuhen zu erscheinen; er bediente sich niemals eines Kammes und hütete sich sorgfältig, seine Nägel zu reinigen. Ein anderer Heiliger brachte es in der Frömmigkeit so weit, dass er 300 Flicken in seinen Beinkleidern hatte, die denn auch nach seinem Tode als Vorbild zur Nachahmung öffentlich aufgehängt wurden. Der heilige Franciscus entdeckte bei einer gewissen Gelegenheit, dass die Teufel durch solche Art von Beinkleidern verscheucht und durch reinliche Beinkleidung angefeuert werden und es sei durch das Beispiel der berühmtesten Mönchs erklärt, dass die reinsten Seelen in den unreinsten Körpern stecken. Er versicherte, dass man den Bruder Juriper immer schon eine Meile vom Kloster riechen könne, wenn der Wind aus der rechten Gegend komme.« (Magazin für die Literatur des Auslandes, 1832, Nr. 107.)
50. Es sind nicht alle Heilige, die heilig scheinen.
Holl.: Zij zijn niet allen heilig, die gaarne (veel) ter kerke gaau. (Harrebomée, I, 298.)
[464] 51. Es sind nicht alle Heilige, die sich kreuzigen.
Die Russen: Es heisst nicht jeder Heilige Iwan. (Altmann V, 88.) Es ist nicht jeder ein Heiliger, der im Kloster begraben liegt. (Altmann VI, 447.) Aber es gibt Heilige, die sich im Leben gerade nicht gekreuzigt haben, wie das Beispiel Karl's des Grossen beweist, dessen Hofleben nichts mit Kreuzigung gemein hatte. Er unterhielt neben vier rechtmässigen Frauen noch fünf officielle Freundinnen, die am Hofe wohnten und deren Kinder mit den ehelichen erzogen wurden; seine fünf Töchter waren sehr schön, aber nichts weniger als Tugendspiegel; noch als Sechziger hatte er drei Kebsfrauen. Aber er ging täglich zweimal in die Kirche, bekehrte bei Verden an der Aller dadurch 4500 Sachsen zum Christenthum, dass er ihnen den Kopf abschlagen liess, bedrohte im Artikel 7 des »Capitulars« von Paderborn die Leichenverbrennung, durch Artikel 8 die Verweigerung der Taufe mit dem Tode und machte, was die Hauptsache ist, reiche Stiftungen an Kirchen und Klöster. Rom war dafür erkenntlich und sprach ihn » heilig«. Dieser Weg ein Heiliger zu werden hat mit Fleischeskreuzigung nichts zu thun.
52. Es sind nicht alles Heilige, die weisse, schwarze oder graue Zipfel tragen. – Klosterspiegel, 43, 1.
53. Es sindt nit all heiligen, die in allerheiligen kirchen gehen. – Franck, I, 78a; Egenolff, 337a; Gruter, I, 38; Mager, II, 93; Simrock, 4497; Blum, 83; Gaal, 1013; Körte, 2710; Braun, I, 1239.
Vom fleissigen Kirchengehen allein lässt sich kein Schluss auf die Frömmigkeit des Kirchgängers machen. Die heilige Larve bedeckt oft das Angesicht eines Schalks und Bösewichts.
Böhm.: Ne všickni jsou svati, co si otírají o kostel paty. (Čelakovsky, 41.)
Dän.: De ere ei alle helgene der gaae til kirke. (Prov. dan., 345.)
Holl.: Si sijn niet al heilich, die gheern te kerken gaen. (Tunn., 27, 6; Harrebomée, I, 298.)
It.: Non sono tutti santi quelli che vanno in chiesa. (Bohn I, 115; Gaal, 1013.)
Lat.: Non omnes sancti qui calcant limina templi. (Philippi, II, 41.)
Ung.: Nem mind szentek azok kik a' templomba járnak. (Gaal, 1013.)
54. Es wird mancher für einen Heiligen im Himmel angebetet, der in der Hölle ist.
Als von den mystischen Schriften der heiligen Therese die Rede war, die man 1609 in Frankreich zu verbreiten begann, sagte der Präsident von Jambeville zum Präsidenten Sequier: »Wir beide, sie wie ich, haben mehr als 50 pariser Kupplerinnen auspeitschen lassen, die ihre Hiebe nicht so gründlich verdient hatten, wie diese Mutter Therese.«
55. Et wird kene Helge en sengem Lang ge-ît. (Bedburg.)
Es wird kein Heiliger in seinem Lande geehrt.
56. Gnädige Heilige muss man in fernen Landen suchen. – Eiselein, 295.
57. Grosse heiligen, gross Creutz vnd arbeit. – Henisch, 622, 64.
58. Grosse Heiligen, grosse Thaten. – Petri, II, 358.
59. Hinter den Heiligen wird Gottes Gunst vergessen.
Frz.: Il vaut mieux avoir affaire à Dieu qu'à ses saints.
60. Ich will dir nicht alle Heiligen herzählen (hertragen), – Eisenhart, VI, 2, 21; Eiselein, 295.
Es handelt dies Sprichwort von einem Gebrauche, der ehedem bei Ablegung eines Eides üblich gewesen ist. Als unsere Vorfahren zum Christenthum übergetreten waren, schwuren sie unter anderm auch auf die Heiligen, eigentlich auf die Reliquien derselben, indem sie die Hand bei der Eidesleistung auf das Reliquienkästchen legten. Wenn es eine wichtige Sache galt, so genügte ein Heiliger nicht, sondern der Schwörende musste bei den Reliquien mehrerer Heiligen den Eid ableisten. Es will sagen: Wer z.B. seine Unschuld einmal betheuert, hat nicht nöthig, sie durch neue Eide auf die Gebeine anderer Heiligen wiederholentlich zu betheuern.
61. Ist auch ein Heiliger, der heisst Hälsen und Küssen? – Eiselein, 295.
62. Je grösser Heiliger, je grösser Creutz. – Petri, I, 57; Herberger, II, 407.
63. Je grösser Heiliger, je grösser Martirer. – Petri, I, 56.
64. Je grösser Heiliger, je grösser Sünder. – Petri, II, 391.
65. Je grösser heiliger, je mehr Anfechtung. – Petri, I, 57; Henisch, 621. 64.
» ...Wir sehen daher die Geschichte des innern Lebens der Heiligen voll von Seelenkämpfen, Anfechtungen [465] und Verlassenheit von der Gnade, d.h. von derjenigen Erkenntnissweise, welche den tiefsten Frieden gibt und das Thor der Freiheit öffnet.« (Schopenhauer, Welt als Wille, I, 461.)
66. Je grösser heiliger, je tiefer demut. – Petri, III, 18; Henisch, 675, 34.
67. Jedem Heiligen sein Licht (seine Kerze).
Jedem die ihm gebührende Ehre!
Frz.: A chaque saint sa chandelle. (Cahier, 291; Lendroy, 295; Leroux, I, 28.) – A chaque saint son cierge. (Bohn I, 2.) – A chaque saint son offrande. (Lendroy, 1103.)
Holl.: Eer dat ieder heilige zijn lichtje heeft. (Harrebomée, I, 297.)
It.: Ad ogni santo la sua torcia. (Bohn I.68.)
68. Jeder Heilige hat seine Fürsprecher.
Span.: No piden tortos para un santo. (Bohn I, 237.)
69. Jeder Heilige hat seinen Festtag.
Klopstock hatte die Büste der Charlotte Corday in seinem Zimmer und bemerkte, auf sie zeigend: »Das ist meine Heilige.«
70. Jeder lobt (verehrt) seinen eigenen Heiligen.
It.: Ognuno loda il proprio santo. (Bohn I, 117.)
71. Junger heilig, alter teuffel. – Franck, II, 156a; Gruter, I, 52; Meisner, 1; Eiselein, 294; Simrock, 4488.
It.: Buon papero e cattiva oca. (Gaal, 977.)
Lat.: Augclicus juvenis senibus sathanizat in annia. (Gaal, 987.)
72. Kein Heiliger so gross, er hat mit bösen Gedanken im Katzbalg gelegen. – Eiselein, 294.
73. Kein Heiliger so klein, er will seine eigene Kerze. – Graf, 458, 82; Braun, I, 1240.
74. Kein Heiliger, so nicht mit dem Teufel stritte.
Wobei der Teufel mitunter in eine gar misliche Lage kommt. So wird von Duncan (um das Jahr 950 Abt von Glastonbury) erzählt, dass er einmal den Teufel mit einer glühenden Feuerzange bei der Nase gepackt und ihn so fest gehalten habe, dass sein Schmerzgebrüll in der ganzen Nachbarschaft gehört wurde. (Neuyorker Beobachter, vom 23. Febr. 1851.)
75. Kleine Heilige, kleine Opfer.
Frz.: A petit saint petite offrande. (Leroux, I, 28.)
76. Kleine Heilige thun auch (kleine) Zeichen. – Petri, II, 423; Lehmann, 380, 3; Eiselein, 295; Simruck, 5508; Braun, I, 1234.
Nur im verjüngten Massstabe. – Wer kleinen Herrn dient, soll nicht vergessen, dass sie auch Macht und Einfluss besitzen. So verschluckte Franz von Ariano bei der Communion eine Spinne, die am Schenkel wieder hervorkam. Sanct-Barodat verbrachte sein Leben in einem Käfig. Sanot-Adhelme forderte den Teufel der Wollust heraus und er siegte. (Vgl. Westdeutche Zeitung 1849, Nr. 71.)
Dän.: Smaae helgen giør og jertegen. (Prov. dan., 278 u. 513; Bohn I, 398.)
77. Kleine Heiligen haben auch macht. – Lehmann, 380, 13.
Holl.: Kleine heiligen hebben ook magt. (Harrebomée, I, 298.)
78. Kleinen Heiligen feiert man nicht.
79. Kleinen Heiligen hält man schlechte Feiertage.
Die kleinen Dorfheiligen geniessen keiner grossen Verehrung. Gesetz ohne Macht wird nur verlacht. Achtung wird nur durch Macht und Weisheit erzeugt.
Frz.: Le saint de la ville n'est point aouré (adoré). (Leroux, I, 28.)
80. Man glaubt an keinen scheissenden Heiligen. – Körte, 2712 u. 3363; Simrock, 4507.
Wer verehrt werden will, muss nicht versäumen, sich mit einer gewissen, das Publikum bestechenden Glorie zu umgeben; er muss vermeiden, was an menschliche Natur erinnert.
Holl.: Ik geloof geene heiligen, of zij moeten brood eten. (Harrebomée, I, 298.)
81. Man glaubt den Heiligen nicht ehe, sie thun den zeichen. – Petri, II, 454.
82. Man glaubt keim heiligen, er zeychne dann. – Franck, II, 90a; Tappius, 131a; Körte, 2713; Simrock, 4506.
Dän.: Man troer ikke helgen før man seer jertegen. (Prov. dan., 278..)
Frz.: Saint qui ne guérit de rien, n'a guère de pélerins. (Bohn I, 55.)
Holl.: Hij gelooft geene heiligen, of zij moeten mirakelen doen. (Harrebomée, I, 298.)
It.: Non credere al santo se non fa miracoli. (Bohn I, 112.)
Lat.: Aderit Temesseus genius. (Erasm., 953, Tappius, 130b.)
83. Man hat auf die Heiligen auch viel falsche Dinge gesagt. – Eiselein, 295.
Sowie man auch falsche Heilige gemacht hat. Als die Gebeine eines Heiligen, die sich der Herzog von Crequi [466] vom Papst erbeten hatte, zusammengesetzt wurden, zeigte es sich, dass der Heilige, der den Namen Sanct-Ovidius erhielt, zwei rechte Beine hatte. Es wurden ihm daher Bischofskleider und Pantoffeln angelegt. (Gesellschafter, Magdeburg 1784, II, 108.) In der Auvergne hatte ein Herr seinen Hund Ganelon, der sein Kind in der Wiege gegen eine eingedrungene Schlange geschützt, ein Denkmal setzen lassen. In einem spätern Jahrhundert schrieb man dem Wasser des nicht weit davon befindlichen Brunnens eine heilsame Kraft zu, und da man nicht wusste, dass Ganelon ein Hund gewesen, erbaute man dem heiligen Ganelon eine Kapelle. (Ebd. 106.) Eine ähnliche Bewandtniss hat es mit dem heiligen Eselinus in Basel. (Ebd. 177.) Eine obrigkeitliche Untersuchung zeigte, dass die angeblich unverweslichen Leiber des heiligen Adalarius und Eobanus von Holz waren. (Ebd. 109.)
84. Man kann den Heiligen dienen, aber man wird davon nicht heilig.
Die Russen sagen: Der Heiligen Plätze vererben sich leichter als ihre Heiligkeit. (Altmann IV.)
85. Man kann nicht einen Heiligen anrufen wie den andern.
Die Russen: Die Heiligen werden verschieden geehrt. (Altmann V, 88.)
86. Man muss auch einem Heiligen nicht zu viel trauen.
87. Man muss auch einen Heiligen nicht zu sehr loben.
Lob und Tadel müssen ihre Grenze nicht überschreiten.
88. Man muss den Heiligen nicht vor dem Feste feiern.
Sich nicht zu früh freuen.
89. Man muss die Heiligen feiern, wenn sie fallen.
Holl.: Men moet de heiligen vieren, gelijk ze zijn. (Harrebomée, I, 298.)
90. Man muss einem Heiligen dienen mit dem, das ihn mag versöhnen, sagte das Mägdlein zur Mutter, als der Mönch Lei ihm gewesen. – Klosterspiegel, 66, 23.
91. Man ruft die Heiligen an, bis sie gezeichnet han.
Span.: Rogar al santo hasta pasar del trance. (Bohn I, 254.)
92. Man wird auf einmal kein Heiliger, aber auch kein Satan.
Holl.: Men wordt niet op eens een heilige, even min een booswicht. (Harrebomée, I, 298.)
93. Mit den Heiligen ist nicht gut scherzen, sie zeichnen gerne. – Petri, II, 274; Schade, III, 151, 30-31.
94. Mit den Heiligen wirst du heilig, lehrtest du mich, liebe Mutter, so hab' ich der Nonn' ein Kind gemacht. (S. ⇒ Fromme, der, 82.) – Klosterspiegel, 30, 23; Eiselein, 294.
95. Nahe Heilige zeichnen nicht. – Petri, II, 485.
Es ist das Eigenthümliche der Wunder, dass sie immer in der Ferne geschehen, wie es auch leichter ist, zehn Wunder vertheidigen, als ein einziges thun. (S. 30.)
96. Neue Heilige werfen die alten ins Gerümpel.
In Italien: Die neuen Heiligen schieben die alten beiseite. (Reinsberg III, 119.)
97. Nicht jede Heilige ist eine Mutter Gottes. – Altmann V, 104.
98. Nicht jeder Heilige wird in einen silbernen Sarg gelegt.
99. Niemand ist aller Heyligen Knecht. – Lehmann, II, 433, 61; Simrock, 4496.
100. Rufe die Heiligen an und greif zum Pfluge.
Alex. Duval (Der Menschenfeind, übersetzt durch L. von Alvensleben, Leipzig 1832) behauptet: Wären die Bretagner weniger erpicht auf Gebete, Predigten und Wunder, so würden sie weniger träge sein; und die Zeit, welche sie dem Dienste der heiligen Jungfrau weihen, würden sie mit mehr Nutzen der Bebauung des Bodens widmen.
Span.: A Dios rogando, y con el mazo dando. (Cahier, 3790.)
101. 'S ist noni aller Heigen aben. (Luzern.)
102. Schweigende Heilige reden nicht, sie rächen sich aber.
103. Unter, die Heil igen versetzt werden, kostet Geld, unter die Guten zu kommen – Schweiss.
»Als sich jemand wunderte, daes Saint-François de Salles unter díe Heiligen versetzt worden sei, da er ein starker Spieler, ja ein falscher Spieler gewesen sei, erwiderte der Erzbischof: ›Was er gewann, war für die Armen.‹« (Breslauer Erzähler. 1803, S. 252.)
[467] 104. Vier Heyligen ehrt man durch die Welt: Symonem, den Geistlichen, Judam, den Weltlichen, Venerem vnnd Bachum, die beide. – Gruter, III, 89; Lehmann, II, 800, 78.
105. Vnter stummen vnd gemalten Heiligen ist wenig Vnterschied. – Petri, II, 564.
106. Vnzeitige Heilige werden bald wurmstichig vnd fallen von einem weichen Winde vnter den baum. – Petri, II, 849.
Man kann einer Zeit, einem Volke längst überlebte Einrichtungen gewaltsam aufdrängen, aber sie können sich auf die Dauer nicht halten; der erste frische Luftzug bringt sie zu Fall.
107. Wann ain newer haylge kompt, so vergisst man des alten. – Agricola II, 166; Sailer, 170; Simrock, 4504; Reinsberg III, 119.
Port.: Pelos Santos novos esquecem os velhos. (Bohn I, 291.)
108. Was wissen die Heiligen vom Kaviar. (S. Bauer ⇒ 280, ⇒ 281 u. ⇒ 287-289.)
Frz.: Que sçavent les saints des tapis ou de pains d'espice? (Leroux, I, 28.)
109. Weil die Heiligen keine Kranckheit mehr heylen, die Leute wieder die Aertzte suchen. – Zinkgref, I, 228.
110. Wem die Heiligen hold sind, der mag leise beten. – Simrock, 4501.
111. Wem die Heiligen wohl wollen, der wird bald erhört.
112. Wenn alle Heiligen ihre Kerze haben, sitzt Maria im Dunkel.
Holl.: Als al de heiligen hun waslicht hebben, zit Maria in het donker. (Harrebomée, I, 297.)
113. Wenn die Heiligen das Wetter verderben, machen es die Todten wieder gut. (Oberitalien.) – Orakel, 877.
Wenn am 1. Nov. (Allerheiligen) das Wetter sich unfreundlich gestaltet, so soll es am 2. Nov. (Allerseelen) wieder schön werden.
114. Wenn die Heiligen das Wetter verdorben vorfinden, so bringen sie's in Ordnung; wenn sie's gut finden, in Unordnung. – Orakel, 878.
115. Wenn die Heiligen Geld austheilten, würde es viel Wallfahrer geben.
Die Russen: Könnte sich jeder Geld aus dem Bergkloster holen, würde auch der Faule dorthin eine Wallfahrt machen. (Altmann VI, 472.)
116. Wenn die Heiligen verhungert sind, legt man ihre Leichen in silberne Särge. – Altmann V, 104.
So verfährt man in Russland mit den Heiligen. In Deutschland setzt man denen, die man im Leben hat darben oder elendiglich umkommen lassen, nach ihrem Tode ein Denkmal. Ländlich, sittlich.
117. Wenn es an grossen Heiligen fehlt, muss man den kleinen opfern.
Man muss sich mit kleinen Heiligen begnügen, wenn der grosse fehlt. (Altmann VI, 487.)
118. Wenn man auch den Heiligen dient, satt wird man nicht davon.
Poln.: Przez świętych do nieba, przez dobrych ludzi do chleba. (Oberschlesien. Lompa, 27 u. 500.)
119. Wenn sich der Heilige einen Substituten wählt, wird er vergessen.
120. Wer alle Heiligen feiern will, kommt zu einem bösen (schlechten) Ziel. – Sutor, 579.
Man hat allmählich die Anzahl der zu feiernden Heiligen im Kalender beschränkt. Es kommt alles einmal aus der Mode, auch die Heiligen, deren freilich so viel sind, dass sie im Kalender nicht Platz haben und daher in Masse am Allerheiligentage ihre Huldigung empfangen.
Lat.: Qui vult servare Sanctorum singula festa, non poterit clare cum codice scire digesta. (Gaal, 437; Sutor, 579.)
121. Wer allen Heiligen (dem Volke) dient, der dient niemand.
122. Wer allen Heiligen (der Gemeinde) dient, der hat viele Herren und wenig Lohn. – Braun, I, 1233.
Holl.: Die alle heiligen dient, heeft veel heeren en weinig loon. (Harrebomée, I, 297.)
123. Wer allzeit mit den Heiligen gehet, der hat gut frölich singen. – Petri, II, 680.
124. Wer bei Heiligen will werden rein, macht leeren Seckel und müde Bein'. – Eiselein, 295.
[468] 125. Wer die Heiligen besucht in der Fremde, hat meist (oft) kein ganzes Hemde.
126. Wer die Heiligen ehret, sein Gut mehret. – Eiselein, 294.
127. Wer die Heiligen zur Seite, der wird dem Teufel nicht zur Beute.
Die Russen: Wer mit den Heiligen in den Streit zieht, wird nicht dem Teufel erliegen. (Altmann VI, 424.)
128. Wer ein Heiliger werden will, der muss sich vorher kreuzigen lassen.
129. Wer mit Heiligen umgeht, wird heilig, sagte die Magd, als sie den Mönch in die Kammer liess.
130. Wer nicht ein reicher Heylig seyn wil, der mag ein armer Teuffel bleiben seyn Leben lang. – Schilder, Spilteuffel, im Theatrun Diabolorum, 439a.
131. Wer schlechten Heiligen dient, der ist leicht ebenso werth als sie.
132. Wer sich zu Heiligen gesellt, wird heilig. (S. Frommer 80-82.)
Frz.: Approchez-vous des bons, et vous deviendrez bons. (Gaal, 544.)
It.: Accostati ai buoni, e sarai uno di essi. (Gaal, 544.)
Lat.: Qui conversatur cum Sanctos, sanctificatur. (Gaal, 544.)
133. Wie der Heilige, so das Wunder. – Reinsberg III, 63.
Frz.: Tel sainct, tel miracle. (Leroux, I, 28.)
134. Wie der Heilige, so der Diener.
135. Wie der Heilige, so der Feiertag. – Körte, 2714; Simrock, 4502; Braun, I, 1241; Reinsberg III, 63.
Frz.: Comme on connaît les saints, on les fête (honore). (Cahier, 701; Leroux, I, 28.)
136. Wie der Heilige, so ist das Opfer. – Winckler, XV, 62; Körte, 2714; Reinsberg III, 63.
Die Russen: Danach des Heiligen Ansehen ist, danach zollt man ihm die Spenden. (Altmann VI, 459.)
Frz.: A tel saint, telle offrande. (Leroux, I, 28; II, 165.) – Selon le saint l'encens. (Bohn I, W.)
137. Wie der Heilige, so ist sein Himmel. – Herberger, II, 274.
138. Wie man die Heiligen kennt, so ehrt man sie.
Es gibt wol keinen Nordamerikaner, der nicht den Namen Washington mit tiefer Verehrung ausspricht. Niemand hat auch in seinen ganzen Verhalten weniger Dünkel und Selbstsucht bewiesen, als der Begründer der Vereinigten Staaten, und dennoch sind gerade in den letzten Jahren seines öffentlichen Lebens die ärgsten Spottlieder voll Verleumdungen in Schenken und Strassen gegen ihn gesungen worden. (Vgl. Europa und Deutschland von Amerika aus betrachtet, von Gottfr. Duden, Bonn 1833.)
139. Wo die Heiligen die Krankheit nicht heilen, gehen die Leute zum Arzt.
140. Wo solche Heilige sich versammeln, da bin ich mitten unter ihnen, sagte der Teufel, als ihn die Mönche aus ihrem Kapitel jagen wollten. – Klosterspiegel, 80, 20.
141. Zu den Heiligen laufen macht müde Beine. – Körte, 2718e.
Das möchte noch hingehen, wenn es keine schlimmern Folgen hätte.
142. Zu einem Heiligen, der nicht zeichnet1, wallfahrtet man nicht.
*143. A ies a wunderlicher Heyliger. – Robinson, 528.
Poln.: Jest to święty, ale nie pojęty. (Lompa, 14.)
*144. Alle Heilige d'Füss abbissen. (Luzern.) –Schlesisch bei Frommann, III, 246, 185; hochdeutsch bei Herberger, I, 2, 231.
Lippendienst thun.
*145. Alle Heiligen anrufen. – Eiselein, 295.
In grosser Verlegenheit sein. Alle Triebräder in Bewegung setzen. Aus der Ansicht entstanden, dass die Fürbitte vieler Heiligen einen verstärkten Einfluss auf die Rathschlüsse Gottes habe.
Frz.: Il appelle tous les saints du calendrier à son secours. – Il ne sait à quel saint se vouer. (Leroux, I, 28; Lendroy, 1348.) – Il se recommende à tous les Saints et Saintes de paradis. (Kritzinger, 505b.)
*146. Bei allen Heiligen schwören. – Lohrengel, II, 48.
*147. Dazu reicht aller Heiligen Geduld nicht hin. – Eiselein, 235.
*148. Den Heiligen spielen.
Sich fromm stellen.
[469] *149. Der Heilige hat seinen Weihrauch verloren.
Holl.: De heilige verliest zijnen wierook. (Harrebomée, I, 297.)
*150. Der Heiligen Gut. – Murner, Nb., 34, in Kloster, IV, 727.
»Er nimmt es von der Heylchen gut; hett ers nit, sein pfründ wer ringer vnd hett zu schlecken kaum die finger.«
*151. Die Heiligen sind ihm theuer. – Murner, Nb., 83.
Weil er sich sonst nicht an den Teufel wenden würde. »Dem sind die Heylgen freylich theur, der den Teufel nimpt zu steur, so sich sein sach nit rincklet zammen, das er sie schickt ins Teufels nammen.« (Kloster, IV, 846.)
*152. Die ist einem andern Heiligen geweiht.
Bereits anderweit versprochen.
Frz.: Elle est vouée à un autre saint. (Leroux, I, 28.)
*153. Einen zu einem Heiligen machen.
Seine Tugend und Verdienste ausserordentlich rühmen. Von einem Gebrauch der römischen Kirche entlehnt, nach welchem zu gewissen Zeiten Verstorbene, wenn ihre Hinterbliebenen die Kosten zu bestreiten im Stande waren, zu Heiligen erhoben wurden.
*154. Er beisst den Heiligen die Zehen ab. – Frischbier2, 1546.
Frz.: C'est un mangeur de crucifix. (Lendroy, 549.)
*155. Er feiert nicht allen Heiligen.
*156. Er gibt allen heiligen nicht ein tocht. – Luther's Ms., 8.
*157. Er ist auch kein lebendiger Heiliger. – Herberger, II, 446.
*158. Er ist ein grosser Heiliger, den man fasten und feiern muss.
Von einem ansehnlichen, einflussreichen Manne.
*159. Er ist ein Heil'ger worden gar, da er nur erst ein Esel war.
Aus einem alten Liede auf den grossen Christoph, worin es heisst: »Sanct-Christoph hat sich unverzagt mit tragen manches Jahr geplagt. Zuletzt trug er des Herren Sohn, der tauft und benedeit ihn schon und ist ein Heil'ger worden gar, da er nur erst ein Esel war«.
*160. Er ist ein Heiliger, dem man wol eine Kerze anstecken mag.
Holl.: Hij is een heilige, dien men wel eene kaars mag on steken. (Harrebomée, I, 293.)
*161. Er ist ein wunderlicher Heiliger.-Braun, I, 1235.
*162. Er ist kein grosser Heiliger.
Leistet in der Sache nicht viel.
*163. Er ist noch lange kein Heiliger.
Er ist auch den menschlichen Schwachheiten unterworfen.
Holl.: Het is geen heilige, hij zal geene roode letter in den almanak krijgen. (Harrebomée, I, 298.)
*164. Er ist wäger kein Helgli (Heiliger), wenn er schon so thut.
*165. Er kehrt sich an keine Heiligen.
Frz.: C'est un diable Huguenot, il ne se soucie pas de la croix. (Leroux, I, 7.)
*166. Er lässt die steinern Heiligen stehn und nimmt die hölzern als Brennholz an. – Murner.
»Doch hültzne heiligen ert ich gern, wann ir zwölftusend fuder wern, so nem ich sie für brenholtz an vnd liess die steinern heiligen stan.« (Murner, Vom luth. Narren, in Kloster, X, 74.)
*167. Er verehrt die hölzernen Heiligen.
Die Bier- und Weinfässer.
*168. Er verehrt unter den Heiligen Sanct-Martin, der gibt feiste Gänse zum Win. – Murner, Vom luth. Narren, in Kloster, X, 74.
*169. Er weiss nicht, welchen Heiligen er feiern soll.
*170. Er will allen Heiligen die Zehen abbeissen.
Der Franzose sagt vom Bigoten: Manger des paternostres et chier des Ave.
*171. Er will den Heiligen das Wachs von den Füssen essen.
*172. Er zieht einen Heiligen aus, um den andern zu bekleiden. – Körte, 2717; Braun, I, 1242.
Dem einen geben, was man dem andern genommen hat. Die Russen: Den Heiligen dienen und den Heiligsten vernachlässigen. (Altmann VI, 520.)
Poln.: Kościół obdziéra a dzwonicę przykrywa.(Lompa, 18.)
*173. Es ist armer Heiliger. – Eiselein, 295.
*174. Es ist ein armer Heiliger, er kann nicht zum Furz helfen. (S. 33.) – Eiselein, 295.
*175. Es ist ein Heiliger, den man nicht feiert.
Er steht in keinem Ansehen, er gilt nichts.
[470] Frz.: C'est un saint, qu'on ne fête point. (Lendroy, 732.) – C'est un saint, qu'on ne chomme plus. (Leroux, I, 28; Lendroy, 423.)
Holl.: Het is een heilige, die men niet meer viert. (Harrebomée, I, 298.)
*176. Es ist ein (neutraler) Heiliger, der nicht zeichnet.
Frz.: Saint-Thibaud de la Loupe, qui ne maudit n'y n'absoud. (Leroux, I, 231.)
*177. Es ist ein Heiliger wie der Schweinsbartel am Eck der Rothen Tanne. (S. ⇒ Aussehen 98.)
Dieser Heilige ist ein unter dem Namen »Schweinsbartel« bekannter, an einem Eckhause (unter dem Namen Zur rothen Tanne) in Bartenstein (Ostpreussen) befindlicher Prellstein, der die rohen Züge menschlicher Gestalt an sich trug und durch einen General Friedrich's des Grossen, den Grafen Anhalt, in den Rang eines Heiligen erhoben wurde. Der Graf, welcher früher in Berlin gelebt hatte, besass Neigung zu lustigen Streichen, zu deren Ausführung ihn die Langeweile, die er in seinem neuen Garnisonsplatze empfand, reizte. Er liess, um sich Unterhaltung zu verschaffen, einst unbemerkt den genannten Prellstein von seinem alten Platze wegnehmen und auf dem Felde eingraben. Nach einiger Zeit stellte er unter Zuziehung des gelehrten Pfarrers und eines Lehrers an der Stadtschule Nachgrabungen an dem Platze an. Der Stein wird gefunden. Der Graf erklärt denselben in grosser Freude für die Statue des heiligen Bartholomäus, des Schutzheiligen von Bartenstein, womit die beiden gelehrten Herren einverstanden waren. Man kam darin überein, die Figur auf dem Marktplatze aufzustellen. Es wurde an den Fürstbischof von Ermeland geschrieben, der zwei Geistliche entsendet, um das kostbare Denkmal der Vorzeit auf den ihm zugesicherten Ehrenplatz zu setzen, wozu die Stadt die Kosten hergab. Schon war der Tag bestimmt, an dem der heilige Bartholomäus auf sein Postament auf dem Markte neben den Brunnen kommen sollte, als ein alter Landmann, der die Figur sah, den Spass des Grafen verdarb, indem er ausrief: »Ei, das ist ja der Schweinsbartel am Eck der Rothen Tanne, ich kenn' ihn gar gut.« Man stutzte, forschte nach und der Spass kam an den Tag. Aber die Geschichte mit dem Schweinsbartel wurde sprichwörtlich. Der Graf hatte um so mehr seine Freude daran, als sogar der gelehrte Büsching in seiner berühmten Erdbeschreibung den heiligen Bartholomäus auf dem Markte zu Bartenstein mit aufgenommen hatte. (Vgl. Gartenlaube, Leipzig 1857, Nr. 26, S. 363.)
*178. Es ist ein schöner (sauberer) Heiliger.
Ironisch.
Frz.: C'est un bon apôtre, un bon garçon, un bon enfant.
Holl.: Het is een heilige, hij loopt sch ...... door de hel. – Het is een heilige met wassen teenen. (Harrebomée, I, 298.)
*179. Es ist ein wunderlicher (seltsamer) Heiliger. – Schulze, 28; Parömiakon, 1945.
Wahrscheinlich von den Säulenstehern, Wüsten- und Höhlenheiligen entlehnt.
*180. Es ist schon ein alter Heiliger.
Port.: Deixar fazer a Deos, que he Santo velho. (Bohn I, 274.)
*181. Für solche Heiligen ist der Himmel gebawet, da die Engel mit Keulen lauffen. – Herberger, I, 352.
*182. Ich feyre keinen heiligen, dem ich nicht gefastet hab. – Agricola I, 324.
Holl.: Ik vier geene heiligen, daar ik niet voor gevast heb. (Harrebomée, I, 298.)
*183. Ich will dir nicht alle Heiligen hertragen. – Simrock, 4499.
*184. Mit seinen Heiligen ist nicht zu spassen.
Holl.: Hij heeft goede heiligen gediend. (Harrebomée, I, 298.)
*185. Zu allen Heiligen laufen. – Eiselein, 295.
186. Der Heilige des Tages ist der grösste unter den Heiligen des Himmels.
Leibniz redet einmal von gewissen Menschen ohne Grundsätze, die sich immer von dem Eindrucke des Augenblicks bestimmen lassen. »Ihnen ist die Beschwerde des Augenblicks immer die grösste Beschwerde und das Vergnügen des Augenblicks immer das grösste Vergnügen: sie gleichen jenen panegyrischen Predigern ohne Takt, bei denen, wie das Sprichwort sagt, der Heilige des Tages immer der grösste sein muss unter allen Heiligen des Himmels.« (Joseph Jungmann, Theorie der geistlichen Beredsamkeit, Freiburg 1877, I, 425.)
187. Der heiligen Fegfewer ist jhr tägliche Buss und Creuz vnd das absterben des alten Adams. – Henisch, 571.
188. Die Heiligen muss man in Ruhe lassen, mit seines Gleichen mag man spassen.
It.: Scherza coi fanti, e lascia stare i santi. (Giani, 1517.)
189. Die Heiligen, wenn sie umb ihr wachss kommen, reden nicht, sie rechen sich aber. – Monatsblätter, V, 160, 30.
190. Einem Heiligen muss man keine Kerzen und einem Kinde keinen Kuchen versprechen. – Sanders, 67.
Sie mahnen sich das Versprechen beharrlich und türmisch ein.
191. Es ist kein Heiliger, er muss ohne nachlass mit den Affecten streiten. – Lehmann, 5, 33.
192. Es thun nicht alle Heiligen Wunder.
It.: Tutti i Santi non fanno miracoli. (Giani, 1506.)
193. Je mehr Heilige man anruft, desto weniger Hilfe.
Die Türken: Zwei Schutzheilige lassen eine Barke schwanken.
194. Kleine Heiligen, kleiner Feyertag. – Lehmann, 154, 27.
195. Kleine Heiligen können kein gross Creutz tragen. – Pauli, Postilla, III, 191a.
196. Wer den Heiligen auf seiner Seite hat, der hat das Wunder.
It.: Chi ha il Santo ha il miracolo. (Giani, 1509.)
197. Wer dem Heiligen ein Licht anzündet und dem Teufel zwei, der verderbt sich bei beiden den Brei.
Mhd.: Swer des vromen swache pfliget, dâ bî des boesen wol, der hât sie beide verlorn. (Spervogel.) (Zingerle, 114.)
198. Wie der Heilige, so der Weihrauch. – Neue Freie Presse, 4592.
*199. Es ist ein Heiliger aus der Rumpelkammer.
Holl.: Het is een afgezette sint. (Harrebomée, II, 266b.)
*200. Jetzt weiss er, wo der Heilige steht, an den er richtet sein Gebet.
*201. Zum dreyen seltzamen Heiligen.
»Zu Emsslingen am Kocher befand sich eine Kirche mit drey Altären, deren einer dem heiligen Günthero, Victori und Quirino gewidmet war. Weil diese Namen den Bauern schwer zu behalten waren, so gedachten sie ihrer gewöhnlich unter der Benennung: Zum dreyen seltzamen Heiligen.« (Crusius, Schwäbische Chronik, II, 148b.)
Brockhaus-1911: Heiliger Stuhl · Heiliger Synod · Heiliger-Geist-Orden · Heiliger Rock · Heiliger Berg · Heiliger Bund · Heiliger Geist
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