[303] Witthum, 1) im Allgemeinen jede von Seiten des Mannes zu Gunsten des Unterhaltes seiner Ehefrau für den Fall, daß sie dereinst einmal Wittwe werden sollte, getroffene Fürsorge. Ein solches W. kann durch Rechtsgeschäfte der verschiedensten Art herbeigeführt werden, sowohl durch letztwillige Verordnungen, als durch Geschäfte unter Lebenden, auch durch unmittelbare gesetzliche Bestimmungen, welche z.B. das Erbrecht zu Gunsten der Wittwe od. ihr Verhältniß zum Vermögen der Kinder regeln. Nach dem mittelalterlichen Rechte wurde für diesen Zweck bes. a) das Leibgeding (s.d.) angewendet, wonach der Ehefrau, ohne Rücksicht auf das von ihr eingebrachte Heirathsgut, dessen besondere Verhältnisse daher davon unberührt bleiben, der lebenslängliche Nießbrauch an bestimmten Theilen des Vermögens des Mannes bestellt wurde, so daß aber dessen Ausübung bis zur Auflösung der Ehe suspendirt blieb (Vidualitium im engern Sinne). Diesem Verhältniß entspricht noch heutzutage die Wittwenversorgung, wie sie bes. in den Familien des hohen Adels gebräuchlich ist. Das W. besteht dann bald in der Überlassung einer Wohnung (Wittwensitz, s.d.), bald in dem Nießbrauch von bestimmten Grundstücken u. Capitalien, bald auch nur in dem Bezug von Geldrenten u. Naturalleistungen. Die Bestimmungen über die Höhe des W-s werden entweder in den Ehepacten durch besondere Vereinbarung getroffen, od. es entscheiden wohl auch darüber die Hausgesetze u. das Familienherkommen. So bestimmt z.B. das kön. baierische Hausgesetz das W. der regierenden Königin außer einer anständig eingerichteten Residenz nach dem abgeschlossenen Ehevertrage, sonst auf höchstens 120,000 Fl. nebst benöthigter Fourage u. Holz; das kön. württembergische Hausgesetz neben einer[303] standesmäßig meublirten Residenz u. einem anständig meublirten königlichen Lustschloß zum Sommeraufenthalt auf jährlich 100,000 Fl. u. zur standesmäßigen ersten Einrichtung ihres Hofhalts überdies 25,000 Fl.; das hannöversche Hausgesetz außer einer Residenz auf jährlich 60,000 Thlr. u. zur standesmäßigen ersten Einrichtung überdies 10,000 Thlr. in Gold, das W. einer verwittweten Kronprinzessin auf 20,000 Thlr.; das königl. sächsische Hausgesetz das W. einer Königin auf 40,000 Thlr. jährlich nebst Wohnung in einem königlichen Schlosse u. 30,000 Thlr. zur ersten Einrichtung, das W. einer Kronprinzessin auf 25,000 Thlr. Der Regel nach verbleibt der Bezug dieses W-s der Wittwe aber nur auf so lange, als sie sich nicht wieder verheirathet. Verschieden von dieser Art der Wittwenversorgung ist b) das sogenannte Dotalitium (Widerlage, Gegenvermächtniß, Donatio propter nuptias), welches sich als eine zweite Art des W-s. bes. seit der Zeit entwickelte, als in den Ehen Adeliger auch Capitalvermögen als Heirathsgut eingebracht zu werden pflegte. In Rücksicht auf eine solche Dos bildete sich der Gebrauch aus, daß vom Manne der Frau eine dem Werth nach gleich große Dos bestellt wurde, welche von den Erben des Mannes nebst der Dos beim Tode des Letzteren ausgezahlt u. bei verzögerter Zahlung verzinst werden mußte. Später erhielt dies Rechtsverhältniß in Sachsen die Deutung einer Leibrentenberechtigung der Frau, in der Weise, daß der Wittwe das Wahlrecht beigelegt wurde entweder ihr Heirathsgut mit dem Gegenvermächtniß zurückzufordern od. eine in dem vierfachen Betrag des Heirathsgutes bestehende Leibrente zu fordern, zu deren Zahlung auch die Singularsuccessoren im Stamm- od. Lehngute für verbindlich erachtet wurden. Ein solches Dotalitium kann die Wittwe dann auf Lebenszeit beanspruchen, sie mag Wittwe bleiben od. sich wieder verheirathen (ihren Wittwenstuhl verrücken). Auch stehen der Wittwe von diesem sächsischen Leibgedinge, da es für das Heirathsgut gegeben wird, im Concurse die Privilegia dotis zu; 2) das einer Kirche od. milden Stiftung zur ständigen Unterhaltung gewidmete Vermögen.