Brücke

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[327] Brücke heißt jede gang- oder fahrbare Verbindung zweier durch Wasser oder eine Vertiefung getrennter Punkte.

Ist sie eine dauernde, so erhält sie den Namen einer festen, ist sie nur für kurze Zeit hergestellt und leicht zu beseitigen, den einer tragbaren Brücke. Die festen Brücken werden nach den hauptsächlich dazu verwendeten Baumaterialien in steinerne, hölzerne und eiserne, und diese wieder nach ihrer verschiedenen Bauart unterschieden. So gibt es z.B. steinerne Brücken mit hohen, flachen und spitzigen Bogen; Pfeilerbrücken, wo die hölzernen Brückenwege auf steinernen Pfeilern, und Pfahl- oder Jochbrücken, wo Pfahlwerk die Stelle jener Pfeiler vertritt. Ferner gesprengte Brücken, welche ohne Pfeiler von einem Ufer zum andern reichen, blos durch sogenannte Sprengwerke (s.d.) unterhalb gestützt, daher aber auch nur an hohen Ufern angebracht werden, wo diese Sprengwerke nicht durch das Eis beschädigt werden können; Hängebrücken, welche von hölzernen Hängewerken und andere, die von hölzernen Bogen getragen werden, welche aus nach Art der Radkränze geschnittenen Bohlen, aus krumm gehauenen, verzahnten und sonst dauerhaft verbundenen Hölzern oder gewaltsam gekrümmten und zwischen festen Widerlagen eingespannten Balken gebildet sind.

Höchst einfach sind die sogenannten Nothbrücken, indem in das Wasser gefahrene Wagen, Maurerböcke und Schifferkähne die Stützen der dazu verwendeten Balken und Breter bilden. Schiffbrücken sind solche, deren Brückenstraße von mehren großen Fahrzeugen oder von Pontons (s.d.) getragen wird. Sie werden vorzüglich im Kriege zur. Bewerkstelligung eines schnellen Flußüberganges, allein auch für beständig auf großen Strömen angewendet, wo starke Eisgänge stattfinden, während der sie am Ufer in Sicherheit gebracht werden. Merkwürdige Schiffbrücken dieser Art befinden sich z.B. in Mainz, in Koblenz und Köln am Rhein, zu Warschau, Petersburg u.s.w. Fliegende oder Gierbrücken, ein bequemes Mittel, Fuhrwerke über große Flüsse zu setzen, sind eigentlich eine Art Fähren, indem sie aus zwei fest verbundenen und überbrückten Fahrzeugen bestehen und sich von einem Ufer zum andern an einem Tau, dem Giertau, bewegen, das oberhalb mittels starker Anker im Strome befestigt ist. Zugbrücken endlich, die meist bei Festungsgräben, schiffbaren Kanälen und Flüssen angebracht sind, bilden eine Mittelgattung der festen und beweglichen Brücken, indem sie entweder ganz oder doch zum Theil klappenartig aufgezogen werden können, um entweder die Verbindung zu unterbrechen oder Schiffen mit Masten den Durchgang möglich zu machen.

Unter den eisernen Brücken werden die nach Art der steinernen aus keilförmigen Eisenstücken gewölbten, deren Bogen eine sehr weite Spannung erlauben, welche z.B. am mittelsten der drei Bogen der von 1814–17 erbauten Southwarkbrücke in London 240 F. beträgt, ihrer Kostspieligkeit wegen keine allgemeine Anwendung finden. Dagegen besitzen die eisernen Hänge- oder Kettenbrücken den Vorzug, mit verhältnißmäßig wenigen Kosten und in kurzer Zeit hergestellt werden zu können. Dem Bau derselben liegt dieselbe Idee zum Grunde, welche rohe Völker in Asien und Amerika schon seit Jahrhunderten ausführten, indem sie über Flüsse und Abgründe an geeigneten Stellen Seilbrücken in der Art der hier abgebildeten anlegten. Starke Seile, oft nur aus Stroh und Weidenruthen verfertigt, bilden hier die Verbindung zwischen beiden Ufern, indem sie an Pfeilern und weiter rückwärts am Boden befestigt sind. Der Weg ruht auf einem Quergeflecht von dünnern Stricken und besteht aus Bretern, oft auch nur aus Reißig; ein an der Seite etwas höher gezogenes Seil dient diesem unter den Schritten der Wanderer schwankenden Baue als Geländer. Anstatt dieser leicht vergänglichen Seile hat man in neuerer Zeit welche von Eisendraht und gewöhnlicher eiserne Ketten angewendet, was in China schon vor langer Zeit ebenfalls geschehen sein soll. Die sorgfältigsten in England angestellten Versuche haben bewiesen, daß solche Hängebrücken im größten Maßstabe ausführbar und ganz so sicher zu benutzen sind, wie steinerne und gußeiserne. Bei den ersten zu Anfange des vorigen Jahrh. in England erbauten Kettenbrücken ruhte der Weg auf denselben, wie oben auf den [327] Seilen, später aber hing man die Ketten- oder Drahtseile höher und befestigte die aus eisernen Stäben bestehende und mit Bohlen belegte Brückenbahn unterhalb an dieselben, wodurch man einen graden Weg erhielt, wie die hier abgebildete Menaibrücke zeigt, welche die Nordküste von Wales mit der Insel Anglesea verbindet, die durch den Menaikanal getrennt werden. Diese Kettenbrücke ist eine der größten in England, wurde im Jan. 1826 vollendet, ist 580 F. lang, 28 F. breit und schwebt 126 F. über dem Meere, sodaß große Seeschiffe ungehindert unter derselben durchsegeln können. Die Pfeiler, auf welchen die hinter denselben in den felsigen Ufern verankerten Trageketten der Brücke ruhen, sind 52 F. hoch. Die ganze Länge der 16 Trageketten beträgt 1740 F., die Glieder derselben sind 31/4 Zoll hoch, 9 F. lang und wie die in Zwischenräumen von fünf Fuß davon herabgehenden, die Brückenbahn haltenden Eisenstangen, einen Zoll stark; das Gewicht des Ganzen beträgt gegen 12,000 Ctnr. Eine eiserne Hängebrücke anderer Bauart ist neuerdings über den Airefluß bei Leeds in der engl. Grafschaft Yorkshire hergestellt worden. Wie die Abbildung zeigt, hat man anstatt der Ketten feste gußeiserne Bogen angewendet und an diese die Tragestangen des Brückenweges aufgehangen der, so weit er an den 43 F. hohen eisernen Bogen befestigt ist, 152 F. Länge und 38 F. Breite besitzt. In Nordamerika gab es schon 1811 acht Kettenbrücken und in neuerer Zeit sind deren mehre in Frankreich und auch in Deutschland, z.B. über die Donau zu Wien und über die Regnitz in Bamberg angelegt worden.

Das Bedürfniß möglichst bequemer Übergänge über Gewässer leitete nach und nach von den ersten Anfängen des Brückenbaues, die wol in quer über einen Bach gelegten Baumstämmen bestanden, zur Anlegung vollkommnerer Verbindungswege [328] zwischen den Ufern von Flüssen, wie sie feste Brücken gewähren. Die älteste, welche die Sagen des Alterthums erwähnen, soll die vom Euphrat getrennten Theile Babylons (s.d.) verbunden und aus Balken bestanden haben, welche auf steinernen Pfeilern ruhten, des Nachts aber zur Unterbrechung des Überganges weggenommen wurden. Auch die Chinesen verstanden sich sehr früh auf den Brückenbau und die Brücke bei der chines. Seestadt Thsiüantscheu, welche über einen Meerbusen führt, 26,800 F. lang ist und auf 300 Pfeilern ruht, ist die größte in der Welt. Die Brückenbaue der Perser sind ebenfalls wegen ihrer Größe berühmt, dagegen scheinen in Ägypten die häufigen Überschwemmungen und Mangel an Holz, in Griechenland die steten Zwistigkeiten der kleinen Staaten dem Brückenbau hinderlich gewesen zu sein. Die Stadt Rom erhielt schon durch den König Ancus Martius (640–617 v. Chr.) eine steinerne Brücke und daß Brückenanlagen bei den Römern für sehr verdienstlich galten, dafür spricht der Titel Pontifices, ursprünglich Brückenerbauer, welchen sich später die röm. Kaiser beilegten, von denen die schönsten Brücken aber nicht in Italien, sondern in den röm. Provinzen erbaut wurden. Während des Mittelalters erwarben sich die Brückenbrüder, eine fromme Brüderschaft (s.d.) Verdienste um den Brückenbau, bei denen die Werke der Römer im Ganzen Muster blieben; in neuerer Zeit wurde endlich die Erbauung von Brücken an geeigneten Orten theils von den Regierungen angeordnet, theils auch mit deren Bewilligung von Privatleuten unternommen, welche sich dann durch Erhebung eines Brückenzolls bezahlt machen. Zu den merkwürdigsten steinernen Brücken gehören in Deutschland: die Saalbrücke bei Kösen unweit Naumburg, aus dem 11. Jahrh.; die von 1135–46 erbaute Donaubrücke zu Regensburg; die Mainbrücke zu Würzburg, aus der letzten Hälfte des 13. Jahrh.; die 1358 angefangene und erst im 18. Jahrh. beendigte Moldaubrücke in Prag; die 1597–1600 erbaute Fleischbrücke über die Pegnitz in Nürnberg; die von 1727–32 erbaute Elbbrücke zu Dresden und die von 1787–88 aufgeführte Neckarbrücke zu Heidelberg. Frankreich ist vorzüglich reich an schönen steinernen Brücken, und die von 1285–1305 gebaute heilige Geistesbrücke über die Rhone in Lyon besitzt in Europa die größte Länge, 2524 F. Andere berühmte steinerne franz. Brücken sind: die 1755 F. lange Brücke de la Guillotière über die Rhone in Lyon; die 1496 F. lange Brücke über die Garonne in Bordeaux; die einfach schöne und sehr dauerhafte Notre-Dame-Brücke über die Seine in Paris; die hier abgebildete Pont neuf, d.h. neue Brücke, ebendaselbst, die von 1578–1604 erbaut wurde, 876 F. lang, 68 F. breit ist, zu den schönsten in Europa gezählt wird und aus zwei Theilen besteht, welche an der äußersten Spitze der Insel de la Cité in einer schönen Brückenterrasse zusammentreffen; die 1809–13 entstandene Brücke von Jena, ausgezeichnet durch Schönheit und Kühnheit des Baues, 477 F. lang u.s.w. In Spanien ist vorzüglich die Toledobrücke in Madrid aus dem 13. Jahrh. anzuführen; in Italien gehören zu den ausgezeichnetsten: die Brücke zu Vicenza; die bedeckte und die Marmorbrücke zu Florenz über den Arno; die bedeckte Rialto zu Venedig und andere. In England ist die anstatt der aus dem 12. Jahrh. herrührenden sogenannten alten Londonbrücke, die abgetragen wurde, seit 1825 erbaute neue Londonbrücke merkwürdig, indem [329] sie bei einer Länge von 780 F. in fünf Bogen, davon der mittelste 150 F. weit, die Themse überbrückt; ferner die 1070 F. lange, von 1739–50 mit einem Aufwande von 21/2 Mill. Thalern erbaute, hier abgebildete Westminsterbrücke, die aus 13 großen und zwei kleinen Bogen besteht, von denen der mittelste 73 F. weit ist; die 1814–17 entstandene, 1200 F. lange Strand- oder Waterloobrücke und andere mehr.

Quelle:
Brockhaus Bilder-Conversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1837., S. 327-330.
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