Amerika

[151] Amerika, der 4. Erdtheil, häufig die neue Welt genannt, ist von der alten Welt, Europa, Afrika und Asien, im Osten durch den atlantischen Ocean geschieden; die geringste Entfernung, zwischen dem Kap St. Roque und dem Kap Verde (Afrika), beträgt 390 M., zwischen den äußersten Punkten Grönlands und Norwegens 200 M.; im Westen trennt es der stille Ocean von Asien und das Ostkap Asiens nähert sich [151] dem Prinz-Vales-Kap Aʼs. auf 7 M., dagegen beträgt die Breite des stillen Oceans, d.h. die Entfernung Aʼs. und Asiens in den Aequatorealgegenden 2100 M., und im Ganzen liegt A. Europa näher als Asien. Die Ausdehnung des amerik. Continents gegen Norden ist wegen der undurchdringlichen Eismassen noch nicht bestimmt; der nördlichste bekannte Punkt ist Roddbai auf der Halbinsel Boothia, unter 73°54' nördl. Breite, der südlichste Kap Forward unter 53°53'43'' südl. Breite; noch über 2 Grade südlicher auf der Feuerlandsinsel ist das Kap Horn, der südl. Ausgang des Cordillerasgebirges; d. Länge Aʼs. beträgt also ungefähr 2000 M. Der Continent sondert sich in 2 Hauptmassen, Nord- und Süd-A., indem der atlantische Ocean zwischen 10° und 30° nördlicher Breite bis auf 6 M. gegen den stillen Ocean vordringt; dieser schmale Strich ist die Landenge von Panama, die Brücke Süd- und Nord-Aʼs., die Scheidewand zweier Oceane. Nord-A. hat ohne Grönland einen Flächeninhalt von 380000 QM., Süd-A. von 340000 QM., das ganze amerik. Festland also 720000 QM., die westind. Inseln ungefähr 4600 QM. – Nord-A. breitet sich im Norden massenhaft aus und spitzt sich im Süden gegen den Isthmus von Tehuantepek und die Landenge von Panama zu; die größte Breite vom Kap Charles bis Kap Prinz Wales beträgt 990 M. Seine Bestandtheile sind auf der östl. Seite: Grönland, im Nordosten von der Baffinsbai und dem grönländ. Meere begränzt, von unbekannter nördl. Ausdehnung. Bassinsland, von Grönland durch die Davisstraße und Bassinsbai, von Labrador durch die Hudsonsstraße, durch die Fox-Fury- und Heklastraße von dem Festlande geschieden. Labrador, Halbinsel zwischen dem Ocean, der Hudsonsstraße und Hudsonsbai, dem St. Lorenzbusen, mit der großen Insel Neufundland. Das Gebiet des Lorenzstroms umfaßt die beiden Canadas und erstreckt sich westlich bis in die Nähe des stillen Oceans an das Felsengebirge; als für sich bestehende Halbinseln erstrecken sich Neubraunschweig und Neuschottland in den atlantischen Ocean. Das Gebiet des Missisippi, alles Land von dem Felsengebirge östl. und südl. von dem Lorenzgebiete bis an den mexikanischen Meerbusen umfassend, mit der Halbinsel Florida. Von dem Red River (rothen Flusse), dem südlichsten größeren Zuflusse des Missisippi, nähert sich das Gebirge dem mexikanischen Meerbusen immer mehr, der Lauf der Flüsse wird parallel, endlich sind diese nur mehr Küstenflüsse und das Festland wird zur Landenge; die Halbinsel Yukatan streckt sich der von Florida entgegen, so daß sie mit der Insel Kuba den Golf von Mexiko fast schließen. Der westl. Theil von Nord. A. ist beträchtlich schmaler als der östl., indem der Kamm des Gebirges sich dem stillen Ocean immer näher hält als dem atlantischen. Erst mit der Serra Verde tritt er bedeutend westwärts zurück und gestattet die Entfaltung der Stromgebiete des Rio Colorado und des noch viel bedeutenderen des Oregon oder Columbia. Die Küste läuft in der Halbinsel Californien in einer Breite von 20 M., 180 M. weit gegen Süden, durch den inseln- und klippenreichen californischen Meerbusen von dem mexikanischen Festlande geschieden. Nördl. vom Columbia, wo das Gebirge sich wieder der Küste nähert, füllt die steinkohlenreiche Insel Vancouver den Meerbusen zwischen Neualbion und Neuhannover fast aus und je weiter nördl. sich die Küste zieht, um so näher tritt das Gebirge und um so häufiger bilden sich tief einschneidende Buchten, Halbinseln und Inseln. Zwischen dem nördl. Eismeere und dem atlantischen Ocean, von Asien durch die Behringsstraße geschieden, erstreckt sich das russische A., dessen Inneres unbekannt ist, mit mehreren Halbinseln als Ausläufern, z.B. der Tschugatschen und Aliaska. Die Nordküste von Nord-A. ist trotz den Wagnissen engl. Seefahrer noch nicht ganz bekannt, indessen ist es entschieden, daß das arktische Hochland, das sich westlich an Grönland anschließt, von dem Continente durch Meere getrennt ist. Von Inseln gehören zu Nord-A.: die Inseln des großen arktischen Archipels, zu welchem Grönland, Norddevon, Bassinsland, Cockburn, Boothia felix, Nordsommerset, die Nordgeorgsinseln, [152] Banksland, Viktoriasland u. unzählige andere namenlose gehören. Im Lorenzbusen liegen die Inseln Antikosta, Prinz Eduard, vor demselben Neufundland und Kap Breton, weiter südöstlich, der Chesapeakbai gegenüber die Bermuden. Auf der westl. Seite der Archipel von Vancouver und Quadra, der Koluschen- und Aleutenarchipel. Auf das festländische Nord-A. rechnet man eine Küstenstrecke von 6100 M., von denen jedoch ein großer Theil dem unwirthbaren Norden angehört, während die europäischen Meerengen und Meere das ganze Jahr befahren werden können. – Süd-A. hat im Großen die Form eines Dreiecks, dessen größter Breitedurchschnitt unter dem 15° Grade südlich vom Aequator 690 M., der Längedurchschnitt gegen 800 M. beträgt. Die Ostküste hat eine geringe Küstenentwickelung, denn auf der ganzen Ausdehnung bis zur Magellanstraße finden sich nur folgende Busen und Buchten: Mosquitobai, Golf von Darien, Maracaibo, Triste, Cariacobai, Golf von Paria, Allerheiligen-, Riojaneirobai, Georgsbusen. Die Magellansstraße, 81 M. lang, verbindet den atlantischen Ocean und den stillen, indem sie zwischen dem Feuerland und der Südspitze des Continents durchzieht. Auch der stille Ocean bildet verhältnißmäßig wenige Einschnitte in das Festland: Golf von Pennas, von Guaiteca, Guayaquil, Bai von Choco, Golf von Panama; die ganze Küstenentwickelung beträgt 3400 M., ist also beträchtlich geringer als die von Nordamerika. Auch an Inseln ist Süd-A. ärmer; von den kleinen Antillen begegnen uns bis tief gegen Süden nur wenige unbedeutende; bedeutender sind die Falklandsinseln, die Inseln des Feuerlands, an die sich eine Gruppe an der Ostküste anschließt. Weiter finden sich auf dieser Seite die patagonischen Inseln, Chiloe, Juan Fernandez, S. Felix und der Archipel der Gallopagos. Die südamerikanische Halbinsel scheidet sich wenig in kleinere geographische Ganze oder natürliche Ländergebiete; der Lauf der Cordilleras, die einzelnen abgesonderten Gebirgssysteme und das Gebiet der gewaltigen Flüsse: Orinoko, Marannon und La Plata theilen es in ungleich größere Massen, als Europa darbietet. – Als eigenen Bestandtheil zählt man gewöhnlich Westindien auf, eine Inselreihe, welche sich von Florida bis gegenüber den Orinokomündungen ausbreitet. Sie bilden die Gruppen der Bahamas oder Lukaien, der großen Antillen und der kleinen Antillen. Die Oberfläche Aʼs. ist eigenthümlich einfach gestaltet, wovon die große Gebirgskette der Cordilleras delos Andes die Ursache ist. Sie beginnt eigentlich schon am Kap Horn des Feuerlandes, geht durch die Insel auf das Festland über und zieht sich nun ziemlich nahe an der Westküste hin. Der Stamm entsendet unter dem 33° südl. Breite 3 Züge in das Gebiet des Platastromes; auf seiner weiteren Fortsetzung sondern sich abermals Zweige in östlicher Richtung ab, welche zunächst das Gebiet des Amazonenstroms oder Marannon begränzen; weiter nördlich scheiden die Gebirgszüge das Gebiet des Orinoko, des Magdalenen- und Kaukaflusses, die Hauptkette aber geht weiter, sinkt jedoch auf der Landenge von Panama zu einem mäßigen Gebirgsrücken herab und ermöglicht dadurch die Verbindung der beiden Oceane. Sie steigt jedoch bald wieder an und theilt sich in Nord-A. unter dem 20° der Breite in 3 Züge. Der eine geht über Rio del Norte und Arkansas und endet als Ozarkgebirge zwischen Missisippi und Missouri; der andere dringt nordwärts bis an den Makenziefluß; der dritte streicht in der Nähe der Westküste und endet auf der Halbinsel Aliaska. Ist dieses Gebirge schon merkwürdig durch seine ungeheure Erstreckung, seine Meridianrichtung von Norden nach Süden, so nimmt es auch in Beziehung auf Erhebung den 2. Rang ein, indem seine höchsten Gipfel denen des Himalaya nur wenig nachgeben (s. Cordilleras); außerdem ist es in seiner ganzen Ausdehnung der Herd vulkanischer Thätigkeit und einzelne Vulkane (von den 58) z.B. der Illimani, Cotapaxi, Popocatepetl u.s.w. gehören zu den höchsten Berggipfeln. Auch an Metallreichthum zeichnet es sich vor allen Gebirgen der Erde aus und hat zu dem edlen Metallgelde, das in der Welt umlauft, die größere [153] Hälfte geliefert. Der westl. Abfall des Cordilleras in Süd-A. ist steil und geschieht in kurzen Terassen, in Nord-A. dagegen senkt sich das Gebirge zum Theil in weiten Hochflächen an die See herunter, entwickelt aber eben deßwegen auch an einigen Stellen einen förmlichen Wüstencharakter. Außer den Cordilleras hat das amerik. Festland noch 4 gesonderte kleinere Gebirgssysteme, alle auf der Ostseite des großen Kettengebirges. Das erste ist das Alleghanygebirge in Nord-A. zwischen dem Missisippi und atlantischen Ocean, mit einer Erhebung bis 7000', leicht zu übersteigen, von Canälen und Eisenbahnen durchbrochen. In Süd-A. ist das Parimagebirge, zwischen dem Orinoko und den nördl. Zuflüssen des Marannon, in der Guyana, gegen 7000' hoch, in viele Aeste verzweigt, dicht bewaldet. Zwischen dem Orinoko, dem Ocean u. dem Magdalenenfluß erhebt sich die Sierra Nevada von Merida, sie nimmt keine große Fläche ein, steigt aber bis 16000' an. Um so bedeutender ist die Ausdehnung des brasilischen Gebirges, das den Raum zwischen dem Marannon und Plata füllt und sich bis 8000' erhebt. Diese ziemlich gleichförmige Vertheilung des Gebirges über Nord- und Süd-A. bedingt auch eine ähnliche Gleichförmigkeit der Tiefländer. In Nord-A. finden wir das arktische Tiefland, die Prairien des Missisippi, das Küstenland der Alleghanys und das mexikanische; sie werden zu 100000 QM., 52000 QM., 9700 QM. und 5300 QM. berechnet, während das Hochlandmehr als 175000 QM. bedecken soll. Das Hochland Süd-A. wird zu 75600 QM. berechnet, das Tiefland zu 229000 QM., von denen das Waldland des Marannon fast die Hälfte einnimmt, die unabsehbare Weidenfläche der Pampas am Plata aber ein Dritttheil. Dem System der Vertheilung des Hoch- und Tieflandes entspricht die Entwickelung des Stromsystemes, und A. hat unter allen Erdtheilen die größten Flüsse, so wie es überhaupt durch seine Lage zwischen den Tropen und seine ungeheuren Urwälder der wasserreichste Erdtheil ist. Die Hauptströme Aʼs. sind auf der Ostseite, Europa zugekehrt, deßwegen auch großartige Straßen der Cultur. Die bedeutendsten sind: Der St. Lorenz, 460 M. lang mit einem Stromgebiete von 62000 QM.; der Missisippi 730 M., Stromgebiet 52000 QM.; Rio del Norte 300 M., Stromgebiet 13000 QM., Magdalenenfluß 150 M., Stromgebiet 4000 QM.; Orinoko 345 M., Stromgebiet 3000 QM.; Marannon 750 M., Stromgebiet 90000 QM.; Plata 460 M., Stromgebiet 72000 QM. Auf der Westküste ist der Columbia oder Oregonfluß der bedeutendste, mit einem Laufe von 200 M. und großem, noch unbestimmtem Gebiete. Da A. von der nördl. Polarzone durch die nördl. gemäßigte, die heiße, die südl. gemäßigte Zone fast bis an die südliche Polarzone reicht, so ist dadurch bereits eine Verschiedenheit des Klimas bedingt, wie sie kein anderer Erdtheil hat; dazu kommt noch die gewaltige Gebirgserhebung in der heißen Zone, so daß sich hier ein Gegensatz der Temperatur neben einander findet wie sonst nirgends auf der Erde, der ewige Schnee unmittelbar über der tropischen Vegetation, durch einen schmalen Streifen der Vegetation der gemäßigten Zone getrennt. Auch andere örtliche Ursachen führen in A. naheliegende Gegensätze herbei. Im Ganzen ist die Temperatur Aʼs. niederer als die der alten Welt; in den Tropen mildern die Passatwinde die Hitze; setzen diese aber aus, so steigert sich die Hitze unerträglich, und diese theilweise Ausdehnung einzelner Luftschichten scheint die Ursache jener furchtbaren Stürme auf den Antillen und den mexikanischen Llanos zu sein. A. hat zu beiden Seiten des Aequators eine breitere Regenzone als die alte Welt, dagegen eine kleinere Zone der veränderlichen Niederschläge. Die Eisregion reicht im Norden bis in das Bassinsland, im Süden sogar bis zum 47° der Breite, und 9° nördlicher findet man noch Palmengewächse. In Nord-A. nimmt die Temperatur von Ost nach West zu, in Süd-A. aber kältet der vom Südpole kommende Meeresstrom die Westküste. Nord- und Süd-A. haben als unter denselben Meridianen liegend die gleichen Tageszeiten, weil aber unter ungleichnamigen Breiten dir [154] entgegengesetzten Jahreszeiten, und in Valdivia in Chili z.B. fällt das Neujahr in den Sommer. – An Erzeugnissen bietet A. Eigenthümliches aus jedem der Naturreiche. Das Mineralreich liefert eine Masse Goldes, Californien allein über 50 Mill. Dollars jährlich; die Silberausbeute schätzt man auf 3086000 Mark, an Eisen und Kupfer, Blei und Zink ist Ueberfluß, auch Quecksilberminen sind neuester Zeit entdeckt worden. An Steinkohlen hat Nord- und Süd-A. ungeheure Lager. Von den Edelsteinen ist der Smaragd ihm eigenthümlich. Das Klima und der Wasserreichthum Aʼs. begünstigt die Vegetation außerordentlich, ebenso die Entwickelung des niederen thierischen Lebens und in dieser Rücksicht übertrifft A. alle anderen Erdtheile; keiner hat solche Urwälder, so ausgedehnte bewachsene Sümpfe und so viele Würmer, Insekten und Amphibien, welche sie beleben; dagegen mangeln mehrere Arten der edelsten Säugethiere oder sind durch schwächere vertreten. A. liefert viele Färbe-, Tischler- und Bauhölzer, z.B. das Brasilien-, Campeche-, Mahagoni-, Acajou- u. Cedernholz; Gewürze z.B. Vanille, Arzneien z.B. China, Ipecacuanha, Quassia, Sassafras; eine Masse Tabak, Kasse, Zucker, Kakao, Reis und Baumwolle; eine Anzahl Harze, die als Kautschuk und Gummi in neuester Zeit Wichtigkeit erlangt haben. Eigenthümliche Pflanzen Aʼs. sind unter anderen: Tabak, die genannten Arzneipflanzen, Vanille, Kakao, die Kartoffeln, viele Palmen, Cactus u. Prachtblumen; von Säugethieren sind eigen amerikanisch: Geschwänzte Affenarten, Faulthier, Ameisenbär, Gürtelthiere, Vampyr, Scaxien, Opossum, surinamsche Aeneas, Stinkthier, Waschbär, Jaguar, Kuguar, Llama, Vicunna, Bison, Bisamstier, Tajassu, Tapir, Elennthier; das europäische Hausvieh, Pferd, Rind, Esel, Ziege, Schaf, Schwein, Hund, Katze ist eingeführt und Pferd und Rind sind zum Theil verwildert und streifen zu Hunderttausenden in den Llanos und Pampas. Von Vögeln gehören A.: der Kondor, die Harpye, Pfefferfraß, Kolibri, Maisdieb, amerikanische Nachtigall, Cardinal, Zugtaube, Truthan, amerik. Strauß u.s.w. Von Amphibien hat es eigenthümlich: mehrere Arten Schildkröten, Pipa, Hornfrosch, Brüllfrosch, Alligator, Leguan, Klapper- und Carmoisinschlange, u.s.w. Von seinen Fischen ist der Zitteraal der merkwürdigste. Von den Insekten ist die auf einer Opuntia lebende Cochenille ein wichtiger Handelsartikel; außerdem hat es prächtige Käfer u. Schmetterlinge, Schnecken u. Muscheln. Von den Ureinwohnern scheinen die Polarvölker (die Eskimos sind die zahlreichsten) dem mongolischen Stamme anzugehören; die anderen, die sogenannten Indianer, werden als eine eigene Race aufgezählt. Ihre Hautfarbe ist kupferroth, das Haar schwarz, lang u. straff, der Bart dünn, der Kopf eckig, das Stirnbein zurückgedrängt, die Augen etwas schräg, das Gesicht platt, die Lippen aufgeworfen, der ganze Körper stämmig, mehr groß als klein; besonders kraftvoll sind die Karaiben, die freien Horden in Nord-A., die Araukaner und Patagonier in Süd-A., dagegen sind die Pescheräs auf dem Feuerlande verkümmert. Von der Geschichte Aʼs. vor der Ankunft der Europäer wissen wir so viel als nichts, kaum einzelne Sagen sind zur Kenntniß der ersten Eroberer gekommen. Sie trafen 3 förmliche Staaten: Anahuak in Mexiko, Cusko in Peru und Cundinamarca in Columbien; in diesen Ländern und auch in dem Missisippithale finden sich Denkmäler von alten amerik. Völkern, deren Cultur eine eigenthümliche war. Die bekanntesten dieser Alterthümer zeigen sich in den Staaten Peru, Bolivia und Ecuador, hieher gehören die cyclopischen Mauern von Tiachuanuco, die Tempeltrümmer auf der Insel des Gebirgssees von Titicaca, die Straße der Inkas über die Cordilleren u.s.w. Noch bedeutender sind die Denkmäler im mexikanischen Anahuac, Yucatan und Guatimala, die nicht nur Reste einzelner Bauten, sondern ganzer Städte von bedeutendem Umfange lind, z.B. die Ruinen von Palenque in Chiapa, zu Copan in Honduras, zu, Uxmal und Mitla in Oaxaca. Ruinen von Teocallis, d.h. Tempeln, finden sich bei Juan Teotihuacan, Cholula, Christobal de Tehuantepec, Xochicalco[155] u.s.w., und bei diesen Bauwerken finden sich immer auch Sculpturen, meistens Reliefe, seltener freie Statuen, in einzelnen Exemplaren kolossale Götzenbilder. Es ist bekannt, daß die Mexikaner zur Zeit der Eroberung durch Cortez eine organisirte Monarchie mit kriegerischem Adel, ummauerte Städte, einen Göttercult hatten, den eine förmliche Priesterschaft besorgte; ebenso wissen wir aus den Berichten einiger Augenzeugen, wie gräßlich die Götzenbilder waren, und diesen entsprechend der Cult, der Menschenopfer in großer Anzahl, namentlich an hohen Festen, verlangte. Die mexikanischen Priester hatten auch eine eigene Bilderschrift, notirten besondere Erscheinungen des gestirnten Himmels, führten eine Art Jahrbücher, wir begegnen demnach in Mexiko denselben Erscheinungen der Cultur, die wir in ausgebildeteren Formen in Asien und Aegypten getroffen haben, selbst den Anfänger des Pyramidenbaus, ohne daß an einen asiatischen Einfluß nur zu denken ist, ein Beweis, daß die sich selbst überlassene Menschheit überall so ziemlich dasselbe producirt. Die Denkmäler in Nord-A., namentlich in dem großen Strombecken des Missisippi, weisen keine massiven Gebäudetrümmer auf, sondern bestehen in Treppen zu Flüssen oder aufwärts zu Höhen, in Dämmen, besonders aber in großen Umwallungen, die einen kriegerischen Zweck gehabt haben müssen; auch findet man Geräthschaften, Schmuck u. Waffen aus Kupfer, Glimmer, Muscheln, Obsidian u.s.w. Die jetzigen Indianer haben nicht einmal eine Sage von den Menschen, welche diese Dinge hinterlassen haben, und die Resultate der Untersuchungen, welche in neuester Zeit mit großem Eifer aufgenommen werden, gewähren noch keine Sicherheit und es scheinen die neulich berichteten amerikanischen ziemlich verdächtig. – Mit der Entdeckung Aʼs. durch Christoph Columbus beginnt die eigentliche Geschichte Aʼs. (12. Octbr. 1492), denn obwohl die Normänner von Island und Norwegen. aus nicht nur Grönland, Labrador und Neuschottland entdeckt, sondern selbst einzelne Fahrten bis Masachussets und Rhode Island gemacht hatten, so waren diese Unternehmungen weder auf die amerikanischen, noch die europäischen Völker von besonderem Einfluß, erst mit Columbus beginnt Aʼs. weltgeschichtliche Bedeutung. Nachdem er den Weg gezeigt, wurde ein Theil des großen Festlandes nach dem anderen entdeckt und in Besitz genommen; 1497 Neufundland und Labrador durch Engländer u. Franzosen, 1508 durch Aubert Canada; der Portugiese Cabral gerieth 1500 nach Brasilien, Diaz de Solis kam 1507 nach Yukatan, 1517 Grijalva an die mexikanische Küste, 1519 eroberte Cortez das Reich Montezumas, Pizarro von 1526 bis 1531 Peru, Cabot Paragay, die deutschen Welser Venezuela, Bezarra Californien, 1534 Belalcazar Quito, Almagro 1535 Chili, Mendoza die Länder am Platastrom, Soto 1537 Florida, 1542 befuhr Orellana den Marannon, 1556 eroberte Mendoza Chaco in Süd-A. Gegen Ende des 16. Jahrh. gründeten die Franzosen ihre Colonien am Lorenzstrom, die Engländer unter Raleigh in Virginien, die Portugiesen in Brasilien. Die Aufsuchung einer nordwestlichen Durchfahrt veranlaßten durch Davis, Fuca, Bassin, Hudson die Auffindung der nach diesen Seefahrern benannten Straßen, Busen und Länder (1585–1611). Die Kriege in Europa wurden auch in die Colonien übertragen, die Holländer besetzten Brasilien 1630 manche Jahre u. behaupteten Surinam; fast gleichzeitig benutzten Dänen und Schweden die Schwäche Spaniens und besetzten einige Inseln; weitere Ausdehnung gestattete ihnen die Eifersucht der Holländer nicht. Die Kriege Englands, Hollands, Spaniens und Frankreichs drehten sich von jetzt an um die amerik. und ostindischen Colonien, d.h. um die Seeherrschaft und den Besitz des Welthandels, und da Ludwig XIV. durch seine Angriffe auf das europäische Spanien dessen Kraft erschöpfte, so gelang es England allmälig das Uebergewicht im atlantischen Meere zu gewinnen. Eine neue Epoche trat mit dem Unabhängigkeitskriege der engl. Colonien in Nord-A. ein, der 1783 zur Gründung des ersten amerik, Staates führte. [156] Dieses Beispiel äußerte seine Wirkung schon frühe auf die spanischen Colonien, hatte jedoch erst Erfolg, seit Napoleon Spanien bekämpfte und wäre nach Napoleons Sturze ohne die Unterstützung der Engländer sobald nicht gelungen (1810–1822); auch Brasilien erklärte sich 1822 unabhängig und ist als Kaiserthum die einzige Monarchie in der neuen Welt. Die amerik. Staaten sind gegenwärtig folgende: 1. die nordamerik. Union, 2. Mexiko, 3. Guatimala, 4. San Salvador, 5. Nicaragua, 6. Honduras, 7. Costa Rica, 8. Yukatan, 9. Venezuela, 10. Neugranada, 11. Ecuador, 12. Peru, 13. Bolivia, 14. die Argentinische Republik, 15. Paragay, 16. Urugay, 17. Chili, 18. Brasilien, 19. das Negerkaiserthum auf Hayti, 20. die Republik San Domingo auf Hayti und 21. das von den Engländern protegirte Königreich auf der Mosquitoküste. Von diesen Ländern ist die nordamerik. Union in reißendschneller Entwickelung begriffen und schreitet erobernd vorwärts, von den ehemals spanischen Colonien ist Chili allein im Genusse gedeihlicher Ruhe, Brasilien kämpft mühsam die Revolutionsgelüste nieder, alle anderen aber reiben sich in beständigen Bürgerkriegen auf und werden eigentlich von Bandenchefs kommandirt. Von den europäischen Mächten besitzt England in Nord-A.: die beiden Kanada, Neubraunschweig, Neuschottland, Cap Breton, Prinz Eduards-Insel, Neufundland, die Polarländer, an der Westküste das Land von der Gränze der russ. Niederlassungen bis an den Columbiastrom; in Central-A. hat es im Staate Honduras ein Gebiet zum Holzfällen; in Westindien besitzt es die Bahamasinseln, von den großen Antillen Jamaika, von den kleinen die meisten; in Süd-A., in der Guyana Demerara, Essequibo und Berbice, von den Inseln die Falkländischen. Rußland besitzt in Nord-A. die zunächst seinen asiatischen Küsten gegenüber liegende große Halbinsel; Dänemark Grönland, in Westindien die 3 kleinen Inseln St. Thomas, St. Jean und St. Croix; Frankreich in der Gugana Cayenne, 9 von den kleinen Antillen, darunter Martinique und Guadeloupe; Holland in der Guyana Surinam, von den Inseln unter dem Winde Aruba, Curaçao, Buen Aire, Aves, von den kleinen Antillen Saba, St. Martin, St. Eustache, Schweden von den kleinen Antillen St. Bartholomäus; Spanien endlich besitzt noch die Perlen der großen Antillen Cuba und Portoriko, von den kleinen Antillen Margarita, Blanca, Tortuga, Salades. Die Ureinwohner bilden außer dem Carrikaturkönigreiche Mosquito nirgends einen unabhängigen Staat, wohl aber leben zahlreiche berittene Horden an den Gränzen Mexikos und der Union, ebenso in den südlichen Pampas, ferner die Araukaner im chilenischen Gebirge u. die Patagonier in wilder Freiheit, während die Eskimos, die Indianer in den Polarländern u. die Feuerländer ihr armseliges aber unabhängiges Dasein mit Jagd und Fischfang fristen, und unzählige kleine Stämme wilder Indianer in den Wäldern irren und sich blutdürstig verfolgen. Die jetzigen Bewohner Aʼs. sind sehr verschiedener Abkunft; dieser Erdtheil scheint ausersehen, durch die Vermischung der verschiedenen Menschenracen eine ganz neue hervorzubringen, denn in Amerika finden sich zusammen: Indianer, Kaukasier verschiedener Nationalitäten, Neger und in neuester Zeit Mongolen durch die chinesische Einwanderung. Man schätzt die Bevölkerung des ganzen Erdtheils auf 60–80 Mill.; von diesen gehören etwa 30 Mill. der kaukasischen Race an, über 10 Mill. sind Neger, also über 20 Mill. Indianer. Die Spanier haben nach den Greueln der Eroberung durch den Einfluß der Kirche bestimmt die Indianer am menschlichsten behandelt und am meisten civilisirt, obwohl die alltägliche Geschichtschreibung aus Haß gegen die Kirche noch immer das Gegentheil erzählt; der unwiderlegliche Beweis für die Spanier ist der Umstand, daß in ihren ehemaligen Colonien über 10 Mill. angesessene christliche Indianer lebten, während die Holländer und die europäischen und amerik. Angelsachsen trotz alles Humanismus u. Methodismus die Indianer vertilgten u. noch vertilgen. Neger sind nach der neuesten Angabe in A. 10370000; von ihnen kommen auf die Union 3650000; auf Brasilien 2 Mill.; die spanischen Colonien [157] 11/2 Mill.; auf die südamerik. Republiken 1 Mill.; auf die franz. Colonien 270000; auf die holländ. 50000; 45 auf die dänischen, 70000 auf Mexiko, 35000 auf Kanada. Von den Negern leben in der Sklaverei mehr als 7 Mill., etwa 3 Mill. sind demnach frei (diese aus einem nordamerik. Blatte entnommenen Ziffern zeigen zugleich, ob Spanier oder Engländer den Sklavenhandel einmal am eifrigsten betrieben haben). Der in A. geborne Europäer heißt Creole; das Kind eines Europäers und einer Negerin heißt Mulatte, und nach weiterer Mischung mit europäischem Blute Terzeron, Quarteron; das Kind des Europäers u. der Indianerin ist Mestitze, ein kräftiger und intelligenter Menschenschlag, während den Mulatten nachgesagt wird, daß sie nur die üblen Eigenschaften von Vater und Mutter vereinigen; aus der Mischung afrikanischen und indianischen Blutes entspringt der Zambo, der am seltensten vorkommende Mischling. Bei den angelsächsischen Nord-A. ist die Hautfarbe Adelsdiplom und ein dunkler Anflug derselben, das Zeugniß der theilweise afrik. Abkunft, ist wie ein Brandmal, und doch werden in Nord-A. noch Mulatten geboren.

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Herders Conversations-Lexikon. Freiburg im Breisgau 1854, Band 1, S. 151-158.
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