[737] Festungsbau bezweckt die Schaffung von Stützpunkten für die Landesverteidigung, dient also der Herstellung starker Verteidigungsstellungen zur Sicherung von Oertlichkeiten bleibenden strategischen Wertes durch eine beschränkte Truppenzahl gegen feindliche Unternehmungen. Die Verschiedenartigkeit der Oertlichkeiten läßt befestigte Wohnstätten als eigentliche Festungen und befestigte Posten unterscheiden: erstere, von allen Seiten angreifbar, verlangen ringsum eine in sich zurücklaufende Verteidigungsstellung, letztere, zur Sperrung wichtiger Verkehrslinien angelegt, wenden der Seite ihre Front zu, von welcher der Gegner zu erwarten ist, bedürfen aber doch auch einer Kehlverteidigung zum Schütze gegen Umgehungen und Angriffe von rückwärts (Talsperren, Sperrforts und Paßsperren). Die Auswahl der zu befestigenden Orte nach ihrem Werte ist abhängig von der geographischen Gestaltung des Landes, welche trotz der Stetigkeit der natürlichen Formen doch durch die Kultur mit ihren Kunstbauten ihren Charakter ändern kann, ferner von der Entwicklung des Kriegswesens, der Armeen und Flotten sowie ihrer Bedürfnisse und endlich von der politischen Gestaltung der Grenzen. Der Wert eines Ortes ist also kein unter allen Umständen bleibender. Zur Zeit der kleinen Armeen und eines nur dürftig entwickelten Straßennetzes konnte man daran[737] denken, möglichst alle Verkehrswege von einiger Bedeutung an Durchschnittspunkten mit Hindernislinien (Flüssen, Sumpfgebieten, Gebirgen) zu sperren, und selbst befestigte Orte kleinen Umfanges genügten, um den beschränkten Truppenmassen die Ueberschreitung der Engwege selbst angesichts des Feindes zu ermöglichen, um als Depotplätze ihnen eine Ergänzung ihrer Bedürfnisse sicherzustellen. Die Entwicklung des Straßennetzes ließ die Bedeutung der Marschstraßen zurück-, die der Eisenbahnen in den Vordergrund treten. Letztere bringen die Hilfsquellen des ganzen Landes mit der Feldarmee in unmittelbare Verbindung, und der Wert der Festung als Depotplatz wird dadurch auf die Fälle beschränkt, wo die Schienenverbindung noch fehlt oder unzuverlässig ist. Wohl aber blieb der Wert der Festung betreffs Schutzes wichtiger militärisch-technischer Anstalten und Magazine wichtiger Kriegsmittel, für die nur die befestigten Orte, nicht andre des Landes Ersatz bieten können. Das mächtige Anwachsen der Armeen indessen läßt für einen angesichts des Feindes auszuführenden Uferwechsel nur Festungen solchen Umfanges noch nutzbar erscheinen, deren durch Befestigungen gesicherter Innenraum den Uebergang zahlreicher Kolonnen in breitentwickelter Front gestattet. Ihrer Natur nach ist jede Festung nur defensiv, selbst ihre aus Feldtruppen bestehende Generalreserve darf im Vorfeld nur soweit Verwendung finden, als es durch den Zweck der Ortsverteidigung geboten erscheint; jedoch kann sie wohl dank ihrer geographischen Lage einer in ihrem Schütze aufmarschierten Armee oder in Dienst gestellten Kriegsflotte freie Zugänge in das feindliche Gebiet sichern, also deren Offensive begünstigen, ihrem Vormarsch als Basis dienen, und in diesem Sinne kann man wohl von Offensivfestungen sprechen. Nach ihrer Lage im Innern des Landes oder an der Küste unterscheidet man Binnenland- und Küstenbefestigungen, die sich ihren Zwecken entsprechend auch baulich wesentlich voneinander unterscheiden [10], [18].
I. Befestigungen im Binnenlande.
A. Strategische Gesichtspunkte.
Die Festungen erfüllen als strategische Stützpunkte ihren Zweck nur dann, wenn sie den Operationen der Feldarmee Vorschub leisten, indem sie ihr möglichste Bewegungsfreiheit sichern, die feindliche Armee aber, mit welcher der Entscheidungskampf im Felde anzustreben ist, in ihrer Manövrierfreiheit einzuschränken vermögen.
Da die Bewegungsfreiheit von der Beschaffenheit des Geländes und des Verkehrsnetzes, von der Rücksicht auf die rückwärtigen Verbindungen und von der Fürsorge für die Sicherung besonders wichtiger Orte oder Gebiete abhängt, liegen die Festungen am günstigsten an solchen Punkten größerer Wasserläufe, die sich zu Knotenpunkten der sie überschreitenden Verkehrswege entwickelt haben; denn sie gewähren hier der eignen Armee große Manövrierfreiheit, weil sie einen raschen und gesicherten Uferwechsel sowie weitgehende Ausnutzung des Verkehrsnetzes gestatten und gleichzeitig die Verbindungen sichern, anderseits aber dem Gegner die Ausnutzung dieser wichtigen Knotenpunkte vorenthalten. Da die großen Wasserläufe (ebenso Seenketten, ausgedehnte Sumpfstrecken) Abschnitte im Gelände bilden, kann man das Befestigungssystem, das ihre wichtigsten Uebergangspunkte durch einzelne, zweckentsprechend geräumige Festungen sichert, als Abschnittssystem bezeichnen. Ihm gegenüber steht das Gruppensystem, das die dem hauptsächlichsten Operationsobjekt, der Landeshauptstadt, zuführenden Operationslinien durch Gruppen von drei oder vier festen Plätzen sichert, von denen einer, als »Camp retranché« im großartigsten Maßstabe angelegt, als Hauptstützpunkt dient, während die andern kleinere Gürtelfestungen den Zweck unterstützen, einen größeren Raum sicherzustellen, in dem eine Stärkere Reserve sich frei bewegen kann, die Einschließung der ganzen »Region fortifiée« wie jedes ihrer Glieder unmöglich zu machen und der Feldarmee vorkommendenfalls eine günstige Operationsbasis zu gewähren. Das System der befestigten Linien Sucht das ganze Aufmarschgebiet der Armee durch eine fortlaufende Reihe von Befestigungen zu sichern, die nahe und parallel der Grenze mit Benutzung geeigneter natürlicher Abschnitte angelegt werden. Die wichtigsten Punkte werden als Strategische Brückenköpfe (Gürtelfestungen) erbaut, alle zwischenliegenden Verkehrswege von Bedeutung durch einzelne Werke (Sperrforts) verteidigt; breite Lücken, welche die Glieder der Kette (Positions centrales) trennen, mithin einer feindlichen Armee den Einmarsch gestatten, sollen das Vorbrechen der eignen Armee gegen die Flanken des Gegners begünstigen (die französische Ostgrenze). Während wir bei den großen Staaten diese drei Systeme, mehr oder weniger vermischt, den geographischen Verhältnissen angepaßt finden, haben fast alle kleineren Staaten das Zentralsystem zur Anwendung gebracht: eine große Festung oder Befestigungsgruppe im Innern des Landes, in der alle Streitmittel und Kräfte versammelt werden, um hartnäckiger [738] Widerstand zu leisten, bis das Eingreifen der Politik oder befreundeter Mächte eine Wandlung der Kriegslage zugunsten des Staates herbeiführt [18].
In erster Linie wird jeder Staat bei Anordnung oder Ausbau seines Festungssystems dahin streben, durch möglichstes Heranschieben der festen Plätze an die Grenzen der eignen Armee einen Aufmarschraum zu sichern, aus dem der Vormarsch in feindliches Gebiet ungehindert und in kürzester Zeit stattfinden kann, und dem Lande in möglichster Ausdehnung Schutz gegen feindliche Invasion zu schaffen. Die geographische Beschaffenheit der Grenzgebiete wird die Direktiven für die Ausgestaltung der Grenzbefestigung geben, denn der Grundsatz, alle Vorteile des Geländes ebensowohl für die Kriegsoperationen wie für die einzelnen Kämpfe auszunutzen, verbietet jedes Schematisieren und läßt nur jene Anordnung der Beteiligungen in jedem Fall richtig erscheinen, die gewissermaßen aus dem Gelände herauswächst und eine Potenzierung ihrer vorteilhaften Eigenschaften darstellt. Jedoch lassen sich einige Hauptgesichtspunkte feststellen. Die günstigsten Verhältnisse bietet ein nahe der Grenze und ihr annähernd gleichlaufender Strom als stärkste und durch einzelne große Brückenkopffestungen hinreichend verstärkte strategische Barriere, da ihre Ueberschreitung mit größeren Massen einem aufmerksamen Beobachter nicht entgehen kann und bei richtigen Gegenmaßregeln leicht eine bedenkliche Lage herbeiführt. Dagegen bietet selbst ein so mächtiges Grenzgebirge wie die Alpen eine so große Zahl verschiedenartigster, aber bis zum Saumpfad immer noch nutzbarer Uebergangswege, daß die Unübersichtlichkeit des Geländes eine große Zahl befestigter Porten nötig macht, am den Vormarsch des Gegners beobachten, an schwierigen Engwegen verzögern und weiter rückwärts die erforderlichen Vorbereitungen für die anzudrehende Entscheidung am richtigen Orte treffen zu können. Zu diesen bis zu den höchsten Höhen der Paßübergänge hinaufsteigenden Sperrposten müssen aber umfangreichere und stärker besetzte Rückhaltsstellungen hinzukommen, um sie nicht vollständig in der Luft schweben zu lassen oder überall stärkere mobile Kräfte zu ihrer Unterstützung bereithalten zu müssen. Sie werden in den Tälern liegen, in denen eine größere Anzahl der Uebergangswege zusammenläuft, und vielfach schon den Charakter von Festungen annehmen, wenn sie auch gegen Umgehungen gesichert werden sollen (Talsperren). Außer den Verteidigungswerken wird aber die Gebirgsbefestigung auch die Herstellung zahlreicher Kunststraßen nötig machen, welche Arbeit bei dem Grenzfluß meist ganz erspart wird, hier aber zur Verbindung der einzelnen Pollen mit der Talsperre und untereinander sowie überhaupt zur Erreichung der Bauplätze von den vorhandenen Straßen aus erforderlich ist.
Entbehrt die Grenze einer starken Barriere und erlaubt die Beschaffenheit des Landes auch nicht deren künstliche Herstellung (wie die Inundationszone der »Neuen holländischen Wasserlinie« in Holland), so sucht die Landesbefestigung Abschnitte geringerer Bedeutung zu benutzen, wobei ein näheres Zusammenrücken der festen Plätze nötig werden wird als bei der Strombarriere und unter Umständen die Anwendung beteiligter Linien am Platze sein mag (Maas- und Mosellinien an der französischen Ost-, Narewlinie an der russischen Westgrenze).
Auf eine reiche Ausstattung des Landes im Innern mit Festungen, die in entsprechender Weise mit Ausnutzung wichtiger Geländeabschnitte angelegt werden, wird jetzt weniger Wert gelegt als früher, da ihre Verwertung als Depotplätze, an die man zumeist denkt, für die Armee in den Hintergrund getreten ist. Jedoch lehrt der Krieg von 1870/71, daß diese Festungen doch von großem Vorteil sein können, indem sie bedeutende Kräfte des Gegners an sich fesseln und ganze Gebiete gegen Invasion sichern und für die Neuaufteilung von Streitkräften zur Verfügung halten. Selbst kleine, veraltete Plätze können für solche Zwecke noch von Vorteil sein. Im Innern kommt vorzüglich die Beteiligung der Landeshauptstadt zur Sprache, und sie ist überall dort am Platze, wo, wie in Frankreich, eine derartige Zentralisierung aller Organe des politischen und wirtschaftlichen Lebens Platz gegriffen hat, daß das Land mit der Hauptstadt seines Kopfes beraubt wird. Diese wird dann wie in den kleineren Staaten auch zum, Zentralpunkt der Landesverteidigung.
Daß im allgemeinen die großen, als Hauptplätze der Industrie und des Handels sich mächtig entwickelnden Städte, die meist von alters her mit Festungswerken umgürtet waren, auch als wichtigste Festungen beibehalten werden müssen, erklärt sich daraus, daß sie stets aus Ansiedlungen sich herausgestalteten, die an den Schnittpunkten der natürlichen Verkehrslinien (große Gewässer und durch die Bodengestaltung vorgeschriebene Straßen) entstanden waren, und daß der weitere Ausbau der Verkehrswege deren Knotenpunkte in ihnen fand und immer zahlreichere Straßen ihnen zuführte. Die für die Kriegführung in erster Linie notwendige Beherrschung des Verkehrsnetzes gibt diesen Städten also eine hervorragende strategische Bedeutung und erheischt ihre Beibehaltung als Festungen. Hier muß der Festungsbau allerdings auf das für das Allgemeinwohl notwendige Entwicklungsbedürfnis der Städte Rücksicht nehmen und darf sie nicht durch enge Umschließung mit Hindernissen in ihren Lebensbedingungen hindern. Damit ist aber nicht ausgesprochen, daß man bei diesen Festungen sich mit Fortgürteln begnügen und die Stadtumwallungen ganz beseitigen dürfe, denn unter solcher Maßregel würde die Widerstandskraft außerordentlich leiden und der Zweck der Festung verfehlt fein; man soll vielmehr Sorge tragen, daß die Umwallung stets einen für die vorauszusehende Entwicklung der nächsten Zeit genügenden Spielraum biete, und soll die Umwallung weiter hinausschieben, sobald dazu ein Erfordernis vorliegt. Daß dies nicht so bedeutende Kosten verursacht wie in früheren Zeiten, ist eine Errungenschaft des Ausbaus zur Gürtelfestung, denn deren jetzige Umwallungen brauchen nicht mehr aus starken und hohen Wällen mit vielen kostbaren Mauerbauten zu bestehen, sondern es genügen dem Zweck leichte Hindernis- und Verteidigungslinien, sobald nur vor ihnen ein freies Schußfeld erhalten bleibt, das die gedeckte Annäherung an die Stellung verbietet. Und deshalb bedarf es vor allem der Aufrechterhaltung der Baubeschränkungen im Rayon der Umwallung [10], [22], [13].[739]
B. Taktische Gesichtspunkte.
Die Festung bedarf einer derartigen baulichen Einrichtung und Ausstattung mit Mitteln, daß eine möglichst kleine Besatzung 1. sie gegen alle überraschenden und mit den Mitteln der Feldarmee ausführbaren Unternehmungen halten und 2. dem hierdurch zur Heranziehung kräftigerer Mittel gezwungenen Angreifer auf möglichst lange Zeit (ideal: auf die Dauer des Feldzuges) erfolgreich Widerstand leisten kann.
Da die lebenden Streitkräfte im umgekehrten Verhältnis der sie unterstützenden Kampfmittel und Verstärkungen liehen, so wird nur eine zur Friedenszeit mit den Mitteln der ständigen Befestigung erbaute und mit den wirksamsten Verteidigungsmitteln ausgestattete Festung der Bedingung einer minimalen Besatzung genügen, dagegen ein mit den Mitteln der Behelfs- oder Feldbefestigung verstärkter Ort nur mit Hilfe verhältnismäßig gesteigerter Streitkräfte (im ungefähren Verhältnis von 1 : 2 : 4) verteidigt, gegen die Wirkung der schweren Angriffswaffen aber nicht dauernd gehalten werden können. Der ersten oben aufgestellten Forderung entspricht eine zusammenhängende, den Ort umschließende Kampfstellung (Umwallung, Enceinte) mit starkem und gut flankiertem Hindernis. Eine solche genügte zur Kugelzeit auch der zweiten Anforderung, und die Umwallung wurde deshalb mit allen Mitteln gegen den »förmlichen Angriff« ausgestattet. Damals unterschied man nach der Größe des Platzes und seiner Besatzung Teilungen erster, zweiter und dritter Klasse. Diese einfach umwallten Stadtfestungen entsprechen jetzt nicht mehr den strategischen Anforderungen und nicht mehr den taktischen des heutigen »belagerungsmäßigen Angriffs«. Man stattet sie als »Festungen mit Armierung zweiter Ordnung« nur noch mit Mitteln gegen Unternehmungen der Feldarmee aus, wobei immerhin zu berücksichtigen ist, daß auch diese jetzt über eine Zahl schwerer Geschütze verfügt. Die »Festungen mit Armierung erster Ordnung« sind Fortfestungen und werden mit Kriegsbesatzung und Mitteln für die Verteidigung gegen den belagerungsmäßigen Angriff ausgestattet. Ihre Kampfbedingungen sind günstiger, da der Verteidiger nicht mehr auf die dem Gegner leicht zielbare hohe Wallstellung beschränkt ist, sondern das Gelände, in dem die Werke des Fortgürtels sichere Stützpunkte bieten, in gleicher Weise wie jener ausnutzen kann. Auch bieten sie insofern einen gewissen Schutz gegen Bombardement der Stadt, als der Angreifer nicht mit allen, sondern nur mit den weitertragenden Geschützen über den Fortgürtel hinweg diese erreichen kann. Vollständiger Schutz gegen Beschießung ist nur bei den sehr umfangreichen Armeefestungen des Auslandes angestrebt, wie wir sie bei dem Zentralsystem in Antwerpen, Amsterdam, Bukarest, auch Paris finden. Da der Fortgürtel zur Hauptverteidigungsstellung wurde, hat die Kernumwallung der Stadt an Bedeutung verloren und kann, mit alleiniger Rücksicht auf einen gewaltsamen Angriff, in einfachster Weise gestaltet und ausgestattet werden [10].
Der Fortgürtel ergreift in zweckentsprechendem Abstand von der Umwallung (46 km) von denjenigen Stellungen des Vorfeldes Besitz, welche die günstigsten natürlichen Verhältnisse für die Verteidigung bieten. In ihm sollen die Forts als starke Stützpunkte dienen und den Angriff auf sich ziehen, müssen also die taktisch wichtigsten Punkte im Gelände innehaben, vor allem starke Infanteriestellungen darstellen und das Zwischengelände mit ihrem Geschützfeuer kräftig bestreichen. Sie bedürfen der administrativen Selbständigkeit, um nicht auf die vielleicht durch feindliches Feuer unterbrochene Verbindung mit der Festung angewiesen zu sein, also Ausstattung mit Unterkunftsräumen für die Besatzung und alle ihre Bedürfnisse für Kampf und Lebensführung: sie bedürfen der taktischen Selbständigkeit, um auch einem umfassenden Angriff standzuhalten, also einer zusammenhängenden, auch die Kehle umschließenden sturmfreien Verteidigungsstellung. Die Selbstverteidigung wird wesentlich unterstützt durch leichte Schnellfeuerkanonen (Sturmgeschütze), die am günstigsten in Senkpanzern untergebracht werden, um sie bis zum Bedarfsfalle möglichst unversehrt zu erhalten. Um nicht durch Ueberschütten mit feindlichen Geschossen an dem Ueberschauen des Vorfeldes gehindert zu werden, sind gepanzerte Beobachtungsstände notwendig, die meist auch zur Aufnahme der das Vorfeld erleuchtenden elektrischen Scheinwerfer benutzt werden. Die Kampfartillerie findet am besten ihre Aufteilung außerhalb der Forts; ist man aber (durch besondere örtliche Verhältnisse oder bei isolierten Werken) gezwungen, die Artillerie ganz oder teilweise in diese aufzunehmen, so muß man auch innerhalb des Forts die Aufstellungsräume der Infanterie und der Artillerie voneinander scheiden, um nicht dem Feind es zu erleichtern, zugleich mit der Fernkampf- auch die Nahkampfstellung zu vernichten. Um in ihrer zielbaren Stellung den Geschützen eine längere Kampftätigkeit zu ermöglichen, werden sie durch Panzer geschützt. Die der Flankierung des Zwischengeländes dienenden Geschütze sollen der feindlichen Feuerwirkung möglichst ganz entzogen fein; wenn sie nicht unter Panzer stehen, werden sie nahe ihrem Verwendungsraum in bombensicherem Hohlraum untergestellt oder besser in Traditorkasematten, die hinter der Kehle des Werkes so angeordnet sind, daß deren Wall- und Brustwehrkörper ihnen als Maske und Schutz gegen feindliches Feuer dient (Fig. 7).
In dem 23 km messenden Zwischengelände der Forts (bei größeren Abständen werden kleinere Zwischenwerke eingeschoben) hat in erster Linie die Infanterie jeden Durchbruchsversuch abzuwehren, also die hierfür geeignetste Stellung zu besetzen und zur Verteidigung einzurichten. Dieser Kriegsarbeit kann aber und muß bei Grenzfestungen dadurch im Frieden vorgearbeitet werden, daß die für geschlossene Abteilungen erforderlichen Schutzräume u. dergl. im Massivbau hergestellt werden. Die Infanteriestellung gewährt der Kampfartillerie taktischen Schutz, der das rückwärtige Gelände zur Verfügung steht. Hier werden die wichtigsten der Sicherheitsarmierung dienenden Batterien, sei es in Form offener (Wurfgeschütze) oder gepanzerter [740] Werke (Flachbahngeschütze) und alle als Kriegsbauten nicht zuverlässig herzustellenden Einrichtungen, wie Munitions- und Unterkunftsräume, bereits im Frieden angelegt, ebenso die Verkehrswege, die zur Beschleunigung des Artillerieaufmarsches von größter Wichtigkeit sind (Straßen, Schienenbahnen, Telegraphenlinien im Gürtel wie in radialer Richtung) soweit ausgebaut, daß ihre Inbetriebsetzung in kürzester Frist stattfinden kann [1][3], [4], [5], [11].
C. Technische Gesichtspunkte.
Die bauliche Ausführung hat sich den strategischen und taktischen Gesichtspunkten unbedingt unterzuordnen und dahin zu streben, daß die Stellung ihr Widerstandsvermögen auch nach anhaltendem heftigen Kampfe noch bewahrt und daß das Maß der Sicherung der Verteidigungsmittel im, richtigen Verhältnis zu deren Wichtigkeit für die hartnäckige Verteidigung steht.
Da die Beteiligung die Potenzierung aller durch das Gelände gebotenen Vorteile bezweckt, muß die Festung in der Anordnung der Kampfstellungen sowohl als in den Formen jedes einzelnen Gliedes gewissermaßen aus dem Gelände herauswachsen, jedes Werk als die Frucht des eingehendsten Terrainstudiums das günstigste Kampfverhältnis bieten, das in dem betreffenden Gelände überhaupt zu erreichen ist. Dadurch verbietet sich jedes Schablonisieren im Festungsbau, und wenn auch gewisse Normen und Typen aufgestellt werden müssen, können diese immer nur für bestimmte geographische Verhältnisse als Grundlage dienen, um für die Aufstellung von Entwürfen in dem einzelnen Fall Anhaltspunkte, niemals aber ein Schema zu bieten.
Da die außerordentliche Treffsicherheit der modernen Artillerie das Mittel bietet, jedes betreffs seiner Lage und Entfernung festgestellte Ziel mit einer beliebigen Zahl von Treffern zu belegen, muß die Befestigung dahin trachten, ihre Werke möglichst unzielbar zu machen, d.h. im[741] Gelände verschwinden zu lassen. Der hohe Aufzug früherer Wälle, der die Uebersicht des Vorfeldes begünstigte, mußte aufgegeben werden; von 8 m Ueberhöhung des Vorfeldes ging man auf 4,5 m (Fig. 4) und sogar auf 3 m (Fig. 6) herunter. Ferner mußten die Traversen, die zum besseren Schutz gegen Schräg- und Seitenfeuer die Feuerlinie überragten, entweder ganz beseitigt oder, wo sie (wie bei den Batterien) der darin eingeschlossenen Untertreträume und Verkehrswege (Treppen) wegen beibehalten werden mußten, mit ihrer Krone bis zur Höhe der Feuerlinie gesenkt werden, da sie wesentlich zur weiten Sichtbarkeit der Werke beitrugen.
Da keine der früheren Deckenkonstruktionen aus Stein oder Eisen der Wirkung der in Mitte der achtziger Jahre eingeführten Sprengstoffgranaten standhielt und dabei dem durch die trefflicheren modernen Steilbahngeschütze erreichten Einfallwinkel von 60° jeder Versuch, einen Mauerbau durch eine vorliegende Maske zu sichern, aussichtslos wurde, mußte die Anwendung freistehenden Mauerwerks auf die Rückseite der Werke beschränkt und die Herstellung der Decken aus Steingewölben ganz aufgegeben werden. Ein tadelloser Zementbeton erwies sich als einziges, bei hinreichender Stärke der Geschoßwirkung widerstehendes Baumaterial für Mauerbauten ([13], Bd. XIX und XX). Vorhandene Hohlbauten suchte man durch Aufbringen einer 1 m starken Betonschicht über einem Sandpolster zu verstärken, bei Neubauten wurden schon in den sechziger Jahren in Kopenhagen, in den achtziger Jahren bei den belgischen Maasfestungen alle Hohlbauten von der Sohle bis zum Scheitel in Beton ausgeführt, der neben der schnellen Herstellbarkeit den Vorzug der Plastizität besitzt und nach der Erhärtung eine homogene Masse bildet, in der die Hohlräume beliebiger Gestalt ausgespart sind. Er kommt jetzt bei Mauerbauten fast allein zur Verwendung, ist aber sehr verschiedener Güte je nach den Eigenschaften seiner drei Bestandteile (Sand, Zement und Steinbrocken) und nach der Sorgfalt der Herstellung. Um dem Mauerwerk einen gewissen Schutz gegen Geschosse zu geben, pflegte man es früher überall, wo es diesen ausgesetzt war, mit Erde einzumanteln; bei der großen Eindringungstiefe der Granaten in den Boden bedarf es aber einer sehr bedeutenden Stärke der Erddecke, um das Eindringen bis in unmittelbare Nähe des Mauerwerks zu verhindern; anderseits liegt die Gefahr vor, daß die Sprengwirkung minenartig noch gesteigert wird. Um dies zu vermeiden, gibt man den Erddecken, wo man sie überhaupt noch anwenden muß, die Stärke von wenigen Dezimetern mit dem Zweck, das Herumspritzen der Sprengstücke zu vermindern. Wo die Decke des Betonmauerwerks freiliegt, wird sie günstig mit harten Steinblöcken abgepflastert (Fig. 10). Um die Fundamente gegen das Unterwühlen durch Brisanzgranaten zu sichern, gibt man ihnen dort, wo sie erreichbar sind, entweder vorspringende Platten (Fig. 1 und 8) oder führt sie tiefer hinab (Fig. 2 und 11). Das Betongewölbe erhält je nach der Spannung von 18 m eine Stärke von 1,23 m; eine dem feindlichen Feuer ausgesetzte Brustwehr aus Sandboden eine solche von 8 m [1][5], [11], [22].
D. Die Bauelemente.
Die Grundrißanordnung ist stets die polygonale mit niederer Bestreichung der Hindernisgräben aus Grabenwehren; nur die Kehlen werden bisweilen bastionär gebrochen und durch kasemattierte Flanken bestrichen.
1. Der aus der Erde geformte Wall soll den auf ihm verwendeten Kampfmitteln freie Uebersicht über das Vorfeld gestatten; an seinem vorderen Rande liegt zum Schutz gegen direktes Feuer die Brustwehr, deren Krone von der inneren Kante (Feuerlinie) mit Neigung geführt ist, so daß ihre Verlängerung (Rasante) mindestens den jenseitigen Grabenrand trifft. Die äußere Böschung fällt mit 3 : 2 zum Graben ab, hinter der inneren bei der Armierung steil[742] abzusteckenden Brustwehrböschung liegt (1,31,4 m tiefer) ein Schützenauftritt oder (1,6 bezw. 2,2 m unter der Feuerlinie für direkt bezw. indirekt feuernde Geschütze) eine Geschützbank. Dahinter folgt bei hohem Wall ein Wallgang (2,5 m breit, 3,5 m unter Feuerlinie), durch Rampen mit der Wallstraße verbunden, sonst unmittelbar der Hof des Werkes. Nur Artilleriewälle erhalten noch Traversen, in deren Hohlräumen sich Untertreträume, Handmagazine und wenn darunter die Kartusch- und Geschoßräume liegen, Treppen und Munitionsaufzüge befinden. Bei der angestrebten tiefen Lage der Feuerlinie und der notwendigen großen Stärke der Decken würde eine sehr tiefe Versenkung des Hofes des Werkes notwendig, wenn man, wie früher, nach diesem sich öffnende Hohlräume unter dem Wall anlegen wollte. Man beschränkt diese daher jetzt mein auf Bereitschaftsräume geringeren Umfanges für die in möglichster Nähe ihres Verwendungsraumes unterzubringende Infanterie und macht sie durch Rampen zugänglich (Fig. 5). In gleicher Höhe mit der Brustwehrkrone schneiden die Betonummantelungen der Senkpanzer ab (Fig. 3 und 5).
2. Der Hindernisgräben ist meist trocken, da auch bei den an großen Flüssen gelegenen Festungen der weit hinausgeschobene Gürtel der Forts zum größten Teil auf den höheren Talrändern günstige Stellungen aufsuchen wird, so daß nur die in der Niederung anzulegenden Werke bisweilen nasse Gräben bekommen können. Diese erhalten zur Festhaltung und Regulierung genügender Wassertiefe (1,8 m) Ein- und Auslaßschleusen (Batardeaus) und werden durch freiliegende Grabenwehren flankiert, die entweder, von der inneren Grabenwand aus zugänglich, gepanzert sind, oder als Inselgrabenwehren, mit starker Erdummantelung versehen, so konstruiert werden, als wenn eine äußere Grabenwehr herausgeschnitten und in den Graben hineingerückt wäre. Wegen der Entwertung durch Frost wird man auch nasse Gräben gern mit dem Hindernis einer äußeren Grabenmauer versehen, wie der trockene Graben es erhält. Fig. 1 und 2 geben davon zwei verschiedene Konstruktionen und zeigen, welch bedeutende Stärken diese Mauern zur Sicherheit gegen Zerstörung durch rückwärtiges Feuer erhalten. Zur Erhöhung der Sturmfreiheit wird am Fuß der inneren Grabenwand und auf der Mauerkrone der äußeren ein Hindernisgitter aufgeteilt. Der Längenbestreichung dienen Grabenwehren (Caponnieren), die dem feindlichen Feuer durch Einbauen in die äußere Grabenwand entzogen werden und demnach nach rückwärts wirken (Fig. 3 und 5). Zum Schutz der Scharten werden vor diesen Trennungsgräben, zur Verbindung mit dem Innern des Werkes, Hohlgänge (Poternen) unter der Grabensohle angelegt, während ein solcher (Galerie) im Innern der äußeren Grabenmauer die Flankierungsanlagen untereinander verbindet (Fig. 3, 4). Die Scharten werden zum besseren Schutz wohl auch mit Panzerschilden oder mit tunnelartigen Vorbauten versehen. Der gedeckte Weg oder Rondengang, der früher stets zwischen äußerem Grabenrand und Glaciscrete eingeschaltet wurde, um als Rückhalt für die Betätigung im Vorfeld zu dienen, wird jetzt vielfach fortgelassen, da im Fortgürtel dieser Zweck durch die Zwischenfeldbesatzung besser erfüllt wird. Fig. 3 zeigt, wie man bei seiner Beibehaltung Unterkunftsblockhäuser für seine Besatzung anordnet und durch Treppen unmittelbar mit der Grabensohle verbindet. Meist wird vor dem Glacis noch ein Vorgraben angeordnet, der, ringsum laufend und mit Hindernismitteln angefüllt, die Sturmfreiheit erhöht und durch kleine, in ihn eingebaute Hohlräume überwacht werden kann. Der Verkehr über den (Kehl-) Graben wird, mittels einer Rampe herabsteigend, über die Grabensohle geleitet und der Zugang an beiden Grabenseiten durch Wachen, jedenfalls an der inneren durch eine Zugbrücke neben den Torverschlüssen gesichert.
3. Unterkunftsräume für die Besatzungen der Werke und ihre Bedürfnisse werden in Forts in der Regel in einem Kasemattenbau zusammengefaßt, der, unter dem Kehlwall angeordnet, nach dem Kehlgraben seine durch Stahlläden geschützten Fenster öffnet und dessen Räume anderseits durch einen geräumigen Korridor zugänglich und untereinander verbunden sind. Es soll hier nach altem Grundsatz für jeden Mann der Besatzung ein Raum von 2,5 qm, für jeden Offizier von 1012 qm berechnet werden, dem Kommandanten ein abgesonderter Raum von 2530 qm zur Verfügung stehen; aber die Kostspieligkeit der Bauten zwingt vielfach, die Ansprüche herabzusetzen, und in Oesterreich rechnet man gewöhnlich für alle Offiziere Betten, für 1/22/3 der Mannschaften Pritschen und für den Rest nur Unterstände (0,51,5 qm). Daneben sind Lazaretträume für 121/2% der Besatzung, Verbandräume für 34% mit ungefähr 5 qm Lagerfläche für den Kranken, ferner Provianträume (pro Mann und Monat 0,12 qm) für drei- bis sechsmonatigen Bedarf, Küchen (3540 qm pro Kompagnie), Latrinen (34% Sitze) und Brunnen bei der Anlage und Raumberechnung zu berücksichtigen. Die Wohnräume müssen mit Heizanlagen, mit guten Ventilationseinrichtungen und elektrischer Beleuchtung versehen werden, weshalb auch für die Lichtmaschine und Kohlenvorräte Raum zu schaffen ist. Früher gestattete der höhere Aufzug der Werke und die geringere Deckenstärke bequem die Anordnung von zweigeschossigen Kasemattenkorps, und in Oesterreich-Ungarn erbaut man solche und selbst dreigeschossige (Fig. 8 und 11) auch jetzt noch mittels Ausnutzung der ganzen verfügbaren Höhe zwischen Grabensohle und Brustwehrkrone, also unter Fallenlassen der Brustwehr in der Kehle über den Kasematten und Ersatz durch Sturmgeschütze in Senkpanzern. Andernorts hat man sich auf eingeschossige Bauten beschränkt und findet Ersatz in größerer Tiefe der Räume (Fig. 3 und 5). Die dem Feind zugekehrte Umfassungsmauer erhält eine Erdvorlage von mindestens 8 m bei 2,5 m Stärke; um aber ein Breschieren durch eine dicht hinter der Mauer einschlagende Granate zu verhüten, bringt man hier auch wohl noch eine Schüttung großer, harter Steine an, in die das Geschoß, bevor es krepiert, nur wenig eindringen kann (Fig. 2) [1], [3], [4], [5], [11], [22]. Kleinere Unterkunftsräume, wie sie in Zwischenwerken und für Unterkunft im Zwischengelände erforderlich werden, werden in geringer Tiefe mit traversiertem Eingang von rückwärts angeordnet und wohl auch mit Eisenträgerdecken versehen, um eine geringere Höhe zu beanspruchen. Die über den Trägern liegende Betondecke wird mit hartem Stein abgepflastert[743] (Fig. 9, 10). In ähnlicher Weise werden auch die Bereitschaftsräume unter dem Frontwall der Forts, Blockhäuser und Wachräume erbaut.
4. Traditorenkasematten liegen am einfachsten an den beiden Enden des nach rückwärts vorspringenden Kehlkasemattenkorps (Fig. 7 und 8), von wo ihre Scharten gerade noch hart an der wenig nach vorwärts streichenden Kehlmauer entlang das Zwischenfeld bis vor die Spitze des Nebenwerkes einzusehen vermögen, während der Gegner, um sie frontal zu fallen, mit seiner Geschützstellung in bedenkliche Nähe an den Fortgürtel herangehen müßte. Wenn sie in mehreren Geschossen angelegt werden, so kann das unterste der Grabenstreichung, das oder die oberen der Traditorenwirkung dienen. Um die Stirnmauer auch gegen Schrägfeuer über die Kehle hinweg zu sichern, führt man sie schräg oder auch abgetreppt aus; auch werden die Scharten wohl mit Panzerschilden versehen [4], [5], [11].
5. Geschützpanzer kommen bei der Binnenlandbefestigung in Gestalt von drehbaren und (für leichte Schnellfeuergeschütze) auch hebbaren Panzerkuppeln oder Panzertürmen zur Verwendung. Im allgemeinen bestehen diese aus einem mit Deckpanzer versehenen Gehäuse für ein oder zwei Geschütze, das wagerecht drehbar in einem aus Betonmauerwerk hergestellten zylindrischen Schacht steht und mit einem ringförmigen Vorpanzer versehen ist, der gegen Unterschießen des Deckpanzers sichern soll. Der Hartguß [20], der, aus verschiedenen Roheisensorten gemischt, durch Guß in eiserner Coquille eine harte Oberflächenschicht über weicherer Unterlage erhält und von dem s. Krupp Gruson Werk in vorzüglicher Güte hergestellt wird, findet jetzt bei der Binnenlandbefestigung keine Verwendung mehr. Zu Deckpanzern kann er nicht benutzt werden wegen seiner geringen Widerstandsfähigkeit gegen Steilfeuer, und auch für die Vorpanzer, die früher lediglich daraus gefertigt wurden, ist seine Verwendung bedenklich, nachdem es der Artillerie gelungen ist, Betonummantelungen geringerer Güte zu zertrümmern. Einer planmäßigen Beschießung würde der Hartgußvorpanzer danach nicht lange standhalten und demnach ein Unterschießen des Deckpanzers zu ermöglichen sein. Deshalb wird der Vorpanzer bei Kanonentürmen neuerdings aus Nickelgußstahl gefertigt und so hoch gemacht, daß jede Gefahr des Unterschießens dadurch beseitigt wird (Fig. 12). Die Kuppelplatten werden in gewalzten und gepreßten Stücken größter Widerstandsfähigkeit (Spezialstahl) gefertigt. Die Konstruktionen der Geschützpanzer für die Binnenlandbefestigungen gehören in Deutschland alle dem[744] von Maximilian Schumann aufgestellten Prinzip der »Panzerlafetten« an. Der mit Minimalscharte versehene sphärische Deckpanzer ruht ausbalanciert auf einem Mittelstiel (Mittelpivot), dessen oberer Teil aus zwei Lafettenwänden besteht, zwischen denen das Rohr, um einen idealen Mittelpunkt in der Scharte drehbar, in lotrechter Richtung bewegt werden kann (Höhenrichtung) und worin zugleich das Mittel gefunden ist, um den ganzen Rückstoß beim Schießen auf die Deckplatte zu übertragen. Diese läuft mit minimalem Spielraum innerhalb des Vorpanzers, so daß sie mitsamt dem Geschütz in wagerechter Richtung leicht gedreht werden kann (Seitenrichtung) und beim Abfeuern des Geschützes unmerklich kippend ihren Halt findet. Ein einziger Mann kann die ganze Drehung eines 12-cm-Kanonenturms um 360° binnen 40 Sekunden ohne Mühe bewirken. Die Konstruktion erlaubt aber auch ein Heben der Pivotsäule samt Geschütz und Decke um einige Zentimeter, was notwendig werden kann, um Klemmungen in der Ringfuge zu beseitigen. Diese Hebbarkeit wurde bei den Senkpanzern soweit gesteigert, daß das hier unter der Deckplatte liegende Rohr bis über die Oberkante des Vorpanzers gehoben werden kann, um in Feuerstellung zu kommen. Zu dem Zweck wurde mittels Hebels und Gegengewichts die Last des Turmes ausbalanciert, so daß das Einsetzen einer geringen Kraft am längeren Hebelarm genügt, um das Heben auszuführen. Die Scharte liegt bei diesen Panzern in einem niedrigen, unter der Deckplatte angebrachten ringförmigen Vertikalpanzer [8], [9], [19], [20], [21]. Während die Senkpanzer der Sturmgeschütze ihren Platz auf der Brustwehrkrone der Infanteriestellung, und zwar am besten auf deren Flügeln finden, werden die Panzertürme der Kampfgeschütze in linealer Aufteilung zu Batterien vereinigt (nur Brialmont macht eine Ausnahme, indem er bei seinen Einheitsforts ihnen eine zerstreute Anordnung gibt Fig. 3). Da sie mit den Unterkünften der Artillerie und ihres Schießbedarfs unmittelbar verbunden sein müssen, ordnet man einen großen Massivbau in Beton an, der Mannschaftsräume, Geschoß- und Kartuschräume (noch zu trennen für Geschütze ohne Patronen) und die notwendigen Verkehrsmittel enthält. Aus seiner Oberfläche ragen nur die Deckpanzer heraus (Fig. 36). Ist man genötigt, die Geschütze mit in das Fort aufzunehmen, so wird dem ganzen Bauwerk ein Platz im Innern, gänzlich abgesondert von der Infanteriestellung, eingeräumt (Fig. 5); für Batterien im Zwischengelände umgibt man einen solchen Bau mit einem Hindernis, am besten mit einem durch Grabenwehren verteidigten Graben. Stets wird die Batterie mit kleinen Beobachtungs-Panzertürmen ausgestattet [4], [5], [11].
6. Befestigungsgruppen. Nachdem die Fortschritte der Artillerie zu einer grundsätzlichen Trennung der Nah- und Fernkampfstellungen und zu einer möglichsten Loslösung der Kampfgeschütze von den Forts genötigt hatten, tat man neuerdings mit Trennung auch der Unterkunftsräume von den Kampfstellungen den letzten Schritt, um durch Vereinzelung der Zielobjekte das feindliche Feuer zu zerstreuen und seine Wirkung abzuschwächen. Es entstanden Befestigungsgruppen an den wichtigsten, für das Festhalten der Hauptkampfstellung entscheidenden Punkten, in denen die einzelnen Anlagen der Tiefe nach gegliedert werden. In vorderster Linie liegen die Nahkampfanlagen in Gestalt von sturmfreien Infanteriewerken und Schützengräben mit bombensicheren Bereitschaftsräumen (Fig. 9 und 10) zur Beherrschung des Vorfeldes und Sicherung des Ortsbesitzes. Die dahinter liegenden Fernkampfanlagen bestehen aus Panzerbatterien für Flachbahn- und Steilfeuergeschütze zu je zwei bis sechs Rohren, erstere dicht hinter dem Höhenkamm, letztere weiter hinter die deckende Erhebung zurückgezogen, mit Beobachtung aus seitlich der Batterien angelegten gepanzerten Beobachtungsständen, mit Fernsprechverbindung, elektrischer Beleuchtung und Lüftungsanlagen In dritter Linie liegen die bombensicheren Unterkünfte, möglichst getrennt für Artillerie und Infanterie, durch bombensichere Hohlgänge verbunden und für die Befehlsführung mit Fernsprecher, Telegraphen und Alarmierungsvorrichtungen ausgestattet. Die ganze Gruppe wird ebenso wie die einzelnen Glieder mit Hindernissen (Drahthindernisse und Hindernisgitter) umgeben [4], [10], [11].
7. Durch Verkehrsmittel ist die Gürtelstellung der Forts oder Gruppen in allen Teilen mit allen in und bei der den Kern der Festung bildenden Stadt gelegenen Depots und Unterkunftsbauten der Oberleitung (Gouvernement) und der Reserven der Besatzung zu verbinden. Als Verkehrsweg wird eine Ringstraße hinter der Linie der Werke angelegt und diese durch strahlenförmig geführte Straßen mit der Stadtumwallung verbunden. Diese gut beteiligten Straßen müssen dem Auge des Feindes entzogen werden, und soweit dies nicht durch geschickte Benutzung von Geländedeckungen möglich ist, wird die Anlage von Baumpflanzungen und Hecken als Masken notwendig. Die Straßen erhalten eine solche Breite, daß auf ihnen ohne Störung des Verkehrs von Wagen- und Truppenkolonnen eine Schienenbahn Platz findet, die aus bereitliegendem Material meist erst bei der Armierung fertiggestellt wird, wobei aber dem Friedensverkehr dienende Straßenbahnen Verwendung finden können. Einheitliches Material ist dazu die Vorbedingung. Ferner wird ein alle Werke zweckmäßig für die Bedürfnisse der Oberleitung verbindendes Telegraphennetz bereits im Frieden vollständig ausgebaut und eventuell durch Signalsystem und Fernsprecher vervollständigt.
II. Küstenbefestigungen.
A. Strategische Gesichtspunkte.
Die beste Sicherung der heimatlichen Kulten besteht in der Beherrschung der Meeresteile, welche die feindlichen Streitkräfte behufs Ausführung ihrer Unternehmungen (Beschießungen, Landungen) mit Kriegsschiffen und Truppentransporten überschreiten müssen, also in der Bereithaltung einer starken Kriegsflotte. Einer als übermächtig sich erweisenden Seemacht gegenüber, also bei erzwungenem defensiven Verhalten der Flotte, müssen Befestigungen feindlichen[745] Seeangriffen, Beschießungen, Landungen, Verfolgung der eignen Kriegs- und Handelsschiffe entgegentreten und dem Gegner die Benutzung unsrer Hafenanlagen für seine Zwecke verbieten.
Für die Marine bieten Kriegshäfen die Basis für alle Unternehmungen und sind deshalb für diese viel wichtiger und unentbehrlicher als die Festungen für die Armee, die sich mittels Eisenbahnen auf das ganze Vaterland basiert. Die Auswahl der hierfür geeigneten Oertlichkeiten wird beschränkt durch die Anforderungen: nächst einer günstigen Lage zu den zu beherrschenden Gewässern ein geräumiges, gegen Sturm, Wind und Gefrieren möglichst geschütztes Hafenbassin mit günstigem Ankergrund und leicht zu sperrendem Zugang; ein Ufergelände, das die Anlage von Kais und Docks, Werften und sonstigen Marineetablissements begünstigt und die unmittelbare Zuführung von Schienenwegen gestattet; eine derartige Gestaltung der Küste, daß der Gegner am Einblick in den Hafen und womöglich auch an dessen erfolgreicher Beschießung gehindert wird. Daneben ist aber auch die Gestaltung des Binnenlandes ins Auge zu fassen, denn bei richtiger Anordnung und hinreichender Stärke der Küstenbefestigungen ist nach neueren Erfahrungen ein Seeangriff allein nicht imstande, den Sieg zu erringen, und gegen die zu erwartenden Angriffe auf der Landseite, die allein zum Ziele führen können, muß der Kriegshafen auch hier befestigt werden. Die Landbefestigungen weichen nicht von denen der Binnenlandfestungen ab. Als Basispunkte für die Unternehmungen der Marine sind die Kriegshäfen als Offensivfestungen zu betrachten.
Feindlichen Landungsversuchen tritt die Landmacht mit allen Waffen entgegen. Zu dem Zweck wird die Küste in Verteidigungsbezirke geteilt, Spezialreserven werden für diese bereitgestellt und an gefährdete Stellen Abteilungen vorgeschoben; als Generalreserve für mehrere Bezirke wird ein stärkeres Korps an einem Eisenbahnknotenpunkt aufgestellt. Die Küste wird durch ein Korps besonders ausgebildeter Signalgasten und durch Kreuzer, die Erkundungsfahrten ausführen, beobachtet, alle Seezeichen entfernt und dem Nachrichtendienst Telegraphenlinien, Funkentelegraphie, akustische und optische Signale dienstbar gemacht. An besonders gefährdeten Punkten muß aber die Befestigung eingreifen, indem sie die dem Gegner günstigen Fahrwasser durch Hindernisse und Seeminen sperrt und Batterien anlegt, welche die Hindernislinien bestreichen und feindliche Unternehmungen bekämpfen. In erster Linie sind hier die Mündungen der großen Flüsse zu berücksichtigen, zumal diese bequeme Zufahrtstraßen zu den großen Handelsplätzen bilden. Indem man sie durch Hindernisse und Befestigungen sperrt, werden auch diese am besten geschützt [14].
B. Taktische Gesichtspunkte.
Die Küstenbefestigungen haben die Aufgabe, feindliche Schiffe so fern zu halten, daß sie weder Truppen landen noch die schützenden Objekte (im besonderen Häfen und Marineetablissements) durch ihr Feuer schädigen können, und daß der eignen Flotte das Ein- und Auslaufen behufs offensiver Unternehmungen, Erkundungen oder des notwendigen Rückzuges gesichert ist. Weiter vordringenden feindlichen Schiffen sollen sie das Fahrwasser (den Eingang zum Hafen) sperren und, wenn trotzdem der Durchbruch gelungen, sie noch im Innern des Hafens bekämpfen.
Für die Anordnung der Küstenbefestigung sind die Eigentümlichkeiten der Angriffsmittel bestimmend: 1. Panzergeschützte, mit schwerstem und weitesttragendem Geschütz ausgestattete Schiffe; deshalb sind die Befestigungen so weit vor die zu schützenden Objekte (Hafen und Marineanlagen) vorzuschieben, daß diese den Schiffsgeschützen nicht erreichbar sind, und müssen Geschütze solcher Leistungsfähigkeit enthalten, daß die Schiffspanzer auf gewisse Entfernungen von ihren Geschossen durchschlagen werden. 2. Ueberraschendes, plötzliches Auftreten des Angreifers unmittelbar nach Ausbruch des Krieges ist zu gewärtigen und deshalb eine hohe Gefechtsbereitschaft schon im Frieden erforderlich. 3. Große Geschwindigkeit, mit der die Schiffe die gefährdete Zone durchlaufen; deshalb ist deren möglichste Verstärkung anzustreben und zu erreichen durch eine derartige Zusammenstellung von Flachbahn- und Steilfeuerbatterien, daß deren Wirkungssphären sich ergänzen. Die der Flachbahngeschütze ist die kleinere, begrenzt durch die Entfernung, die noch ein Durchschlagen der Seitenpanzer in Aussicht stellt, die der Steilfeuergeschütze ist die größere und beginnt auf Entfernungen, wo die Fallkraft des Geschosses genügt, um den Deckpanzer zu durchschlagen. Die Batterien sind demnach so anzuordnen, daß das Distanzmaximum der Flachbahnbatterien weiter hinaus greift, als das Distanzminimum der Steilfeuerbatterien zurückliegt, daß sich beide Wirkungssphären also übergreifen und daß durch Anordnung von Hindernislinien die Fahrt der feindlichen Schiffe gerade in der durch beide Geschützarten gefährdeten Zone aufgehalten wird. Zur Steigerung der Wirkung wird eine größere Geschützzahl und möglichste Begünstigung des Schnellfeuers beitragen.
Neben den aus Flachbahn- und Steilfeuerbatterien zusammengesetzten Gruppen für die Fernwirkung (also schweren Kalibern) bedarf die Verteidigung der Unterstützung durch schneller feuernde mittlere Kaliber, die teils die rascheren aber schwächer gepanzerten Kreuzer auf größere Entfernung bekämpfen, teils die schweren Batterien innerhalb der Minenzone bei Abwehr des eindringenden Gegners unterstützen können. Während aber für jene eine hohe Lage günstig ist, ist für letztere eine tiefe Lage nicht unvorteilhaft; geboten ist sie für eine vierte Klasse von Batterien, nämlich kleine Schnellfeuerkanonen zur Bekämpfung kleiner Fahrzeuge, wie der Torpedoboote, die auch das flache Fahrwasser dicht am Strande benutzen können. Die verschiedene Höhenlage der Batterien ist von wesentlichem Einfluß auf ihre Eigenart. Im[746] allgemeinen ist nämlich das Küstengeschütz selbst in viel günstigerer Lage als das der Binnenfestung, weil ein wirksamer Treffer vom Schiff aus viel seltener zu erreichen sein wird als umgekehrt, weil die Wirkung eines einzelnen Treffers gegen das Schiff für dessen Gefechtsfähigkeit viel verhängnisvoller werden kann als der denkbar beste Treffer gegen eine zweckmäßig angelegte Küstenbatterie, und weil endlich die angreifenden Schiffe durch die Rücksicht auf ihre nur beschränkte Munition verhindert sind, die Dauer des Kampfes beliebig auszudehnen. Sind mithin die Geschütze, gegen welche die weniger zahlreichen schwereren Kaliber zur Sprache kommen, verhältnismäßig wenig gefährdet, so tritt um so mehr die Wirkung massenhafter Streugeschosse und Sprengstücke sowie die der kleinkalibrigen Geschosse gegen die Bedienungsmannschaft in den Vordergrund, und die Notwendigkeit des Schutzes für die Geschütze tritt zurück hinter der Forderung, im Interesse anhaltenden Schnellfeuers die Bedienung zu sichern. Es ergibt sich daraus, daß eine Küstenbatterie auch ohne Panzerschutz den Kampf mit gepanzerten Schiffen wohl aufnehmen kann, wenn sie durch überhöhende Lage begünstigt wird, und daß in solchem Fall die Sicherung der Mannschaft durch Splitterschirme, die mit der (Mittelpivot-) Lafette fett verbunden sind, ausreicht. Anders ist es bei einer tief gelegenen Batterie, die sich der Längsbestreichung und Umfassung nicht entziehen kann. In diesem Fall ist die Anwendung von Geschützpanzern notwendig, da weit übergreifende Traversen durch die Forderung großen Gesichtsfeldes ausgeschlossen sind und Splitterschirme wohl die unmittelbar am Geschütz befindlichen Mannschaften, aber nicht den Verkehr mit den Munitionsräumen sichern, mit der Unterbrechung der Munitionszufuhr aber auch die Feuertätigkeit in Frage gestellt wird. So ergibt sich die Möglichkeit offener Batterien in hoher Lage und die Notwendigkeit gepanzerter Batterien in tiefer Lage. Haben diese nur in einer engbegrenzten Richtung sich zu betätigen, z.B. ein schmales Fahrwasser der Länge nach zu bestreichen, so können feststehende Geschützstände einer Panzerbatterie zur Anwendung kommen, während bei der Forderung größeren Gesichtsfeldes zum drehbaren Panzerturm gegriffen werden muß.
Ein weiterer Unterschied wird durch die verschiedenen Anforderungen an den Gesichts-Winkel des Werkes begründet. Ist ein Angriff von mehreren Seiten nicht durch die örtlichen Verhältnisse ausgeschlossen, so wird ein rings geschlossenes Werk, ein Küstenfort, am Platze sein, und ist man im Interesse des Schutzes des Hafens gezwungen, dies weit in die See vorzuschieben und auf einem Riff, einer Sandbank oder künstlichen Insel anzulegen, so bezeichnet man es als Seefort. Jedoch müssen auch einfache Batterien eine Infanteriebesatzung und einen durch diese zu verteidigenden Kehlschluß erhalten, wenn ihre Gefährdung durch Landungstruppen nicht ausgeschlossen ist. Außer den Artilleriewerken und Hindernislinien (hauptsächlich Seeminen) erfordert die Verteidigung die Anlage von Beobachtungsstationen, um die Stellung und Fahrt der feindlichen Schiffe dauernd beobachten und das rechtzeitige Spieler der Beobachtungsminen veranlassen zu können, und Scheinwerferstationen, die geeignet sind, das ganze Minenfeld zu erleuchten. Der Gefechtsleitung dienen Telegraph und Fernsprecher [9], [12], [14].
C. Technische Gesichtspunkte.
Entsprechend der Art und Leistungsfähigkeit der vom Angreifer verwendbaren Geschütze muß Material und Konstruktion der Deckungen bei den Küstenbefestigungen der Schuß- und Geschoß Wirkung der schwersten Flachbahngeschütze entsprechen, braucht aber auf Wirkung des Steilfeuers keine Rücksicht zu nehmen.
Wie bei der Binnenlandbefestigung darf kein Mauerwerk dem direkten Feuer ausgesetzt werden, und die aus reinem Sande zu schüttenden Brustwehren müssen wegen der mächtiger Wirkung der Granaten der Flachbahngeschütze eine Stärke von mindestens 12 m erhalten; e genügt aber, wenn durch die Lage der Landangriff ausgeschlossen ist, Mauerbauten durch vor liegende Masken gegen 7° Fallwinkel zu decken. Hat ein Küstenwerk. aber auch auf du Möglichkeit Rücksicht zu nehmen, daß es von der Landseite beschossen wird, so ist auch Steilfeuer zu gewärtigen und sind in dieser Beziehung die Grundsätze der Binnenbefestigung maß gebend. Dem mächtigen Stoß der Geschosse der schwersten Kaliber müssen bei Anwendung von Panzern Eisenmassen von großem Gewicht entgegengestellt werden, eine Häufung der Treffe gegen einzelne Teile ist aber höchst unwahrscheinlich und Steilfeuer auf wirksame Entfernung nicht zu gewärtigen; deshalb ist auch der Hartguß bei der Küstenbefestigung nicht nur zu lässig, sondern unter Umständen (wegen der größeren Gewichte der Konstruktionsteile) auch vorteilhafter. Zunächst ist er anzuwenden für die Vorpanzer, da ein planmäßiges Zerstören de Betonummantelung nicht zu gewärtigen ist; weiter wird aber auch für Panzerbatterien und für die Türme der schwersten (28 und 30,5 cm) Kanonen, die in der Regel der Kostenersparnis wegen für je zwei Rohre eingerichtet werden, der Hartguß auch ferner zur Herstellung der Panzerdecke benutzt werden können, da man den einzelnen Platten in diesem Falle Abmessungen: und Gewichte geben kann, die der Ungeheuern Stoßkraft von 1000012000 m/t eine noch hin reichende Masse entgegenstellen. Nur die Schartenplatte wird man aus Nickelstahl fertige müssen. Für die mittleren Kaliber lassen sich derartige Masten in nutzbarer Form nicht gewinnen, und man greift hier um so mehr zum Stahlguß, als man diesen Geschützen nur Sicherung gegen mittlere Schiffskaliber zu geben pflegt, da die schwersten Kaliber in der Marine so schwach vertreten und so dürftig mit Munition ausgerüstet sind, daß sie sich hauptsächlich auf die Bekämpfung der schwersten Küstengeschütze beschränken müssen und eine beabsichtigt Beschießung der mittleren Panzer kaum in Frage kommt. Um die zur Durchschlagung von Schiffspanzern notwendige große Geschoßgeschwindigkeit zu erreichen, gibt man den Geschützröhren eine bedeutende Länge (40 und mehr Kaliber); wollte man nun, wie es bei der Binnenlandbefestigung[747] angestrebt werden muß, diese Rohre in ganzer Länge durch Panzer schützen, so würden diese einen übermäßigen Umfang erhalten; man hat sich deshalb darauf beschränkt, nur den hintersten Teil der Rohre in Panzerschutz zu bringen, und ein beträchtlicher Teil des langen Feldes ragt aus der Scharte hervor. Man trägt hier weniger Bedenken als bei der Landbefestigung, da ein gezieltes Granatfeuer der Schiffsgeschütze gegen die Panzer ausgeschlossen ist und nur Zufallstreffer das Rohr beschädigen werden.
Im Interesse der möglichsten Ausnutzung der beschränkten Zeitabschnitte, die zur Bekämpfung der mit großer Fahrgeschwindigkeit sich bewegenden Schiffe nutzbar zu sein pflegen, ist die größte Fürsorge auf ungestörte Zufuhr der Munition zu verwenden, die Anordnung der Munitionsmagazine also derart zu treffen, daß die Munition auf kürzestem Wege, mit geringstem Aufwand an Zeit und Arbeitskraft und gesichert gegen feindliches Feuer zu den Geschützen gebracht werden kann. In Anbetracht der großen zu bewegenden Gewichte ist auch der Schutz der hierzu nötigen maschinellen Einrichtungen erforderlich. Es liegt auf der Hand, daß diesen Bedingungen nur in Panzerbatterien vollständig entsprochen werden kann, da hier die Magazine unmittelbar neben dem Unterbau des Turmes anzuordnen sind und die Beförderung zum Geschütz von hier unter dem Schutz des Panzers erfolgt. Während die zum Teil sehr umfangreiche Munition bei dem Erfordernis großer schußfertiger Vorräte viel mehr gesicherten Lagerraum bedingt als die Munition der Festungsgeschütze, braucht für die Besatzung der Werke meist nicht durch Wohnkasematten gesorgt zu werden, da sie immer nur auf kurze Zeit und niemals dauernd in Tätigkeit tritt, für die Bereitschaften wenig Untertretraum erforderlich wird, die Wohnräume aber außerhalb der Werke angelegt werden können [9], [20].
D. Die hauptsächlichsten Bauobjekte der Küstenbefestigung.
1. Die offene Küstenbatterie besteht aus einem einfachen Wall, hinter dessen mächtiger Brustwehrschüttung die Geschützbänke vereinzelt zwischen starken Traversen, mindestens 24 m von Mitte zu Mitte, angeordnet und durch Treppen mit dem hinter ihnen und den Traversen ununterbrochen sich hinziehenden tieferen Wallgang verbunden sind. Die Brustwehr wird ebenso wie die Bettung in ihrem innersten Teil aus Beton gebildet. Bei der früher üblichen Aufstellung der Geschütze in Vorderpivotlafetten wurde die Feuerlinie geradlinig zwischen den übereck gestellten würfelförmigen Traversen geführt, wodurch ein Gesichtswinkel von 90° gewonnen wurde. In den rückwärtigen Teil der Traversen waren Munitionshandmagazine eingebaut, die durch Aufzüge mit den darunterliegenden großen Munitionsmagazinen verkehrten und den Geschützbänken vermitteln kleiner Türen den Schießbedarf auf kleinen Geschoßwagen übermittelten. Eine wenig abweichende Anordnung zeigen auch Fig. 13 und 14, die eine englische Batterie mit Mittelpivotlafetten darstellen. Die runde Drehscheibe dieser Lafetten wird in eine halbzylindrische Ausbuchtung der Brustwehr eingebaut, die Krone der rückwärts ganz in Beton gemauerten Traversen in Verlängerung der Brustwehrkrone geführt, um die gleichmäßigere Erhebung der Batterie weniger zielbar zu machen; die Seitenwände der Traversen stehen winkelrecht zur Front und bieten deshalb mehr Raum für Einbauten, die im übrigen ebenso wie bei den obigen älteren Batterien das Obergeschoß der unterliegenden Munitionsräume bilden. Die Verflachung der Traversenkrone gewährt dem darüber wegschauenden Geschütz einen größeren Gesichtswinkel. Neuerdings sucht man die Batterien der Sicht des Gegners völlig zu entziehen und gibt den Flachbahnbatterien so wenig Aufzug, daß sie vorliegende Geländedeckungen gerade noch überschießen können. Infolgedessen können die Hohlbauten aber nicht mehr unter den Geschützbänken sich fortsetzen, sondern nur noch eingeschossig zwischen diesen und auf den Flügeln der Batterie angelegt werden, wenn man nicht wie bei der Binnenlandbefestigung sie unter den Bauhorizont versenken kann. Die Zwischenräume der Geschützbänke hängen dann von der Masse der zwischen ihnen unterzubringenden Munition und deren Raumbedarf ab, und da die Durchführung möglichsten Schnellfeuers ohne Rücksicht auf den Munitionsverbrauch eine sehr starke Munitionsdotierung verlangt, werden diese offenen Batterien sehr viel Raum beanspruchen, weshalb schon die Beschränktheit des Ortes, wo eine Batterie unentbehrlich wird, zur Aufstellung im Panzerbau zwingen kann,[748] da dieser bedeutend weniger Raum verlangt. Niemals darf die Batterie Rückenwehren erhalten, da diese die Besatzung durch Sprengstücke und Splitter im Rücken gefährden würden; dagegen wird sie mit (gepanzerten) Beobachtungsständen ausgestattet, welche gleichzeitig die Vorrichtungen zum Entfernungsmessen aufnehmen, die bei der Küstenbefestigung von hervorragender Wichtigkeit sind. In die Batterie dem Landangriff ausgesetzt, so erhält sie eine kleine Infanteriebesatzung, wird auf den Flügeln zur Infanterieverteidigung eingerichtet, die unter Umständen durch Sturmgeschütze in Senkpanzern unterstützt wird, und mit einem Hindernisgräben umgeben. Wenn dieser nicht der Wirkung von Belagerungsgeschützen ausgesetzt ist, kann er in der früher allgemein üblichen Weise mit Hindernismauer und kleinen Grabenwehren an der inneren Grabenwand (gegen 712° Einfallwinkel gedeckt) ausgestattet werden [2], [12].
2. Die Panzerbatterie. Auf beschränktem Bauplatz griff man früher zum Kasemattenbau, um eine hinreichende Geschützzahl zur Aufstellung bringen zu können; aber selbst die vollständige Bekleidung von dessen Außenwänden mit Panzerplatten, wie sie in Großbritannien vielfach zur Ausführung kam, genügt der Wirkung der heutigen Schiffsgeschütze gegenüber nicht mehr; dagegen sind die von Gruson entworfenen und weiterentwickelten Panzerstände aus Hartguß noch einer Beschießung gewachsen. Ihre geringe Frontentwicklung (8 m pro Geschütz) macht sie für die kleinsten Bauplätze geeignet, vorausgesetzt, daß die Beschränkung des Gesichtswinkels dem Zweck der Anlage nicht widerspricht. Das Bauwerk pflegt zweigeschossig zu sein; das untere, ganz in Beton hergestellte Kasemattengeschoß bietet Raum für Unterkunft und Munition, das obere wird in der Stirnseite durch die Panzerstände gebildet, die sich rückwärts an einen geräumigen, in Beton gemauerten Korridor anlehnen, der die Treppen und Munitionsaufzüge aufnimmt sowie den Bedienungsmannschaften als Untertretraum dient. Die Frontplatten der Stände sind sowohl in wagerechtem wie in lotrechtem Sinne in einer Krümmung geführt, die den feindlichen Geschossen infolge des kleinen Auftreffwinkels nicht gestattet, ihre volle Kraft zu verwerten. Die Schartenplatten lehnen sich seitwärts an starke Pteilerstücke und werden im unteren, weniger schräg anzeigenden Teil durch einen mächtigen Vorpanzer geschützt, an den sich die Brustwehr mit einer Betonschüttung anschließt. Die obere Kante der Frontplatten dient dem Deckpanzer zum vorderen Auflager, der mit dem hinteren Ende auf dem Mauerwerk des Korridors ruht. Die Rohre liegen in Grusonschen Minimalschartenlafetten, deren Schwenkrahmen ihren (idealen) Mittelpunkt in der Schartenenge haben. Dem Nehmen der Seitenrichtung dient Kurbelantrieb, die Bewegung in der Höhenrichtung und das Ansetzen der Geschosse erfolgt durch Hydraulik, wozu Akkumulatoren und Pumpwerke sich im Untergeschoß befinden. Der Wendungswinkel der Geschütze beträgt 70° (Fig. 15 und 16) [2], [20].
3. Die Panzerturmbatterie besteht wie bei der Binnenlandbefestigung aus einem einheitlichen Massivbau aus Beton, dessen Untergeschoß hauptsächlich zur Lagerung des Schießbedarfs dient und die Munitionsräume derart um die bis zur Sohle hinabreichenden Schächte der Panzerkuppeln gruppiert, daß die Beförderung in diesen zum Geschützrohr mit geringstem Kraft- und Zeitaufwand erfolgen kann. Das Heben bis unmittelbar hinter das Bodenstück des Rohres geschieht bei mittleren Kalibern durch ein Paternosterwerk mit Handbetrieb, bei schweren Kalibern durch einen hydraulischen Aufzug. Die Konstruktion der Küstenpanzertürme weicht von denen der Landbefestigung hauptsächlich darin ab, daß der Deckpanzer durch einen eisernen, den Geschützstand rings umgebenden Unterbau getragen wird, der seinerseits mittels eines Rollenkranzes auf einer auf dem Mauerwerk aufliegenden kreisförmigen Schiene läuft (Figur s. im Art. Küstenartillerie). Mit dem Unterbau fest verbundene Träger tragen den Fußboden des Geschützstandes und die Minimalschartenlafetten. Die Vorpanzer sind aus Hartgußsegmenten von annähernd viertelkreisförmigem Querschnitt zusammengesetzt, die Deckpanzer bei den mittleren Kalibern aus Stahlguß, bei den schweren Kalibern aus Hartgußplatten unter teilweiser Verwendung von Stahlguß zusammengesetzt. Für die Bewegung ist, wenigstens bei den schwelen Kalibern, der hydraulische Betrieb vorgesehen, jedoch kann die Drehung auch durch Handbetrieb bewirkt werden. Akkumulatoren und Pumpen finden im Untergeschoß ihren Platz. Eine volle Umdrehung (360°) des zweigeschützigen 28-cm-Turmes kann bei vollbesetzten Tummelbäumen (acht Mann) binnen 4 Minuten bewirkt werden, die langsame Drehung (20° in 1 Minute) können zwei Mann bewirken; mit Benutzung des hydraulischen Motors verlangt die ganze Umdrehung 41/2 Minuten. Die Ausstattung der Panzerturmbatterien mit Beobachtungsständen und Entfernungsmessern muß dieselbe sein wie bei den offenen Batterien [2], [12], [20].
4. Küstenforts sind im allgemeinen alle ringsum geschlossenen Werke der Küstenbefestigung, sie können aber außerordentlich verschiedene Formen annehmen, worauf besonders[749] die örtliche Lage, ihre Bestimmung und die räumliche Ausdehnung des Bauplatzes von bestimmendem Einfluß sind. Die ganz vom Meer umspülten Seeforts kann man als Betonmassiv mit niedriger, abgerundeter Bordkante und sacht anzeigender Krone ausführen, indem man letzterer die Panzer der Geschütze, der Beobachtungs- und Beleuchtungsstationen einfügt. Man kann aber auch (wie es bei dem Middelgrundfort bei Kopenhagen geschehen ist) den alle notwendigen Räumlichkeiten enthaltenden einheitlichen Betonbau ganz mit Sand einmanteln und auf der Krone der Schüttung die Geschützstände nach Art der offenen Batterien anlegen. Im Interesse der Sturmfreiheit (die flachen Böschungen können erklommen werden) wird man in diesem Fall einen mit Rondengang versehenen Wellenbrecher rings um das Fort legen und dadurch eine Art nassen Grabens als Hindernis schaffen. Eine Erweiterung in der Kehle bildet einen kleinen geschützten Hafen, wie er für den Verkehr notwendig ist. An der Küste oder auf Inseln gelegene Küstenforts werden bei größerem Bauplatz polygonal aus mehreren Linien im Charakter der Küstenbatterien zusammengesetzt, erhalten aber neben den offenen oder durch Panzer geschützten Geschützständen auch Einrichtungen für die Infanterieverteidigung, ringsum einen Hindernisgräben mit Flankierungsanlagen und Ausstattung mit Unterkunftsräumen für die Besatzung [2], [12].
5. Beobachtungs- und Beleuchtungspanzer. Die Beobachtungsstationen kann man gleichzeitig zum Entfernungsmessen benutzen, indem man als vertikale Basis ihre Höhe über dem Meeresspiegel der Messung zugrunde legt und ein zum Entfernungsmessen geeignetes Instrument benutzt. Um ein hinreichendes Gesichtsfeld zu beherrschen, wird man die mit nur einer Scharte versehene Panzerkuppel drehbar machen müssen, wozu sie auf ein, Instrument und Beobachter einfließendes Gehäuse gestellt und dies auf einem Rollenkranz um einen Mittelpivot drehbar angeordnet wird. Der Schacht muß Raum gewähren für einen Umgang außerhalb des Gehäuses, um durch dessen Tür bei jeder Stellung aus- und eintreten zu können. Ein starker Vorpanzer schützt diesen Umgang, in dessen Fußboden sich der Zugangsschacht öffnet. Einfacher ist ein feststehender Beobachtungspanzer, der aber sechs unter je 60° sich öffnende Scharten erhalten muß, wenn das Gesichtsfeld den ganzen Umkreis umfassen soll. Die in einem Stück Decke und Wände umfassende Panzerhaube wird bis an die Scharten in Betonmauerwerk versenkt und erhält den Zugang durch einen unmittelbar im Innern sich öffnenden Schacht. Beleuchtungspanzer müssen, wenn man den Apparat im gegebenen Augenblick der feindlichen Wirkung entziehen will, als Senkpanzer konstruiert werden, und zu dem Zweck wird das ganze den Apparat aufnehmende Gehäuse nebst dem darauf ruhenden Deckpanzer durch Gegengewichte ausbalanciert und in einem Schacht angeordnet, der, mit einem Vorpanzer umgeben, hinreichende Tiefe hat, um das ganze Gehäuse in sich aufzunehmen, wobei der Deckpanzer sich auf die Innenkante des Vorpanzers auflegt. Das Gehäuse erhält zwei Geschosse, deren unteres bei Tiefenstellung durch einen Hohlgang zugänglich ist.
6. Seeminen werden in einem besonderen Artikel behandelt, ebenso die Küstengeschütze im Art. Küstenartillerie. Vgl. a. Geschütze und Schiffsgeschütze.
III. Der Behelfsbau.
Der Behelfsbau, wie er wegen der Kürze der zuverlässig in Rechnung zu ziehenden Bauzeit beim Kriegsbau allein zur Anwendung kommen kann, ist nicht imstande, im Frieden ausgeführte Händige Beteiligungen zu ersetzen, sondern kann nur als Notbehelf und zur Ergänzung letzterer behufs Herstellung von Bauwerken nebensächlicher oder vorübergehender Bedeutung dienen. Er wird vorzüglich zur Verstärkung der der Kriegsarbeit vorzubehaltenden, wenn auch schon im Frieden vorbereiteten Stellungen im Vorfeld der Festung beitragen. Die Minderwertigkeit der verfügbaren Baustoffe läßt es unzweckmäßig erscheinen, Behelfsbauten als schwächliche Nachahmungen von ständigen Bauwerken auszuführen; die zu wählenden Formen müssen sich vielmehr aus der Natur und aus den Eigenschaften der verfügbaren Baustoffe selbständig entwickeln.
Selbst der am leichterten zu beschaffende Baustoff, die Erde, zeigt vielfach nicht die für Brustwehren wünschenswerten Eigenschaften. Das geringste Maß der Eindringungstiefe schwerer Geschosse zeigt nämlich der Sandboden, und deshalb wird dieser, wenn er irgend zu beschaffen ist, bei der ständigen Befestigung verwendet. Der Behelfsbau ist aber gezwungen, den Boden zu verwerten, wie er an der Baustelle sich gerade vorfindet, und deshalb meist auf minderwertiges Material angewiesen. Dies ist um so ungünstiger, als der Zeitmangel oft nicht gestattet, auch nur die Brustwehrstärken der ständigen Befestigung zu erreichen. Zur Herstellung der Hohlbauten aus Mauerwerk ist nur in seltenen Fällen Zeit und Baustoff vorhanden. Da man außerdem damit rechnen muß, daß selbst der in kürzester Frist zu beendende Betonbau eine geraume Zeit zum Abbinden und Erhärten beansprucht und daß seine Güte durchaus auf der Vollwertigkeit der Rohmaterialien beruht, daß diese aber (der Zement) bei langer Lagerung an Güte verliere, also nicht vorrätig gehalten werden können, so ist zu folgern, daß die Anwendung des Betonbaues nur sparsam sein kann und auf die ehestens herzustellenden, besonders wichtigen Bauteile beschränkt werden muß. Man ist deshalb genötigt, für die Deckenkonstruktionen zum Eisen zu greifen, das man in den gangbarsten und leichten zu beschaffenden Formen meist als Eisenbahnschienen verwendet. Wenn man nun auch diese gegen die Wirkung der Geschosse durch Aufpacken der verschiedensten Baustoffe, wie Baumstämme, Schotter, große Steine, und starke Erddecke zu schützen versucht hat, so ist niemals die Widerstandsfähigkeit massiver Betondecken auch nur annähernd erreicht worden, und es erscheint immer noch am günstigsten, wenn die [750] Mittel dazu vorhanden sind, eine Betonschüttung aufzubringen. Es ist allerdings der Aufgabe häufig (wie bei den Vorfeldstellungen) schon durch den Schutz gegen Feldgeschütze und Haubitzen genügt, der durch Betondecken von 70 cm Stärke erreicht wird. Ist hierzu das Material vorhanden, so kann man die Hohlräume aus gebogenem Wellblech und Betonübermauerung, für die das Blech zugleich als Schalung dient, herstellen. Tragende Mauern für die Decken werden, wenn auch in bedeutend geringeren Abmessungen, als die ständige Befestigung sie ausführt, nur in seltenen Fällen sich herstellen lassen; man wird auf die Holzkonstruktion angewiesen sein. Daß eine solche der Wirkung einer schweren Mörsergranate widerstehen sollte, ist ganz ausgeschlossen; gegen Granaten der Flachbahngeschütze wird sie durch sehr bedeutende Erdvorlagen geschützt werden müssen, und um die Decke in der gegen Haubitzen genügenden Stärke zu tragen, müssen die Stiele sehr nahe zusammengerückt werden, so daß bei Verwendung von viel Holz nur wenig nutzbarer Raum gewonnen wird. Die Ungeheuern Schwierigkeiten, die sich der Schaffung von Deckungen gegen die Belagerungsgeschütze entgegenstellen, führen zu der Ueberzeugung, daß der Schutz noch viel mehr als bei der ständigen Befestigung hauptsächlich in der geringen Zielbarkeit der Bauten gesucht werden muß. Sie werden mit dem geringsten Aufzug, der Feldbefestigung ähnlicher als der ständigen, dem Gelände so angepaßt werden müssen, daß sie vollständig darin verschwinden, und anstatt die Herstellung geräumiger bombensicherer Hohlbauten anzustreben, deren Deckenkonstruktionen immer eine große Höhenentwicklung verlangen, wird man zweckmäßiger dem Bedürfnis durch viele kleine und zerstreute Bauwerke genügen, die nur durch Zufall zu treffen sind und deshalb geringere Anforderungen an die Widerstandsfähigkeit der Konstruktion stellen [4], [24].
IV. Das Festungsbaugeschäft.
Das Festungsbaugeschäft, das die Herstellung und Unterhaltung aller Fortifikations- und Artilleriebauten sowie die der Dienstwohnungen der Fortifikationen und der Artilleriedepots umfaßt, liegt den Fortifikationsbehörden ob, die den Ingenieurbehörden unterstellt sind. Die von ihren Organen geleitete Bauausführung wird in der Regel Bauunternehmern übertragen.
Fortifikationsbauten sind die Festungswerke nebst den dafür erforderlichen Kriegspulvermagazinen und Kriegslaboratorien, alle mit jenen in unmittelbarem Zusammenhang stehenden und zur kriegsmäßigen Ausstattung gehörenden bombensicheren Hohlbauten, Kriegsstraßen, Festungstelegraphenanlagen und Wasserbauten für militärische Zwecke. Die Artilleriebauten umfassen die für Friedensbenutzung bestimmten, nicht bombensicheren Artillerieverwahrungsräume und Laboratorien. Die Fortifikationsbehörde jeder Festung hat als Spitze einen Ingenieuroffizier vom Platz, dem in großen Festungen (mit Armierung erster Ordnung) ein »zweiter Stabsoffizier« zur Unterstützung beigegeben ist. Das ihm unterstehende Personal umfaßt Ingenieuroffiziere, die mit Bearbeitung von Entwürfen, Ueberwachung bestimmter Ausschnitte der Festung und Leitung der Bauausführung beauftragt werden (Postenoffiziere), und das Festungsbaupersonal, das sich aus Festungsbauoffizieren und Wallmeistern zusammensetzt und neben dem Geschäftszimmer- und Kassendienst sich dem rein technischen Dienst widmen soll.
Die Bauten zerfallen in Instandhaltungs- und größere Um- und Neubauten. Erstere werden aus einem Dotierungsfonds nach jährlich aufzustellendem Verwendungsentwurf bestritten, der durch den Festungsinspekteur dem Allgemeinen Kriegsdepartement zur Genehmigung vorgelegt wird, nachdem er das Einverständnis des Kommandanten (Gouverneurs) und des Artilleriedepots erhalten hat; für größere Um- und Neubauten wird ein von der Fortifikation gefertigter Entwurf auf dem Ingenieurinstanzenwege (Festungs-, Ingenieur-, Generalinspektion) eingereicht und gelangt nach Durcharbeitung im Ingenieurkomitee als »vorläufiger Entwurf« an das Allgemeine Kriegsdepartement, von dem, wenn der Ausführung nähergetreten werden soll, der Ingenieuroffizier vom Platz mit Ausarbeitung eines »Bauentwurfes« beauftragt wird. Dieser kann bis zu gewisser Anschlagshöhe vom Festungsinspekteur festgestellt und genehmigt werden; übersteigt er diese, so wird er wieder auf dem Ingenieurinstanzenwege dem Allgemeinen Kriegsdepartement zur Genehmigung vorgelegt.
Abweichend hiervon erstreckt sich bei allen der Kaiserlichen Marine unterstellten (Kulten-) Festungen der Geschäftsbereich der Fortifikationen nur auf die Fortifikationsbauten, und als geldbewilligende Behörde tritt das Reichsmarineamt an Stelle des Allgemeinen Kriegsdepartements. Nur Vorschläge, die auf die Verteidigungsfähigkeit der Festungen von besonderem Einflusse sind oder Interessen des Heeres berühren, werden durch die Generalinspektion zuerst dem Kriegsministerium und durch dieses dem Reichsmarineamt vorgelegt.
In den großen Festungen übernimmt der Festungsinspekteur die Bearbeitung aller am Verteidigungsfähigkeit, größere Bauausführungen u.s.w. bezüglichen Berichte und Anträge. Nach Feststellung und Genehmigung eines Bauentwurfes kann zur Ausführung geschritten werden, zu welchem Zweck die Bauleitung einem bestimmten Offizier übertragen und die Verdingung von Lieferungen und Arbeiten eingeleitet wird. Diese kann durch öffentliche Ausschreibung oder mit Ausschluß der Oeffentlichkeit durch Aufforderung von mindestens vier zuverlässigen Bauunternehmern zur Einreichung ihrer Angebote geschehen. Lieferzeit und Lieferbedingungen werden mitgeteilt und Probestücke eingefordert, die der Prüfung der Lieferungen bei der Abnahme zugrunde gelegt werden. Nach erteiltem Zuschlag muß eine Kaution von höchstens 1/10 des Lieferungswertes hinterlegt werden, worauf ein vom Festungsinspekteur zu prüfender und zu bestätigender Lieferungsvertrag abgeschlossen wird.
Für die Bauausführungen werden Bauzeichnungen gefertigt, die natürlich auch in die Hände der Unternehmer und ihrer Organe gelangen müssen. Durch den leitenden Postenoffizier[751] sind diese Personen zur strengsten Geheimhaltung und zur Unterlassung jedes Abzeichnens oder Abschreibens zu verpflichten und auf die damit verbundene Strafzuziehung aufmerksam zu machen. Ueber Bauordnung und Baubedingungen vgl. [7], [23].
Literatur: [1] Brialmont, La défense des états et la fortification à la fin du XIXe siecle, Brüssel 1895. [2] Ders., La défense des côtes et les tetes de pont permanentes, Brüssel 1897. [3] Ders., Progrès de la défense des états et de la fortification permanente depuis Vauban, Brüssel 1898. [4] v. Brunner, Die beständige Befestigung, Wien 1901. [5] Deguise, La fortification permanente appliquée à l'organisation des forteresses à grand developpement, Brüssel 1896. [6] Feldtaschenbuch für Offiziere des Geniestabes und der Pioniertruppe, Wien 1902. [7] Festungsbauordnung I, Geschäftsordnung für die Fortifikations- und Artilleriebauten in den Festungen, Berlin 1883. [8] Frobenius, Die bisherige Entwicklung der Panzerbefestigung in den europäischen Staaten, Berlin 1896. [9] Ders., Der heutige Standpunkt der Panzerbefestigung, Berlin 1903. [10] Ders., Militärlexikon. [11] Leithner, Freih. v., Die beständige Befestigung und der Festungskrieg, Wien 1894. [12] Ders., Die Küstenbefestigung, Wien 1894. [13] v. Löbells Jahresberichte. [14] Mielichhofer, Der Küstenkrieg, Wien 1903. [15] Pleffix et Legrand, Manuel complet de fortification, Paris 1900. [16] Rocchi, Traccia per lo studio della fortificazione permanente, Turin 1902. [17] v. Sauer, Beiträge zur Taktik des Festungskrieges, Berlin 1882. [18] Schröter, Die Festung in der heutigen Kriegführung, Berlin 1903. [19] v. Schütz, Die Schießversuche in Bukarest, Potsdam 1886. [20] Ders., Grusons Hartgußpanzer, Potsdam 1887. [21] Schumann, Die Bedeutung drehbarer Geschützpanzer »Panzerlafetten« für eine durchgreifende Reform der permanenten Befestigung, Potsdam 1885. [22] Stavenhagen, Befestigungslehre, Berlin 1900. [23] Anleitung für die Verdingung von Lieferungen und Leistungen im Bereiche des Festungsbauwesens, Berlin 1884. [25] Wagner, Ueber provisorische Befestigung und Festungsimprovisationen, Berlin 1897.
H. Frobenius.
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