Achenbach

[77] Achenbach, 1) Andreas, Maler, geb. 29. Sept. 1815 in Kassel, kam mit seinem Vater 1823 nach Düsseldorf, wo er von 1825–35 Schüler der Akademie war und sich unter Schirmers Leitung zum Landschaftsmaler ausbildete, daneben aber auch den Einfluß Rethels erfuhr, der besonders auf Achenbachs Vorliebe für eine dramatisch bewegte Staffage seiner Landschaften eingewirkt hat. Nachdem er anfangs Landschaften nach rheinischen Motiven gemalt hatte, lernte er 1832 auf einer Reise nach Holland die Nord- und später die Ostsee kennen und zog seitdem auch die Marinemalerei in den Kreis seines Schaffens. Eine Marine mit einem Leuchtturm (1835) und ein Seesturm an der schwedischen Küste (1836, in der Neuen Pinakothek zu München) sind seine ersten Werke dieser Gattung. Nachdem er sich 1836 in München und 1837 in Frankfurt a. M. aufgehalten, wo er unter andern einen Seesturm mit einem strandenden Schiff (im Städelschen Museum daselbst) malte, machte er 1838 seine erste Reise nach Norwegen, dessen Hochgebirge und Fjords abermals seinen Stoffkreis erweiterten. Er nahm dann seinen Wohnsitz in Düsseldorf, wo in den folgenden Jahren die beiden Hauptwerke seiner ersten Periode: der Untergang des Dampfers Präsident im Eise des Atlantischen Ozeans (1842, in der Kunsthalle zu Karlsruhe) und der Hardanger Fjord bei Bergen (1843, in der Kunsthalle zu Düsseldorf) entstanden. 1843 trat A. zum Katholizismus über, und in demselben Jahr unternahm er eine Reise nach Italien, wo er bis 1845 blieb, ohne daß dieser Aufenthalt seine von Grund aus realistische Naturauffassung wesentlich beeinflußte. Die Pontinischen Sümpfe (1846, in der Neuen Pinakothek zu München), die Zyklopenfelsen (1847, im Museum zu Philadelphia), eine Landschaft von Corleone (1852) und die Scylla an der Küste von Sizilien sind die Hauptfrüchte dieser italienischen Studien. Bei weitem mehr als diese beschäftigte ihn in den 50er und 60er Jahren die nordische, besonders die niederländische Strandlandschaft, die ihm die Vorwürfe zu einer großen Zahl von Bildern gab, in denen er das Treiben und Schaffen der Fischer und Seeleute am Strand oder auf der See in der Nähe der Küste, oft im Kampfe mit Sturm und hohem Seegang, darstellte. In dem Grad, als seine Gegenstände immer bewegter und dramatischer wurden, entwickelte sich auch seine Technik zu immer stärkerer und reicherer Ausdrucksfähigkeit, besonders in der Wiedergabe der Lichtwirkungen und Luftstimmungen. Das Hauptwerk aus dieser Zeit seines Schaffens ist der Fischmarkt in Ostende (1866, in der Berliner Nationalgalerie). Daneben malte er auch zahlreiche Binnenlandschaften und Städteansichten, Straßen und Plätze, immer mit charakteristischer Staffage versehen, in Öl und Aquarell, nach Motiven vom Niederrhein, aus Hildesheim, Amsterdam (Judenviertel) u.a. In den 70er Jahren steigerte sich die Tätigkeit Achenbachs zu einer Massenproduktion, aus der nur wenige Meisterwerke, wie z. B. die Überschwemmung am Niederrhein (1876), hervorragen. Mit dem Beginn der 80er Jahre vertiefte er sich wieder zu größerer Ruhe und Sorgfalt, wofür eine Gebirgsmühle und eine Mondnacht (1882), der holländische Hafen in der Berliner Nationalgalerie (1883), das Lotsenboot, der Sturm in Ostende, der einlaufende Dampfer (1888), eine westfälische Mühle bei Mondschein ein Zeugnis ablegen. Vgl. Voß, Andreas A. (Wien 1896).

2) Oswald, Bruder des vorigen, ebenfalls Maler, geb. 2. Febr. 1827 in Düsseldorf, trat 1839 als Schüler in die dortige Akademie ein und gehörte ihr bis 1841 an. Seine malerische Richtung schließt sich der des Bruders an, bei dem er auch als Schüler lernte, doch wählte er seine Motive fast ausschließlich aus Italien, und danach hat sich eine mehr romantische Naturanschauung bei ihm ausgebildet. Seit 1845 hat er unablässig Reisen nach Bayern, der Schweiz und Italien gemacht, und letzteres Land hat er nach allen Richtungen durchwandert. Die Hauptwirkungen seiner Gemälde liegen in dem koloristischen Reiz, in der vollendeten Wiedergabe aller natürlichen und künstlichen Lichtwirkungen, in der meisterhaften Behandlung der Luft und in der wirksamen Hineinziehung von Figuren, die auf seinen Bildern eine noch größere Rolle spielen als auf denen seines Bruders. Er weiß auch Architekturen mit großer Schärfe und Genauigkeit wiederzugeben, und das italienische Volksleben hat er so gründlich kennen gelernt, daß seine mit Figuren staffierten Landschaften zugleich einen ethnographischen Wert haben. Seine Hauptwerke sind: Abendlandschaft bei Ariccia mit dem Einzug eines Kardinals (1853), nächtlicher Leichenzug in Palestrina (Kunsthalle in Düsseldorf), Pilger aus den Abruzzen bei Civita Castellana vom Sturm überrascht (1861), Messe bei den Schnittern in der römischen Campagna (1863), Mondnacht am Strande von Neapel (1864), Rocca di Papa im Albanergebirge und das Fest der heil. Anna in Casamicciola auf Ischia (beide in der Dresdener Galerie), der Nemisee, Villa Torlonia bei Frascati und der Marktplatz von Amalfi (1876, beide in der Berliner Nationalgalerie). Santa Lucia im Mondenschein (1878), der Palast der Königin Johanna bei Neapel (1878, Museum zu Breslau), Gewittersturm bei Neapel, die vier Jahreszeiten nach Motiven der oberitalienischen Seen (1887), Via Appia nuova mit Blick auf den Lateran, das Blumenfest von Genzano (1889), die Tempel von Pästum, der deutsche Friedhof in Rom mit der Cestiuspyramide, der Mont Pincio in Rom, Auf der Brücke zwischen Albano und Ariccia bei Mondschein. Von 1866–72 war A. Lehrer der Landschaftsmalerei an der Düsseldorfer Akademie. Er lebt in Düsseldorf.

3) Heinrich von, preuß. Staatsmann, geb. 23. Nov. 1829 in Saarbrücken, gest. 9. Juli 1899 in Potsdam, studierte die Rechte, trat 1851 in den praktischen Justizdienst, habilitierte sich daneben aber 1858 als Privatdozent für deutsches Recht in Bonn und wurde 1860 Professor und Oberbergrat daselbst. Er begründete hier die »Zeitschrift für Bergrecht« (Bonn 1860 ff.). Von Bonn wurde A. 1866, während er in das Abgeordnetenhaus eintrat, wo er die freikonservative Partei mitbegründete, als vortragender Rat in das preußische Handelsministerium berufen. 1871 ward er vortragender Rat im Reichskanzleramt, 1872 Unterstaatssekretär im Kultusministerium Falks, 1873 Unterstaatssekretär im Handelsministerium und 13. Mai 1873 Staatsminister für Handel, Gewerbe und öffentliche Arbeiten. Mit Bismarck, der[77] im Eisenbahnwesen Zentralisation und Berücksichtigung der Interessen der deutschen Industrie wünschte, geriet er wiederholt in Differenzen, die 1878 zu dem Antrag der Errichtung eines Eisenbahnministeriums und 30. März zu Achenbachs Entlassung führten; A. ward zum Oberpräsidenten der neuerrichteten Provinz Westpreußen und 15. Febr. 1879 zum Oberpräsidenten von Brandenburg ernannt. Nachdem er den Prinzen Wilhelm, jetzigen Kaiser Wilhelm II., 1885 im Staatsverwaltungsdienst unterrichtet hatte, ward er 1888 durch Kaiser Friedrich geadelt. Von seinen Schriften sind hervorzuheben: »Das französische Bergrecht und die Fortbildung desselben durch das preußische allgemeine Berggesetz« (Bonn 1869) und »Das gemeine deutsche Bergrecht« (1. Teil, das. 1871).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 1. Leipzig 1905, S. 77-78.
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