[40] Globus (lat., »Kugel«), künstliche Nachbildung der Erdkugel (Erdglobus) oder der Himmelskugel (Himmelsglobus). Auf jedem G. findet man zur Bestimmung der Lage eines Punktes auf derselben dienende Kreise, die Meridiane und die Parallelkreise mit dem Äquator, beide Systeme etwa von 10 zu 10°, bei kleinern Globen auch von 20 zu 20 oder von 30 zu 30°. Durch die Meridiane wird die ganze Kugelfläche in gleichgroße Teile (sphärische Zweiecke) zerlegt, und aus solchen Teilen besteht auch die Papierfläche, die den G. bedeckt, und auf der die Zeichnung aufgetragen ist. Da die Kugelfläche nicht abwickelbar ist, d.h. sich nicht ohne Falten oder Risse in einer Ebene ausbreiten läßt, so kann man ebene Papierstreifen nur mit einer gewissen Dehnung auf eine Kugel aufkleben. Auf diese Dehnung ist Rücksicht zu nehmen bei Herstellung dieser Streifen und beim Entwerfen der Zeichnung auf ihnen, damit sie auf dem G. gut aneinander schließen und die Parallelkreise keine Ecken bilden. Eine Anleitung hierzu findet man unter anderm in Steinhausers »Grundzügen der mathematischen Geographie und Landkartenprojektion« (3. Aufl., Wien 1887). Die Drehungsachse des G. ruht in einem um die Kugel gehenden Messingring, der vom Äquator nach den Polen hm in je 90° geteilt ist. Zur Ausstellung des G. dient ein auf Füßen ruhender horizontaler Ring, in dem sich an zwei diametral gegenüberstehenden Stellen Einschnitte befinden, in die der Messingring in vertikaler Stellung eingesetzt wird, so daß er sich zur Hälfte oberhalb, zur Hälfte unterhalb des horizontalen Ringes befindet. Der letztere ist ebenfalls in Grade eingeteilt. Setzt man den Messingring so in den horizontalen Ring ein, daß die Achse vertikal steht, und dreht man die Kugel, so kann man die Große der Drehung in Graden auf dem horizontalen Kreisablesen, indem man die Bewegung eines bestimmten Äquatorpunktes verfolgt. Zur Bestimmung dieser Drehung dient aber außerdem noch ein kleiner Zeiger, der am obern Ende der Drehungsachse angebracht ist und sich auf einem kleinen Kreis bewegt. Letzterer ist in 24 gleiche Teile (Stunden) geteilt. Bei vertikaler Stellung der Achse erkennt man, daß eine Drehung von je 15° einer Stunde entspricht. Auf dem kleinen Stundenkreis kann man aber die Große der Drehung auch bei jeder andern Stellung der Achse ablesen. Zur vollständigen Ausrüstung eines G. gehört ferner ein biegsamer Messingblechstreifen mit Gradeinteilung, den man benutzt, um den Abstand zweier Punkte auf der Kugel zu messen, wenn dieselben weder auf dem Äquator noch auf demselben Meridian liegen. Endlich ist noch zur Orientierung des G. ein Kompaß beigegeben, der gewöhnlich zwischen den Füßen des Gestelles angebracht ist. Kleinere Erdgloben sind entweder fest auf einem Holzfuß angebracht oder beweglich auf einem solchen Fuß in einem Halbkreis, so daß man der Achse des G. diejenige Neigung gegen den Horizont erteilen kann, welche die Erdachse wirklich hat (gleich der geographischen Breite).
Auf einem Erdglobus sind in ähnlicher Weise wie auf einer Karte die Umrisse der Festlandmassen und Ozeane, der Lauf der Flüsse, die Lage der Gebirgszüge u.a. ausgezeichnet. Der G. besitzt aber vor der im übrigen viel leichter herstellbaren und beim Gebrauch bequemern Karte den großen Vorzug, daß auf ihm nicht bloß die Form und Konturen, sondern auch die Größenverhältnisse der Linien und Flächenräume naturgetreu dargestellt sind, was nicht beides zugleich auf einer Karte möglich ist (vgl. Landkarten). Gerade darin, daß die Betrachtung des Erdglobus geeignet ist, irrige, durch das Studium von Karten gewonnene Anschauungen zu berichtigen, besteht der Hauptwert desselben. Dames und Pütz stellten auch einen geologischen Erdglobus (Berl. 1898) her. Auf den Reliefgloben werden auch die Höhenunterschiede angegeben, allerdings in stark vergrößertem Maße, was ihren pädagogischen Wert stark beeinträchtigt.
Auf den Himmelsgloben ist außer den erwähnten Kreisen, auf denen man Rektaszension (s. d.) und Deklination (s. Abweichung) abliest, noch die scheinbareSonnenbahn oder Ekliptik (s. d.) angegeben, die den Äquator in zwei diametral entgegengesetzten Punkten, dem Frühlingspunkt und dem Herbstpunkt, unter einem Winkel von 231/2° schneidet. Außerdem sind die hellern Sterne und die Milchstraße verzeichnet sowie die Umrisse der Sternbilder angedeutet. Daß wir die Sterne auf der Außenseite des G. sehen, während wir dieselben auf der Innenseite der scheinbaren Himmelskugel zu erblicken gewohnt sind, bereitet kaum ernstliche Schwierigkeit. Deshalb sind auch die sogen. Königloben oder Sternkegel jetzt nicht mehr üblich, bei denen die Sterne auf der Innenfläche eines hohlen Kegels dargestellt waren, so daß man dieselben in den gleichen Winkelabständen wie in Wirklichkeit erblickte. Mit dem Namen Kosmoglobus bezeichnete C. Garthe (»Beschreibung des Kosmoglobus«, 1833) 1827 einen aus zwei Glashalbkugeln hergestellten Himmelsglobus, in dessen Innerm er eine hölzerne Erdkugel anbrachte. Für öffentliche Schaustellungen hat man auch große, hohle Globen angefertigt, in deren Innerm die Zuschauer stehen. Hierher gehört das von Wyld in London 1851 in größerm Maßstabe hergestellte Georama.
Den Erdglobus soll Anaximander um 580 v. Chr. erfunden haben; um 150 n. Chr. gab Ptolemäos (Geogr., I, 22) Regeln für denselben an, und Krates von Mallos in Kilikien entwarf um 150 v. Chr. einen G., auf dem vier halbkreisförmige, durch einen meridionalen und einen äquatorialen Gürtelozean geschiedene Inseln eingezeichnet waren. Das Bild dieses in Pergamon aufgestellten G. wurde später das Symbol der Weltherrschaft; in der byzantinischen Zeit setzte man ein Kreuz darauf, und dieser G. wurde Reichsapfel. Die Himmelsgloben sind noch älter, bereits im 4. Jahrh. v. Chr. trug Eudoxos die Sternbilder auf eine Sternkugel auf, und der »Farnesische Atlas« im Museum zu Neapel trägt einen Himmelsglobus aus Marmor, dessen Alter nach der Lage des Frühlingspunktes von Heis auf etwa 300 v. Chr. bestimmt worden ist; es ist dies der älteste Himmelsglobus, der auf uns gekommen ist. Die nächst ältesten sind arabischen Ursprungs; in Florenz ist ein um 1080 von As-Sahli al Wazzan angefertigter G., im Museum des Kardinals Borgia in Velletri ein solcher[40] von 1225, in London einer von 1275, im mathematischen Salon zu Dresden einer von 1289. Im 15. Jahrh. verfertigten Regiomontanus, Schoner, Hartmann u.a. Himmelskugeln; aus dem Jahre 1492 stammt auch die künstliche Erdkugel Martin Behaims, die in Nürnberg aufbewahrt wird. Aus dem Jahre 1493 stammt der G. coelestis von Stöffler in der Bibliothek des Gymnasiums zu Konstanz sowie der G. von Laon. Aus dieser Zeit stammt auch ein wahrscheinlich von Waldseemüller herrührender G. (1507 oder 1509), auf dem schon Amerika ausgeführt ist, ein solcher von Lenox (151012), von Boulanger (151418), eine Globuskarte von Leonardo da Vinci (151520), die Globen des Nürnberger Astronomen Schoner (1515, 1520, 1533), ein G. in der Sammlung des Fürsten Liechtenstein (früher Hausleb) von 1518 (?), ein vergoldeter G. von 1528 und ein Holzglobus von 1535, beide in Paris; der G. von Nancy (153540), ferner solche von Fracastori, Gemma Frisius, Jodocus Hond, Gerh. Mercator (1541) und Vopel (1542). Tycho Brahe baute 1583 einen messingenen Himmelsglobus von fast 2 m Durchmesser, 1585 Bürgi in sehr vorzüglicher Ausführung einen noch in Kassel befindlichen kupfernen G. von 0,7 m Durchmesser für den Landgrafen von Hessen. Im 17. Jahrh. waren der Italiener Coronelli und die Holländer Willem Janszoon und Joh. Janson Bäu (Cäsius) in Amsterdam durch ihre Globen berühmt; eine Erdkugel von 2,25 m Durchmesser von Bläus Erben wird noch in der Kunstkammer zu Petersburg aufbewahrt. Am berühmtesten aus dieser Zeit ist der sogen. Gottorpsche oder Gollerysche Himmelsglobus, den der Herzog Friedrich von Holstein-Gottorp durch Adam Olearius und den Mechaniker Andreas Busch aus Limburg von 165664 anfertigen und zu Gollery bei Schleswig aufstellen ließ, der sich aber seit 1713 ebenfalls in Petersburg befindet. Er ist von Kupferblech, hat 3,5 m Durchmesser und stellt von außen die Erdoberfläche, von innen aber die Himmelskugel dar, indem die Gestirne durch kleine Löcher repräsentiert werden. Vinzenz Coronelli verfertigte zu Anfang des 18. Jahrh. für Ludwig XIV. zwei Riesengloben von über 4 m Durchmesser, die sich in der Bibliothek zu Marly befinden. In neuerer Zeit aber und schon im Laufe des 18. Jahrh. setzte man die kostspieligen und unbequemen großen Globen den kleinen nach, die, wenn gut ausgeführt, für alle Zwecke, die sich mit einem G. erreichen lassen, ebenso brauchbar sind; am besten sind Globen von 2045 cm. Sehr verdient um gute Erd- und Himmelsgloben machten sich in der ersten Hälfte des 18. Jahrh. die Nürnberger Offizinen von L. Andreä und von Homann; in der zweiten Hälfte desselben zeichneten sich die von Bode besorgten Himmelsgloben aus, die seit 1790 in Nürnberg, später auch in Berlin gefertigt wurden. Auch die von Klinger und die von Franz in Nürnberg, von Riedig in Leipzig gefertigten Erd- und Himmelsgloben gehören zu den vorzüglichsten; Schreibers Erben in Leipzig (später Simon Schropp in Berlin), Kummer in Berlin, Adams in London, Bauer in Nürnberg, das Geographische Institut in Weimar, D. Reimer (Kieperts Globen) in Berlin, Adami in Potsdam reihen sich an diese Globenfabriken ebenbürtig und mit Anwendung mancher neu entdeckter Kunstgriffe würdig an. Flammarion stellte Globen vom Planeten Mars und vom Monde, v. Lade einen Reliefglobus vom Monde (1897) her. 1832 lieferte H. L. Grimm in Berlin »pneumatisch-portative Erdgloben« von 3,75 m Umfang, die mittels eines Blasebalges ausgetrieben und frei aufgehängt werden können. Außerdem erfand der Polytechniker Brandegger in Ellwangen den sogen. Induktionsglobus, der zur praktischen Einführung in den mathematisch-geographischen Unterricht etc. dienen soll und aus einer mit künstlichem Schiefergrund überzogenen Kugel besteht, die das Einzeichnen und Auswischen der geographischen Elemente gestattet. Auf der Pariser Weltausstellung 1900 war ein G. von 46 m Durchmesser auf gemauertem Postament ausgestellt. Vgl. Mollweide, Beschreibung der künstlichen Erd- und Himmelskugel (2. Aufl., Leipz. 1830); Steinhauser, Erde und Mond und ihre Bewegungen im Weltenraum (Weim. 1877, vollständige Globuslehre); Fiorini, Erd- und Himmelsgloben, ihre Geschichte und Konstruktion (deutsch bearbeitet von Günther, Leipz. 1895); Wollweber, Globuskunde (3. Aufl., Freiburg i. Br. 1899) und Der Himmelsglobus (das. 1888); auch die »Karten zur Geschichte der Erdkunde I« (Bd. 6).
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