Boston [1]

[120] Boston (spr. Boßt'n), 1) (Bostonium, Fanum St. Botolphi), Borough der englischen Grafschaft Lincoln, am Witham, worüber eine eiserne Brücke geht, durch Kanäle mit dem Innern u. durch einen Hasen mit dem Meere in Verbindung; Handel mit Getreide, Vieh, Hanf, Bauholz; Fischerei (Garneelen); 286 F. hoher Thurm (Zeichen für die Schiffer), mehrere Freischulen, Theater, Hospital etc.; 18,000 Ew.; 2) die zweite Handelsstadt der Vereinigten Staaten von NAmerika, Hauptstadt des Staates Massachusetts u. der Grafschaft Suffolk, an der westlichen Spitze der Massachusettsbai auf einer Halbinsel; besteht aus drei Theilen, dem eigentlichen od. Alt-, Ost- u. Süd-B.; steht mit dem übrigen Lande durch Zugänge od. Brücken, mit Notburg durch eine Landenge (Neck) in Verbindung; mit Ost-B. (Noddles Island), durch Dampffähren, mit Chelsea durch eine 600 Fuß lange Brücke. In Ost-B. liegt der Werft, wo die Cunard-Dampier anlegen; er ist 1000 Fuß lang. Süd-B. erstreckt sich 1/2 Ml. an der südlichen Seite des Hafens, zwischen Alt-B. u. Fort Independence entlang, umfaßt an 600 Acker u. ist hübsch ausgelegt. Ost-B. nimmt den westlichen Theil des früher sogenannten Noddles-Eilandes ein u. ist der Endpunkt der Grand-Junction-Eisenbahn. Die Strafen von B. sind von Anfang an, wegen der Unebenheit des Bodens, nicht systematisch, wie in anderen Städten NAmerikas, ausgelegt, doch sind sie alle gut gepflastert u. mit Trottoiren versehen. Obgleich Alt-B. in seinen Grenzen beschränkt ist, so enthält es doch einen der schönsten öffentlichen Parte (Common) in den Vereinigten Staaten. Der Hasen von B. öffnet sich nach der See zwischen zwei, ziemlich 1/2 Meile von einander entfernten Punkten (Point Alderton auf Nantasket u. Point Shirley in Chelsea); ist durch Halbinseln, von welchen diese Punkte die äußersten Suchen bilden, u. einer Menge Inseln, zwischen welchen sich die Einfahrten befinden, vor dem Ocean geschützt; sein ganzer Flächeninhalt wird auf 31 QM. geschätzt, wovon die Hälfte guten Ankergrund für die größten Schiffe hat; er ist leicht zugängig, frei von Sandbänken u. selten mit Eis gefüllt. Die Stadt ist in 12 Stadwiertel (Wards) getheilt u. wird von einem Mayor, einem Aldermen-Ausschusse, aus 2 Personen bestehend, u. einem Stadtrath, aus 48 Personen bestehend, welche zusammen nach dem 1854 revidirten Stadtcharter den Stadtrath (City council) bilden, verwaltet. Unter den öffentlichen Gebäuden[120] zeichnen sich bes. aus: das Statehaus, auf der Spitze des Beacon-Hill; Fanenil-Hall, die Wiege der Freiheit genannt, in Dock-Square; das Fanenil-Hall Markthaus, das schönste in den Vereinigten Staaten; das Zollhaus, die Merchants-Exchange (Börse), die City-Hall (Rathhaus), das Courthaus, das Stadtgefängniß, der Freimaurertempel, der Tremont-Temple, die Boston-Music-Hall, der Bahnhof der Fitchburg-Eisenbahn etc. B. zählt über 100 Kirchen der verschiedenen Religionssecten. Die Werfte u. Waarenhäuser werden an Großartigkeit von keiner Stadt in den Vereinigten Staaten mit gleicher Bevölkerung übertroffen; die bedeutendsten sind Long-Wharf, T-Wharf, Centre-Wharf, India-Wharf, Commercial-Wharf, Lewis's-Wharf etc. An öffentlichen Instituten, literarischen, wissenschaftlichen u. Erziehungsinstituten ist B. sehr reich; die bedeutendsten sind: das Boston-Athenäum, mit einer Bibliothek von 50,000 Bänden u. einer bedeutenden Manuscriptensammlung, so wie einer Sculpturen- u. Gemäldegallerie; Historische Gesellschaft von Massachusetts, 1794 organisirt, mit einer Bibliothek von 42,000 Bänden u. 450 Manuscripten, einer großen Sammlung von Karten, Münzen u. anderen Alterthümern u. Reliquien; Boston-Library-Society. 1794 gegründet, American Academie of Arts and Sciences, mit einer Bibliothek von 15,000 Bänden, gegründet 1780; Mercantile Library Association, Mechanics Apprentices Library Association, State Library, City Library. Das mit der Harvard-Universität in Cambridge verbundene Medical-College hat seinen Sitz in B.; Lowell-Institute, durch ein Legat von 250,000 Dollars von John Lowell gegründet, in welchem freie Vorlesungen über Naturwissenschaften, Physik, Chemie etc. gehalten werden; New England Historical and Genealogical Society, Boston Society of Natural History, American Oriental Society, American Statistical Association, Boston Lyceum, Haendel and Haydn Society, Musical Education Society u. Boston Academy of Music. An guten öffentlichen Schulen jeder Art ist B. ebenfalls sehr reich, es zählt 196 Primär- u. 23 höhere Schulen. Wohlthätigkeitsanstalten: Massachusetts General Hospital, M'Lean Asylum für Wahnsinnige, Perkins Institution and Massachusetts Asylum für Blinde, Boston Lunatic Hospital u. The House of Industrie and Reformation in Süd-B., das Armenhaus. Boston Farm School, für hülfsbedürftige Knaben, die Augen- u. Ohrenheilanstalt; New England Female Medical College, die Schule für blödsinnige Kinder u. The Home for Aged Indigent Females. Presse: in B. erscheinen gegen 100 Zeitungen u. Zeitschriften, worunter 12 Tageblätter. Handel u. Finanzen: in commercieller Beziehung nimmt B. den Rang der ersten Städte in den Vereinigten Staaten mit ein; der auswärtige Handel war stets von großer Bedeutung u. erstreckt sich über die ganze Erde; die Haupt- Export- u. Importartikel sind: Kaffee, Baumwolle, Bauholz, Rindfleisch, Schweinefleisch, Fett, Makrelen, Heringe, Stockfisch, Mehl, Zucker, Molasse, Weizen, Mais, Harz, Terpentin, Theer, Gold u. Silber, Eis, Kohlen etc. Der Gesammtwerth der fremden Ausfuhr belief sich 1852 auf 33,987,144 Doll. Der inländische Handel von B. wird jährlich auf nahe an 300,000,000 Doll. geschätzt. Am 12. Juni 1854 zählte B. 36 Banken, mit einem Capital von 30,412,750 Doll.; 40 Versicherungsgesellschaften u. 12 Agenturen von anderen Städten u. Staaten; 9 Leihanstalten u. 2 Sparkassen. Eisenbahnlinien verbinden B. nach allen Richtungen hin mit den anderen Staaten der Union u. Canada. Bevölkerung 1854: 150,000. B. ist der Geburtsort Benj. Franklins, dem am 17. Sept. 1856 eine Statue errichtet wurde. – B. ist eine der ältesten Städte der Union; der indianische Name von der Halbinsel B. war Shawmut (lebende Fontainen); die ersten Ansiedler nannten die Stadt wegen seiner Lage Tremont od. Trimontain, dieser Name hielt sich indeß nicht lange, sondern wurde zu Ehren von John Cotton, der von Boston in England emigrirt war, mit dem gegenwärtigen vertauscht. Der erste weiße Ansiedler auf dieser Halbinsel war der Prediger John Blackstone, der bis zur Ankunft John Winth. ops, des ersten Gouverneurs von Massachusetts, der mit einer kleinen Anzahl Emigranten nach Charlestown kam, auf derselben allein lebte. Um das Jahr 1635 zog Blackstone nach Rhode Island u. verkaufte seinen Besitztitel u. sein Anspruchsrecht auf die Halbinsel für 30 Pfd. Sterling. 1632 wurde die erste Kirche u. 1673 das erste Werft gebaut. Am 1. Oct. 1768, als die Streitigkeiten zwischen den Colonien u. dem Mutterlande England anfingen ernstlich zu werden, landeten in B. zwei Regimenter britische Soldaten. Am 5 März 1770 wurde von dem Militär in den Straßen auf die Bürger gefeuert; am 31. März wurde der Hafen durch eine Parlamentsacte geschlossen; hier landete 1774 den 13 Mai der Generallieutenant Gage mit vier Regimentern englischer Truppen, übernahm von Hutchinson die Oberstatthalterstelle u. sperrte am 1. Juni den B-er Hafen; hiermit begann der Nordamerikanische Freiheitskrieg. Am 17. Juni 1775 wurde die Schlacht bei Bunker Hill geliefert, u. zur Erinnerung daran 1845 ein Denkmal bei B. gesetzt. Von dieser Zeit an war die Stadt im Besitz der britischen Truppen, aber am 5. März 1770 wurde sie durch die Provinzialen bombardirt u. am 17. März zog Washington ein. Am 1. Juni 1813 hier vor dem Hafen ein Seegefecht, worin die Briten eine Unions-Fregatte eroberten. Am 23. Febr. 1822 wurde B. als Municipalstadt incorporirt. Am 2. Juni 1844 u. im Jan. 1847 große Feuersbrünste. Am 19. April 1855 brannte das Theater ab.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 3. Altenburg 1857, S. 120-121.
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