[377] Vatican (Vaticanischer Palast), großer Palast in Rom, auf dem alten Vaticanus mons (s. Rom S. 242), nordwestlich jenseit der Tiber, an die Peterskirche stoßend, die eigentliche Residenz der Päpste, wo das Conclave gehalten wird, ist jedoch wegen seiner ungesunden Luft gewöhnlich unbewohnt. Neben der Peterskirche stand schon vor Alters ein päpstlicher Palast, welchen Papst Nikolaus V. zu dem größten u. Prächtigsten Gebäude der Christenheit zu gestalten begann; nach seinem Tode (1455) führten Alexander VI. u. dessen Nachfolger das Werk fort, ließ Julius II. durch Bramante die Loggien bauen u. den Palast mit der Villa Innocenz III. (Belvèdre) verbinden, die große Antikensammlung anlegen, die Säle mit Fresken schmücken; Sixtus V. baute die Bibliothek u. die jetzige päpstliche Residenz, Bernini unter Urban VIII. die Scala regia, Clemens XIV. u. Pius VI. das große Museum, Pius VII. fügte den Braccio nuovo u. die Kunstschätze darin hinzu. Der V. ist 1080 F. lang u. 720 A breit u. hat 11,246 Zimmer u. 22 Höfe. Durch den Eingang tritt man in den viereckigen u. sehr geräumigen Hof delle Loggie, welcher dreifache Arkaden übereinander hat. Die prächtige Treppe (Scala regia) führt vom Petersplatz aus in den geschmackvoll verzierten, von Paul III, durch San Gallo gebauten, königlichen Saal, mit Stuccaturarbeiten von Daniel von Volterra, Gemälden von Basari u.a., u. nach der Sixtinischen Kapelle, angelegt von Sixtus IV. 1473, gebaut von Baccio Pintelli; hier das Weltgericht des Michel Angelo, Gemälde von Perugino u.a. Es ist die Hofkapelle des V-s; bei dem Conclave wird in ihr das Scrutinium abgehalten; in der Charwoche hier Allegris berühmtes Miserere, ohne Begleitung, ohne Forte u. Piano, vom Sängerchor gesungen, blos durch Annäherung od. Entfernung der Sänger von gewissen im Fußboden befindlichen Zeichen, wird das Crescendo u. Diminuendo hervorgebracht; in der Paulinischen Kapelle wird das vierzigstündige Gebet gehalten, ist das heil. Grab in der Charwoche u. befinden sich Fresken von Michel Angelo, Friese u. Zierrathen von Zucchero, Statuen von Prospero Bresciano u. porphyrne Altarsäulen aus einem Tempel des Romulus. In der Sala ducale des V. hält der Papst am Grünen Donnerstage die Fußwaschung. Durch den Hof S. Damaso gelangt man zu Rafaels Logen (Loggie Vaticane), drei übereinander liegenden Säulengängen, nach Zeichnungen von Rafael, durch seine Schüler Giulio Romano, Franc. Penni, Pellegrino da Modena u.a., mit Gemälden aus der Bibel geschmückt. Am Ende[377] der Loggien gelangt man zu den Stanzen Rafaels, vier Sälen mit Gemälden Rafaels (Schlacht Constantins am Ponte molle, die Vertreibung Heliodors durch Engel aus dem Tempel, Attila vor Papst Leo dem Großen bei Rom, Schule von Athen, Disputa, Parnaß, Incendio del Borgo, zum Theil von Giulio Romano u.a. Schülern vollendet), welche zu den größten Kunstmerkwürdigkeiten Roms gehören. In der eigentlichen Gemäldesammlung des V. sind bes. die Verklärung (Transfigurazione) u. die Madonna di Foligno von Rafael, der St. Hieronymus Domenichino's u. viele andere Arbeiten von Caravaggio, Fattore, Perugino, Giulia Romano, Guido Reni, Poussin, Guercino, Titian, Garofalo etc. ausgezeichnet. In der Kapelle des St. Laurentius befinden sich Fresken von Fiesole aus dem Leben St. Stephans u. St. Laurentius. Die Vaticanischen Antikensammlungen anlangend, so sieht man in dem Appartamento Borgia die 1606 auf dem Esquilino gefundene Aldobrandinische Hochzeit (s.d.) u. Fresken von Pinturicchio, im Corridojo delle lapidi mehr als 3000 alte aufgefundene Inschriften eingemauert, das Museo Pio-Clementino, die erste Antikensammlung der Welt, zeigt den Sarkophag des Consuls L. Corn. Scipio Barbatus; den Saal des Meleager schmücken Bildsäulen, unter ihnen die des Meleager; die mit ägyptischen u. andern Antiken geschmückte marmorne Haupttreppe des Museum führt nach der Camera della Biga, von einem in ihrer Mitte befindlichen antiken Zweigespann so genannt, worin sich viele Bildsäulen befinden. Die Galeria de' Candelabri, enthält Vasen, Candelaber, Statuen. Basreliefs u. ägyptische Antiken, u. durch die Galeria delle carte geographische kommt man zur Camera degli Arazzi, wo sich Tapeten nach Rafaelschen Zeichnungen befinden; das daran stoßende Museo Chiramonti, eine Sammlung von antiken Statuen, Büsten, Sarkophagen, Reliefs etc., welche Canova ordnete, u. das Museo Gregoriano, von Gregor XVI. angelegt u. die neuesten antiquarischen Funde im Kirchenstaat, bes. etruskische Alterthümer enthaltend, so wie die Galleria del Braccio nuovo, 1817 von Rafael Stern gebaut, 1822 eröffnet, mit dem 1849 aufgefundenen Apoxyomenos (s.d.), einer der herrlichsten Statuen, des Alterthums, bewahren ausgezeichnete antike Überreste; das Ägyptische Museum, 1839 vollendet, ägyptische Kunstschätze. Durch eine Gallerie (Portico del Cortile) hängt das Belvedere (Torre de' Venti) mit dem V. zusammen, welches den sonst als Antonius bekannten Mercur, die Gruppe des Laokoon, den Apoll von Belvedere (Vaticanischer Apollo), den Torso des Hercules (s.d. a.) u. neuere Bildwerke, wie Canovas Perseus u. die beiden Fechter, birgt; der Saal der Thiere bietet die verschiedenartigsten Thiere, lauter Antiken, dar; in der Galeria delle Statue findet man viele ausgezeichnete Statuen, in der Stanze de' Busti historisch u. künstlerisch merkwürdige Büsten; im Gabinetto ist der Mosaikfußboden aus der Villa Hadriani u. schöne Basreliefs, im Saal der Musen sind die bei Tivoli gefundenen Musen, in der Sala rotonda die größte antike Mosaik, zu Otricoli gefunden, die colossale Bildsäule der Juno, eine 50 Fuß im Umfang haltende Porphyrschale etc. Das 1756 von Benedict XIV. errichtete christliche Museum enthält Denkmäler aus altchristlichen Grabstätten. Im Garten zum V. erblickt man noch das Fußgestell der dem Antoninus Pius geweihten Säule. Über die Bibliothek in dem V. (Vaticanische Bibliothek, Vaticana). s. Rom S. 263.