Lugen

1. Ham kan Neaman farther lucke, üs tu tha Teth. (Nordfries.) – Firmenich, I, 5, 57; Johansen, 73; für Amrum: Haupt, 364, 223.

Man kann niemand weiter, ferner, tiefer (ein) lugen, in ihn hineinsehen, als bis zu den Zähnen. Sinn: Die tiefste Kenntniss, die wir von einem Menschen zu haben glauben und erlangen können, ist immer nur eine sehr oberflächliche.


2. Ein jeder lug in sein eigenes Töpfflein.Herberger, II, 242.


3. Wo 's Luege ufhört, goht 's Greifen a. (Luzern.)


*4. Er lueget uf eimol i sibe Häfe.Sutermeister, 80.


*5. Er luègkt wie 'ne Gans in Lojel1. (Elsass.) – Frommann, IV, 469, 96.

1) Auch Logel, Löüel, ein Tragfässchen, das mit ins Feld genommen wird. – D.h. er schielt.


*6. Er luegt der zwäris wie e Gans uf e Bitzgi. Sutermeister, 56.


*7. Er luegt doppelzîlig (auch: schärbis, übereggs).Sutermeister, 56.

Diese Redensarten hat man in der Schweiz zur Bezeichnung eines Schielenden. Für denselben Zweck gebrauchen sie auch die folgenden: Er hät d' Auge de lätz Weg im Grind inne. Er ist en Schilibingg, en Schiliäugi, en Schiligüggi. Schad, dass er in Binätsch übere luegt. Er hät e grads Augemäs, aber e krumbi Luegi. Er gluss no em Jänsitige. Er ka i sibe Häfe koche und de Kriesine hüete. (Sutermeister, 56.)


*8. Er luegt d'ruf wie der Düfel uff e-ne armi Seel'. (Solothurn.) – Schild, 77, 231.


[263] *9. Er luegt d'ruf wie 'ne Habi (Habicht) uff 'nes Huen. (Solothurn.) – Schild, 77, 231.


*10. Er luegt d'ruf wie-ne Häftlimacher. (Solothurn.) – Schild, 83, 299.


*11. Er luegt dry wie sibe Tag Rägewätter. (Solothurn.) – Schild, 87, 341.

Sieht unfreundlich aus.


*12. Er luegt dry wie-ne er am ebige Gangwerch studiren thät.Schild, 87, 342; Sutermeister, 56.

Von einem, der sehr ernst und nachsinnend aussieht. Wie einer, der am ewigen Gangwerk, perpetuum mobile, studirt.


*13. Er luegt d'r'y wie-n-en Oelgötz. (Solothurn.) – Schild, 87, 344.


*14. Er luegt d'ry wie wenn er 's Oel verschüttet hätt'. (Solothurn.) – Schild, 87, 343; Sutermeister, 46.


*15. Er luegt em i d' Kraft.Sutermeister, 80.

Fasst ihn ins Auge.


*16. Er luegt i die ander Wält dure.Sutermeister, 56


*17. Er luegt i die ander Wuche ine – is schön Wätter dure.Sutermeister, 56.


*18. Er luegt rächt is Krut ie.Sutermeister, 56.


*19. Er luegt se früntli drî as wien e hermetschwyler Klosterfrau.Sutermeister, 47.


*20. Er luegt über d' Kappe-n ûs.Sutermeister, 68.

Von einem Hochmüthigen.


*21. Er luegt use wie-n-e Mus us 'me Kuderbüzi1. (Solothurn.) – Schild, 87, 315; Sutermeister, 56.

1) Kuder = Werrich, Werch, Abgang vom Flachs beim Hecheln. (Stalder, II, 140.) Bügi oder Butzi vom Butz = Larve, verlarvtes Gesicht, daher Fastnachtsbutzi = vermummte Personen, Butzibou = Teufel, auch eine Art Knecht Ruprecht, um die Kinder zu schrecken. (Stalder, I, 251.)


*22. Er luegt vo der Suppe-n-i d' Schnitz. (Solothurn.) – Schild, 37, 340; Sutermeister, 56.

Er schielt.


*23. Er luejt in d' ander Wuch. (Elsass.) – Frommann, IV, 469.


*24. Er luejt in siwwe (sieben) Wuch. (Elsass.) – Frommann, IV, 469.


*25. Er lugt wie eine Katze im Donnerwetter.

Von denen, die sehr ängstlich aussehen.


*26. Er lugt wie eine Kuh in eine neue Thür (oder: in ein altes Scheunthor).


*27. Hi lucket, üüs an Kât uun Thonnerwedder. (Amrum.) – Haupt, VIII, 357, 100.


*28. Hi lucket, üüs an Kü tu an nei Baasdör (Stallthür). (Amrum.) – Haupt, VIII, 357, 199.


*29. Lucki üsch a Kât uun 't Thonnarweddar. (Nordfries.) – Johansen, 57.


*30. Lucki üsch a Kü eftar a nei Baasder. (Nordfries.) – Johansen, 57.

Lugen wie die Kuh nach der neuen Stallthür.


*31. Lueged au wie er roth wird.Sutermeister, 73.


*32. Lug, dass dich nit beiss.Franck, II, 21a.

»Man brauchts wider die faulen, wie: Greiffs nit an, es ist ein scorpio, Greif nit in das loch, es ziehen die leut gantz hend herauss.«


*33. Lug'n wiera Bock. (Oberösterreich.)

Finster, verdriesslich dreinschauen.


*34. Sie lueget i frömd Häfe.Sutermeister, 101.

Sie liebäugelt.


*35. We Luckin as frei. (Nordfries.) – Johansen, 57.

Lugen, sehen ist frei.


[264]

*36. Er lugt dri, als hätt er e Pfanne voll Hornusse g'fresse. (Luzern.)


*37. Er lugt dri wie der Vollmond.


*38. Er lugt dri wie 'ne g'stochni Geiss.


Quelle:
Karl Friedrich Wilhelm Wander (Hrsg.): Deutsches Sprichwörter-Lexikon, Band 3. Leipzig 1873.
Lizenz:
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika

Buchempfehlung

Schnitzler, Arthur

Liebelei. Schauspiel in drei Akten

Liebelei. Schauspiel in drei Akten

Die beiden betuchten Wiener Studenten Theodor und Fritz hegen klare Absichten, als sie mit Mizi und Christine einen Abend bei Kerzenlicht und Klaviermusik inszenieren. »Der Augenblich ist die einzige Ewigkeit, die wir verstehen können, die einzige, die uns gehört.« Das 1895 uraufgeführte Schauspiel ist Schnitzlers erster und größter Bühnenerfolg.

50 Seiten, 3.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Große Erzählungen der Frühromantik

Große Erzählungen der Frühromantik

1799 schreibt Novalis seinen Heinrich von Ofterdingen und schafft mit der blauen Blume, nach der der Jüngling sich sehnt, das Symbol einer der wirkungsmächtigsten Epochen unseres Kulturkreises. Ricarda Huch wird dazu viel später bemerken: »Die blaue Blume ist aber das, was jeder sucht, ohne es selbst zu wissen, nenne man es nun Gott, Ewigkeit oder Liebe.« Diese und fünf weitere große Erzählungen der Frühromantik hat Michael Holzinger für diese Leseausgabe ausgewählt.

396 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon