1. Der Weisse hat immer ein Papier in der Tasche, um den Neger zu betrügen. (Haiti.)
Die Erklärung dieses Sprichworts beruht auf der Schöpfungssage der Neger, die kurz so lautet: Im Anfange erschuf Gott drei schwarze Männer und drei schwarze Weiber und ebenso viel weisse Personen und liess ihnen die Wahl des Guten und des Bösen, erlaubte aber den drei schwarzen Paaren, für die er eine kleine Vorliebe hatte, zuerst zu wählen. Es war ein zusammengefaltetes Papier und ein Flaschenkürbis auf die Erde gelegt. Die Schwarzen, welche das Grössere für das Bessere erachteten, wählten den Kürbis, indem sie, als sie ihn öffneten, nur ein Stück Gold, ein Stück Eisen und andere Metalle fanden, deren Gebrauch sie nicht kannten. Die Weissen öffneten nun ihrerseits das Papier, das ihnen alle Güter verhiess; die Schwarzen gingen in die Wälder, um ihren Aerger zu verbergen. Der liebe Gott führte die Weissen an das Gestade des Meeres, wo er sich alle Nächte mit ihnen unterhielt. Das ist der Grund, wie sie sagen, warum der Weisse immer ein Papier in der Tasche hat, um den Neger zu betrügen.
2. Die Weissen müssen für die Schwarzen büssen.
Die Unschuldigen müssen gar oft für die Schuldigen leiden.
3. Wyss b'schysst. (Schaffhausen.) – Schweiz, II, 168, 29.
Nämlich der weisse Wein. Nach Rochholz (Altdeutsches Bürgerleben, 263) scheint dies Sprichwort eine allgemeine Anwendung zu haben und darin begründet zu sein, dass Roth eine der bevorzugten Farben der alten Deutschen war. Der oberländer und emmenthaler Bauer ist mit seiner rothen Rasse gegen die Nachstellungen der Hexen immer sicher geblieben; der unterwaldner dagegen mit seinem schwarzbraunen Niederschlag ist allen Zaubereien ausgesetzt und muss jedes Jahr seinen Stall durch die Kapuziner neu aussegnen lassen. Eine gleiche Abneigung wie gegen das schwarzbraune besteht gegen das weisse Vieh. Das Sprichwort heisst: »Wyss b'schysst« (betrügt). Eine landwirthschaftliche alte und so scharf ausgedrückte Bevorzugung des rothen Rindes kann nicht ohne gleichzeitige religiöse Momente sich entwickelt haben. Das rothe Thier gibt sich allenthalben als Sonnenthier zu erkennen. In Kuhn's Zeitschrift für Sprachforschung (1863, 113), wird eine altindische Segensformel gegen die Gelbsucht mitgetheilt: »Mit Farbe von der rothen Kuh, mit der umhüllen wir dich rings, rings nur mit rothen Farben, dass du lange lebst, umhüll' ich dich! Die röthlichen, die göttlichen, und die da roth, die Kühe auch, so Form an Form, wie Kraft an Kraft, mit denen rings umhüll' ich dich.« Kuhn bemerkt, dass der Kern dieses Segens bereits im Rig- veda enthalten ist und da den Schluss eines Hymnus an die Sonne bildet. Mithin gleichen die hier verwendeten rothen Kühe den hellenischen Sonnenrindern. Dem ägyptischen Sonnenstiere Apis, der selbst glänzend schwarz von Farbe sein musste, wurden an seinem Jahresfeste rothe Ochsen geopfert; und beim persischen Jahresfeste der Feldbauer müssen die Hörner der Thiere roth bemalt sein.