1. De Groten sind de Lütjen äre Narren. (Oldenburg.) – Weserzeitung, 4077.
Danach sollen die kleinen Leute klüger als die grossen sein. Meist wird es angewandt, wenn grossgewachsene Leute kleinen helfen müssen, einen hochliegenden Gegenstand herabzulangen.
Lat.: Amens longus. (Philippi, I, 25.) – Nullus malus magnus piscis. (Tappius, 42a.) – Parva necat morsu spatiosum vipera taurum. (Ovid.) (Binder I, 1326; II, 2482; Kruse, 807; Seybold, 427.)
2. Dem Grossen ein Stück, dem Kleinen ein Stückchen. (Wend. Lausitz.)
3. Den Grossen weichen ist keine Schande, die Kleinen müssen's in jedem Lande. – Simrock, 4062; Körte, 2421.
4. Der Grossen Bitte geht über das Gesetz der Kleinen.
Die Spanier sagen: Wenn dich ein Grosser bittet, so thut er dir Gewalt an.
5. Der Grossen Fall ist der Kleinen Lehr'.
Lat.: Ruina majoris cautela sit minoris. (Binder I, 1564; II, 2982; Fischer, 201, 33; Philippi, II, 160; Seybold, 532.)
[148] 6. Der Grossen Fehler sind nicht klein.
Holl.: De fouten van de grooten zijn nimmer klein. (Harrebomée, I, 195.)
7. Die Grossen kommen eher zu einer Beule als die Kleinen.
Der Albanese sagt: Der Grosse leidet Grosses. Das grosse Buch, behaupten die Neger in Surinam, bringt den Pfarrer um. (Reinsberg II, 85.)
8. Die grossen können der kleinen nicht entraten. – Lehmann, 939, 4.
Holl.: De grooten moeten van de kleinen azen. (Harrebomée, I, 261.)
9. Die Grossen können die Kleinen nicht alle in den Sack stecken, weil ihnen die Säcke nicht langen.
Holl.: Het is nog al goed, zei het kleine mannetje, dat de grooten ons niet in den zak steken. (Harrebomée, I, 262.)
10. Die grossen lasst man lauffen. – Henisch, 1756, 4; Neander, 419.
11. Die Grossen machen die Gesetze und die Kleinen müssen sie befolgen.
Und, sagen die Türken, wer nicht auf die Grossen hört, ist mehr todt als lebendig. (Cahier, 2638.)
Frz.: Les petits sont subjects aux loys et les grands en font a leur guise. (Leroux, II, 100.)
12. Die Grossen richten die Suppe an, und die Kleinen müssen sie ausessen. – Kirchhofer, 225.
13. Die grossen seind nicht die weisesten. – Henisch, 1756, 10; Petri, II, 130.
14. Die Grossen sollen die Kleinen tragen.
D.h. sie unterstützen, ihnen helfen.
Frz.: Le grand doit le petit aidier de ce qu'il a trop sans plaidier. (Leroux, II, 248.)
15. Eh' sich der Grosse buckt, hat ihm der Kleine in den Arsch geguckt. (Posen.)
16. Ehe ein Grosser den Mund aufthut, wird seine Weisheit schon gerühmt.
Die Russen: Ehe der Grossfürst noch ein Wort spricht, ist's schon Weisheit. (Altmann VI, 402.)
17. Man kann die Grossen eher belügen, als ihnen wahrsagen.
Böhm.: Velikým pravdu mluviti tak nesdadno jako lez. (Čelakovsky, 65.)
18. Von den Grossen ist schweigen das Beste.
Span.: Ante reyes ó grandes, ó calla, ó cosas agradables habla. (Cahier, 3444.)
19. Von den Grossen muss man nur Gutes reden.
It.: De' grandi e de' morti, o parla bene, o taci. (Cahier, 2945.)
20. Vor den Grossen muss alles die Segel streichen.
21. Während die Grosse sich bückt, hat die Kleine das Haus gefegt.
Port.: Em quanto a grande se abaixa, a pequena varre a casa. (Bohn I, 276.)
22. Wäre der Grosse tapfer, der Kleine geduldig, der Rothkopf aufrichtig, so kämen alle überein.
Frz.: Si le grand étoit vaillant, et le petit patient, et le rousseau loïal, tout le monde seroit égal. (Kritzinger, 357a.)
23. Was dem Grossen venial, wird dem Kleinen mortal. – Eiselein, 616.
Man verzeiht jenem, was man diesem zum Verbrechen macht.
24. Was den Grossen aus der Hand fällt, das heben die Kleinen auf.
25. Wenn dir ein Grosser Caressen macht, so sei auf deinen Fall bedacht.
26. Wenn es auf die Grossen regnet, träufelt es auch auf die Kleinen.
Holl.: Wanneer het op de grooten regent, druipt het op de kleinen. (Harrebomée, I, 262.)
27. Wer den Grossen im Hofgedränge zu nahe ist, erstickt vor Hitze; wer zu weit von ihnen ist, erfriert.
Zu grosse Nähe ist lästig, in zu grosser Ferne bleiben unsere billigsten Wünsche unberücksichtigt. Die Araber sind derselben Ansicht. (Cahier, 2406.)
Frz.: Qui mesparle des grands s'en repend; qui par trop les prise faut qu'il ment. (Leroux, II, 302.)
28. Wer den Grossen in den Arsch kriecht, kommt leicht auf den Mist.
Aehnlich die Russen Altmann VI, 397.
29. Wer den Grossen Weihrauch streut, hat für die Kleinen keinen Deut.
Von denen, die den Grossen Weihrauch streuen, kommt nichts Gutes. (Schlechta, 100.)
[149] 30. Wer vor den Grossen kriecht, ist nicht mehr als Fusstritte werth.
Holl.: Die voor de grooten kruipt, trapt zijne minderen op 't hart. (Harrebomée, I, 262.)
*31. Dalang wat idj mä a Gratten, maren wat skitj mä a Letjen. (Föhr.)
Heute was essen mit den Grossen, morgen was scheissen mit den Kleinen. – Wer sich heute erhöht, wird morgen erniedrigt.
*32. Den Grossen spielen.
Die Italiener sagen von einem solchen: »Er fertigt einen Diener nach Barcelona ab.« (Reinsberg VI, 10.)
*33. Hi staat dê Grotte bei Sidde, dat dê Letje ok wat fu'n kön. (Nordmarsch.) – Haupt, VIII, 375, 18.
Er stösst die Grossen beiseite, dass die Kleinen auch was bekommen können.
34. Die Grossen dulden nur, was sie müssen.
35. Die Grossen kennen immer zu viel, sie kennen kein Ziel.
Kein Maas, keine Grenze für ihre Forderungen.
Lat.: Quod non potest vult posse, qui nimium potest. (Seneca.) (Philippi, II, 144.)
36. Wenn die Grossen sich rupfen, verlieren die Bauern die Haare. – Fröschweiler Chronik des Jahres 1870, von K. Klein, Nördlingen 1877.
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