Seehäfen [1]

[28] Seehäfen, diejenigen Stellen an der Meeresküste, die durch ihre natürliche Lage oder durch Bauten den Schiffen gegen Wind und Wellen Schutz gewähren und mit allen Einrichtungen ausgestattet sind, um diesen zu ermöglichen, ihre Fracht rasch zu löschen oder solche einzuladen und die notwendigen Reinigungsarbeiten oder Reparaturen an den Schiffen vorzunehmen. Ihrer Anlage nach unterscheidet man offene Häfen, in welche die Schiffe jederzeit ein- und ausfahren können, und Fluthäfen, deren Ein- und Ausfahrt nur zur Zeit der Hochflut möglich ist. Die Schiffe müssen in letzterem Falle den Zeitpunkt der Einfahrt wenigstens an einer gegen Wind und Wellen einigermaßen geschützten Stelle abwarten können, die man Vorhafen oder Reede nennt.

Offene Häfen.

Zu den offenen Häfen gehören vor allem diejenigen in Meeren ohne oder nur mit unbedeutenden Flutwechseln und solche, die an Meeren mit Flut liegen, aber in tiefer See erstellt sind, oder endlich solche, die, von der See entfernt, im Unterlaufe großer Ströme oder Flüsse liegen. Die offenen Häfen, die direkt an der See liegen, oder die Vorhäfen und die Reede von Fluthäfen, die nahe der See liegen, werden gegen Wellenschlag, Wind und Strömungen durch Wellenbrecher geschützt, in welchen die Einfahrten offen gelassen sind (Fig. 1). Die Wellenbrecher werden wohl ausnahmsweise aus Holz erstellt, und zwar, obwohl sehr leiten, aus Strauchwerk und Steinpackungen, eher aber aus hölzernen Kisten mit Steinbelastung, im allgemeinen und in neuerer Zeit in Europa wohl ausschließlich aus Steinen. Sie sollen bis auf die höchste Flut reichen und, des Wellenschlages wegen, auch noch etwa 2 m höher. Sollen sie aber begangen werden können, so sind sie noch wesentlich zu erhöhen. Die Parallelwellenbrecher bei langen Einlaufkanälen werden sehr häufig bloß bis auf Fluthöhe oder wenig höher aufgebaut, jedoch auf diesen ein hölzerner oder eiserner Laufsteg in ganzer Länge, und zwar sowohl ein- als zweiseitig vom Einlaufkanal erstellt, von wo aus den einfahrenden Schiffen nötigenfalls Hilfe geleistet werden kann (Fig. 2). Am Ende dieser Laufstege gegen den Hafeneingang befindet sich meist ein Feuer. Dagegen erhalten Wellenbrecher, welche die Reede oder den Hafen nach außen begrenzen, wenn sie begangen werden sollen, meist eine erhöhte Brustwehr, die sogar oft so hoch aufgeführt wird, daß man Magazine gegen diese lehnen kann, die sich gegen den Hafen öffnen, und über denen ein Fußgängersteig mit einfacher Brüstung wegführt (Fig. 3). Besteht der Boden aus Fels, so begrenzt man den Wellenbrecher im Fundament gegen außen und innen mit künstlichen Blöcken, die auf den Felsboden direkt aufgesetzt werden, und zwischen denen man aus Sparsamkeitsrücksichten Bruchsteine einfüllt, um eine durchgehende Lage der künstlichen Blöcke nicht erstellen zu müssen, die indes oft auch vorkommt, und baut den Wellenbrecher somit beinahe mit senkrechtem Fundament bis auf Ebbehöhe, von wo dann die Schutzmauer folgt. Beim neuen Hafen von Rochefort (la Pallice), der auf Felsen steht, hat man den Wellenbrecher von Grund auf vollständig aus Mauerwerk erbaut, mit Zuhilfenahme der Luftdruckmethode. Aehnlich wurde der neue Hafendamm von Dieppe in einzelnen Teilstücken bis zu 3 m über Meeresspiegel in einem Trockendock fertig gemauert, dann schwimmend an Ort und Stelle geführt und dort unter Druckluft in den Kreidefelsen eingegraben (Fig. 4). Bei Boden von geringem Widerstand oder in großer Tiefe erstellt man MW. das Fundament der Wellenbrecher heute ziemlich allgemein in Form einer Steinschüttung.[28] Man beobachtet dabei den Grundsatz, daß die kleineren Steine im Kern und auf dem Boden derselben verwendet werden, wogegen schwerere und größere Steine darüber und nach außen, die schwersten nach dem Meere hin zu liegen kommen. Bis auf eine gewisse Tiefe unter dem Ebbespiegel verwendet man in Ermanglung ganz großer Steine meist künstliche Blöcke, weil die Erfahrung gelehrt hat, daß der Einfluß der Wellen bis auf ca. 6 m Tiefe die Steinschüttungen ausnahmsweise angreift (Fig. 5). Diese Anordnung der Steine, die zu einer sorgfältigen Scheidung derselben in verschiedene Größenkategorien führt, hat nicht nur den Vorteil, zu verhindern, daß kleinere Steine bei einer gemischten Anschüttung von den Wellen weggespült werden, sondern läßt in der Steinschüttung gleichzeitig die meisten Hohlräume, und da es sich bloß darum handelt, einen soliden Wellenbrecher zu erstellen und keineswegs eine dichte Mauer, und man dieses Resultat in oben beschriebener Weise sehr vollständig erreicht, so erzielt man gleichzeitig die größte Materialersparnis und die geringsten Kosten. Nachdem die Steinschüttung sich gesetzt hat, was bei gewissen Bodenarten im Untergrunde oft sehr lange andauert, wird dann über Ebbespiegel mit dem Aufbau der Brüstungsmauern begonnen. Wird dieser Aufbau in der Weise durchgeführt, daß der Wellenbrecher gegen den Hafen hin auch als Anlegeplatz der Schiffe (als Kai) dienen kann, so nennt man ihn Molo (Fig. 5). Man hielt früher dafür, es empfehle sich, solchen Wellenbrechern auf der Seeseite eine ganz flache Böschung zu geben und sie gegen den Hafen steil abfallen zu lassen. Die Erfahrungen in Cherbourg und in England haben aber gezeigt, daß die auf diesen flachen Böschungen auflaufende Welle eine so bedeutende Stoßkraft besitzt, daß sie bei starkem Sturm in der Lage ist, große Steinblöcke auf der flachen Böschung hin und her zu rollen, die dann zur Zerstörung der Anlage beitragen. In der Neuzeit gibt man deshalb solchen Wellenbrechern die Böschung, die erfahrungsgemäß das vorhandene Steinmaterial unter Wasser von selbst annimmt, wie in Genua und Marseille. Man hat auch begonnen, den Aufbau der Wellenbrecher mit ganz großen künstlichen Blöcken durchzuführen, die, vom Lande ausgehend, gegeneinander gelegt werden und eine fortlaufende Mauer bilden (Fig. 6). Ein bestimmtes Urteil über deren Vorzüge hat sich noch nicht bilden können.

Die Einfahrt liegt am heften so, daß die Schiffe direkt durch den herrschenden Wind in den Hafen geführt werden, oder wenigstens so, daß die herrschende Windrichtung mit der Hafeneinfahrt einen sehr spitzen Winkel bildet. Bestehen an der Hafenstelle zwei herrschende Windrichtungen, so bestehen oft auch zwei Einfahrten. Die Einfahrten sollen nicht zu eng, in ganzer Breite von ausreichender Tiefe und nachts gut beleuchtet sein. Dicht hinter der Einfahrt soll sich der Hafen oder die Reede rasch erweitern, damit die einlaufenden Wellen sich verlaufen und die Schiffe in ruhiges Wasser gelangen können.

Schwierig gestaltet sich die Anlage, wenn eine Strömung längs der Küste Sinkstoffe mit sich führt, weil diese sich gern in den Hafeneingang ablagern, indem dort die Strömung gebrochen ist. Man vermeidet dies wohl eine Zeitlang durch Anlagen, wie Fig. 2 sie zeigt, wobei sich die Sinkstoffe gegen den Wellenbrecher lagern. Reicht jedoch diese Ablagerung bis an dessen äußeres Ende, so beginnt neuerdings die Gefahr der Verlandung und zwingt häufig zur Verlängerung der Wellenbrecher, somit zur Bildung eines langgestreckten Kanals als Hafeneingang, in dem sich die Wellen nur langsam verlaufen, was die Einfahrt wesentlich erschwert. Man legt zu dem Ende oft in den Wellenbrechern links und rechts des Einfahrtskanals, wo die lokalen Verhältnisse dies ermöglichen, Seitenbecken an, deren Sohle sich allmählich erhöht und[29] die den Zweck haben, die Welle in denselben sich totlaufen zu lassen und somit abzuschwächen, wie in Dieppe. Da sich die Ablagerung der Sinkstoffe auch hinter den von der Küstenströmung abliegenden Wellenbrechern oder Hafendämmen vollzieht, so verlängert sich diese sehr häufig allmählich auf jener Seite über den Hafeneingang hinaus, und es entsteht dann leicht rasch eine Verlandung vor diesem und im Einlaufkanal, die nur mit ausnahmsweisen Hilfsmitteln beseitigt werden kann.

Man verwendete zu dem Ende früher und verwendet auch wohl heute noch an gewissen Stellen Spülungen, d.h. man sammelt bei Flut in einem Spülbecken Wasser an und läßt dieses bei Ebbe durch eine Oeffnung in dem Spülbecken (Spülschleuse) plötzlich in der Richtung der Fahrstraße ablaufen. Die dadurch erzielte Strömung bewirkt die Ausräumung einer tieferen Fahrrinne im Einlauf. Die Spülbecken werden auf Gelände erstellt, dessen Boden nicht höher zu liegen braucht als Niederwasser und auf dem man mit Erddämmen eine Oberfläche abschließt, die zwischen Ebbe und Flut eine ganz bedeutende Wassermenge faßt, die erfahrungsgemäß hinreicht, um bei dem verfügbaren Höhenunterschiede zwischen Ebbe und Flut, zur Ebbezeit abgelassen, mit genügender Geschwindigkeit und auf genügende Entfernung das Flußbett auszuspülen (Fig. 7). Diese Becken erhalten somit zwei Oeffnungen; die eine, zum Einfüllen des Wassers zur Flutzeit, wird gewöhnlich mit Schützen geschlossen, sobald die Ebbe eintritt; die andre, die sogenannte Spülschleuse, wird nur im Moment der tiefsten Ebbe geöffnet und bleibt sonst stets geschlossen. Da das Oeffnen derselben leicht und schnell vollzogen werden muß, so verwendet man meist zum Verschluß derselben Drehklappen. Diese haben gleichbreite Flügel; in dem einen derselben befindet sich eine leicht verschließbare kleinere Oeffnung. Nach Wegnahme des Verschlusses entsteht auf den Flügel ein etwas geringerer Druck als auf den andern, was hinreicht, um die Klappe zu drehen. Die Form dieser Spülbecken wird tunlichst so gewählt, daß sich die Spülschleuse an der engsten Stelle derselben befindet, damit die Wasserfäden ohne Wirbel gegen diese hinziehen können. Um bei der großen Geschwindigkeit, mit der sich das angesammelte Wasser gegen und durch die Spülschleuse bewegt, ein Kolken und Unterspülen der Schleuse zu verhindern, muß deren Vor- und Unterboden durch Pflasterungen oder durch hölzerne Böden auf größere Entfernung und auf die ganze Breite der Schleuse gesichert werden. Ebenso erhalten die Erddämme in der Nähe der Spülschleuse eine Pflasterung als Verkleidung zum Schutz gegen die Strömung. Da diese Spülungen indes bloß einen begrenzten Erfolg haben und die aufgewühlten Bodenteile sich bald wieder ablagern, so zieht man in letzter Zeit die Ausbaggerung der Ablagerungen vor, die namentlich in Sandboden, mittels Pumpenbagger ausgeführt, gestatten, rasch große Mengen Bodens definitiv zu beseitigen.

Die Reede soll eine möglichst große Ausdehnung erhalten, damit die einlaufenden Schiffe die dort schon vor Anker liegenden nicht beschädigen. Großer Wert ist auf guten Ankergrund zu legen; findet sich ein solcher nicht vor, so sind zum Anbinden der Schiffe Bojen oder Ducs d'Albes an passenden Stellen und in genügender Anzahl anzubringen. Das gleiche gilt von den Vorhäfen.

Ost werden in diesen letzteren Landungsbrücken angebracht, um den Reisenden auf Passagierbooten die Möglichkeit zu geben, sofort bei Ankunft der Schiffe und ohne daß diese in den Innenhafen eintreten, aus- und einzuschiffen und ihr Gepäck ein- und auszuladen. Diese Landungsbrücken werden sowohl in Stein als auch in Eisen und Holz ausgeführt, und zwar sowohl fest als schwimmend. Sie bestehen meist aus einer hölzernen oder eisernen festen Jochbrücke senkrecht zum Ufer, die mit einer beweglichen Klappe endet, die an der Jochbrücke in Lagern um eine Achse beweglich ist und am andern Ende auf einem fest verankerten Ponton aufliegt. Da dieses Ponton sich mit dem Wasserspiegel hebt und senkt, so verschiebt sich das Ende der beweglichen Klappe auf diesem und trägt zu dem Zwecke meist zwei Rollen, die diese Verschiebung erleichtern (Fig. 8). Diese Rollen selbst ruhen auf beweglichen Wagen, die sich in der Längenrichtung des Schiffes verschieben können, so daß die Längsbewegungen des Pontons sich unter diesen ohne Schaden für die Klappe vollziehen. Diese Klappen liegen oft auch direkt am Lande statt am Ende einer Jochbrücke. Die Pontons selbst sind entweder ausschließlich zum Tragen dieser Klappen gebaut und besitzen in diesem Falle ganz bescheidene Abmessungen, oder[30] sie sind zu einem wirklichen schwimmenden Kai ausgebildet, besitzen dann eine nicht unerhebliche Länge und Breite und können in diesem Falle mit dem Ufer durch mehrere Klappenstege verbunden sein. Diese schwimmenden Kais ruhen auf mehreren Schiffskörpern, die durch ein gemeinschaftliches Deck verbunden sind, und tragen oft Wartesäle (Fig. 9). Vgl. a. Landungsbrücken. In den offenen Häfen fallen die Landungsbrücken meist weg und legen sich die Schiffe direkt an die Ufer, es sei denn, daß die ungenügende Tiefe des Hafens dies großen Transportschiffen nicht gestatte.

Fluthäfen.

Um an die Ufer anlegen zu können, ist man bei Fluthäfen genötigt, bei steigender Flut durch eine Dockschleuse in ein Halbflutbecken (Halbtidebecken) zu gelangen und eventuell von diesem durch eine Kammerschleuse in ein Vollflutbecken (Volltidebecken), Fig. 10. Der Wasserspiegel der Halbflut- oder Halbtidebecken wird auf mittlerer Fluthöhe gehalten, und dieselben bleiben vom Augenblick an gegen den Vorhafen geöffnet, wo die steigende Flut die mittlere Fluthöhe erreicht hat, bis zum Augenblicke, wo nach Eintritt des fallenden Wassers dasselbe wieder bis zur mittleren Flut gesunken ist, in welchem Moment die Tore der Dockschleuse geschlossen werden, somit während nahezu 6 Stunden. Es gewährt dies den ein- und ausfahrenden Schiffen die nötige Zeit zu ihren Bewegungen. Der Wasserspiegel der Vollflut- oder Volltidebecken wird nahezu auf der Höhe der Hochflut gehalten, und da dieselbe nur kurze Zeit andauert, so würden sie so wenig lange nach dem Vorhafen geöffnet bleiben, daß die Schiffe nicht Zeit finden würden, ein- und auszufahren. Dieselben sind infolgedessen meist nicht direkt mit dem Vorhafen verbunden, sondern mit einem Halbflutbecken, und überdies meist nicht mittels einer Dockschleuse, sondern mittels einer Kammerschleuse.

Uferausbildung.

Bei allen Hafenanlagen handelt es sich darum, die Ufer so zu gestalten, daß die Schiffe genügende Tiefe vor denselben finden, um direkt anlegen zu können. Man erreicht dies durch Erstellung von Bollwerken oder Kaimauern, deren Fundament tiefer liegen soll als der Hafen oder das Hafenbecken, und welche vertikal oder nahezu vertikal aufgebaut werden, um zu gestatten, daß man direkt aus dem Schiffe auf die Kais gelangen kann. Zum Anbinden der Schiffe an den Kaimauern dienen meist gußeiserne Schiffhalter. Zum Verkehr zwischen den Booten und den Kais dienen Stiegenanlagen, Leitern. Endlich sind auf den Kais Brunnen anzubringen.

Bollwerke fanden namentlich früher Anwendung. Da sie von keiner langen Dauer sind und leicht vom Bohrwurm angefressen werden, hat man sie in der Neuzeit beinahe überall durch Mauern ersetzt. Im allgemeinen bestehen solche Bollwerke aus Böcken, gebildet aus einigen gegeneinander verstrebten Pfählen, die sich in Abständen von ca. 2 m folgen, durch Langhölzer verbunden und gegen Land verankert sind, und an welche eine Bohlenwand angeschlagen ist (s Fig. 11). Die Böcke werden in einzelnen Gegenden wohl auch aus Eisen erstellt und die Bohlenwand zwischen denselben durch Backsteinbögen ersetzt (Fig. 12). Wesentlich größere Haltbarkeit ist damit nicht erzielt.

Kaimauern erhielten früher oft einen erheblichen Anzug, werden in der Neuzeit aber meist vertikal oder nahezu vertikal erstellt, damit bei fallender See die Schiffe an denselben nicht aufsitzen. Das Fundament läßt sich leicht erstellen, wenn es sich um Kaimauern zur Verkleidung der Ufer von Flutbecken handelt, weil diese letzteren meist im Trockenen ausgegraben werden. Größere Schwierigkeiten bietet deren Erstellung bei offenen Häfen, weil sie dort in tiefem Wasser zu erbauen sind. Man verwendet dann Senkkasten mit oder ohne vorhergehende Pfählungen bei geringen Tiefen und Zweifelhaftem Boden; aufgeschichtete künstliche Blöcke, die direkt auf dem Boden sitzen, wenn derselbe widerstandsfähig ist;[31] bei größerer Tiefe und beliebiger Bodenart zunächst Steinschüttungen bis 7 oder 8 m unter Niederwasser und über denselben aufgeschichtete Blöcke (Fig. 13). – In der Neuzeit werden solche Fundamente in zusammenhängenden Mauern und bis zu Tiefen von 15 m auf gutem Boden oder auf Steinschüttungen in beweglichen Caissons oder Glocken nach dem pneumatischen Verfahren aufgemauert (Fig. 14). – Ost verwendet man auch eine Reihe aufeinander folgender Brunnenfundationen (Fig. 15). Welches auch das Fundationsverfahren sei, so schließt man das Fundament meist ungefähr bei tiefstem Wasserspiegel mit einer Sockelschicht ab und verkleidet über derselben die Kaimauer bis unter die Deckplatte, sei es mit Backsteinen, sei es mit kleinen Quadern. Die Deckplatten sollen über die Mauer nicht vorspringen, ungefähr 0,40–0,50 m hoch und 1,00–1,20 m breit sein und gegen Ausweichen miteinander verkämmt werden.

Da die Kaimauern oft stark beansprucht werden, indem man nahe dem Rande derselben große Lasten (Schienen) aufschichtet und ablagert, und oft dicht hinter denselben schwere Eisenbahnzüge durchfahren, so begründen schon diese Verhältnisse ausnahmsweise Abmessungen. Dieselben sind namentlich dort notwendig, wo ein starker Flutwechsel stattfindet, indem infolge desselben die Beanspruchungen sich sehr bedeutend ändern. Man tut deshalb gut, bei Berechnung von Kaimauern auf eine Breite von 6 m hinter der Vorderkante des Kais eine Belastung von 3–6 t pro Quadratmeter Bodenfläche vorauszusetzen, je nach der Natur des im Hafen gebräuchlichen Warenverkehrs, und gleichzeitig den niedersten Wasserspiegel vor der Kaimauer vorzusehen.

Zum Schütze der Mauern und der Schiffe erstellt man vor den ersteren sogenannte Prellpfähle (Fig. 15). Stiegen sollen so wenig als möglich gerade Kaistrecken unterbrechen, sondern werden am besten in den vorspringenden oder einspringenden Ecken derselben angelegt; dagegen ist in den geraden Strecken die Anlage von Leitern in den Kaimauern zu empfehlen. Weder die einen noch die andern dürfen über die Mauerflucht vorspringen. Die Leitern liegen somit in Rinnen, die oben mit einer gerifften Eisenplatte überdeckt werden; zum Aufstieg dienen in die Deckquader eingelassene eiserne Halter. – Die Treppen sind in die Mauer zu legen (s. Fig. 16). Zum Befestigen der Schiffe dienen Ringe aus Messing in der Mauer, die ebenfalls in dieselbe versenkt sind oder »Schiffshalter« aus Gußeisen (Fig. 17), welche hinter die Deckplatten zu stehen kommen. Diese Schiffshalter sind etwa 1 m hoch über dem Boden und stecken mit ihrem unteren Teile auf 1,20 bis 1,50 m im Boden und zwar in einem Betonkörper. Da sie großen Zug auszuhalten haben, werden sie oft noch wenig unter dem Boden durch eiserne Zugstangen gefaßt und gegen hinterliegende Mauerkörper verankert. Um das Abgleiten des Seiles zu verhindern, mit denen die Schiffe an denselben befestigt sind, erhalten sie meistens einen Kopf, und weil das Abgleiten nur auf der dem Lande zugekehrten Seite stattfinden kann, so gibt man ihnen diesen Kopf meist nur auf jener Seite, während man sie auf der Seeseite zylindrisch verlaufen läßt.

Auf den Kais sollen die nötigen Ausladevorrichtungen (Krane) sich finden und dicht hinter denselben Gleisanlagen oder Straßen, um die Waren aus den Schiffen direkt in die Eisenbahnwagen oder Landfuhrwerke überladen zu können oder umgekehrt. Muffen die Waren vorläufig gelagert werden, sei es zum Zwecke der Zollbehandlung oder allmählicher Abfuhr oder Weiterverschiffung, so sind hinter den Kaigleisen und auf Tragweite der Kranen Magazine zu erstellen, die wiederum auf der Landseite mit Hebevorrichtungen zum Verladen auf Bahnwagen oder Landfuhrwerke versehen sein müssen. Diese Magazine dienen ebenfalls zur Ablagerung von Waren, die durch die Bahnen und auf Straßen zugeführt werden, um dann bei Ankunft der Schiffe auf dieselben verfrachtet zu werden (s. Fig. 18).

Da die Verkehrsfähigkeit eines Seehafens mit der Länge der Kais zunimmt, so handelt es sich darum, dieselben möglichst zu entwickeln, ohne auch die Wellenbrecher in gleichem Maße verlängern zu müssen, wobei indes die Beweglichkeit der Schiffe nicht gehemmt werden darf. In offenen Häfen geschieht dies durch Anlage von Zungen, in Fluthäfen durch Vermehrung der Hafenbecken, ausnahmsweise wohl auch durch Anlage von Zungen in diesen Becken. Die Zungen gestatten eine bequeme Anlage der Kais und der Magazine und einen[32] intensiven Verkehr auf verhältnismäßig engem Räume. Endlich liefern sowohl die Zungen in den offenen Häfen als die Hafenbecken in den Fluthäfen die Möglichkeit, dem Verkehr mit bestimmten Waren auch bestimmte Teile des Hafens zuzuweisen, z.B. bestimmte Becken oder bestimmte Zungen, und diese alsdann in einer Weise auszubilden, die der Eigenart der zu verschiffenden oder zu löschenden Warengattung am bellen entspricht.

Besondere Anlagen.

Außer den rein »offenen Seehäfen« und den reinen »Fluthäfen« gibt es auch Hafenanlagen mit gemischtem System, Es trifft dies namentlich bei Hafenanlagen zu, die in den Flußmündungen erstellt werden, und zwar an Punkten, bis zu denen sich die Hochflut noch fühlbar macht, ohne indes mehr eine sehr große Höhe zu erreichen, wie z.B. in Antwerpen. Der Vorhafen, meist ein Fluß, wird längs den Ufern direkt mit Kais versehen, während senkrecht zum Fluß die Dockschleusen zu den Becken führen, die ein- oder beidseitig in den dem Fluß zunächst liegenden Geländen ausgegraben werden.

Neben den oben beschriebenen Hafenanstalten sind in einem Hafen anzubringen: Ein oder mehrere ausnahmsweise kräftige und hohe Krane (s.d.), um sehr große Lasten zu heben. Dieselben werden meist hydraulisch betrieben. Namentlich soll ein Hafen mit Vorrichtungen zum Reinigen und Reparieren von Schiffen versehen sein, z.B. mit einem Kielholplatz (s.d.) mit den zugehörigen festen oder schwimmenden Einrichtungen, mit festen oder schwimmenden Trockendocks (s. Dock), um die Schiffe trockenlegen zu können, und Hellingen (s.d.), um die Schiffe aus Land zu ziehen. Endlich soll in der Nähe eines größeren Hafens eine isolierte Stelle mit gutem, sicherem Ankergrund dazu eingerichtet sein, um dort Schiffe während der Quarantänefrist unterzubringen.

Es gibt auch Seehäfen, die nur für Besorgung einer einzigen der verschiedenen Funktionen eingerichtet sind, die man von einem Seehafen im allgemeinen verlangt, so die Zufluchtshäfen, die den Schiffen nur Schutz vor Wind und Wellen gewähren, ohne ihnen die Möglichkeit zu bieten, ihre Waren zu löschen oder einzuladen. Sie liegen gewöhnlich in einer Bucht, die schon von Natur diese Bedingungen zum größten Teil erfüllt, die man aber durch Anlage eines Wellenbrechers noch sicherer oder durch Vertiefung auch für größere Schiffe zugänglich gemacht und mit Bojen oder Ducs d'Albes versehen hat. Ein Leuchtturm zeigt ihre genaue Lage und kleinere Feuer ihre Einfahrtsstelle an.

Ganz ähnlich sind die Winterhäfen dazu bestimmt, Schiffen im Norden, während die See einfriert, den nötigen Schutz zu gewähren und die Möglichkeit zu bieten, die Schiffsmannschaft während des Winters mit den notwendigen Vorräten zu versehen.

Andre Häfen sind ausschließlich zum Laden oder Löschen bestimmter Warengattungen erstellt. So die Fischerhäfen, wo die Fahrzeuge ausgerüstet werden, die sich ausschließlich dem Fischfang widmen, und wo nur die erforderlichen Einrichtungen bestehen, um denselben Schutz zu gewähren, die aber für größere Schiffe meistens zu seicht wären.

Kohlenhäfen nennt man die Seehäfen, welche mit den nötigen Vorrichtungen, namentlich Ladevorrichtungen, versehen sind, um ausschließlich die rasche Verladung von Kohlen (vgl. a. Kohlenbahnhöfe) zu bewerkstelligen. Dieselben liegen entweder in der Nähe von Minendistrikten, wo somit nur die Verladung von Kohlen stattfindet, oder in Gegenden, wo Kohlen fehlen, um den Schiffen Gelegenheit zu geben, dieselben dort zu beziehen (Kohlenstationen). Sie dienen also als Kohlenstapelplätze und müssen deshalb sowohl mit Auslade- als Einladevorrichtungen ausgerüstet sein.

Eigenartige Anlagen sind die Kriegshäfen, die vor allem an Stellen erbaut werden, welche eine strategische Bedeutung besitzen, und überdies in einer Lage, die es gestattet, den Zutritt zu denselben sowohl von der Seeseite als von der Landseite leicht abzuwehren. Dieselben sind deshalb ringsherum mit einem Festungsgürtel umgeben. Sie bedürfen überdies einer sicheren und tiefen Einfahrt und statt langer Kaimauern namentlich einer ausgedehnten, gut gegen Wind und Wetter geschützten Reede, in die man von der Seeseite keinen Einblick hat, und die von dort aus nicht beschossen werden kann, und welche namentlich guten Ankergrund besitzt. Statt ausgedehnter Magazine zum Lagern von Waren sind hier solche für Ausrüstungsgegenstände erforderlich, sowie Werkstätten zum Bau und zur Reparatur von Schiffen mit zahlreichen Docks und den mannigfaltigsten Anstalten eines Kriegsarsenals und -depots samt Kasernen.

Quarantänehäfen dienen, wie schon oben erwähnt, zur Aufnahme von Schiffen während der Quarantänezeit. Man sucht dieselben in einer von der Landseite schwer zugänglichen Gegend zu erstellen, beispielsweise auf einer Insel, und rüstet sie namentlich mit Lazaretten aus, aber auch mit passenden Unterkunftslokalen für die gesunde Bevölkerung an Bord der Schiffe.


Literatur: [1] Handbuch d. Ingenieurwissensch., Bd. 3, Abt. 3, 3. Aufl., Leipzig 1901. – [2] Ports maritimes de la France, Paris 1874–93. – [3] Stevenson, Th., The design and construction of harbours, 3. Aufl., Edinburg 1886.

Zschokke.

Fig. 1.
Fig. 1.
Fig. 2.
Fig. 2.
Fig. 3.
Fig. 3.
Fig. 4.
Fig. 4.
Fig. 5., Fig. 6.
Fig. 5., Fig. 6.
Fig. 7.
Fig. 7.
Fig. 8.
Fig. 8.
Fig. 9.
Fig. 9.
Fig. 10.
Fig. 10.
Fig. 11.
Fig. 11.
Fig. 12.
Fig. 12.
Fig. 13.
Fig. 13.
Fig. 14.
Fig. 14.
Fig. 15.
Fig. 15.
Fig. 16.
Fig. 16.
Fig. 17.
Fig. 17.
Fig. 18.
Fig. 18.
Quelle:
Lueger, Otto: Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften, Bd. 8 Stuttgart, Leipzig 1910., S. 28-33.
Lizenz:
Faksimiles:
28 | 29 | 30 | 31 | 32 | 33
Kategorien:
Ähnliche Einträge in anderen Lexika

Buchempfehlung

Anonym

Historia von D. Johann Fausten

Historia von D. Johann Fausten

1587 erscheint anonym im Verlag des Frankfurter Druckers Johann Spies die Geschichte von Johann Georg Faust, die die Hauptquelle der späteren Faustdichtung werden wird.

94 Seiten, 6.80 Euro

Im Buch blättern
Ansehen bei Amazon

Buchempfehlung

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Geschichten aus dem Sturm und Drang. Sechs Erzählungen

Zwischen 1765 und 1785 geht ein Ruck durch die deutsche Literatur. Sehr junge Autoren lehnen sich auf gegen den belehrenden Charakter der - die damalige Geisteskultur beherrschenden - Aufklärung. Mit Fantasie und Gemütskraft stürmen und drängen sie gegen die Moralvorstellungen des Feudalsystems, setzen Gefühl vor Verstand und fordern die Selbstständigkeit des Originalgenies. Michael Holzinger hat sechs eindrucksvolle Erzählungen von wütenden, jungen Männern des 18. Jahrhunderts ausgewählt.

468 Seiten, 19.80 Euro

Ansehen bei Amazon