Collorēdo [2]

[265] Collorēdo, fürstliche Familie in Österreich, eine Linie des Hauses Wallsee (Waldsee), die 1031 das Vicecomitat Mels erhielt. Um 1214 besaß During II. das Gebiet Venzone u. die Schlösser Mels, Sailinburg u. Montfort. Seine 3 Söhne gründeten 3 Linien: A) Linie Mels-C., gegründet von Heinrich, dem ältesten von Durings Söhnen, wurde 1626 vom Kaiser Ferdinand I. in den Reichsfreiherrn-, 1707 von Joseph I. in den Grafenstand erhoben; B) Linie der Herren von Prodolone, gegründet von Variondas, dem 2. Sohne Durings; sie erlosch 1758 im Mannsstamm u. die Güter kamen an die Linie zu Moschelet; C) Linie der Herren von Venzone, gegründet von Glizogus, dem jüngsten der Söhne Durings; er ist der Stammvater der Fürsten u. Grafen von C.; Wilhelm, Sohn desselben, verkaufte 1280 die Herrschaft Venzone an den Herzog Marquard von Kärnthen u. erhielt von Ottobonus, Patriarch von Aquileja, die Erlaubniß, in Friaul ein Bergschloß C. zu bauen, wonach er u. seine Nachkommen sich nannten. Seine 3 Söhne Asquin, Bernhard u. Weickard gründeten 3 Hauptlinien der C-s. a) Asquinische Linie, gegründet von Asquin, deren Glieder 1588 zu erbländischen, 1591 als C.-Wallsee zu Reichsfreiherrn u. 1624 zu Reichsgrafen ernannt wurden, 1693 aber ausstarben; b) Bernhardinische Linie, gegründet von Bernhard, sie zerfiel in: aa) den Mantuaner Ast, der 1624 die Reichsgrafenwürde erhielt u. wieder in α) den eigentlichen Mantuaner Zweig, der in Italien dem Aussterben nahe ist, u. β) den Böhmischen Zweig sich spaltete; bb) den Venetianer Ast zu Moschelet, der seine Stammvettern, die Herren von Prodolone (s. oben), beerbte; c) Weickardsche Linie, gegründet von Weickard, diese stieg bes. deshalb zu hohem Ansehn, weil der General Graf Rudolf C. (nach And. der Großpriest des Malteserordens Joseph C.) viel zum Fall Wallensteins that u. deshalb mit der böhmischen Herrschaft Opoczno belehnt wurde. Von dessen Nachkommen hatte Ferdinand (geb. 1635, st. 1689) 2 Söhne, Hieronymus u. Rudolf, welche die beiden jetzt noch blühenden Linien gründeten: aa) die seit 1764 fürstliche Linie C.-Mansfeld, gegründet von Hieronymus, dem älteren; dieser erhielt mit seinem Bruder das Obertruchseßamt in Böhmen, sein Sohn Rudolf Joseph, geb. 1706 in Prag, Reichsvicekanzler, 1737 als Personalist Sitz u. Stimme auf der Schwäbischen Reichsgrafenbank, 1763 den Reichs- u. 1764 den erbländischen Fürstenstand, doch führt stets nur das Haupt der Familie den Titel Fürst; er st. 1788. Der Sohn von Hieronymus, Fürst Franz Gundaccar (s. unten 5), erhielt mit der Hand Marien Isabellens, Gräfin von Mansfeld, die Herrschaften Dobrzisch, Suchodel, Russel u. Heiligenfeld in Böhmen u. setzte 1789 deren Titel u. Wappen den seinen hinzu u. nannte sich nun Fürst von C.-Mansfeld, kaufte zur Begründung einer Virilstimme 1803 vom Grafen Nostitz dessen Antheil an der Herrschaft Rineck, von Hohenlohe Bartenstein dessen zur Grafschaft Limpurg gehöriges Amt Gröningen (was jedoch 1827 von den C-s an Württemberg verkauft wurde), u. erhielt daher Sitz in der fränkischen Grafencurie, u. von der Gräfin Maria Dominica von Martinitz erbte er 1784 die böhmischen Herrschaften Grünberg, Nepomuk u. Pradlo. Gegenwärtig besitzt diese Linie die böhmische Fideicommißherrschaft Opoczno mit Dobrußka u. Hohenbruck (5,6 QM. mit 32,500 Ew.) u. die Allodialherrschaft Grünberg mit Nepomuk u. Pradlo (1,5 QM. mit 7200 Ew.), in Niederösterreich die Herrschaft Sierendorf u. Staatz; bb) die gräfliche Linie der Marchesen von Sta. Sofia, gegründet von Rudolf, Bruder von Hieronymus, er nannte sich u. seine Linie nach dem 1701 erworbenen Marchesat Santa Sofia: Grafen von C.-Sta. Sofia, u. sein Sohn erwarb durch Heirath Stadt u. Marchesat Reconati im Kirchenstaat. Merkwürdig sind: 1) Fabricio, Marchese zu Sta. Sofia, war Günstling u. Minister Cosmos II. von Medici, wurde an Kaiser Rudolph II. geschickt, war auch Minister Friedrichs II. von Medici u. st. 1645 in Florenz. 2) Hieronymus, geb. um 1583, Bruder des Vor., trat in kaiserliche Dienste, wurde 1632 General, führte später mehrmals das Commando gegen Bernhard von Weimar u. Andere, verlor aber am 3. Mai 1634 die Schlacht bei Liegnitz gegen den sächsischen General Arnim, wurde deshalb[265] vor ein Kriegsgericht gestellt u. saß in Ödenburg auf Festung; befreit, diente er unter Gallas, wurde von den Franzosen gefangen u. blieb 1638 beim Entsatz von St. Omer. 3) Rudolf, des Vor. Bruder, geb. 1585; trat früh in kaiserliche Dienste u. zeichnete sich im Dreißigjährigen Kriege aus, wurde 1624 Reichsgraf, suchte 1631 als Obrist vergebens Hessen zur Niederlegung der Waffen zu bewegen, erhielt bei Lützen 7 Wunden, empfing 1636 die Belehnung mit Opoczno, weil er in der Wallensteinischen Sache sehr thätig gewesen war, befehligte dann in Schlesien, war Ende 1643 bei Gallas Zuge nach Holstein, theilte dessen Unfälle bei Magdeburg u. zwang 1648 nach dreimonatlicher Vertheidigung der Altstadt Prag die Schweden zum Abzug; er st. 1657 als Feldmarschall u. Gouverneur von Prag (vgl. oben). 4) Johann Baptist, war erst kaiserlicher General, vertheidigte dann, in venetianischen Diensten, Candia gegen die Türken u. blieb 1649 beieiner Recognoscirung. 5) Franz, geb. 1737, war Oberhofmeister des Kaisers Franz II., Minister u. Chef der Hof- u. Staatskanzlei, legte aber nach der Schlacht bei Austerlitz sein Ministerium nieder u. st. 1806 Er war vermählt mit Victoria geb. Gräfin Folliot von Crenneville. 6) Franz Gundaccar, Fürst von C.-Mansfeld, geb. 1721; Großkammerherr, war 1767–1771 Gesandter in Madrid, wurde 772 Principalcommissarius beim Reichskammergericht u. 1789–1806 Reichsvicekanzler; 1805 war er kurze Zeit Kriegsminister u. hatte Antheil am Bündniß Österreichs mit England u. Rußland; er st. 1807. 7) Rudolf Joseph, Fürst von C.- Mansfeld, ältester Sohn des Vorigen, geb. 1772; Obersthofmeister, Geheimrath u. Kämmerer, st. 1843; ihm folgte: 8) Franz de Paula Gundaccar, Fürst C. Mansfeld, Neffe u. Sohn von C. 10), geb. 1802 in Wien, trat 1824 in die österreichische Armee ein u. durchlief rasch die niederen Grade, so daß er 1848 als Generalmajor in Triest u. dann in Theresienstadt eine Brigade befehligte. Später war er bei der Unterdrückung des Aufstandes in Prag, bei der Einnahme von Wien u. darauf im Ungarischen Kriege, namentlich in der Schlacht von Kapolna u. vor Komorn, thätig. Er rückte im Laufe des Krieges zum Feldmarschalllieutenant auf u. wurde nach dem Frieden zum Commandanten des 11. Armeecorps u. Inhaber des 36. Infanterieregiments ernannt. Er starb in dem Kurorte Gräfenberg am 29. Mai 1852. Er war seit 1825 vermählt mit Christine, geb. Gräfin Clam-Gallas, u. 1843 seinem Oheim, dem Fürsten Rudolf Joseph, in dem Fideicommiß gefolgt; ihm folgte als Chef der Familie: 9) Fürst Joseph, Sohn von C. 11), geb. 26. Febr. 1813, er ist k. k. Major u. seit 1841 vermählt mit Theresia, geb. von Lebzeltern (geb. 1818). 10) Graf Hieronymus, geb. 1775, zweiter Sohn von C. 6); trat 1792 als Lieutenant in österreichische Dienste, machte im Gefolge des Generals Clairfait den Zug nach der Champagne mit, wurde 1793 Capitänlieutenant, wohnte den Feldzügen 1793 u. 1794 in Flandern bei, wurde 1794 Capitän, aber in Condé gefangen, wurde als Geißel für die von Dumouriez verhafteten Volkscommissäre zurückgehalten u. in der Abtei St. Germain in Paris gehalten, entfloh aber von da 1795 u. machte 1796 den Feldzug in Italien unter Wurmser mit, wurde Major, wirkte 1799 bei einem ungarischen Regiment zur Vertheidigung Graubündtens, wurde 1809 Oberst, später wegen eines freiwillig von ihm mitgemachten Gefechts bei Kleinschaffhausen Commandeur eines Regiments, focht 1800 bei Hohenlinden, wurde 1805 Generalmajor u. stand mit seiner Brigade beim Erzherzog Karl in Italien, focht 1809 wieder in Italien, deckte hier den Rückzug, wurde Feldmarschalllieutenant, erhielt eine Division, that sich bei Raab hervor u. deckte den Rückzug nach Komorn; 1813 befehligte er 2 Divisionen vom rechten Flügel Giulays, nahm bei Dresden die Schanze vor dem Moszinskischen Garten, trug wesentlich zum Gewinn der Schlacht bei Kulm bei, wurde deshalb Feldzeugmeister, befehligte darauf das 1. österreichische Armeecorps, welches bei Leipzig zum linken Flügel gehörte, führte 1814 in Frankreich das 1. Corps u. Reservecorps, drang nach Troyes vor, mußte aber verwundet das Heer verlassen. 1815 erhielt er den Oberbefehl eines Armeecorps am Oberrhein u. in Burgund. Er fungirte nun ad latus des commandirenden Generals in Böhmer u. dann in derselben Stellung in Steiermark u. st 1822 in Wien. Ihm wurde ein Denkmal auf dem Schlachtfelde von Kulm gesetzt. 11) Ferdinand, Graf von C.-Mansfeld, geb. 1777; Bruder des Vor., studirte in Göttingen, wurde böhmischer Reichstagsgesandter in Regensburg u. leitete 1802 bis 1803 zum Theil die große Säcularisation u. Mediatisirung in Deutschland. 1808 verließ er die Diplomatie, bes. wegen der Scheidung von seiner Gemahlin, einer Freiin von Großschlag, welche der österreichischen Aristokratie verwandt war; 1809 nahm er an der Errichtung der Landwehren eifrig Theil, focht als Major bei Aspern u. Eßlingen u. st. 1848. 12) Joseph, Graf von C.- Melz u. Wallsee, geb. 1735 in Regensburg; zeichnete sich in österreichischen Diensten bei Lowositz, Prag (wo er Obristlieutenant wurde) u. bei Görlitz aus, wurde in Breslau gefangen, nach Jahresfrist ausgewechselt, Oberst u. 1764 nach dem Frieden General, 1771 Hofkriegsrath, erhielt später das Commando der Militärgrenze, begleitete Joseph II. bei Besichtigung der östlichen Grenze, wurde 1773 Generaldirector der Artillerie, machte in dieser Waffe viele Verbesserungen, errichtete das Bombardiercorps, folgte im Türkenkriege Joseph II. nochmals, hatte großen Antheil an der Eroberung Belgrads, wurde deshalb Feldmarschall, erhielt vor dem Reichenbacher Congreß das Commando über ein Observationscorps gegen Preußen, gestaltete die Artillerie 1790 wieder um, führte die Vegaischen Mörser ein, verbesserte das Infanteriefeuer u. die Bekleidung der Artillerie, wurde, als Erzherzog Karl 1805 zur Armee ging, Staats- u. Conferenzminister u. leitete in dessen Abwesenheit die Geschäfte des Hofkriegsraths; diese Geschäfte übernahm er 1809 wieder, fungirte seitdem als Kriegsminister fortwährend u. trug wesentlich zur Vorbereitung u. zur Unterhaltung des Kriegs 1813–15 bei; er st. 1838. 13) Jakob Graf von Mels-C., geb. 1807, jetziges Haupt des Hauses Mels-C., k. k. Oberlieutenant im Regiment Deutschmeister. Jetziger Chef der gräflichen Linie C.-Wallsee ist: 14) Franz, Graf von C.-Wallsee, Sohn von C. 5), geb. 1799, k. k. Kämmerer, österreichischer Gesandter, früher in Dresden, dann in München, jetzt in Rom; er ist seit 1847 vermählt mit Severine, geb. Gräfin Potocka.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 4. Altenburg 1858, S. 265-266.
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