Liegnitz [1]

[368] Liegnitz, 1) vormaliges unmittelbares Fürstenthum in Niederschlesien, zwischenden Fürstenthümern Jauer, Glogau, Wohlau, Breslau u. Schweidnitz; 34, QM., u. damas 96,000 Ew., mit den Kreisen Liegnitz, Goldberg-Hainau u. Lüben; jetzt Theil des preuß. Regierungsbezirks Liegnitz, 7 Dörfer zum Regierungsbezirk Brealau. Die Geschichte s.u. Schlesien (Gesch.); 2) Regierungsbezirk der preußischen Provinz Schlesien, gebildet aus den Fürstenthümern Liegnitz, Iauer, Sagan u. Karolath u. aus Theilen der Fürstenthümer Glogan u. Schweidnitz, so wie der vormals sächsischen Oberlausitz u. mehrerer ehemals böhmischen u. neumärkischen Enclaven; grenzt an die Regierungsbezirke Frankfurt, Posen u. Breslau, so wie an Böhmen u. die sächsische Landesdirection Bautzen. Er ist im Süden gebirgig durch den nordwestlichen Theil der Sudeten (Riesengebirge) u. das Lausitzer Gebirge. Im südwestlichsten Theile befindet sich das Überschaargebirge, an das sich nach Norden das Rabengebirge u. der Schmiedebergerkamm anschließen, dann das Riesengebirge mit der Schneekoppe (4950 Fuß hoch), der Sturmhaube, dem Reifträger etc. Dann folgt das Isargebirge mit dem Hockstein, Flinsberg etc., welches sich mit dem Katzengebirge in die Ebene verläuft. Das Land hat auf der linken Oderseite (mit Ausnahme des Hochgebirgs) mehr fruchtbaren Boden, als auf der rechten. Flüsse: Oder u. ihre Nebenflüsse; Katzbach (mit der Wüthenden Neiße u. dem Schwarzwasser), Bober (nebst dem Queis), Große u. Kleine Tschirna, Lausitzer Neiße, Spree u. Schwarze Elster; 250 1/2 QM., mit (1855) 941,104 meist evangelischen Ew., welche sich mit Ackerbau, Viehzucht, Leinen-, Wollen-, Halbwollenzeug-, Baumwollen-, Bandweberei, Strumpfwirkerei, Garn- u. Stückbleichen, Tuchfabrikation, Streichgarnspinnerei, Papier-, Glasfabrikation, Töpferei, Gemüseanbau (in den sogenannten Kräutereien) beschäftigen; Eisen wird in 19 Hüttenwerken gewonnen; außerdem Steinkohlenwerke, Braunkohlengruben, Vitriol- u. Alaunwerk etc. Der Regierungsbezirk ist eingetbeilt in die Kreise: Bolkenhain, Bunzlau, Freistadt, Glogau, Görlitz, Goldberg-Hainau, Grünberg, Hirschberg, Hoyerswerda, Jauer, Landshut, Lauban, Liegnitz, Löwenberg, Lüben, Rothenburg, Sagan, Schönau u. Sprottau. Durch den Regierungsbezirk geht die Eisenbahn von Berlin über Frankfurt nach Breslau (Niederschlesisch-Märkische), welche sich im Norden des Bezirks in einem Arme, der nach Posen etc. führt abzweigt, dann sich weiter südlich bis Kohlfurth fortsetzt, von wo ein rechter Zweig nach Dresden ablenkt, der linke nach Liegnitz geht, wo er sich rechts über Schweidnitz nach Frankenstein abzweigt, während der Hauptarm über Breslau, Oppeln etc. nach Wien führt. 3) Kreis darin; 11,54 QM., 63,500 Ew., ist im Süden wellenförmig erhoben, aber fruchtbar, im Norden theils mit Schwarzholz bewaldet, theils weniger fruchtbar, wird von der Katzbach, der Neiße etc. durchflossen. 4) Hauptstadt des Regierungsbezirkes u. Kreises L., unweit der Vereinigung der Katzbach u. des Schwarzwassers u. an der Niederschlesisch-Märkischen Eisenbahn, welche hier über Schweidnitz nach Frankenstein abzweigt, Sitz der Regierung, eines Kreisgerichts, eines Domanialrentamts, einer königlichen Salzfactorei; königliches Schloß, 1835 abgebrannt, welches jetzt zum Regierungsgebäude benutzt wird, katholische Kirche mit Gräbern der alten Herzöge von L. u. Brieg, 2 evangelische Kirchen, Irvingianisches Bethaus, Synagoge, Ritterakademie mit Bibliothek u. Sammlungen (1708 von Kaiser Joseph I. errichtet, seit 1810 zu einer Erziehungs- u. Lehranstalt überhaupt, mit Vorbehalt der Rechte des schlesischen Adels auf etwa 30 Stellen umgeschaffen): Gymnasium, Bibelgesellschaft, Gewerbschule, Taubstummenanstalt, Waisenhaus, Armen- u. Krankenhaus, Handelskammer, in dem Schlosse befindet sich auch das Minutolische [368] Institut der Vorbildersammlung für Gewerbtreibende, Wintergarten, Theater, Gemüsebau, bes. Meerrettig, Fabriken in Tuch, Leder, Tabak, Wollen-, Baumwollen-, Leinen-, Bandweberei, Streichgarnmaschinenspinnerei, Gerberei, Runkelrübenzuckersiederei, Töpfereien, Getreide- u. Viehmärkte. Freimaurerloge: Pythagoras zu den drei Höhen; 16,600 Ew. – L. eine alte Stadt, wurde seit der Gründung des Fürstenthums L. 1164 Residenz, es wurde bes. 1170 u. 1175 von seinen Fürsten erweitert, 1241 von den Mongolen belagert, 1632 von den Schweden eingenommen, aber bald von den Kaiserlichen wieder gewonnen; 1638 dem Herzog wieder eingeräumt. Hier am 13. Mai 1634 Schlacht zwischen der siegreichen sächsischen Armee u. den Kaiserlichen unter Coloredo; 1675 wurde die Stadt beim Aussterben der piastischen Herzöge trotz der Erbansprüche Brandenburgs von Österreich in Besitz genommen; 29. Dec. 1757 an Preußen übergeben; 15. Aug. 1760 hier Sieg der Preußen unter Friedrich II. über die Österreicher unter Laudon; Erstere Sieger.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 10. Altenburg 1860, S. 368-369.
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