[485] Holstein, Herzogthum in Norddeutschland, begrenzt von der Eider, Ostsee, einem Theil des oldenburgischen Fürstenthums Lübeck, dem lübeckschen Gebiet, dem Herzogthum Lauenburg, dem Amte Bergedorf, dem hamburgischen Gebiet, der Elbe u. der Nordsee; es schließt in seinem Umfang einen Theil des oldenburgischen Fürstenthums Lübeck u. Theile des lübeckschen u. hamburgischen Gebiets ein u. enthält 155 QM. Das Land ist zum Theil hügelig u. fruchtbar (bes. an der Elbe u. in den Marschgegenden an der Nordsee), an der Ostsee auch mit guten Forsten bestanden, doch zum Theil, bes. auf der das Land von Süden nach Norden durchziehenden Landhöhe, auch heidig, sandig u. unfruchtbar, an der Nordsee durch kostspielige Dämme geschützt. Die Höhen u. Ebenen sind mit zahlreichen Hünengräbern besetzt. Meerbusen: Kieler Bucht (südlichster Theil Kieler Hafen), Neustädter Bucht (südlichster Theil Lübsches Fahrwasser) u. die Mündungen der Elbe u. Eider; Flüsse: Eider, Schwentine, Trave, Elbe mit Bille, Alster Stoer u.a.; Seen: Plöner-, Selenter-, Gruben-, Westen-, Flemhudersee u. m. a. Der Schleswig-Holsteinische Kanal verbindet die Ost- u. Nordsee. Klima: veränderlich, doch gesund. Die 525,000 Ew. sind meist sächsischer Abstammung u. plattdeutscher Mundart, doch mit Wenden u. niederländischen Colonisten vermischt; fast alle sind Lutheraner, nur wenig Katholiken, Reformirte u. Mennoniten u. 3000 Juden. Beschäftigung: Landbau, etwas Obstbau, viel Viehzucht (bes. Pferde, jährlich gegen 6000 ins Ausland, Rindvieh [mit Buttergewinn], weniger u. schlechte Schafe, Schweine, Gänse, Bienen), man fängt Fische (Sprotten, Häringe), sticht Torf, fertigt Ziegelsteine, Wollenwaaren, Hüte u.a.m. Die bedeutendsten industriellen Orte sind Altona, Ottensen, Neumünster, Kiel, Wandsbeck u. Elmshorn, im Ganzen gibt es aber wenig Fabriken; mit den Landesproducten wird ansehnlicher Handel betrieben, welcher durch Flüsse u. Kanäle, neuerdings auch durch verbesserte Wege erleichtert wird. Eine Eisenbahn führt von Altona nach Kiel mit Zweigbahnen nach Rendsburg, u. über Glückstadt nach Itzehoe, auch die Berlin-Hamburger Eisenbahn berührt H., eine Eisenbahn von Hamburg durch Holstein nach Lübeck ist in Aussicht. Verfassung: der Herzog von H. ist zugleich König von Dänemark; er regiert monarchisch, doch seit 1835 mit Zuziehung berathender Landstände, welche für. H. sich alle drei Jahre in Itzehoe versammeln. Über ihre Organisation, s. Dänemark (Geogr.); Staatsverfassung C). Als Theil des Deutschen Bundes nimmt H. u. Lauenburg die zehnte Stelle u. drei Stellen im Plenum der deutschen Bundesversammlung ein; Staatsverwaltung, Ober- u. Ministerialbehörden dieselben wie in Dänemark (s.d. [Geogr.]). Am wichtigsten für H. ist das Ministerium für H. u. Lauenburg in Kopenhagen; die Universität in Kiel, die ritterschaftlichen Angelegenheiten, der Eiderkanal, das Taubstummeninstitut u. die Irrenanstalt (beide in der Stadt Schleswig) u. die Strafanstalten werden als mit dem Herzogthum Schleswig gemeinschaftliche Angelegenheiten angesehen. Mittelbehörden, d.h. solche, deren Wirksamkeit sich über ganz H. erstreckt, sind: der Forst- u. Jägermeister, das Sanitätscollegium in Kiel, der Oberlandwegeinspector, die Direction für das Chausseewesen, der Landcommissär, der Bauinspector, das Deich- u. Wasserbaudirectorat, die Land- u. Seekriegscommissäre u. der Enrollirungschef; Unterbehörden: die Oberbeamten in den Ämtern u. Landschaften, die städtischen Magistrate, die ersten Beamten der Klöster, die Districtsdeputirten der adeligen Güter u. die Inspectoren in den Koegen. Rechtsverfassung: Oberster Gerichtshof ist das den Herzogthümern H. u. Lauenburg gemeinschaftliche Oberappellationsgericht in Kiel. Mittelinstanzen bilden für die Ämter u. Städte das Obergericht, zugleich Obercriminalgericht u. das Oberconsistorium, u. für die klösterlichen u. adeligen Districte das Landgericht u. Landoberconsistorium, sämmtlich in Glückstadt, außerdem in einigen Gegenden Gödinge[485] (Gaugerichte). Die hauptsächlichsten Untergerichte sind: in den Ämtern u. Landschaften theils alte Volksgerichte, hauptsächlich aber die von den Oberbeamten, neuerdings in einigen Gegenden von besonderen Richtern gehaltene Gerichte, die städtischen Gerichte, die Patrimonialgerichte der Klöster u. adeligen Güter, die Koegsgerichte, die Unterconsistorien. Für geistliche Angelegenheiten ist H. in zwei Propsteien getheilt, deren jeder ein Propst vorsteht, welcher in Gemeinschaft mit den betreffenden Oberbeamten als Kirchenvisitatoren die kirchliche Verwaltungsbehörde bilden. Die Oberaufsicht in Kirchensachen hat ein Bischof. Gesetze: Außer dem Gemeinen Rechte gilt der Sachsenspiegel, den ehemals schauenburgischen Antheil ausgenommen; in den Städten, mit Ausnahme von Altona, das Lübsche Recht; als Seerecht das dänische. Die hauptsächlichsten Gesetzsammlungen sind: Corpus constitutionum Regio-Holsaticarum, Altona 1749 ff.; Chronologische Sammlung der Verordnungen, Kiel 1791 ff., u. Systematische Sammlung der Verordnungen, Kiel 1827 ff.; vgl. Schröder, Handbuch der vaterländischen Rechte, Altona 1784 ff., 4 Thle.; Dessen Lehrbuch der schleswig-holsteinischen Landesrechte, Kiel 1800 ff., 3 Thle.; Hennings, Hülfsbuch der vaterländischen Rechte etc., Itzehoe 1817, 1821; Falck, Handbuch des schleswig-holsteinischen Privatrechtes, Altona 1825 ff., bis jetzt 5 Bde.; Paulsen, Lehrbuch des Privatrechts in Schleswig u. H., 2. Aufl. 1842. Eine eigne Einrichtung in H. sind die adligen Klöster (Fräuleinstifter) in Itzehoe, Preetz u. Ütersen, Anstalten, ursprünglich für Nonnen gestiftet, jetzt Versorgungsanstalten für unverheirathete Töchter der Ritterschaft. Diese werden gleich bei der Geburt gegen 100 Thlr. Gebühren, als exspectative Fräulein eingeschrieben, dann Schulfräulein u. endlich Conventualinnen von 600 bis 900 Thlr. Einkünften, wenn sie nämlich im Klosterort wohnen. Einer od. zwei Beamte u. die Vorsteherin in Preetz u. Ütersen, unter Zuziehung von zwölf unparteiischen Conventualinnen, halten völlige Cönobialgerichte in Streitigkeiten der Vorsteherinnen der Klöster u. der Conventualinnen, so wie in solchen, die in den Klöstern u. auf den Klosterhöfen vorfallen. Unterrichtsanstalten: Universität in Kiel, 5 Gelehrte Schulen, Realgymnasien, Schullehrerseminar. In den Volksschulen ist zum Theil der wechselseitige Unterricht eingeführt. Wissenschaftliche Vereine: Gesellschaft für vaterländische Geschichte u. Gesellschaft für die Sammlung u. Erhaltung vaterländischer Alterthümer (beide zu Kiel). Militär: das dänische (s. Dänemark [Geogr.]), mit dänischen Uniformen u. Commando. Das Bundescontingent beträgt 2191 Mann Infanterie, 514 Mann Cavallerie, 259 Mann Artillerie mit 8 Geschützen u. 36 Pionniere u. Pontoniere ohne die Reserve. Sie bilden die 1. (Holstein-Lauenburgische) Brigade der 2. Division des 10. Armeecorps. Feldzeichen, Orden u. Ehrenzeichen die dänischen, s. Dänemark (Geogr.). Wappen: ein ausgebreitetes u. in drei Theile zerschnittenes silbernes Nesselblatt, mit in Silber u. Roth gespaltenem Schildchen in der Vertiefung, gegen welches, zwischen den drei Theilen des Nesselblatts drei silberne Nägel, mit den Spitzen gegeneinander gekehrt, liegen. Außerdem führen die Herzöge von H. noch das Wappen von Stormarn (einen silbernen Schwan mit schwarzen Füßen u. Schnabel, u. goldner Krone am Halse im rothen Felde), von Ditmarsen (einen goldgeharnischten Reiter auf einem silbernen rennenden Pferde im rothen Felde), Norwegen u. Schleswig. Münzen: Man rechnet im gewöhnlichen Verkehr nach Reichsthalern à 3 Mark à 16 Schilling à 2 Sechsling à 2 Dreiling, nach Lübischem Fuß, 3414 Mark = 1 Mark sein Silber od. 1 Mark = 12 Sgr. 1, rot Pfennigen, im Großhandel nach Hamburger Bankwährung; die gesetzliche Rechnungsmünze ist der Thaler Dänischer Reichsmünze, s. Dänemark (Geogr.). Geprägte Landesmünzen sind die dänischen Gold- u. Silbermünzen; Scheidemünze in Silber (Billon) u. Kupfer sonst Dreilinge u. Sechslinge; doch cursiren die Gold- u. Silbermünzen aller angrenzenden Staaten, bes. auch preußisch Courant. Maße: Längenmaß ist das Hamburger; Getreidemaß u. Maß für trockene Sachen das Dänische; Wein- u. Branntweinmaß das Hamburger; Biermaß die kleine Tonne zu 64, die große zu 96 Kannen. Gewichte: Handelsgewicht das Lübische, Silber- u. Goldgewicht die Kölnische Mark. Eintheilung: H. zerfiel im Mittelalter in das eigentliche H. im Norden u. in der Mitte, Wagrien im Osten, Stormarn im Süden u. Ditmarschen im Westen des Landes, wovon die drei erstern jetzt keine politische Bedeutung mehr haben, letzteres aber besondere Privilegien genießt. Jetzt wird das Land folgendermaßen getheilt: a) in 21 Ämter u. Landschaften, b) 14 Städte, c) 3 Klöster (s. oben). Zu diesen werden die adeligen Güter, die außer den holsteinisch-oldenburgischen Fideicommißgütern (s.d.) in 4 Districte zerfallen, u. mehrere andere privilegirte Güter gerechnet, d) octroirte Koege (s.d.). Hauptstadt: Glückstadt. Vgl. Schröder, Topographie des Herzogthum H., Oldenb. 1855, 2. Aufl., 2 Thle; Dörfer-Topographie des Herzogthum H., Schlesw. 1824, 4. Aufl.
Brockhaus-1809: Holstein · Das Herzogthum Holstein
Brockhaus-1837: Staël Holstein · Holstein
Brockhaus-1911: Schleswig-Holstein · Staël-Holstein · Holstein · Holstein [2]
DamenConvLex-1834: Staël Holstein, Anna Luise Germaine Necker, Baronin von · Holstein
Herder-1854: Staël-Holstein · Holstein
Meyers-1905: Holstein-Ledreborg · Schleswig-Holstein · Staël-Holstein · Holstein [1] · Holstein [2] · Holstein-Holsteinborg
Pataky-1898: Staël-Holstein, Freifrau Lucie v. · Amalie, Prinzessin zu Schleswig-Holstein
Pierer-1857: Holstein-oldenburgische Fideicommißgüter · Schleswig-Holstein meerumschlungen · Staël-Holstein · Holstein [2] · Holstein [3] · Holstein [4]
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