[260] Albanesische Sprache und Literatur. Die albanesische Sprache wird in einer großen Anzahl von Mundarten gesprochen, die sich am passendsten in die gegischen und in die toskischen einteilen lassen. Im eigentlichen Albanien bildet der Fluß Schkumb die Grenze zwischen beiden; die Dialekte der im Königreich Griechenland und in Italien lebenden Albanesen tragen den toskischen Charakter. Im allgemeinen sind die gegischen Mundarten die altertümlichern. Die Schreibung der albanesischen Sprache ist bei dem Mangel einer Schriftsprache sehr schwankend; die Tosken wenden meist griechische, die Gegen lateinische Buchstaben an; in der Druckerei der Propaganda werden überdies einige besonders erfundene Zeichen verwendet. Die albanesische Sprache ist zweifellos eine indogermanische, und zwar steht jetzt fest, daß sie einen besondern Zweig neben Arisch, Griechisch, Italisch etc. ausmacht. Nächstverwandt mit ihr war die im Altertum bereits untergegangene Sprache der Messapier (s. d.). Die Untersuchung des Albanesischen wird wesentlich erschwert durch die zahlreichen Lehnwörter, die aus dem Latein, den romanischen und slawischen Sprachen (die türkischen sind leicht erkennbar) eingedrungen sind; um ihre Ausscheidung haben sich besonders Miklosich und Gustav Meyer verdient gemacht. Auch das Neugriechische hat beigesteuert, besonders in den toskischen Dialekten. Eine wissenschaftliche Analyse des gesamten albanesischen Wortvorrats gibt G. Meyers »Emmologisches Wörterbuch der albanesischen Sprache« (Straßb. 1891). Die Flexion ist stark degeneriert. Das Nomen kann einen nachgestellten Artikel annehmen, wie im Rumänischen und Bulgarischen, in welche Sprachen diese Eigentümlichkeit vielleicht aus dem Albanesischen eingedrungen ist.
Von Literatur kann höchstens bei den Albanesen Italiens die Rede sein, die, von italienischer Kultur angeregt, mehrfach versucht haben, die Muttersprache dichterischer Produktion dienstbar zu machen. Berühmt, aber kaum mehr erreichbar, ist das »Leben der Jungfrau Maria« von Varibobba (Rom 1762); aus dem 19. Jahrh. ist vor allem zu nennen Gerolamo de Rada, der als Dichter (»Poesie albanesi«, Corigliano-Calabro 187284) und als Sammler von Volksliedern (»Rapsodie di un poema albanese«, Flor. 1866) der ruhmvollen Vergangenheit seines Volkes sein Leben geweiht hat und 188386 eine albanesische Zeitschrift: »Fiamuri Arberit« (»Die Fahne Albaniens«), herausgab. Vgl. Dora d'Istria, Gli scrittori albanesi dell' Italia meridionale (Palermo 1867), und G. Stier, Die Albanesen in Italien und ihre Literatur (in der »Allgemeinen Monatsschrift«, 1853, S. 864 ff.). Die römische Propaganda hat eine Anzahl Erbauungsschriften in den Skutariner Dialekt übersetzen lassen, so schon 1664 Bellarmins »Dottrina cristiana«. Aus dem eigentlichen Albanien, wo einige turkisierende Poeten, wie Nezim Bei, gewirkt haben, sind Volkslieder und Märchen gesammelt worden in den Werken von Hahn, Dozon (der auch eine Übersetzung veröffentlicht hat: »Contes albanais«, Par. 1881) und in der »'Αλβανικὴ μέλισσα« von Mitkos (Alex. 1878), woraus G. Meyer im »Archiv für Literaturgeschichte« (Bd. 12, 1883) die meisten übersetzt hat, ferner neuerdings von H. Pedersen (»Albanesische Texte«, Leipz. 1895; deutsche Übersetzung. »Zur albanesischen Volkskunde«, Kopenh. 1898). Um die Kenntnis des griechischen Albanesischen hat sich besonders Reinhold (»Noctes pelasgicae«, Athen 1855) verdient gemacht. In neuerer Zeit ist unter den Literaten Albaniens am tätigsten Konstantin Kristoforidis aus Elbassan, der die Schöpfung einer albanesischen Schriftsprache anstrebt. Er hat außer mehreren Unterrichtsbüchern eine albanesische Grammatik des toskischen Dialekts (Konstantin. 1882) und Übersetzungen des[260] Neuen Testaments und von Teilen des Alten verfaßt. Eine Bibliographie aller auf a. S. u. L. bezüglichen Erscheinungen findet man in G. Meyers »Etymologischem Wörterbuch«, S. 516 ff. Genannt seien hier: Blanchus, Dictionarium latino-epiroticum (Rom 1635); Lecce, Osservazioni grammaticali nella lingua albanese (das. 1716); v. Hahn, Albanesische Studien (Jena 1854); Rossi, Vocabolario italiano-epirotico (Rom 1866); Derselbe, Vocabolario della lingua epirotica-italiana (das. 1875); de Rada, Grammatica della lingua albanese (Flor. 1870); Miklosich, Albanische Forschungen (Wien 187071, 3 Hefte); Dozon, Manuel de la langue chkipe ou albanaise (Par. 1879); Jungg, Elementi grammaticali della lingua albanese (Skutari 1881); P. W., Grammaire albanaise (Lond. 1887); G. Meyer, Albanesische Studien (Wien 188396, 5 Hefte); Derselbe, Albanesische Grammatik (Leipz. 1888); Pisko, Kurzgefaßtes Handbuch der nordalbanesischen Sprache (Wien 1896).
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