[384] Gastwirt, eine Person, die Reisende in ihrem Hause, der Gastwirtschaft, gewerbsmäßig beherbergt. Die einfachsten Gastwirtschaften, besonders für reisende Handwerksburschen, sind die Herbergen; unter Gasthöfen, Gasthäusern versteht man gegenwärtig meist Gastwirtschaften für kleinen Betrieb, für den Verkehr der Umgegend, während dem großen Verkehr die Hotels dienen. Verschieden vom G. ist der [384] Schenkwirt, dessen Gewerbebetrieb nur in Verabreichung von Getränken und Speisen besteht; die Benennungen: Krug, Kretscham, Wirtshaus, Wirtschaft, Restauration, Kaffeehaus etc. bezeichnen verschiedene Arten des Betriebs der Schenkwirtschaft. Nach dem deutschen Handelsgesetzbuch ist jeder Wirt Kaufmann, und wenn sein Gewerbebetrieb über den Umfang des Kleingewerbes hinausgeht, Vollkaufmann. Kellner, Portiers, Hausdiener, Köche, Haus- und Zimmermädchen etc. sind Gewerbsgehilfen. Sofern der G. die Güter der Reisenden von und nach der Eisenbahn schafft, ist er Frachtführer. Der Betrieb einer Gast- oder Schenkwirtschaft beruhte früher entweder auf Konzession, die meistens der Person, zuweilen auch erblich erteilt worden war, oder auf der mit einem Gebäude verbundenen Berechtigung (Realrecht). Nach der Gewerbeordnung für das Deutsche Reich vom 21. Juli 1869 ist zum Betrieb einer Gast- oder Schenkwirtschaft sowie zum Kleinhandel mit Branntwein und Spiritus obrigkeitliche Erlaubnis notwendig. Diese darf nur versagt werden, wenn gegen den Nachsuchenden Tatsachen vorliegen, welche die Annahme rechtfertigen, daß er das Gewerbe zur Förderung der Völlerei, des verbotenen Spiels, der Hehlerei oder der Unsittlichkeit mißbrauchen werde, oder wenn die zum Gewerbebetrieb bestimmte Räumlichkeit nach Beschaffenheit und Lage den polizeilichen Anforderungen nicht genügt. Die Novelle zur Gewerbeordnung vom 23. Juli 1879 ermächtigt die Landesregierungen, die Erlaubnis zum Betrieb der Gastwirtschaft und zum Ausschank geistiger Getränke in Ortschaften mit weniger als 15,000 Einw. überhaupt, in Ortschaften mit größerer Einwohnerzahl, wofern ein Ortsstatut dies bestimmt, von dem Nachweis eines Bedürfnisses abhängig zu machen. Die meisten Staaten haben diese Ermächtigungen benutzt. Realwirtschaften können fortan nicht mehr begründet werden (§ 10 der Gewerbeordnung); die bestehenden sind auf jede Person, die nach der Gewerbeordnung zum Betrieb des Gewerbes befähigt ist, in der Art übertragbar, daß der Erwerber das Gewerbe für eigne Rechnung ausüben darf (§ 48 ebenda). Nach § 75 der Gewerbeordnung können die Gastwirte durch die Ortspolizeibehörde angehalten werden, das Verzeichnis ihrer Preise einzureichen und in den Gastzimmern anzuschlagen. Diese Preise dürfen zwar jederzeit abgeändert werden, bleiben aber so lange in Kraft, bis die Abänderung der Polizeibebörde angezeigt und das abgeänderte Verzeichnis in den Gastzimmern angeschlagen ist. Auf Beschwerden Reisender wegen Überschreitung der verzeichneten Preise steht der Ortspolizeibehörde eine vorläufige Entscheidung vorbehaltlich des Rechtswegs zu. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 704) hat der G. für seine Forderungen für Wohnung und andre dem Gast zur Befriedigung seiner Bedürfnisse gewährte Leistungen mit Einschluß der Auslagen ein Pfandrecht an den eingebrachten Sachen des Gastes, nach der Konkursordnung (§ 49) hat er ein Recht auf abgesonderte Befriedigung im Konkurs. Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 701) haftet der G., der gewerbsmäßig Fremde zur Beherbergung aufnimmt, dem im Betriebe dieses Gewerbes aufgenommenen Gast für den Schaden, den dieser durch Verlust oder Beschädigung eingebrachter Sachen erleidet; ein Verschulden des Gastwirts ist hierbei nicht erforderlich. Die Ersatzpflicht tritt nicht ein, wenn der Schaden von dem Gast, seinem Begleiter oder einer Person, die er bei sich aufgenommen hat, verursacht wird, oder durch die Beschaffenheit der Sachen oder durch höhere Gewalt entsteht. Als eingebracht gelten die Sachen, die der Gast dem G. oder Leuten des Gastwirts, die zur Entgegennahme der Sachen bestellt oder nach den Umständen als dazu bestellt anzusehen waren, übergeben oder an einen ihm von diesen angewiesenen Ort oder in Ermangelung einer Anweisung an den hierzu bestimmten Ort gebracht hat. Ein Anschlag, durch den der G. die Haftpflicht ablehnt, ist ohne Wirkung, wohl aber kann der G. durch Vertrag mit dem Gast die Haftung ausschließen. Für Geld, Wertpapiere und Kostbarkeiten haftet der G. nur bis zum Betrage von 1000 Mk., es sei denn, daß er diese Gegenstände in Kenntnis ihrer Eigenschaft als Wertsachen zur Aufbewahrung übernimmt oder die Aufbewahrung ablehnt, oder daß der Schaden von ihm oder von seinen Leuten verschuldet wird. Der Gast hat unverzüglich, nachdem er von dem Verlust oder der Beschädigung Kenntnis erlangt hat, dem G. Anzeige zu machen. Der Anspruch erlischt nicht, wenn die Sachen dem G. zur Aufbewahrung übergeben waren. Da Voraussetzung der Haftung des Gastwirts gewerbsmäßige Beherbergung von Fremden ist, haften z. B. Restaurateure nicht, falls Sachen ihrer Gäste wegkommen oder beschädigt werden, wohl aber haftet der G. auch dann, wenn der Verlust oder die Beschädigung nicht in den Gasthofräumen selbst, sondern in den dazu gehörigen Restaurationsräumen erfolgt. An vielen Orten Deutschlands bestehen Gastwirtsvereine. 1873 wurde der Deutsche Gastwirtsverband (Sitz in Berlin) gegründet, dem jetzt 485 Vereine mit mehr als 30,000 Mitgliedern angehören; Verbandsorgan: »Das Gasthaus« (Berlin, seit 1868). 1893 entstand der Bunddeutscher Gastwirte (Sitz in Leipzig), dem namentlich mittel- und süddeutsche Vereine angehören. Mitgliederzahl ca. 27,000. Bundesorgane: »Zentralblatt für das deutsche Gastwirtsgewerbe« (Leipz., seit 1893), »Der deutsche G.« (Darmstadt, seit 1884), »Deutsche Wirtezeitung« (Stuttgart, seit 1891) etc. In gesamtdeutschen Fragen wirken beide Verbände zusammen unter dem Namen: Vereinigte deutsche Gastwirte. Ein Internationaler Verein der Gasthofbesitzer, 1869 gegründet, mit Sitz in Köln, hat 1350 Mitglieder. Organ: »Wochenschrift des Internationalen Vereins der Gasthofbesitzer« (seit 1869).
Auch die österreichische Gewerbeordnung (§ 16) rechnet die Gast- und Schenkgewerbe zu den konzessionierten Gewerben. Ebenso bedürfen in England die Gast- und Schenkwirte zu ihrem Gewerbebetrieb der Erlaubnis, die durch eine special session von Friedensrichtern erteilt wird und jährlich erneuert werden muß. Vgl. Köppen u. Lünse, Der Gast- und Schankwirtschaftsbetrieb (Kiel 1889); Bochmann, Gesetzsammlung für den Gast- und Schankwirtschaftsbetrieb (3. Aufl., Berl. 1891); Weinand, Die Rechte und Pflichten der Gast- und Schankwirte (Neuwied 1901); Hegenbarth, Handbuch des Hotelbetriebes (2. Aufl., Wien 1897); Behlendorff, Der Hotelsekretär (2. Aufl., Leipz. 1897); O. Hartmann, Lehr- und Nachschlagebuch für das gastwirtschaftliche Gewerbe (2. Aufl., Berl. 1902); Oldenberg, Arbeiterschutz in Gast- und Schankwirtschaften (Jena 1902); Gierke, Hotelbuchführung (Leipz. 1902); Eiben, Gastgewerbliche Buchführung (2. Aufl., das. 1902).