[608] Haftpflicht (Haftung, Haftbarkeit, Gewährleistung), im allgemeinen die Verpflichtung, für gewisse Schäden und Nachteile auszukommen; im engern Sinne die Verpflichtung, den nicht durch eigne Handlungen oder Unterlassungen entstandenen Schaden zu ersetzen. Je sorgfältiger ein Recht ausgebildet ist, desto umfangreicher gestaltet sich das Haftpflichtrecht. Nach dem deutschen Bürgerlichen Gesetzbuch und sonstigen Reichsgesetzen kommen hauptsächlich folgende Gruppen von gesetzlichen Bestimmungen über den Ersatz von Schäden und Nachteilen, die ein andrer erleidet, in Betracht:
A. Fälle, in denen zwischen dem Schadenstifter und dem Geschädigten ein Vertrags- oder sonstiges Schuldverhältnis besteht. 1) Wer kraft eines Schuldverhältnisses etwas zu leisten hat, muß hinsichtlich der Erfüllung seiner Verpflichtungen, sofern nichts andres bestimmt ist, Vorsatz (s. Dolus) und Fahrlässigkeit (s. d.) vertreten, d. h. er hat dem Gläubiger den durch Nichterfüllung entstandenen Schaden zu ersetzen, soweit die Leistung ihm durch Vorsatz oder Fahrlässigkeit, also durch sein Verschulden, unmöglich geworden ist (Bürgerliches Gesetzbuch, § 276, 280); der Schuldner hat auch ein Verschulden seines gesetzlichen Vertreters und der Personen, deren er sich zur Erfüllung seiner Verbindlichkeit bedient, zu vertreten (§ 278). Ferner hat er dem Gläubiger den durch Verzug (s. d.) entstandenen Schaden zu ersetzen (§ 286), in Verzug aber kommt er, wenn er auf eine Mahnung des Gläubigers, die nach dem Eintritte der Fälligkeit erfolgt, nichts leistet und ihm in dieser Beziehung ein Verschulden zur Last fällt (§ 284, 285). 2) Wer eine Sache verkauft oder vertauscht oder sonst einem andern gegen Entgelt überlassen hat, haftet dem Käufer etc. dafür, daß die Sache nicht mit Fehlern behaftet ist, die den Wert oder die Tauglichkeit zu dem gewöhnlichen oder dem nach dem Vertrage vorausgesetzten Gebrauch aufheben oder mindern (sogen. Gewährleistung wegen Mängel). Eine unerhebliche Minderung des Wertes oder der Tauglichkeit kommt jedoch nicht in Betracht. Der Verkäufer haftet ferner dafür, daß die Sache die zugesicherten Eigenschaften hat (§ 459). Jedoch haftet er nicht, wenn der Käufer den Mangel gekannt hat oder doch hätte kennen müssen, es sei denn, daß der Verkäufer den Fehler arglistig verschwiegen hat (§ 460). Wegen des Mangels, den der Verkäufer zu vertreten hat, kann der Käufer entweder Rückgängigmachung des Kaufes (Wandelung) oder Herabsetzung des Kaufpreises (Minderung) verlangen. Fehlt eine zugesicherte Eigenschaft oder hat der Verkäufer einen Fehler arglistig verschwiegen, so kann der Käufer nach seiner Wahl auch Schadenersatz wegen Nichterfüllung verlangen (§ 462, 463). 3) Besondere Vorschriften hat das Bürgerliche Gesetzbuch über die Gewährleistung des Verkäufers für Viehmängel, und zwar beim Verkauf von Pferden, Eseln, Maultieren, Mauleseln, Rindvieh, Schafen und Schweinen (§ 481). Es gelten zwar auch hier die unter 2) aufgeführten allgemeinen Vorschriften[608] über die Gewährleistung des Verkäufers für Mängel, doch haftet der Verkäufer, falls nichts andres vereinbart, nur für bestimmte Fehler (Hauptmängel), und zwar nur dann, wenn sie sich innerhalb bestimmter Fristen (Gewährfristen) zeigen. Durch kaiserliche Verordnung vom 27. März 1899 gelten als Hauptmängel bei Pferden, Eseln, Mauleseln, Maultieren: Rotz, Dummkoller, Dämpfigkeit, Kehlkopfpfeifen, periodische Augenentzündung, Koppen (Krippensetzen); die Gewährfrist beträgt hier 14 Tage. Bei Rindvieh gelten als Hauptmängel: ernstere tuberkulöse Erkrankung (Gewährfrist 14 Tage), Lungensucht (Gewährfrist 28 Tage); bei Schafen: Räude (Gewährfrist 14 Tage); bei Schweinen: Rotlauf (Gewährfrist 3 Tage), Schweineseuche (Gewährfrist 10 Tage). Für Schlachttiere gelten als Hauptmängel bei Pferden, Eseln, Mauleseln und Maultieren: Rotz, mit einer Gewährfrist von 14 Tagen; bei Rindvieh: schwerere tuberkulöse Erkrankung (Gewährfrist 14 Tage), bei Schafen: allgemeine Wassersucht (Gewährfrist 14 Tage), bei Schweinen: schwerere tuberkulöse Erkrankung, Trichinen und Finnen (Gewährfrist 14 Tage). Die Gewährfrist beginnt mit dem Ablauf des Tages, an dem die Gefahr auf den Käufer übergeht, d. h. entweder mit der Übergabe oder bei Versendung, sobald der Verkäufer die Sache dem Spediteur, Frachtführer oder der sonst zur Ausführung der Versendung bestimmten Person oder Anstalt ausgeliefert hat (§ 483). Zeigt sich ein Hauptmangel innerhalb der Gewährfrist, so wird vermutet, daß er zur Zeit des Überganges der Gefahr auf den Käufer schon vorhanden war (§ 484). Nach Ablauf der Gewährfrist, bez. Tötung des Tieres wird der Verkäufer von jeder Haftung frei und geht der Käufer seines Rechtes auf Gewährleistung verlustig, es sei denn, daß der Käufer spätestens zwei Tage nach dem Ablauf der Gewährfrist oder dem Tode des Tieres dem Verkäufer den Mangel anzeigt oder die Anzeige absendet, Klage hierwegen erhebt, oder gerichtliche Beweisaufnahme zur »Sicherung des Beweises« (s. d.) beantragt (§ 485). Eine Verlängerung oder Verkürzung der Gewährfristen ist zulässig (§ 486), ebenso kann die Haftung des Verkäufers vertragsmäßig beschränkt, ja ganz ausgeschlossen werden, wie umgekehrt durch Übernahme von Gewähr für Mängel, die nicht Hauptmängel sind, und durch Zusicherung bestimmter Eigenschaften, sogen. Garantieversprechen, eine Erweiterung der Haftung eintreten kann (§ 492). Während aber in den Fällen unter Ziffer 2 der Käufer die Wahl zwischen Wandelung oder Minderung hat, kann er hier nur die erstgenannte, und zwar nur innerhalb sechs Wochen, fordern. Wurde dieser Anspruch auf Wandelung, die sogen. Wandelungsklage, erhoben, so kann jeder Teil verlangen, daß durch einstweilige Verfügung die öffentliche Versteigerung des Tieres und die Hinterlegung des Erlöses angeordnet wird, wenn die Besichtigung des Tieres nicht mehr erforderlich ist (§ 489).
B. Haftung für Schaden aus unerlaubten Handlungen. Das Bürgerliche Gesetzbuch unterscheidet hier zwischen unerlaubten (verbotenen) Handlungen, die nach den Strafgesetzen mit Strafe bedroht sind, und solchen unerlaubten Handlungen, die nach dem bürgerlichen Recht eine Verpflichtung des Täters zum Schadenersatz zur Folge haben. Hiernach ist zum Schadenersatz verpflichtet, wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines andern widerrechtlich verletzt oder wer schuldhafterweise gegen ein den Schutz eines andern bezweckendes Gesetz verstößt (§ 823). Ferner wer in einer gegen die guten Sitten verstoßenden Weise einem andern vorsätzlich Schaden zufügt (§ 826). Außer diesen allgemeinen Vorschriften, durch welche die sogen. Persönlichkeitsrechte (s. d.), die Vermögens- und Familienrechte, die Urheber- und Erfinderrechte, das Patent-, Firmen- und Markenrecht, das Recht auf Warenbezeichnung, das Personenstands- und Namensrecht sowie insonderheit die Ehre geschützt sind, hat das Bürgerliche Gesetzbuch noch folgende besondere Vorschriften über Haftbarkeit aus einer unerlaubten Handlung: Wer der Wahrheit zuwider, vorsätzlich oder fahrlässig, Tatsachen behauptet oder verbreitet, die den Kredit eines andern gefährden (Kreditgefährdung) oder ihm sonst Erwerbsnachteile bringen können, haftet diesem für den daraus entstehenden Schaden (§ 824). Das Gleiche gilt von dem, der eine Frauensperson durch Hinterlist, Drohung oder unter Mißbrauch eines Abhängigkeitsverhältnisses zur Gestattung des außerehelichen Beischlafes bestimmt (§ 825).
Während in den bisher aufgeführten Fällen ein Verschulden auf seiten des Schuldigers vorliegen muß, bedarf es dessen nicht, wenn durch ein Tier ein Mensch getötet oder verletzt oder eine Sache beschädigt wird (Tierhaftung). Hier haftet der Tierhalter, d. h. derjenige, der im eignen Interesse durch Gewährung von Obdach und Unterhalt die Sorge für das Tier übernommen hat, und zwar nicht bloß zu einem ganz vorübergehenden Zwecke, sondern auf einen Zeitraum von einer gewissen Dauer, hierbei macht es keinen Unterschied, wenn ein andrer das Tier vorübergehend benutzt, ohne selbst Halter zu sein (§ 833). Die gleiche Haftung trifft den, der etwa die Aussicht für den Tierhalter über das Tier durch Vertrag übernommen hat, wenn er nicht nachweisen kann, daß er die erforderliche Sorgfalt beobachtet hat, oder daß der Schaden trotzdem entstanden wäre (§ 834). Ebenso, d. h. ohne daß es auf sein Verschulden ankommt, haftet der Jagdberechtigte für den Schaden (Wildschaden), den Schwarz-, Rot-, Elch-, Dam- oder Rehwild sowie Fasanen verursachen (§ 835). Für die durch Einsturz eines Gebäudes oder eines andern mit einem Grundstück verbundenen Werkes (Zaun, Denkmal, elektrische Leitungsdrähte etc.) oder durch die Ablösung von Teilen des Gebäudes oder Werkes verursachte Tötung oder Verletzung eines Menschen oder Beschädigung einer Sache haftet entweder der gegenwärtige Grundstücksbesitzer oder der frühere, wenn das schadenbringende Ereignis innerhalb eines Jahres nach Beendigung seines Besitzes eintritt und ein Verschulden vorliegt (§ 836). Die gleiche Haftung trifft denjenigen, der auf fremdem Grundstück in Ausübung eines Rechtes ein Gebäude oder andres Werk besitzt und den, der neben der Nutzungsberechtigung auch für den Unterhalt der betreffenden Gebäulichkeiten oder Werke zu sorgen hat (§ 837, 838). Im letztern Falle haftet er neben dem Eigentümer des Gebäudes oder Werkes.
C. Haftung wegen pflichtwidriger Amtshandlungen oder Unterlassungen (Beamtenhaftung). Verletzt ein Beamter vorsätzlich oder fahrlässig die ihm einem Dritten gegenüber obliegende Amtspflicht, so hat er diesem den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen (§ 839). Fällt dem Beamten nur Fahrlässigkeit zur Last, so haftet er nur dann, wenn der Verletzte auf andre Weise keinen Ersatz erlangen kann. Verletzt ein Beamter bei dem Urteil in einer[609] Rechtssache seine Amtspflicht, so ist er für den daraus entstehenden Schaden nur dann verantwortlich, wenn die Pflichtverletzung mit einer im Wege des gerichtlichen Strafverfahrens zu verhängenden öffentlichen Strafe bedroht ist. Für eine pflichtwidrige Verweigerung oder Verzögerung der Ausübung des Amtes gilt dies nicht. Die Ersatzpflicht tritt auch nicht ein, wenn der Verletzte es vorsätzlich oder fahrlässig unterlassen hat, den Schaden durch den Gebrauch eines Rechtsmittels abzuwenden. Ein Vormund (Gegenvormund, Pfleger) ist seinem Mündel für den aus einer von ihm begangenen Pflichtverletzung entstandenen Schaden verantwortlich, wenn ihm ein Verschulden zur Last fällt (§ 1833). In einem Konkursverfahren haften sowohl der Verwalter wie die Mitglieder eines Gläubigerausschusses allen Beteiligten für den Schaden, der diesen durch eine Pflichtverletzung seitens des Verwalters oder der Ausschußmitglieder zugefügt wird (§ 82, 89 der Konkursordnung). Ebenso haften für Pflichtverletzung die Liquidatoren eines rechtsfähigen Vereins (§ 53 des Bürgerlichen Gesetzbuches), der Testamentsvollstrecker (§ 2219 ebenda), der Verwalter im Zwangsverwaltungsverfahren (§ 154 des Zwangsversteigerungsgesetzes) etc.
D. Besondere Haftpflichtbestimmungen. Hier ist vor allem hervorzuheben das sogen. Reichshaftpflichtgesetz vom 7. Juni 1870, das die Haftbarkeit der Eisenbahnen und gewisser andrer Betriebe für Unfälle in einem weit über die allgemeinen Haftpflichtgrundsätze hinausgehenden Umfange regelt. Wird jemand beim Betrieb einer Eisenbahn (auch Pferdebahn, elektrischen Bahn etc.) getötet oder verletzt, so haftet ihm oder seinen Erben die Eisenbahnverwaltung für den entstandenen Schaden, wenn sie nicht beweisen kann, daß der Unfall durch höhere Gewalt oder durch eignes Verschulden des Betroffenen verursacht wurde. Die Vorschrift bezieht sich auf alle Unfälle, die beim Eisenbahnbetrieb Eisenbahnfahrgästen oder andern Personen, z. B. vorübergehende oder vorüberfahrende, oder auch die eignen Beamten oder Bediensteten der Bahn treffen. Der Unfall muß jedoch mit dem Eisenbahnbetrieb selbst und den diesem Betrieb eigentümlichen Gefahren zusammenhängen. Wer ein Bergwerk, einen Steinbruch, eine Gräberei (Grube) oder eine Fabrik betreibt, haftet, wenn ein Bevollmächtigter oder ein Repräsentant oder eine zur Leitung oder Beaufsichtigung des Betriebs oder der Arbeiter angenommene Person durch ein Verschulden in Ausübung der Dienstverrichtungen den Tod oder die Körperverletzung eines Menschen herbeigeführt hat, für den dadurch entstandenen Schaden, auch wenn dem Unternehmer selbst keine Schuld beigemessen werden kann. Für Handwerksbetriebe und das Baugewerbe gilt das Haftpflichtgesetz nicht. Der Unfall muß mit dem technischen und mechanischen Betrieb der Fabrik etc. im Zusammenhange stehen; es genügt nicht, daß er nur gelegentlich des Betriebs sich ereignet hat. Ausgeschlossen ist die Haftung dann, wenn der Beschädigte den Unfall selbst verschuldet hat, indem er denjenigen Grad von Aufmerksamkeit außer acht gelassen hat, der von einem vernünftigen Menschen bei Vornahme seiner Handlungen nach den Umständen des Falles vorausgesetzt werden muß. Trifft beide Teile ein Verschulden, so hängt die H. des Unternehmers von den nähern Umständen des Falles ab. Die H. erstreckt sich im Falle des Todes des Verletzten auf die Kosten einer etwa noch vorher notwendig gewesenen ärztlichen Behandlung, auf die Vermögensnachteile, die der Getötete sonst erlitten hat, auf die Beerdigungskosten und endlich auf die Unterhaltskosten für solche Personen, denen der Getötete kraft Gesetzes unterhaltspflichtig war oder werden konnte, wenn ihnen infolge des Todes das Recht auf den Unterhalt entzogen ist, und zwar insoweit, als der Getötete während der mutmaßlichen Dauer seines Lebens zur Gewährung des Unterhalts verpflichtet gewesen sein würde. Für den Fall, daß der Getötete unter Beihilfe des Betriebsunternehmers gegen Unfall versichert war, enthält das Gesetz besondere Vorschriften. Hat der Unfall nur eine Körperverletzung zur Folge gehabt, so hat der Unternehmer dem Verletzten die Kosten der Heilung sowie den ihm durch eine zeitweise oder dauernde Aufhebung oder Verminderung der Erwerbsfähigkeit oder Vermehrung seiner Bedürfnisse verursachten Vermögensnachteil zu ersetzen. Eine Ausschließung dieser H. durch Vertrag ist unzulässig.
Nach § 26 der Reichsgewerbeordnung haben die Nachbarn eines Grundstücks, auf dem sich eine konzessionierte gewerbliche Anlage befindet, das Recht, Ersatz von dem Besitzer der Fabrik etc. zu fordern, wenn ihnen durch den Betrieb der Anlage ein Schaden erwächst, und zwar auch dann, wenn den Besitzer der Anlage kein Verschulden trifft. Auch für Bergwerksbesitzer ist landesgesetzlich meist eine besondere H. für die durch den Bergbau verursachten Schäden an Grundstücken eingeführt. Ähnlich verhält es sich hinsichtlich der durch Expropriation oder Enteignung (s. d.) herbeigeführten Nachteile.
E. Haftung für den durch andre Personen zugefügten Schaden. Auch abgesehen von der in dem vorbesprochenen Haftpflichtgesetze bestimmten Haftung gibt es Fälle, in denen jemand für einen Schaden haftbar ist, den ein andrer verübt hat. Wer kraft Gesetzes zur Führung der Aussicht über eine minderjährige oder wegen ihres geistigen oder körperlichen Zustandes der Beaufsichtigung bedürfende Person verpflichtet ist, hat den Schaden zu ersetzen, den eine solche Person andern widerrechtlich zufügt, wenn er seiner Aufsichtspflicht nicht genügt hat, es sei denn, daß der Schaden auch bei gehöriger Aussicht entstanden sein würde (§ 832 des Bürgerlichen Gesetzbuches). Die gleiche Verantwortlichkeit trifft denjenigen, der die Führung der Aussicht durch Vertrag übernimmt. Hierunter fallen insonderheit die Eltern und Vormünder, sodann die Lehrer, Erzieher, Lehrherren, Anstaltsvorstände, Wärter etc. Selbstredend genügt es, wenn die genannten Personen nachweisen, daß sie das Kind genügend beaufsichtigt haben, nicht aber haben sie auch für einen günstigen Erfolg der Aufsichtsführung einzustehen, wie das Reichsgericht in einer Reihe von Entscheidungen ausgeführt hat. Endlich haftet nach § 831 des Bürgerlichen Gesetzbuches der Geschäftsherr, bez. dessen Stellvertreter für den Schaden, den seine Angestellten und Gehilfen in Ausführung der ihnen übertragenen Verrichtungen Dritten widerrechtlich zufügen, falls er ungeeignete Personen angestellt, ungeeignete Vorrichtungen getroffen oder ungeeignete Gerätschaften zur Verfügung gestellt hat oder bei der ihm obliegenden Leitung die erforderliche Sorgfalt außer acht gelassen hat. Wäre der Schaden jedoch auch bei Anwendung dieser Sorgfalt entstanden, so entfällt die H.
Nicht selten ist aber auch der Beschädigte mehr oder weniger an dem ihn treffenden Schaden schuld. Hierauf nimmt der § 254 des Bürgerlichen Gesetzbuches Rücksicht, indem er bestimmt, daß bei Entscheidung der Frage, ob und in welcher Höhe Schadenersatz zu[610] leisten ist, stets zu berücksichtigen ist, inwieweit der Schade vorwiegend von dem einen oder dem andern Teil verursacht worden ist. Diese Leistung gilt auch für den sogen. Tierschaden (vgl. oben unter B.). Reißt also z. B. ein Knecht dem Pferd Haare aus dem Schwanz und dasselbe schlägt aus, so trifft den Tierhalter keine Ersatzpflicht, falls der Knecht verletzt wird.
Gegen die finanziellen Folgen dieser hier aufgeführten Haftpflichtfälle ist eine Sicherung möglich durch die gerade durch das Bürgerliche Gesetzbuch zu ungeahnter Ausdehnung und volkswirtschaftlicher Bedeutung gelangte Haftpflichtversicherung (s. d.).
Vgl. Laß u. Maier, Haftpflichtrecht und Reichsversicherungsgesetzgebung (2. Aufl., Münch. 1902); Eger, Das Reichshaftpflichtgesetz (5. Aufl., Hannov. 1900; Textausg. mit Anmerkungen, Berl. 1903); Delius, Die H. der Beamten (Berl. 1901); Brückner, Die Haftung für das rechtswidrige Verhalten andrer, insbes. der Vertreter und Gehilfen nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch und sonstigen Reichsgesetzen (in der Zeitschrift »Das Recht«, 1901, S. 299 ff.); v. Liszt, Deliktsobligationen im System des Bürgerlichen Gesetzbuches (Berl. 1898); Linckelmann, Die Schadenersatzpflicht aus unerlaubten Handlungen (das. 1898); Jung, Delikt und Schadenverursachung (Jena 1897).
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