Kirchner [2]

[64] Kirchner, 1) Theodor, Komponist, geb. 10. Dez. 1823 in Neukirchen bei Chemnitz, gest. 18. Sept. 1903 in Hamburg, Schüler von K. F. Becker und J. Kron in Leipzig, Johann Schwerdt in Dresden und kurze Zeit des Leipziger Konservatoriums, war 1843–62 Organist zu Winterthur, dann bis 1872 Vereinsdirigent und Lehrer an der Musikschule zu Zürich, weilte 1872–73 als Musiklehrer der Prinzessin Marie in Meiningen und wirkte 1873–75 als Direktor der königlichen Musikschule zu Würzburg, worauf er nach Leipzig übersiedelte. 1883 verlegte er seinen Wohnsitz nach Dresden, wo er als Lehrer am Konservatorium tätig war, und 1890 nach Hamburg. K. ist der vollendetste Meister des modernen Miniaturklaviersatzes; er geht in der Verfeinerung desselben noch über Schumann hinaus und wird daher nur von wenigen ganz verstanden und gewürdigt. Seine Werke (über 100 Opuszahlen) weisen überwiegend Sammlungen lyrischer Stücke auf, in denen der Schwerpunkt seines Schaffens und die Stärke seiner Begabung liegt. Doch hatte er auch mit einzelnen Liedern berechtigten Erfolg.

2) Friedrich, philosoph. Schriftsteller, geb. 1. Mai 1848 in Spandau, gest. 5. März 1900 in Berlin, studierte in Halle und Berlin Theologie, Philosophie und Geschichte, leitete dann zwei Jahre lang das Studentenkonvikt Johanneum in Berlin und fand als Realgymnasialoberlehrer in Berlin Anstellung. Er vertritt einen empirisch-rationalen Realismus. Von seinen philosophischen Schriften seien erwähnt außer Katechismen verschiedener philosophischer Disziplinen: »Leibniz' Psychologie« (Köthen 1875); »G. W. Leibniz, sein Leben und Denken« (das. 1877); »Die Hauptpunkte der Metaphysik« (das. 1880); »Über das Grundprinzip des Weltprozesses mit besonderer Berücksichtigung Frohschammers« (das. 1882); »Diätetik des Geistes« (Berl. 1884, 2. Aufl. 1886); »Wörterbuch der philosophischen Grundbegriffe« (Heidelb. 1886; 4. Aufl. von Michaelis, Leipz. 1903). Außerdem veröffentlichte er unter anderm: »Gedichte« (2. Aufl., Köth. 1877), »Die deutsche Nationalliteratur des 19. Jahrhunderts« (Heidelb. 1893; 2. Aufl., Kassel 1902) und »Gründeutschland. Ein Streifzug durch die jüngste deutsche Dichtung« (Wien 1893, 2. Aufl. 1894); »Neue Gedichte« (Berl. 1895); »Der Weg zum Glück« (Stuttg. 1895, 3. Aufl. 1896).

3) Wilhelm, Landwirt, geb. 9. Juli 1848 in Göttingen, erlernte die Landwirtschaft, studierte seit 1871 in Halle und Göttingen, wurde Assistent am landwirtschaftlichen Institut der Universität Halle, gründete 1876 die milchwirtschaftliche Versuchsstation in Kiel, deren Leitung er übernahm, wurde 1879 Professor der Landwirtschaft in Halle, 1889 Direktor des landwirtschaftlichen Instituts in Göttingen, 1890 in Leipzig. Er schrieb: »Untersuchungen über den Pflanzenschleim« (Götting. 1874); »Beiträge zur Kenntnis der Kuhmilch« (Dresd. 1877); »Bericht über die internationale Molkereiausstellung in Hamburg« (das. 1877); »Handbuch der Milchwirtschaft« (Berl. 1882, 4. Aufl. 1898); »Die Leitung des landwirtschaftlichen Betriebes und die Rindviehhaltung« (in v. d. Goltz' »Handbuch der gesamten Landwirtschaft«, Tübing. 1889 u. 1890); »Die zweckmäßige Ernährung des Milchviehs« (Dresd. 1901). Seit 1894 gibt er »Mitteilungen des landwirtschaftlichen Institutes der Universität Leipzig« (bisher 6 Hefte, Berl.) heraus, 1882–99 redigierte er die »Landwirtschaftliche Post«.

4) Martin, Mediziner, geb. 15. Juli 1854 in Spandau, studierte seit 1874 in Halle und Berlin, wurde 1878 Militärunterarzt, 1887 Stabsarzt und 1896 Oberstabsarzt. Der Hygienischen Universitätsanstalt in Berlin zugewiesen, widmete er sich fortan dem Studium der Hygiene und der Infektionskrankheiten und wurde an die Spitze des bakteriologisch-chemischen Laboratoriums in Hannover gestellt. Er habilitierte sich daselbst 1894 als Privatdozent an der Technischen Hochschule, wurde 1897 Professor und 1898 vortragender Rat im preußischen Kultusministerium. Als solcher ist er Mitglied der wissenschaftlichen Deputation für das Medizinalwesen und außerordentliches Mitglied des kaiserlichen Gesundheitsamtes. 1897 bereiste K. mit Kübler einzelne Bezirke Rußlands zum Studium des Aussatzes. Er arbeitete über Tuberkulose, das Vorkommen der Tuberkelbazillen im Staube, über Diplokokken im Auswurf Influenzakranker, Desinfektion des Auswurfes, Leistung der Berkefeldfilter, über Bakterienbefunde bei Wundrose, Mittelohreiterung, Gehirnhautentzündung, Kurzsichtigkeit. Er schrieb: »Grundriß der Militärgesundheitspflege« (Braunschw. 1896); »Über die Bißverletzungen von Menschen durch tolle oder der Tollwut verdächtige Tiere« (Jena 1898, 1899, 1900, 1902); »Die Lepra in Rußland« (mit Kübler, Jena 1897); »Schädlichkeit der Kanalgase und Sicherung unserer Wohnräume gegen dieselben« (mit Lindley, Braunschweig 1896); »Hygiene und Seuchenbekämpfung«, gesammelte Abhandlungen (Berl. 1904).

Quelle:
Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 64.
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