Pacht

[546] Pacht (lat. Locatio, Conductio), der wesentlich zweiseitige Vertrag, vermöge dessen der eine Contrahent (Verpachter, Locator) eine bewegliche od. unbewegliche Sache, od. auch beides zugleich, dem andern Contrahenten (Pachter, Conductor) zeitweilig gegen ein bestimmtes Entgeld (Pachtgeld, Pensio, Merces) zum Gebrauch u. zur Benutzung bes. auch zur Gewinnung der daraus zu ziehenden Früchte überläßt. Im Allgemeinen sind die Grundsätze über den Pachtvertrag, bes. aber dessen Eingehung u. Beendigung, die gegenseitigen Rechte u. Pflichten der Contrahenten etc. dieselben, welche über den Miethvertrag (s.d.) gelten. Eine Besonderheit beim Pachtvertrage, insofern man darunter nach deutschem Sprachgebrauch bes. diejenigen Contracte, welche auf Einräumung der Benutzung von fruchttragenden Grundstücken zum Zwecke der Fruchtgewinnung versteht, besteht darin, daß, wenn ein Zufall eingetreten sein sollte, welcher den Fruchtbezug ganz od. theilweise ausschließt u. welcher nicht überhaupt od. doch nicht für das verpachtete Grundstück sich als ein gewöhnlicher, öfters eintretender ansehen läßt (z.B. Hagelschlag, Überschwemmung, Kriegsbeschädigung), der Pachter einen Anspruch auf eine verhältnißmäßige Minderung od. auch nach Befinden gänzlichen Erlaß des Pachtzinses (Remissio mercedis) hat. Indessen muß der erwachsene Schaden ein bedeutender gewesen sein; überschreitet daher der Minderertrag die Grenzen nicht, innerhalb deren nach der Natur des Pachtvertrages die Gefahr als vom Pachter übernommen anzusehen ist, so fällt der Grund zur Remission hinweg. Ebenso cessirt die Berechtigung, wenn der Pachter auf den Anspruch wegen etwaiger Remission ausdrücklich im Voraus verzichtet od. den Schaden durch eigene Schuld veranlaßt haben sollte. Auch ist der Verpachter berechtigt, wenn der P. auf mehre Jahre abgeschlossen worden sein sollte, dem Pachter den reicheren Ertrag des einen Jahres auf den zur Remission des Pachtzinses verpflichtenden Minderertrag des anderen in Anrechnung zu bringen. Der Pachtzins kann sowohl in baarem Gelde bedungen werden (Geldpacht), als auch in einer gewissen Summe der von dem Pachtgrundstücke gezogenen Früchte, Quotenpacht (Locatio, Conditio partiaria). Für den Abschluß von Privatverträgen bei größeren Landgütern hat die Cautelarjurisprudenz mancherlei Klugheitsregeln aufgestellt. In der Regel wird hiebei der Vertrag in eine eigene Urkunde (Pachtbrief) gebracht, in welcher sowohl alle Leistungen des Pachters als des Verpachters genau angegeben u. die Zeit, auf welche der P. geschlossen, das Pachtgeld u. die Zahlungstermine klar ausgedrückt sind. Meist wird dabei dem Pachter zur Sicherstellung der Ansprüche gegen ihn u. bes. der pfleglichen Benutzung eine Caution auferlegt, welche er entweder in die Hände des Verpachters od. eines Dritten, z.B. eines Gerichtes, zu legen hat. Die Einsetzung in das Gut erfolgt mittelst einer solennen Pachtübergabe, bei welcher dem Pachter die einzelnen Grundstücke, Gebäude u. das etwa dazu gehörige Inventarium nach Maßgabe eines darüber aufgenommenen Verzeichnisses tradirt werden. Auch wird dabei zualeich für jedes einzelne Stück des Inventariums im Vorauseine Taxe festgesetzt, welche der Pachter zu gewähren hat, wenn beim Aufhören des Pachtes dieses Stück nicht mehr vorhanden od. verschlechtert u. nicht durch ein Stück gleicher Güte ersetzt worden sein sollte. Die Gefahr des Verlustes trägt alsdann der Pachter ganz allein. Dies ist bes. der Fall bei dem sogenannten Eisernviehvertrag (Contractus socidae, franz. Cheptel de fer), nach welchem der Pachter, welchem zugleich die bei dem Gute befindliche Viehheerde überlassen wird, am Ende des Pachtes so viel Vieh zurücklassen muß, als dem ihm Anfangs übergebenen Inventar gleichkommt. In sofern nicht etwas Anderes ausgemacht ist, hat übrigens der Pachter, wie der Miether, das Recht, die Sache anderweit an andere Personen zu verpachten (Afterpacht, Sublocatio), wobei jedoch der erste Pachter dem Verpachter gegenüber immer der eigentliche Contrahent bleibt. Einen solchen Afterpacht kann der erste Verpachter nur dadurch hindern, daß er das Verbot desselben gleich beim ersten Abschluß des Vertrages zur Contractsbedingung erhebt. Dagegen ist eine eigentliche Cession des Pachtverhältnisses an Dritte nicht statthaft, wenn nicht der Verpachter ausdrücklich zustimmt. Bei Bauergütern, welche ursprünglich Theile eines größeren Rittergutes gewesen sind, findet sich öfters das Pachtverhältniß zu einem mehr od. weniger dinglichen u. vererblichen Rechte (Erbpacht) od. doch so ausgebildet, daß der P. als ein lebenslänglicher, gegen Prästation gewisser Abgaben verliehener Nießbrauch am Gute (Leibpacht) erscheint. Pachtungen, welche sich über die Staatsgüter od. Einkünfte eines ganzen Landes od. einer Provinz erstrecken, wie dies z.B. sonst bei Steuern vielfach vorkam, nennt man einen Generalpacht; Gesammtpacht wird der P. genannt, wenn Mehre zu einer Gesellschaft zusammentreten u. gemeinschaftlich ein Grundstück od. dgl. pachten. Über die Streitigkeiten aus Pachtungen von Grundstücken, Landgütern etc. ist öfters particularrechtlich ein abgekürztes Verfahren vorgeschrieben, so wie auch die Geltendmachung des Anspruches auf Remission des Pachtgeldes Seitens des Pachters in Particulargesetzen an gewisse prozessualische Förmlichkeiten gebunden zu sein pflegt. Vgl. Stenger, Verfahren über das Güterzeitverpachtungsgeschäft, Berl. 1821; v. Thumb, Handbuch über Pacht- u. Verpachtungsverträge, Wiesb. 1822; Scholz, Über Gutsübergaben u. Rückgaben bei Pachtungen, Braunschw. 1840; Jacobi, Über Remission des Pachtzinses, Weim. 1856.

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 12. Altenburg 1861, S. 546.
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