Schreibmaterialien

[425] Schreibmaterialien, Alles, was man zum Schreiben braucht, sowohl worauf (Schreibmassen), als auch womit man schreibt. A) Massen, worauf man schreibt: a) Steine dienten bes. zu öffentlichen Urkunden, wie im Orient, wo z.B. auf den Felsen von Bagistana die Thaten des Darios eingehauen waren (s. Bisutnn); wie in Ägypten, wo Hermes Trismegistos seine Lehren auf 2 Säulen geschrieben haben soll, wie Moses die Zehn Gebote auf 2 steinerne Tafeln. Auch nachdem man weichere Materien zum Schreiben erfunden hatte, behielt man den Stein bei, bes. für Monumentalschriften, u. zu vorübergehendem Gebrauch schreibt man jetzt noch auf Schiefersteine. b) Holz, so waren in Athen die Solonischen Gesetze auf hölzerne Tafeln gegraben, auch sollen die ersten Gesetzestafeln der Römer von Holz gewesen sein. Gewöhnlicher war es diese Tafeln mit Wachs zu überziehen (s. Schreibtafeln). In Skandinavien riß man gewöhnlich die Runen in Holzstäbe (Runenstäbe, s.u. Runen). c) Metall, bes. Erz, Kupfer u. wegen seiner Zähheit das Blei; auf metallene Tafeln war z.B. das Hesiodische Gedicht Tage u. Werke, welches im Musentempel auf dem Helikon aufbewahrt wurde, der Bund der Makkabäer u. Römer, die 2 neuen Gesetztafeln der Römer, die Eugubinischen Tafeln geschrieben. d) Elfenbein kam erst später zum Schreibgebrauch auf, u. zwar schrieb man mit schwarzer Tinte auf elfenbeinerne Blätter. Auf e) Knochen schrieben die Araber, sie nahmen dazu die Schulterblätter von Schöpfen u. Kameelen, durchbohrten sie u. reiheten sie dann an einem Faden an einander. Bes. im Orient gewöhnlich war u. ist noch der Gebrauch der f) Baumblätter, bes. der Palmenblätter, worein, wenn sie trocken u. dürr sind, die Schrift mit einem spitzigen Eisenstift geritzt wird. Ihrer bedienten sich schon die Ägyptier u. überzogen die eingegrabene Schrift mit einem Öl, welches sie schwarz beizte; noch jetzt ist dies bei den Birmanen u. Siamesen gewöhnlich; diese zerschneiden die Blätter in Täfelchen, 8–10 Zoll lang u. 2 Zoll breit, durchstechen sie in der Mitte u. ziehen dann einen seidenen Faden durch; die Malaien schneiden ihre Schrift mit einem Messer auf Bambus. In Griechenland schrieb man auch auf die zubereiteten Malvenblätter. Von dem Baume brauchte man als S. noch den g) Bast; man nahm ihn vornehmlich von der Linde, vom Ahorn, von der Birke u. Ulme. Über den Gebrauch des h) Papyrus in Ägypten, s.u. Papier VI. i) Auf Byssus (s.d.) schrieb man vor Alexander dem Großen in Indien u. wahrscheinlich bedienten sich auch die Juden dieses S-s. Ferner k) Thierhäute; so schrieben die asiatischen Joner auf Ziegen- u. Schaffelle (Diphtherai), deren Gebrauch sie wohl von den Persern hatten kennen lernen, welche ihre Staatsgeschichte auf Thierhäute geschrieben hatten; Herodot bemerkt, daß zu seiner Zeit noch viele barbarische Völkerschaften sich dieses S-s bedienten; aber die Glättung u. vollkommene Zubereitung zu Pergament wurde erst später in Pergamum erfunden u. lange Zeit nicht weiter bekannt (s. Pergament). Auch Fischhäute soll man dazu genommen haben, u. auf der Alexandrinischen Bibliothek soll eine Abschrift des Homer auf eine Drachen- (Schlangen-) haut mit goldenen Buchstaben geschrieben gewesen sein. l) Leinwand, so waren in Ägypten von Leinwand die Mumienbinden, welche man beschrieben findet; bei den Römern waren die alten Annalen auf Leinwand geschrieben (Libri lĭntei), ferner Senatsurkunden, Gesetze etc., auch von den Sibyllinischen Büchern erzählt man dies. m) Papier, seit dem 8. Jahrh. aus Baumwolle, seit dem 14. Jahrh. aus Linnen bereitet, s. Papier VI. n) Eine Art Leimtafeln, bei den Birmanen aus Rohrwerk u. Gummi zusammengesetzt, mit Kohle schwarz gefärbt, mit einem Glättstein glatt gemacht, zu 3–4 Ellen langen Blättern ausgedehnt u. dann für den Gebrauch in kleinere Blätter zusammengebrochen; man schreibt darauf mit einem weißen Seifenstein. Solche Blätter brauchen sie bei öffentlichen u. gerichtlichen Schriften. B) Die Materialien, mit denen man schreibt: a) der Griffel (Schreibgriffel, hebr. Et, Hheret, gr. Stylos, Graphis, Grapheion, lat. Stilus, Graphium), von Knochen, Elfenbein, Kupfer, Eisen etc., dessen eines Ende spitzig, zuweilen von Diamant war, um in das Erz, die Wachstafeln etc. die Buchstaben hineinzudrücken, das andere Ende war flach, damit der Schreibende, bes. bei den Wachstafeln, das Geschriebene durch Ebnung wieder tilgen konnte. b) Rohr (gr. Kalamos, Kalamis, lat. Calamus) u. Pinsel (Penicillum), letztere bes. beim Schreiben auf Leinwand u. auch jetzt noch von den Chinesen gebraucht. Zum Schneiden des Rohres hatte man ein besonderes Messer (hebr Thaar Hafsopher, gr. Glyphanos, Glyphis, Smile, lat. Scalpellum, Cultellus); in Griechenland scheint es auch besondere Schreibrohrschneider (Kalamoglyphoi) gegeben zu haben; die Schreibröhren trug man in einer Büchse (Kalamarion, Kalamotheke, Calamarium).[425] Das Rohr zu spalten lernten die Araber erst im 19. Jahrh., womit sie ihre Niskhischrist schrieben, während sie das Kufische mit ungespaltenen schrieben; die Inder schreiben noch jetzt mit dem Rohr von Bambus, sie spalten u. schneiden es, wie wir die Federn. Der Gebrauch der c) Federn geht nicht über das 7. Jahrh. hinab, s. Schreibfeder. Über die d) Tinte (hebr. Deïo, Deïutha, gr. Melan, lat. Atramentum) u. das Schreiben mit Gold u. Silber s.u. Tinte. Auch Tintenfässer (hebr. Keseth Hassopher, gr. Melanodochon, Melanodocheion, lat. Atramentarium), welche bei den Juden u. unter den griechischen Kaisern, sowie jetzt noch in Arabien, am Gürtel an einem Kettchen befestigt getragen wurden; Bimstein, um geschriebene Stellen wieder auszulöschen (vgl. Palimpsesten); ein Schwamm, um das fehlerhaft Geschriebene sogleich wieder auszulöschen, gehörten bei den Alten zu den S. Vgl. G. F. v. Wehrs, Vom Papier, den vor Erfindung desselben üblichen Schreibmassen u. sonstigen S., Hann. 1789; Supplemente dazu, 1790; I. Gottl. Schwarz, He ornamentis librorum et varia rei literariae suppellectile, herausgegeben von Leuschner, Lpz. 1756; ein arabisches Lehrgedicht über die Kunde der S. von Ibn el Bawwab (aus dem 10. od. 11. Jahrh.).

Quelle:
Pierer's Universal-Lexikon, Band 15. Altenburg 1862, S. 425-426.
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